Pressemitteilung: Wittener Landtagsabgeordnete Verena Schäffer als stellvertretende grüne Fraktionsvorsitzende bestätigt

Bei der Fraktionsklausur der grünen Landtagsfraktion wurde turnusgemäß ein neuer Fraktionsvorstand gewählt. Dabei wurde mit Mehrdad Mostofizadeh aus Essen ein neuer Fraktionsvorsitzender gewählt, Verena Schäffer aus Witten und Stefan Engstfeld aus Düsseldorf wurden als stellvertretende Vorsitzende der Fraktion bestätig. Neu in den Vorstand gewählt wurden Josefine Paul (Münster) und Norwich Rüße (Kreis Steinfurt), ebenfalls als stellvertretende Vorsitzende. Den Vorstand komplettiert Sigrid Beer, die wieder als parlamentarische Geschäftsführerin gewählt wurde.

Verena Schäffer erklärt dazu:

„Ich bedanke mich bei meiner Fraktion für die Wiederwahl und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit im neuen Fraktionsvorstand. Als stellvertretende Fraktionsvorsitzende werde ich Anliegen aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis auch zukünftig eine starke grüne Stimme im Landtag geben können.“

Meine Rede zur Terrorprävention nach dem Anschlag in Paris

Drucksache 16/7816

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hegemann, ich gehe nicht länger darauf ein. Ich glaube, das lohnt sich nicht. Aber ich will noch einmal daran erinnern, dass wir hier vor ungefähr zwei Jahren ein sehr gutes rot-grünes Verfassungsschutzgesetz gemacht haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Da haben wir uns als Grüne sehr eindeutig positioniert. Ich sage es Ihnen auch ganz ehrlich. Mir wäre es lieber, wir bräuchten keinen Verfassungsschutz, keinen Nachrichtendienst. Aber angesichts der Bedrohungslagen, die wir nicht nur durch den Salafismus, sondern auch durch den Rechtsextremismus haben, ist dieser notwendig. Dazu hat sich meine Fraktion ja auch sehr eindeutig positioniert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will noch einmal sagen, dass uns der schreckliche Anschlag von Paris am 7. Januar 2015, glaube ich, alle schockiert hat, alle erschüttert hat. In Bezug auf den Salafismus, auf die Ideologie, finde ich, hat das noch einmal zwei Dinge sehr deutlich gemacht.

Zum einen ist deutlich geworden, wie menschenverachtend diese Ideologie ist und dass antisemitischer Hass eine Rolle spielt in dieser Ideologie, was die Geiselnahme in dem koscheren Supermarkt angeht. Wir reden hier einfach von einer Menschenverachtung des Salafismus, der gewaltbereit und verfassungsfeindlich geprägt ist.

Dieser Salafismus ist aber auch demokratiefeindlich. Es war ein Anschlag auf die Meinungs- und auf die Pressefreiheit und damit letztendlich auch auf zentrale Grundrechte in unserer Demokratie.

Ich finde es einfach großartig, dass es so starke Signale aus der Zivilgesellschaft gegeben hat, aber auch am Mittwoch hier im Plenum, indem wir gemeinsam gesagt haben, wir lassen uns davon nicht einschüchtern, aber wir stellen Musliminnen und Muslime auch nicht unter Generalverdacht. Ich bin froh darüber, dass wir so eine starke demokratische Gesellschaft haben, die das eben nicht zulässt, was Terroristen wollen, nämlich dass wir uns einschüchtern lassen, sondern dass wir hier stehen für die Demokratie, für Meinungs- und für Pressefreiheit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was man aber schon sagen muss, ist: Wir haben nach Paris eine Veränderung in der Sicherheitslage. Das haben auch die Diskussionen in der offenen PKG-Sitzung, die ja übrigens erst möglich geworden ist durch unser neues Verfassungsschutzgesetz, gezeigt. In der offenen PKG-Sitzung in der letzten Woche und auch im Innenausschuss ist in den Diskussionen, finde ich, sehr deutlich geworden, was sich in der Sicherheitslage nach Paris verändert hat. Zum einen besteht die Gefahr, dass es möglicherweise Nachahmungstäter gibt. Zum anderen besteht die Gefahr, dass potenzielle Täter noch einmal festgestellt haben, wie einfach es ist, einen Anschlag zu begehen, und wie einfach es ist, eine Gesellschaft zu erschüttern und zu erschrecken.

