Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ausnahmsweise muss ich dem Innenminister einmal zustimmen. Das kommt selten genug vor, und jetzt ist er noch nicht einmal da.

(Zurufe: Doch!)

– Ach so, da. – Ich habe Sie leider übersehen. Entschuldigung, Herr Reul.

(Heiterkeit und Zurufe – Bodo Löttgen [CDU]: Er hat nicht damit gerechnet!)

Herr Reul, ich muss Ihnen ausnahmsweise einmal zustimmen. Im Innenausschuss hatten Sie gesagt, dass Sie für den Geschäftsbereich des Innenministeriums keine Dringlichkeit in diesem Themenfeld sehen. Für den Bereich der Beamtenstatusfragen sehen Sie noch nicht einmal eine Regelungsnotwendigkeit. Ich würde das gerne erweitern: Aus meiner Sicht besteht für den gesamten Gesetzentwurf keine Notwendigkeit, und deshalb werden die Grünen ihn auch ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Heute ist bereits geregelt, dass Beamtinnen ihr Gesicht bei der Ausübung ihres Dienstes nicht verhüllen dürfen. Dasselbe gilt für Richterinnen im Bundes- und Landesdienst. Soldatinnen dürfen innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen auch während ihrer Freizeit ihre Gesichter nicht verhüllen. Es gibt Änderungen im Personalausweisgesetz zur Identitätsfeststellung. Es gibt Änderungen im Bundeswahlgesetz. All das ist geregelt. Ein allgemeines Verbot der Gesichtsverhüllung in Verwaltungsgebäuden, Schulen, Schwimmbädern, Hochschulen gibt es bisher – aus meiner Sicht zu Recht – nicht.

Herr Wagner, Sie hatten bei der Einbringung des Gesetzentwurfs ausgeführt, dass die AfD eigentlich noch weitergehen würde. Sie möchten, dass entsprechende Kleidungsstücke im gesamten öffentlichen Raum verboten werden. Das ist das, was Sie eigentlich wollen. Ich befürchte aber, dass Sie genau diese Kleidungsstücke doch aushalten müssen; denn das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken als Ausdruck des Glaubens ist grundgesetzlich geschützt. Es gibt zum einen die Bekenntnisfreiheit in Art. 4 des Grundgesetzes, und es gibt das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Art. 2 des Grundgesetzes.

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Insofern ist Ihr Vorhaben schon verfassungsrechtlich hoch bedenklich. Wir Grüne halten uns da lieber an die Verfassung und schützen diese.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auf eines möchte ich noch hinweisen: Ein entsprechendes Verbot hilft keiner einzigen Frau, die dazu gezwungen wird, eine Burka zu tragen. Sie gehen ja davon aus, dass jede Frau, die Entsprechendes trägt, unterdrückt wird.

(Helmut Seifen [AfD]: Genau!)

Das allein finde ich schon ziemlich anmaßend. Eines ist ohnehin klar – das ist hier schon oft deutlich geworden –: Die AfD ist nicht die Partei, die sich für die Selbstbestimmungsrechte von Frauen einsetzt.

(Zuruf von der AfD: Doch!)

Ganz im Gegenteil! Das haben Sie an so vielen Stellen eindeutig bewiesen, in denen Sie ausfällig, antifeministisch und sexistisch geworden sind. Wir haben es hier im Plenum erlebt, es ist protokolliert. Das finden Sie in den Plenarprotokollen, dort können Sie es nachlesen. Insofern ersparen Sie uns solche Pseudoinitiativen, die Sie hier immer wieder an den Tag legen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ihr Gesetz gehört sehr eindeutig genau in die Kategorie von parlamentarischen Initiativen, die das Ziel haben, auf Kosten von Minderheiten Hetze zu betreiben.

Ich will zum Schluss noch einmal zusammenfassen: Der Antrag ist schlicht nicht notwendig. Er genügt den hohen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht. Es ist integrations- und frauen-politisch unsinnig, und er polarisiert gegen Minderheiten. Aus diesen vier Gründen werden die Grünen dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, sondern ihn ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)