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Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, die Debatte auf die Sachebene zurückzuführen.

Herr Hegemann, das kann ich mir im Übrigen auch nicht verkneifen: Ich finde es unmöglich, dass Sie hier und auch im Innenausschuss persönliche Beleidigungen anbringen. Das sollte kein Mittel einer politischen Auseinandersetzung sein.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Ich frage mich, welcher politische Anspruch bei Ihnen eigentlich besteht, wenn Sie so vorgehen. Aber egal, kommen wir zu Sache.

Zu diesem Antiterrorpaket der Bundesregierung hat es im Vorfeld viele kritische Stimmen gegeben – sowohl zu inhaltlichen Aspekten als auch zum Verfahren selbst. Deshalb will ich etwas zum Verfahren im Bundestag sagen. Einbringung und Beratung im Bundestag sind innerhalb kürzester Zeit in nur zwei Wochen abgeschlossen worden. Bei einem so riesigen Paket dieser Sicherheitsgesetze finde ich das, ehrlich gesagt, nicht angemessen. Morgen steht der Gesetzentwurf schon zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundesrates.

Ich will auch an den Eklat im Innenausschuss des Bundestages erinnern. Da waren nur Vertreter der Sicherheitsbehörden als Sachverständige geladen, obwohl es um weitreichende Befugnisse der Sicherheitsbehörden geht. Das finde ich, ehrlich gesagt, auch problematisch. Das muss im Bundestag behandelt werden. Ich will nur anmerken: Aus meiner Sicht gab es zu Recht Kritik im Vorfeld und während des Verfahrens, wie das im Bundestag behandelt wurde.

Zum Inhalt: Der Piratenantrag bezieht sich eigentlich nur auf das Thema „Identifikationspflicht für Telekommunikationsanbieter“, obwohl es noch mehrere wesentliche Änderungen an diesem Gesetzentwurf gibt.

Man muss feststellen: Rechtlich müssen schon heute Telekommunikationsanbieter bei der Vergabe von Telefonnummern Daten der Kundinnen und Kunden erheben sowie deren Bestandsdaten sichern. In dem Gesetzentwurf, der morgen im Bundesrat beraten werden wird, ist vorgesehen, dass darüber hinaus für Prepaid-Angebote eine Überprüfung der Angaben der Kundinnen und Kunden durchgeführt sowie die Prüfung durch die Datenspeicherung der Angaben auch noch dokumentiert werden soll. Hierbei entstehen aus grüner Sicht neue Risiken für die Datensicherheit der Kundinnen und Kunden. Das finden wir problematisch.

Was wir auch problematisch finden, ist, dass derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Beschwerde gegen diese Registrierungspflicht von Prepaid-Karten-Käufen vorliegt. Die Bundesregierung – ich habe das gerade nachgeschaut – ist aufgefordert, bis Mitte Oktober eine Stellungnahme vorzulegen. Ich bin, ehrlich gesagt, sehr gespannt auf den Ausgang des Verfahrens.

Aber – das ist meine Kritik an dem Piratenantrag – diese Identifizierungspflicht ist nicht die einzige und noch nicht einmal die problematischste neue Regelung in diesem Antiterrorpaket. Es gibt noch weitere.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Klar!)

Deshalb finde ich Ihren Antrag etwas kurzgegriffen.

(Lachen von Frank Herrmann [PIRATEN])

Die anderen beiden wesentlichen Änderungen, auf die ich eingehen will – es gibt noch mehr –, sind erstens die Rechtsgrundlage für gemeinsame Daten des Bundesamts für Verfassungsschutz mit ausländischen Geheimdiensten. Wir Grüne teilen natürlich das Ziel, dass man zu einem besseren Informationsaustausch zwischen den Geheimdiensten im Hinblick auf die Gefahren des internationalen Terrorismus kommt. Aber auch hierbei bestehen bereits heute Rechtsgrundlagen für die Übermittlung an ausländische Geheimdienste, die auf Einzelfälle beschränkt sind und nicht eine automatisierte Übermittlung erlauben.

Der Gesetzentwurf, der dem Bundestag vorgelegt wurde, bedeutet einen Paradigmenwechsel, weil er eine dauerhafte und automatisierte Struktur des massenhaften Datenaustauschs ermöglicht. Das finden wir Grüne schwierig. Das haben wir im Bundestag ganz klar abgelehnt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will noch auf den zweiten Aspekt, die Regelung zum Einsatz von verdeckten Ermittlern bei der Bundespolizei, eingehen. Momentan tagt noch der Bundestagsuntersuchungsausschuss zum NSU. Ich gehe davon aus, dass es dazu noch Bewertungen geben wird. Ich sehe die Eilbedürftigkeit für diese Regelung nicht. Aus meiner Sicht hätte man sich dafür noch mehr Zeit nehmen müssen.

Diese Punkte greifen Sie in Ihrem Antrag leider nicht auf. Ich finde: Sie müssen in dieser Debatte genannt werden, auch um ein vollständiges Bild über diesen Gesetzentwurf zu zeichnen. Uns fehlt das in diesem Antrag. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und Inge Howe [SPD])