Deshalb finde ich es richtig, darauf zu reagieren. Wir als Grüne haben gesagt, dass wir keine voreiligen, reflexhaften, unverhältnismäßigen Sicherheitsverschärfungen haben wollen. Nein. Es muss aber Personal geben in den Sicherheitsbehörden, um den Vollzug der schon vorhandenen Instrumente durchführen zu können. Deshalb finde ich es richtig, dass wir sagen: Wir stocken das Personal bei den nordrhein-westfälischen Behörden, beim Verfassungsschutz und auch bei der Polizei auf. Beim Verfassungsschutz haben wir das mit dem letzten Haushalt schon getan mit 29 Stellen. Wir legen noch einmal 25 drauf. Auch bei der Polizei wird es 360 neue Polizeibeamtinnen und -beamte geben. Das finde ich sehr gerechtfertigt angesichts der aktuellen Situation.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will den Piraten aber insofern Recht geben, dass Prävention natürlich eine wichtige Säule in der Bekämpfung des gewaltbereiten, des verfassungsfeindlichen Neosalafismus sein muss. Aber, noch einmal: Ich finde den Mix aus Repression und Prävention wichtig. Ich meine, es kann nicht das eine ohne das andere geben.

Ich würde auch gar nicht die These für abwegig erklären, dass Repression bei Einzelnen auch zu Radikalisierung führen kann. Ich will gar nicht sagen, dass ich nicht glaube, dass an dieser These etwas dran ist. Nur: Was ist die Konsequenz daraus? Die Konsequenz daraus darf doch nicht sein, dass wir sagen: Es kann eine mögliche Radikalisierung von Einzelnen geben, und deshalb wollen wir nicht, dass die Sicherheitsbehörden weiter observieren. Ich finde, das kann nicht die Konsequenz sein.

Für mich als innenpolitische Sprecherin meiner Fraktion und als Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium kann ich auch sagen: Diese Verantwortung möchte ich nicht tragen, dass wir sagen, wir beobachten diese gewaltbereiten Salafisten nicht mehr, sondern wir setzen nur noch auf Prävention.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Frank Herrmann [PIRATEN])

Das halte ich ein Stück weit auch für naiv und für unverantwortlich.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie zitieren ja hier aus einer Studie des King‘s College in London. Das ist eine der wenigen Stellen, an denen überhaupt Forschung zu dem Thema betrieben wird, die wichtig ist.

Hier haben wir auch noch einen Ansatzpunkt. In Nordrhein-Westfalen und auch bundesweit gibt es keine Forschung zum Thema „Salafismus“. Wir reden hier eigentlich ständig über ein Phänomen in Deutschland, wissen aber gar nicht, wer eigentlich dahintersteckt. Wir wissen zum Teil aus Befragungen und über die Sicherheitsbehörden, wen sie beobachten. Deshalb haben wir Anhaltspunkte und können Annahmen treffen. Wir haben aber bisher keine wissenschaftlichen Studien über Radikalisierung, über Motivation, über Ausstiegsgründe. Das, meine ich, müssen wir ändern. Das müssen wir angehen, auch hier in Nordrhein-Westfalen.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Das haben wir vor zwei Jahren schon einmal beantragt!)

Wir brauchen eigentlich wissenschaftliche Studien.

Wir brauchen aber auch die ganz klassische Prävention, die primäre Prävention – Demokratieerziehung in Schulen beispielsweise –, aber auch sekundäre und tertiäre Prävention. Wir brauchen die „Wegweiser“-Projekte, die wir ja schon in Bochum, Bonn und Düsseldorf haben. Es wird in diesem Jahr noch einmal eine Ausweitung geben. Das finde ich wichtig. Aber auch zum Beispiel das Aussteigerprogramm, das jetzt beim Verfassungsschutz seit dem letzten Halbjahr eingerichtet wird, ist ein wichtiger Bestandteil der tertiären Prävention.

