Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Laschet, nach Ihrer Unterrichtung habe ich mich gefragt: Wann kommt denn jetzt eigentlich die Unterrichtung? Denn das, was Sie hier geliefert haben – Geschichte, Analyse –, kennen wir alles. Um diese Unterrichtung abzukürzen, hätte eigentlich die Zeitungslektüre gereicht; denn daraus haben wir schon alles erfahren. Aber wie denn jetzt der Prozess funktionieren soll, was Sie denn jetzt planen mit dieser Ruhr-Konferenz, das haben wir heute hier im Landtag nicht erfahren. Das war keine Unterrichtung – ganz im Gegenteil.

Ich frage mich auch, Herr Laschet: Wer ist in dieser Landesregierung denn jetzt eigentlich zuständig von Ihren Ministern? Ist es denn jetzt Herr Holthoff-Pförtner, oder ist es Herr Pinkwart?

(Ministerpräsident Armin Laschet: Alle!) Mit ist das nicht klar.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Alle!)

Natürlich wäre es wahrscheinlich fachlich richtiger, Herrn Pinkwart zu benennen. Aber klären Sie doch einmal die Zuständigkeit. Es wäre für das Ruhrgebiet auch wichtig, hier einen Ansprechpartner zu haben. Auch das ist heute hier nicht klar geworden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, das Ruhrgebiet ist mit seinen über 5 Millionen Einwohnern die neuntgrößte Metropolregion Europas. Was das Ruhrgebiet so anziehend macht, ist aber nicht allein die Größe des Ruhrgebiets. Es sind die Menschen im Ruhrgebiet; es ist ihre Kultur; es sind die Hochschulen; es ist die Gründerkultur; es sind die kulturellen Angebote, die von Industriekultur bis zu Natur reichen und wovon zunehmend auch der Tourismus im Ruhrgebiet profitiert.

Man könnte also meinen, im Ruhrgebiet sei alles gut. Wir wissen aber, dass dem so nicht ist. Sonst würden wir heute nicht hier stehen; sonst würden wir heute nicht darüber diskutieren.

Die Fahrt am Montag ist ja schon mehrfach angesprochen worden. Herr Junkernheinrich hat noch einmal sehr deutlich auf die finanzielle Situation gerade in den Ruhrgebietsstädten hingewiesen. Dort sind auch einige Zahlen genannt worden, die ich als Kurzbeispiele nennen will.

Die Sozialausgaben für die kreisfreien Städte des Aktionsbündnisses, worunter viele Ruhrgebietskommunen fallen, liegen mit knapp 55 % über dem Durchschnitt der West-Flächenländer. Die Altschulden – es ist wichtig, auch darauf einen Blick zu werfen – liegen mit 431 % über dem Durchschnitt der West-Flächenländer.

Ich glaube, dass man anhand dieser Zahlen schon sehr deutlich sieht, wo der Schuh drückt. Daran wird doch deutlich, dass es völlig utopisch ist, zu glauben, dass sich die Kommunen aus eigener Kraft aus dieser Verschuldung befreien könnten.

Herr Laschet, Sie haben in der Presse angekündigt, Sie wollten Visionen entwickeln; Sie wollten Ideen für das Ruhrgebiet entwickeln. Ich glaube, dass das nicht reicht. Wir sind doch im Ruhrgebiet schon längst weiter. Wir wissen doch, was wir im Ruhrgebiet brauchen und was wir dort an Problemen und Herausforderungen haben.

Deshalb erwarten wir auch von der Landesregierung, Herr Laschet, gerade angesichts der finanziellen Lage der Kommunen, dass Sie hier endlich handeln und im Bereich der Altschulden endlich für eine Problemlösung sorgen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann reicht es nicht, wenn Frau Scharrenbach sich hier hinstellt und ankündigt, wie sie das kurz vor Weihnachten getan hat, dass sich die Landesregierung mit der Altschuldenproblematik mal auseinandersetzen will. Das reicht nicht.

Die Anhörung am Freitag im Kommunalausschuss hat noch einmal sehr deutlich gemacht, dass rasches Handeln gerade vor dem Hintergrund der niedrigen Zinsen dringend geboten ist. Wir wissen, dass nur die Lösung der Altschuldenproblematik langfristig endlich wieder Spielräume im Ruhrgebiet eröffnet, sodass wir Investitionen in den Kommunen tätigen können. Denn wir brauchen endlich Investitionen in Mobilität, in Bildung, in Integration und Stadtentwicklung. Und dafür brauchen wir die Lösung der Altschuldenproblematik.

Herr Laschet, Sie sind gefragt, sich auf Bundesebene nicht nur für die Lösung der Problematik der Sozialausgaben einzusetzen, sondern auch dafür, dass es endlich einen Altschuldenfonds gibt. Das wäre nach dem Stärkungspakt jetzt der nächste konsequente Schritt, den wir endlich brauchen.

(Beifall von den GRÜNEN und Christian Dahm [SPD])

Herr Holthoff-Pförtner, ich habe in der Zeitung gelesen, dass Sie keine Geber- und keine Krisenkonferenz wollen; Sie wollen Ideen sammeln und nicht Geld sammeln. Ehrlich gesagt, offenbart das doch die Ideenlosigkeit der Landesregierung für das Ruhrgebiet. Sie haben offenbar keine Ideen, obwohl diese eigentlich bereits auf dem Tisch liegen. Wir wissen, was wir im Ruhrgebiet brauchen

Das nächste Großprojekt steht mit der IGA 2027 bereits vor der Tür. Herr Hovenjürgen, da reicht es nicht, nach zehn Monaten Landesregierung darauf zu verweisen, was vorher gelaufen ist. Sie sind jetzt in der Pflicht, Herr Laschet, endlich die Förderzusagen für das Ruhrgebiet zu machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es reicht nicht, wenn Sie immer sagen, dass Sie prüfen und prüfen und prüfen. Sie müssen die Förderzusage machen. Denn bis Mitte dieses Jahres muss die Förderung feststehen, da- mit die IGA im Ruhrgebiet stattfinden kann.

Herr Laschet, das noch zum Abschluss: Wir als Grüne werden uns der Konferenz nicht verschließen – im Gegenteil. Wir sehen die Chancen für die Region. Aber es reicht nicht, wenn Sie bei vagen Ankündigungen bleiben. Es braucht die Beteiligung der Politik und der Menschen im Ruhrgebiet.

Im Übrigen reicht es auch nicht aus, wenn Sie als Erstes zum Initiativkreis gehen, in dem nur ein kleiner Teil der Wirtschaft im Ruhrgebiet organisiert ist. Sie hätten als Erstes die Politik informieren müssen. Sie müssen uns mit an den Tisch nehmen. Denn wir sind doch die Handelnden im Ruhrgebiet. Wir brauchen auch keine neue Ideensammlung, sondern konkrete Antworten auf konkrete Herausforderungen, die wir im Ruhrgebiet haben.

Wenn im Endeffekt das Ziel sein soll – aber ich bin mir heute nicht ganz sicher, ob das wirklich Ihr Ziel ist; ich habe die Befürchtung, dass Sie gar nicht wissen, wo Sie eigentlich hinwollen – , dass wir endlich konkrete Antworten finden, dann sind wir als Grüne sehr gerne dabei und begleiten die Ruhr-Konferenz gerne kritisch, aber konstruktiv, weil wir wissen, dass sie Chancen für das Ruhrgebiet bietet.