Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Biesenbach, Sie erwarten wahrscheinlich kein Lob von mir, bekommen aber so kurz vor Weihnachten trotzdem eines. Ich will noch einmal sagen: Ich begrüße es ausdrücklich, dass hier mehr Stellen im Bereich der Justiz, bei den Richterinnen und Richtern, bei den Staatsanwaltschaften geschaffen werden.

Letztendlich führen Sie damit einen Trend fort, den wir in rot-grüner Zeit schon eingeleitet haben. Auch wir haben mit den letzten Haushaltsplänen, insbesondere auch nach der Silvesternacht 2015, ordentlich beim Personal draufgelegt. Ich finde es aber gut, dass Sie diesen Trend fortsetzen und mehr Personal einstellen.

Ich begrüße auch, dass Sie die Stelle einer Opferschutzbeauftragten geschaffen haben. Denn ich halte es für wichtig – das sage ich schon seit Längerem –, den Fokus in der Innen- und Rechtspolitik ein Stück weit zu verändern. Wir beschäftigen uns bei Straftaten immer viel mit den Täterinnen und Tätern, aber eigentlich müssen wir auch die Opfer in den Mittelpunkt stellen,

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

um herauszufinden: Was können wir eigentlich für die Menschen tun, die Opfer einer Straftat geworden sind, und wie können wir die Opfer unterstützen? Insofern finde ich die Einrichtung einer solchen Stelle erst einmal vom Grundsatz her sehr richtig.

Dabei kritisiere ich allerdings – das kennen Sie aus dem Ausschuss – eine Rechenoperation im Haushaltsplan, mit der offensichtlich Stellenanteile vom Justizvollzugsbeauftragten zur Opferschutzbeauftragten gegangen sind. Das finde ich falsch.

Sie haben im Ausschuss gesagt, dass es eine Rückläufigkeit der Eingänge beim Justizvollzugsbeauftragten geben würde. Das habe ich mir dann noch mal angeschaut. Ja, es stimmt, es gab in den letzten Jahren tatsächlich einen Rückgang. Aber ich frage Sie auch: Haben Sie versucht herauszufinden, woran es liegt, zumal momentan die Belegung in den Justizvollzugsanstalten wieder ansteigt? Wir haben also wieder eine stärkere Belegung; demzufolge muss man aus meiner Sicht davon ausgehen, dass es auch wieder mehr Eingaben geben wird.

Deshalb finde ich es falsch, beim Justizvollzugsbeauftragten zu kürzen und zwei Stellen gegeneinander auszuspielen, die beide in ihrer Funktion für den Bereich der Justiz wichtig sind. Beides gegeneinander auszuspielen, ist nicht richtig.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Unter dem Aspekt der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit möchte ich noch etwas anderes ansprechen. Im Einzelplan 04 haben Sie 22 neue Stellen für eine Gruppe zur Steuerung, Überwachung und Optimierung der bedarfsgerechten Verwendung der Ressourcen im Justizvollzug eingeplant. Das mag als Aufgabe erst mal sehr sinnvoll sein.

Aber wenn Sie uns dann im Ausschuss sagen – ich zitiere aus der schriftlichen Antwort des Justizministeriums auf meine Fragen –, die genaue organisatorische Ausgestaltung wird derzeit ebenso wie die inhaltliche Konkretisierung erarbeitet, dann muss ich ehrlich sagen: Das hat mit Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit nicht mehr viel zu tun, und das finde ich auch nicht richtig.

Mich wundert auch ein Stück weit, dass die Abgeordneten von CDU und FDP dazu nichts sagen, weil sie in erster Linie Abgeordnete sind, die die Regierung kontrollieren, und nicht nur die regierungstragenden Fraktionen. Ich finde, es kann nicht sein, dass man Geld einstellt, ohne zu sagen, wofür es ist.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Im Bereich der Justiz haben wir in den nächsten Jahren wirklich große Herausforderungen vor uns. Ich will einmal den Bereich der Investitionen in den Gebäudebestand nennen. Da bin ich sehr gespannt, ob die im Einzelplan 04 eingeplanten Mittel wirklich reichen werden, um den Investitionsstau tatsächlich abzuarbeiten.

Das andere große Thema, das ansteht, ist die Digitalisierung, also die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs und die Einführung der elektronischen Akte. Im September habe ich im Ausschuss nachgefragt, also ziemlich zu Beginn unserer Ausschusssitzungen, und da wurde mir gesagt: Ja, wir machen einen Masterplan, der Ende November, spätestens im Dezember dieses Jahres vorgestellt wird. – Bisher habe ich davon nichts gesehen. Es ist aber eine der großen Aufgaben, die wir vor uns haben, und ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Aber nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf Bundesebene stehen uns sehr wichtige rechtspolitische Diskussionen bevor. Wie ist zum Beispiel die Position des Justizministers zur Veränderung von § 219a Strafgesetzbuch? Herr Laschet sagt uns hier immer, er will wieder dafür sorgen, dass Nordrhein-Westfalen auf Bundesebene wahrgenommen und vertreten wird. Was heißt das denn in Bezug auf die Rechtspolitik? Herr Biesenbach, wie positionieren Sie sich zu diesen rechtspolitischen Fragen, die auch gesellschaftspolitische Fragen darstellen?

(Monika Düker [GRÜNE]: Das würde ich auch mal gern wissen!)

Was ist denn mit dem Thema „Informationen für Frauen über Schwangerschaftsabbrüche“? Kann es sein, dass Menschen dafür angezeigt werden? Ich finde: Dafür brauchen wir eine rechtspolitische Diskussion. Ich möchte dann auch die Position des Ministers hören, denn gerade findet eine aktuelle Diskussion im Bundesrat statt.

Auch zum Thema „Musterfeststellungsklage“ bzw. „Gruppenklage“ wird gerade eine aktuelle Diskussion auf Bundesebene geführt. Die grüne Bundestagsfraktion hat dazu bereits einen Gesetzentwurf eingebracht.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Verena Schäffer (GRÜNE): Das sind Themen, die Sie angehen müssen. Ich erwarte, dass Sie das tun.

Herr Biesenbach, Folgendes sei mir noch erlaubt zu sagen: Jetzt, da Sie das Kreistagsmandat abgegeben haben – nicht ganz freiwillig, ein bisschen Druck war dafür nötig –, dürften Sie eigentlich die notwendige Zeit haben, genau diese großen Herausforderungen im Justizbereich anzugehen. Also: Machen Sie das!

Wir werden das weiterhin kritisch begleiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)