In der schriftlichen Unterrichtung der Landesregierung an den Landtag, ich glaube, im Oktober letzten Jahres, war ja eine ganze Reihe an Maßnahmen aufgeführt, die in der Prävention schon durchgeführt werden. Das ist schon ein erster wichtiger Schritt, dass da aufgeführt ist, was eigentlich in den einzelnen Ressorts passiert.

Ich meine aber auch, dass wir in den einzelnen Ausschüssen stärker in die Diskussion gehen müssen. Das ist nicht nur ein Thema des Innenausschusses oder des Integrationsausschusses, sondern es muss auch Thema des Schulausschusses, des Rechtsausschusses und vieler anderer Ausschüsse hier im Landtag sein. Denn es handelt sich um ein themenübergreifendes Problemfeld, das einer gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung bedarf.

Das gilt übrigens auch für die Frage, welche Faktoren dazu beitragen, dass Menschen sich radikalisieren oder dieser Szene zuwenden. Auch die Frage, ob Ausgrenzung oder Diskriminierungserfahrungen Auslöser sein können, war ein Punkt. Das ist keine einfache Diskussion. Damit will ich auch auf gar keinen Fall Attentate oder Straftaten rechtfertigen. Wenn man Prävention betreibt, muss man sich aber auch die Ursachen anschauen, sonst funktioniert das Ganze nicht.

Zum Abschluss möchte ich noch etwas sagen, was mir wichtig ist. Wir können den Salafismus nicht ausschließlich mit Prävention oder Repression bekämpfen, sondern es muss ein Mix aus beidem sein. Ich finde, damit sind wir in Nordrhein-Westfalen auch im Vergleich zu den anderen Bundesländern eigentlich schon auf einem guten Weg. Jedenfalls sind andere Bundesländer, soweit ich weiß, in der Präventionsarbeit zum Teil noch nicht so weit. Ich finde, wir sind auf einem guten Weg, und daran müssen wir weiter arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Kongress und Lesung mit Marc Elsberg zum Thema Blackout am 24.04.2015

Einladung zur Veranstaltung:

Damit das Licht nicht ausgeht – Energiesicherheit, Digitalisierung und die Folgen eines Blackouts

Am Freitag, 24. April 2015 von 15:00 bis 21:00 Uhr im Landtag NRW

Ohne Strom ist unser Alltag nicht mehr vorstellbar. Zugleich nehmen wir unsere Stromversorgung als selbstverständlich und gesichert hin. Doch was würde passieren, wenn der Strom großflächig und länger ausfällt? Wie sicher ist unsere Stromversorgung? Ist unsere Stromversorgung sicherer durch einen dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien? Wie anfällig wird das Stromsystem durch die zunehmende Digitalisierung? Wie kann der Datenschutz auch bei einer Stromversorgung, die auf Intelligente Netze setzt, gesichert werden? Wie anfällig ist unser Stromsystem gegenüber Angriffen von außen? Welche Herausforderungen entstehen für den Katastrophenschutz bei einem großflächigen und langanhaltenden Stromausfall? Welche vorbereitenden Maßnahmen können hierfür getroffen werden?

 

Kongress

Diese und weitere Fragen möchten wir mit Ihnen und Euch im Rahmen unseres Kongresses diskutieren und uns in drei Foren über die einzelnen Problemfelder austauschen:

Forum A: Von intelligenten Netzen bis Erneuerbare Energien – Wie gestalten wir das Stromsystem der Zukunft versorgungssicher?

Forum B: Intelligente Netze: Anfällig und gläsern? – Herausforderungen für Datenschutz und Datensicherheit

Forum C: Katastrophenfall „Blackout“ – Herausforderungen für Politik sowie Feuerwehren, THW und Hilfsorganisationen

 

Lesung mit Marc Elsberg ab 19 Uhr

Zudem konnten wir Marc Elsberg, Autor des Bestsellers „Blackout“, der das Schreckensszenario eines terroristisch herbeigeführten großflächigen Stromausfalls in Europa in Romanform gebracht hat, für die Veranstaltung gewinnen. Ab 19 Uhr wird er aus seinem Buch lesen und mit uns und weiteren Akteur*innen diskutieren.

