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Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts dieses Antrages fragt man sich einmal mehr: Was ist bloß aus der ehemaligen Bürgerrechtspartei FDP geworden? – Dass die CDU die Taser fordert, ist, ehrlich gesagt, keine Überraschung. Herr Golland, ich würde mir auch mal wünschen, dass Sie uns nicht ideologische Scheuklappen vorwerfen, sondern dass auch Sie faktenbasiert und differenziert mit uns diskutieren. Ich finde, das kann man auch von Ihnen erwarten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

In der Problembeschreibung sind wir ja gar nicht so weit auseinander, dass nämlich Polizeibeamtinnen und -beamte immer wieder in schwierige, in gefährliche Situationen geraten und dass es Fälle von gezielter Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte gibt, die natürlich nicht hinnehmbar sind. Ich glaube, in dieser Problembeschreibung sind wir uns einig.

Es ist unsere Pflicht als Landesparlament und auch die Pflicht der Landesregierung, unsere Polizei gut auszustatten. Genau das tut diese Landesregierung. Wir legen einen hohen Wert auf eine gute Qualifikation, auf Fortbildungen und natürlich auf die Ausstattung der Polizei. Den Polizistinnen und Polizisten im Streifendienst stehen deshalb zum Beispiel der Einsatzmehrzweckstock und auch die Dienstwaffe als entsprechende Mittel zur Verfügung.

Was ich aber nicht will, das ist eine martialische Aufrüstung von Polizei. Die NRW-Polizei steht, wie ich finde, zu Recht für eine deeskalierende Einsatztaktik und für ihre Bürgernähe. Ich will an genau diesem Leitbild festhalten, und ich will keine Polizei nach amerikanischem Vorbild.

Ich möchte aber auch – dazu ist hier noch gar nichts gesagt worden – das Thema „gesundheitliche Risiken“ zumindest einmal ansprechen. Denn die gesundheitlichen Folgen von Tasern sind nach wie vor sehr umstritten, auch in der Wissenschaft. Es gibt immer wieder Berichterstattungen darüber, dass es beim Einsatz von Tasern auch zu Todesfällen kommt. Das heißt, so risikofrei, wie das hier dargestellt wird, sind Taser dann eben doch nicht.

Sicher kann man auch eine Menge Studien finden, die zu dem Schluss kommen: So gefährlich sind sie eigentlich gar nicht. – Dann würde ich aber auch mal darum bitten, darauf zu achten, wer diese Studien eigentlich macht und von wem sie finanziert werden.

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD] – Torsten Sommer [PIRATEN]: Taser?)

Wenn man sich mal die Berichterstattung dazu anschaut, in welchem Maße die Firma Taser Lobbyismus betreibt und Forschungsvorhaben finanziert, dann muss man das in der Debatte ebenfalls berücksichtigen. Ich bin selber in den letzten Monaten gleich zweimal von der Firma Taser angeschrieben worden, die natürlich auch gegenüber uns Landtagsabgeordneten Lobbyismus betreibt.

Ich finde das, ehrlich gesagt, ganz schön krass, nicht in dem Fall von Tasern, sondern in dem Fall von Body-Cams, also von Schulterkameras, die ja auch von der Firma Taser hergestellt werden. Die Firma Taser geht ganz schön krass vor, was das Thema „Lobbyismus“ angeht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das muss man in dieser ganzen Diskussion mit betrachten.

Zu den Themenbereichen „gesundheitliche Risiken“ und „Herzerkrankungen“ muss man noch sagen, dass auch die Firma Taser mittlerweile empfiehlt, nicht auf den Brustkorb zu zielen, sondern auf den Rücken, auf den Bauch oder auf die Oberschenkel, was ja ganz offensichtlich nahelegt, dass auch die Firma Taser Bedenken dabei hat, was mögliche Herzerkrankungen angeht.

Natürlich werden Experimente allein schon aus ethischen Gründen nur an gesunden Personen vorgenommen, und nicht an Personen, die unter Drogen- und Medikamenteneinfluss stehen, nicht an Schwangeren, nicht an Personen mit Herzerkrankungen. Natürlich gibt es diese Versuche nicht. Das ist ja auch gut so. Aber ich frage mich ernsthaft, wie ein Polizeibeamter im Einsatz ad hoc erkennen soll, ob er eine Schwangere oder eine Person mit einer Herzerkrankung vor sich hat. Da muss man einfach unter dem Strich sagen – das will ich hier für uns festhalten -, dass Taser keine risikofreien Waffen sind.

Ja, man kann zu Recht sagen: Auch Schusswaffen, Dienstwaffen sind nicht risikofrei. – Das ist ja völlig klar. Meine Sorge ist jedoch, dass, wenn wir Taser einführen, dann bei den vermeintlich ungefährlichen Tasern auch ein Stück weit die Hemmschwelle zum Einsatz sinkt. Das ist meine Befürchtung.

Unsere Einsatzkräfte bei der Polizei im Wach- und Wechseldienst sind außerdem auch im Umgang mit der Schusswaffe geschult. Das SEK ist selbstverständlich auch im Umgang mit den Tasern geschult. Aber der Wach- und Wechseldienst ist doch nicht geschult im Umgang mit Tasern. Man müsste erst umfangreiche Aus- und Fortbildungen durchführen. Außerdem müssten die Taser, die relativ teuer sind, angeschafft werden. Ich halte das für zu aufwendig, für zu teuer und für nicht gerechtfertigt.

Das sind die verschiedenen Gründe. Wir können gerne im Innenausschuss darüber diskutieren. Aber ich halte für mich und als Grüne fest, dass wir in Nordrhein-Westfalen eine Polizei haben wollen, die für Deeskalation steht und nicht für eine martialische Aufrüstung. Wir wollen Bürgernähe, und das soll auch in Zukunft so bleiben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)