Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine persönliche Erklärung zur Abstimmung über die vorläufige Geschäftsordnung des Landtags NRW abgeben und dabei auch betonen, dass sie die Meinung meiner Fraktion widerspiegelt.

Vor zwei Jahren stand bereits mein Kollege Arif Ünal genau an dieser Stelle und hat darauf hingewiesen, dass die Verpflichtungserklärung nach § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung, wonach wir uns dem Wohle des deutschen Volkes widmen, aus unserer Sicht nicht der Lebensrealität in Nordrhein-Westfa­len entspricht.

Meine Fraktion hat sich bereits in den letzten beiden Jahren dafür eingesetzt, dass wir den Wortlaut dahin gehend verändern, dass die Abgeordneten zukünftig in der Verpflichtung deutlich machen, dass sie sich dem Wohle der gesamten Bevölkerung, allen Menschen in Nordrhein-Westfalen widmen. Dafür möchten wir auch in dieser Legislaturperiode bei der Arbeitsgruppe, die einen Entwurf für eine überarbeitete Geschäftsordnung vorlegen soll, werben.

Warum ist die Änderung der Verpflichtungserklärung so wichtig? Sie ist für uns wichtig, weil Nordrhein-Westfalen seit jeher ein Einwanderungsland ist. Von den 18 Millionen hier lebenden Menschen hat fast jeder vierte eine Migrationsgeschichte, davon fast 2 Millionen Menschen ohne deutschen Pass.

In meiner Generation entspricht es ganz einfach der Lebensrealität, dass wir mit Kindern und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund aufwachsen, in die Schule gehen, in der Ausbildung oder an der Uni zusammen lernen. Deshalb ist es für mich auch als Politikerin, als Abgeordnete eine Selbstverständlichkeit, dass es meine und unsere Aufgabe ist, dass wir uns allen hier lebenden Menschen widmen, unabhängig von der Herkunft und unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Die zum Teil seit Jahrzehnten hier lebenden Menschen mit Zuwanderungsgeschichte erwarten eine klare Anerkennungskultur von uns. Sie wollen als ein selbstverständlicher Teil dieser Gesellschaft wahrgenommen und akzeptiert werden.

Die Veränderung der Verpflichtungserklärung ist dabei mehr als eine reine Symbolpolitik. Sie ist längst überfällige Anerkennung der Lebensrealität in NRW. Nordrhein-Westfalen ist nicht nur das bevölkerungsreichste Bundesland, sondern es ist auch das Bundesland, in dem die meisten zugewanderten Menschen leben. Von dem vielfältigen Potenzial, das darin liegt, profitieren wir in vielen Bereichen. Wir betonen das an verschiedenen Stellen immer wieder gerne.

Deshalb finde ich, dass wir nun auch den Schritt vollziehen müssen, diese Menschen in die Vereidigungsformel miteinzubeziehen, so wie es bereits viele andere Bundesländer vor uns getan haben. Daher hoffe ich, dass wir im Rahmen der Überarbeitung der Geschäftsordnung mit allen Fraktionen auch einen Konsens darüber erzielen werden, die Verpflichtungserklärung dahin gehend zu ändern, dass sie alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Herkunft und unabhängig von Staatsangehörigkeit miteinschließt. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Geschäftsführender Präsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. Eine persönliche Erklärung wie Ihre ist Abgeordneten nach § 46 Abs. 1 der Geschäftsordnung möglich. Sie wird im Protokoll festgehalten.