 

Eine detailliertere Einladung mit Anmeldemöglichkeit wird Anfang 2015 erfolgen.

Meine Rede zur Personalsituation bei Polizei und Feuerwehr

Verena Schäffer (GRÜNE): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Orth, es macht immer eine große Freude, nach Ihnen reden zu dürfen; das mache ich gerne. Ganz im Ernst: Der Innenminister ist doch nicht für jeden einzelnen Polizeieinsatz im Land zuständig. Innere Sicherheit ist doch nicht so eindimensional wie eine Zahl in der PKS, wo man nachlesen kann, wie sich die Einbruchskriminalität entwickelt hat. Sie müssen doch differenziert hinschauen: Woran liegt das? Es hängt bei der Einbruchskriminalität mit den Ballungsräumen, der Verkehrsanbindung zusammen, und es gibt eine bundesweite, ja sogar eine europaweite Entwicklung im Salafismus. Sie können doch nicht alles mit einem Link auf die PKS einfach wegwischen. So einfach ist Innenpolitik nicht. Den Herausforderungen, vor denen wir in diesem Land stehen, stellen wir uns.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich finde im Übrigen, dass Sie mit Ihrer Kritik der Arbeit der Polizeibeamtinnen und -beamten nicht gerecht werden. Die machen die ordentliche Arbeit vor Ort. Gerade die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten stärken wir mit der erhöhten Zahl an Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern. Immerhin stellen wir nach wie vor jedes Jahr 1.500 Personen ein. Wenn Sie jetzt von 1.800 sprechen, dann ist das schön, aber Sie müssen a) auch begründen, woher das Geld kommt, und b) sagen, wie Sie die Ausbildungskapazitäten herstellen. Das eine geht eben nicht ohne das andere.

(Zuruf von Dr. Robert Orth [FDP])

Herr Kruse hat gesagt, uns würde jeglicher Wille zur Strukturveränderung fehlen. Da muss ich Ihnen klar widersprechen. Dass es bei der Polizei ein Auseinanderdriften zwischen Neueinstellungen und Pensionierungen gibt, dass das Verhältnis kippt und wir ab 2017 mehr Personen pensionieren werden als neu einstellen, ist bekannt; gerade der Aufgabe und der Strukturfrage stellen wir uns doch.

Die Landesregierung hat die Kommission „Bürgernahe Polizei“ eingerichtet, die im Frühjahr nächsten Jahres einen Bericht vorlegen wird. Dann bin ich gespannt auf die Diskussionen, die wir auch mit Ihnen darüber führen werden, wie die Polizei in Nordrhein-Westfalen in Zukunft aufzustellen ist und wie die Struktur auszusehen hat. Ich meine, unser Ziel muss eine bürgernahe Polizei sein. Das heißt, dass die Polizei vor Ort bei den Menschen ist und nicht irgendwo in den Behörden sitzt. Genau der Frage werden wir uns stellen müssen.

(Zuruf: Wann denn?)

– Wann wir das tun werden? Die Kommission tagt momentan. Sie arbeitet, sie ist eingerichtet. Im Frühjahr nächsten Jahres wird es einen Bericht geben. Den werden wir mit Ihnen diskutieren. Dann bin ich gespannt auf Ihre konstruktiven Vorschläge zu dem Bericht. Ich bin gespannt, Herr Kruse und Herr Dr. Stamp, ob Sie mit uns darüber diskutieren werden. Von uns aus herzlich gerne. Wir sind immer offen für konstruktive Diskussionen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will auch noch ein paar Worte zum Thema „Feuerwehr“ sagen. Eines muss man sagen: Feuerwehrarbeit wird zum großen Teil von Ehrenamtlichen geleistet. 73 % der Feuerwehren in diesem Land sind rein freiwillige Feuerwehren. Insofern ist uns das Projekt „Feuerwehrensache“ sehr wichtig.

Wir stocken ja hier noch einmal die Mittel auf. Wir haben als grüne Landtagsfraktion im Frühjahr dieses Jahres einen großen Kongress zum Thema „Ehrenamt bei der Feuerwehr“ gemacht. Ich finde, diese zu stärken, ist unsere Aufgabe, und zwar nicht nur durch das Projekt „Feuerwehrensache“; vielmehr wird es im Frühjahr des kommenden Jahres ein neues Feuerwehrgesetz geben. Auf die Diskussion dazu bin ich gespannt, weil es natürlich darum gehen muss, Freiwillige Feuerwehren und das Ehrenamt bei der Feuerwehr anzuerkennen und zu fördern, aber auch zum Beispiel Jugendfeuerwehren zu stärken sowie Kinderfeuerwehren zu ermöglichen. Diese Diskussion wird im nächsten Halbjahr anstehen.

Da wir einen Änderungsantrag zum Haushalt, und zwar zum Thema Salafismus, gestellt haben, will ich auch darauf noch einmal eingehen. Wir haben einen Antrag zur Erhöhung der Stellenzahl beim Verfassungsschutz gestellt. Angesichts der derzeitigen Situation in Syrien und im Irak, der wachsenden Szene des Salafismus in Deutschland und der Ausreisen von gewaltbereiten Salafisten nach Syrien oder in den Irak haben wir gesagt, dass wir die Ressourcen hier noch einmal stärken müssen. Aber ich will für meine Fraktion auch noch einmal deutlich machen, dass es nicht nur darum gehen kann, Repressionsmaßnahmen anzuwenden, sondern gerade im Bereich des Salafismus müssen wir auch über Prävention sprechen. Ich finde, dass wir hier mit dem Projekt „Wegweiser“, das im kommenden Jahr ja noch ausgeweitet werden soll, wichtige Schritte vorangehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Zum Thema „Salafismus“ will ich hier noch zwei Anmerkungen machen, die mir sehr wichtig sind. Im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung, auch was die Demonstration angeht, die hier vor dem Landtag stattfinden s, ist das eine, dass wir aufpassen müssen, dass Salafisten nicht mit Musliminnen und Muslimen in einen Topf geworfen werden, die hier friedlich leben und für Rechtsstaatlichkeit eintreten. Das ist das eine. Ich glaube, da sind wir uns auch einig.

Das andere ist – auch da hoffe ich auf eine große Einigkeit, vielleicht auch bei der Demo am kommenden Montag vor dem Landtag –, dass es Personen und Gruppierungen nicht gelingen darf, unter dem Deckmantel, gegen Salafismus zu sein, mit Ressentiments gegen Musliminnen und Muslime Hass zu schüren. Da hoffe ich auf eine große Einigkeit dieses Parlaments, weil ich meine, wir haben ganz aktuell wirklich eine Bedrohungslage, indem versucht wird, auch wieder ausgehend vom Rechtsextremismus, unsere Gesellschaft zu spalten. Ich hoffe, dass wir uns gemeinsam dagegen engagieren. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zu Neonazis im Umfeld des Fußballs

 Drucksache 16/7153

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ehrlich erschüttert, was wir hier im Landtag von solch einem politischen Althooligan hören müssen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Sie verharmlosen rechte Gewalt. Sie diskreditieren die Zivilgesellschaft. Das finde ich, ehrlich gesagt, fast noch schlimmer.

Am 26. Oktober gab es die gewalttätigen Ausschreitungen von Hooligans, von Neonazis. Aber es gab auch eine friedliche Demonstration dagegen. Etwa 750 Personen aus dem bürgerlichen Spektrum haben dagegen demonstriert und Flagge gegen Rechtsextremismus gezeigt. Dass Sie diese Menschen so diskreditieren und zivilgesellschaftliches, bürgerschaftliches Engagement so in den Dreck ziehen, das finde ich unerhört. Das ist eine Unverschämtheit sondergleichen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Herr Hegemann, man muss hier noch einmal deutlich machen: Was die Zusammensetzung der Ho.Ge.Sa aus Hooligans und Neonazis betrifft, haben wir eine gefährliche Entwicklung zu verzeichnen. Dort herrscht eine Gewaltbereitschaft, die wir so noch nicht erlebt haben, mit einer Ideologie, die von Menschenfeindlichkeit, von Rassismus, von Islamhass geprägt ist, bei der der antimuslimische Rassismus als Mobilisierungsthema dient.

Wenn wir uns diese Bilder bewusst anschauen, dann müssen wir uns doch damit beschäftigen, was das für unsere Gesellschaft zu bedeuten hat, wenn hier schlichtweg gegen Musliminnen und Muslime, gegen unsere Nachbarn, gegen unsere Bürgerinnen und Bürger gehetzt wird. Darüber müssen wir uns doch auseinandersetzen. Das dürfen wir dieser Ho.Ge.Sa nicht durchgehen lassen!

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Auch die CDU darf das nicht.

Ich gebe den Piraten in ihrer Analyse insoweit recht, als die Alt-Hooligans in die Stadien und auf die Straßen zurückkommen und dass es hier um einen Hegemonieanspruch geht, sowohl im Stadion gegen Ultrabewegungen – insbesondere gegen antirassistische linke Ultrabewegungen – als auch auf der Straße gegen Salafisten, gegen Musliminnen und Muslime.

Das Beispiel Aachen ist im Hinblick auf die Stadien schon genannt worden. Das macht gerade noch einmal deutlich, dass die Hooligans eben nicht unpolitisch sind, dass der Fußball nicht unpolitisch ist, sondern dass – ganz im Gegenteil! – der Fußball immer wieder missbraucht wird und dass die Hooligans rechte Symboliken und rechte Themen besetzen.

Sowohl Aachen als auch Dortmund mit Siegfried Borchardt sind Beispiele dafür, dass der Fußball missbraucht wird und dass der Fußball ebenso als Mobilisierungsthema gilt wie die rassistische Hetze.

Was aus meiner Sicht wirklich neu ist – darüber haben wir gestern ausführlich diskutiert –, ist der Zusammenschluss von Hooligans und von organisierten Rechtsextremen aus Parteien wie NPD, PRO NRW, der Partei „Die Rechte“, der Kameradschaftsszene, Skinheads und aus der rechtsextremen Musikszene.

Neu ist die hohe Mobilisierung, neu ist auch diese massive Gewaltanwendung, die wir erleben mussten. Und da müssen wir als Parlament ganz deutlich machen – ich hoffe, dass auch die CDU dabei ist –, dass wir als Rechtsstaat so etwas nicht hinnehmen können, sondern konsequent gegen solche Bewegungen vorgehen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Sieveke?

Verena Schäffer (GRÜNE): Von Herrn Sieveke? – Ja, klar.

Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Herr Kollege Sieveke.

Daniel Sieveke (CDU): Vielen Dank, Frau Schäffer, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben eben die Versachlichung angesprochen. Stimmen Sie mit mir überein, dass es in diversen Innenausschusssitzungen gerade durch Wortmeldungen der Piratenfraktion im Zusammenhang mit diversen innenpolitischen Themen zu Verharmlosungen des Gewaltpotenzials – Sie hatten ja gerade die Gewaltbereitschaft angesprochen – der Ultraszene und von Hooligans gekommen ist?

(Zuruf von den PIRATEN: Hä?!)

Verena Schäffer (GRÜNE): Also, Herr Sieveke, Entschuldigung. Wir diskutieren gerade über das Thema „Rechtsextremismus“ und darüber, dass Herr Hegemann hier eindeutig rechtsextreme Gewalt verharmlost hat.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Wie bitte? Was soll das denn?)

Es geht hier nicht um das Thema „Antirassismus“ oder um linke Bewegungen. Dass wir Gewalt nicht tolerieren, ist in diesem Hause hoffentlich klar, auch nicht von linken Gruppen. Aber Sie können doch nicht immer das eine gegen das andere aufwiegeln!

Die aktuelle Gefahr in NRW geht vom Rechtsextremismus aus, und das müssen wir hier so deutlich machen. Ich finde es schade, dass die CDU damit nicht übereinstimmt.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hegemann?

Verena Schäffer (GRÜNE): Bitte.

Lothar Hegemann (CDU): Frau Kollegin, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass ich in keiner Weise die Gegendemonstranten in Köln kriminalisiert habe? Wenn Sie das weiterhin behaupten, bitte ich Sie, das im Protokoll nachzulesen und zu rügen, falls Sie es denn finden. Das werden Sie aber nicht. Sie haben jetzt die Möglichkeit, das Ganze noch klarzustellen.

(Zurufe: Oho!)

Verena Schäffer (GRÜNE): Das Plenarprotokoll können wir ja alle noch einmal nachlesen. Was Sie aber definitiv gemacht haben, ist Folgendes: Sie haben gesagt, dass Gewalt bei Demonstrationen von Gegendemonstranten ausgehen. Das ist genau die Verharmlosung, die wir meinen. Und das geht nicht!

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN – Lothar Hegemann [CDU]: Nein!)

Zum Antrag: Natürlich sind die Fußballvereine hier in der Pflicht, Flagge zu zeigen. Zum Glück gibt es in einigen Stadien schon Verbote, solche Ho.Ge.Sa-Symbole zur Schau zu stellen. Ich finde es aber noch einmal wichtig, zu betonen, dass wir über ein Problem reden, das nicht nur beim Fußball auftritt, sondern dass es um ein gesamtgesellschaftliches Problem geht.

Deshalb ist meines Erachtens der runde Tisch der falsche Ansatz – frei nach dem Motto: Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis. – Was wir vielmehr brauchen, ist die intensive Auseinandersetzung mit diesem Phänomen. Deshalb bin ich gespannt, was die IMK zu diesem Thema hervorbringen wird, was die Analysen anbelangt.

Die Landesregierung ist gerade dabei, ein Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu erstellen. Es gab fünf Regionalkonferenzen – vielleicht waren Sie auch auf der einen oder anderen –, da war der Sport – zumindest bei der, auf der ich war – durchaus ein Thema. Das wird auch Eingang in das Handlungskonzept finden.

Was wir brauchen, sind daher keine runden Tische. Wir sind eigentlich schon mitten in der Diskussion und in unseren Möglichkeiten schon ein gutes Stück weiter. Wir brauchen das Handlungskonzept gegen rechts, wir brauchen eine vertiefte Analyse des Phänomens Ho.Ge.Sa und des Zusammenschlusses von Hooligans und Neonazis.

Außerdem brauchen wir eine stärkere Wahrnehmung und Analyse durch die Sicherheitsbehörden. Natürlich brauchen wir auch repressive Maßnahmen sowohl im als auch außerhalb des Stadions. Schließlich brauchen wir die gesellschaftliche Auseinandersetzung. Hierzu lade ich insbesondere die CDU ein.

Aus diesen Gründen werden wir den Antrag der Piraten ablehnen, da wir der Meinung sind, dass wir eigentlich schon einen Schritt weiter sind und keine runden Tische mehr benötigen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Kommunalinfo: Einsetzung des NSU-Untersuchungsausschusses in NRW beschlossen

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde,

die Aufdeckung des NSU im Herbst 2011 versetzte das Land in einen Schock. Was bis dahin für unmöglich gehalten wurde, war real: Über 13 Jahre konnte eine militant-rechtsextremistische Terrorgruppe unentdeckt durch die Republik ziehen und dabei Menschen ermorden, Sprengsätze zünden sowie Banküberfälle verüben. Ein eklatantes Versagen der Sicherheits- und Justizbehörden trat zu Tage.

Auch drei Jahre und mehrere Untersuchungsausschüsse im Deutschen Bundestag sowie in anderen Bundesländern später sind noch viele Fragen ungeklärt. Deshalb hat der nordrhein-westfälische Landtag gestern einstimmig einen gemeinsamen Antrag zur Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU-Terror in Nordrhein-Westfalen beschlossen. Mit dem Beschluss haben wir eine gute Arbeitsgrundlage für die kommenden rund zwei Jahre geschaffen. Ein Video mit Ausschnitten aus meiner Rede und Erläuterungen zu den Grünen Schwerpunkten finden Sie / findet ihr hier.

Aufklären wollen wir die Anschläge des NSU in der Probsteigasse, wo am 19. Januar 2001 in einem Lebensmittelladen einer iranischstämmigen Familie die damals 19-jährige Tochter durch die Explosion eines Sprengsatzes schwer verletzt wurde, und in der Kölner Keupstraße am 09. Juni 2004, wo viele Migrantinnen und Migranten wohnen und arbeiten, sowie den Mord an Mehmet Kuba??k am 04. April 2006 in Dortmund, welcher der 8. Mordfall in der ?eská-Mordserie darstellte. Daneben werden auch die Aktivitäten und der Tod des V-Mannes des Bundesamtes für Verfassungsschutz „Corelli“ im Mittelpunkt der Aufklärung stehen. Darüber hinaus wird sich der Untersuchungsausschuss mit dem bisher unaufgeklärten Anschlag an der Düsseldorfer S-Bahnhaltestelle Wehrhahn am 27. Juli 2000 und dem so genannten dreifachen Polizistenmord durch den Rechtsextremisten Michael Berger am 14. Juni 2000 in Dortmund und Waltrop beschäftigen.

Als GRÜNE Fraktion haben wir die für uns wichtigen Punkte in den Einsetzungsbeschlusses eingebracht. Eine zentrale Frage in diesem Untersuchungsausschuss ist, ob es ein mögliches Unterstützernetzwerk von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gegeben hat. Um ein solches mögliches Unterstützernetzwerk aufzudecken, ist es aus unserer Sicht notwendig, dass sich der Untersuchungsausschuss mit den Akteuren und Netzwerken der rechtsextremistischen Szene im Zusammenhang mit dem NSU ab den 1990er Jahren beschäftigen. Dazu gehören insbesondere die Fragen, welche organisatorischen Netzwerke ins benachbarte Ausland und nach Ostdeutschland und welche Strategien und Vorbereitungen zur Durchsetzung ideologischer Ziele mittels Gewalt sich in Nordrhein-Westfalen herausgebildet haben sowie zu welchen Gewaltanwendungen es durch rechtsextremistische Gruppierungen und Einzelpersonen gekommen ist.

Neben der Aufklärung legen wir GRÜNE einen Schwerpunkt auf die Erarbeitung von Konsequenzen für die Sicherheitsbehörden, denn diese Mordserie hat ein eklatantes strukturelles Versagen unserer Sicherheitsbehörden offenbart. Mit der bereits abgeschlossenen Verfassungsschutzreform, die öffentliche PKG-Sitzungen, gesetzlichen Regelungen zum Einsatz von V-Leuten sowie der Schwerpunktsetzung der Polizeiarbeit bei der Aus- und Fortbildung und Bekämpfung rechter Straftaten beinhaltet, haben wir wichtige neue Punkte gesetzt. Zudem wird in Nordrhein-Westfalen derzeit ein Handlungskonzept gegen Rassismus und Rechtsextremismus erarbeitet.

Die Stärke des Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag lag darin, dass alle Fraktionen gemeinsam an der Aufklärung und der Erarbeitung von Handlungsempfehlungen gearbeitet haben. Darauf setzen wir auch im nordrhein-westfälischen Landtag und werden uns unabhängig für größtmögliche Aufklärung einsetzen.

Über die Sitzungen des Untersuchungsausschusses werden wir regelmäßig in unserem Newsletter und auf unserer Website informieren. Erste Informationen zu dem Einsetzungsbeschluss, unseren Fragenstellungen und unseren Schwerpunkten haben wir auf hier auf unserer Website eingestellt.

Viele Grüße aus dem Landtag

Verena Schäffer