Meine Rede zum Antrag von Grünen, SPD und Piraten „Alltagsrassismus und rechte Gewalt bekämpfen“

Text und Video meiner Rede zum Antrag von Grünen, SPD und Piraten „Alltagsrassismus und rechte Gewalt bekämpfen – Erfassung politisch rechts motivierter Straftaten verbessern“ Drucksache 16/6122 – Neudruck

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Dienstag dieser Woche – also vor wenigen Tagen – haben viele Menschen genutzt, um gegen antimuslimische Gewalt und antimuslimischen Rassismus aufzustehen. Am Dienstag hat sich nämlich zum fünften Mal der Todestag von Marwa El-Sherbini gejährt, die vor fünf Jahren im Dresdener Landgericht ermordet wurde – von einer Person, die gegen Musliminnen und Muslime gehetzt und Marwa El-Sherbini auch schon vorher bedroht und beleidigt hatte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, das zeigt noch mal sehr deutlich, mit welchem Problem wir es bei dem Phänomen Rassismus zu tun haben, auch, dass antimuslimischer Rassismus in unserer Gesellschaft zunimmt – nicht nur in der Gesellschaft ; er wird zunehmend auch von Neonazis, von Rechtsextremisten als Propagandathema genutzt. Das haben wir zuletzt bei den Kommunal- und Europawahlen erlebt. Das finde ich sehr erschreckend.

Aber der Mord an Marwa El-Sherbini zeigt auch: Rassismus tötet. Man muss klar sagen, dass rassistische Einstellungen und Stimmungsmachen in der Gesellschaft auch dahin gehend Auswirkungen haben, dass Neonazis Gewalt gegen jene Menschen anwenden, die nicht in das rechtsextreme, menschenverachtende Weltbild passen, und dass Neonazis das als Legitimation für Gewalt nutzen.

Das haben wir beispielsweise in Solingen vor 20  Jahren auch erlebt, als es dort den Brandanschlag gegeben hat. Das macht noch einmal so deutlich, wie wichtig es ist, dass wir uns gesellschaftspolitisch mit Rassismus auseinandersetzen müssen, mit menschenverachtenden Einstellungen in der Gesellschaft, um Rechtsextremismus und rechtsextremer Gewalt insgesamt entgegenzutreten und sie bekämpfen zu können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wollen mit dem Antrag – als einen der wichtigsten Punkte – eine eigene Statistik für die antimuslimischen Straftaten erreichen. Bisher ist es so, dass in der Statistik über die „politisch motivierte Kriminalität–rechts“ die Hasskriminalität aufgeführt wird. Unter diese Hasskriminalität fallen Straftaten, die beispielsweise aufgrund antisemitischer Einstellungen oder gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder gegen Menschen mit Behinderung begangen werden. Nicht erfasst werden bisher die Strafteten gegen Musliminnen und Muslime. Wir wollen auf Bundesebene eine eigene Erfassung erreichen. Die Innenministerkonferenz hat in den letzten Jahren immer wieder mehrheitlich dagegen gestimmt. Eine bundeseinheitliche Regelung war bisher nicht möglich.

Wir aber haben gesagt: Wenn Herr Jäger und die Landesregierung das in der IMK nicht schaffen, wollen wir, dass Nordrhein-Westfalen eine eigene Erfassung der antimuslimischen Straftaten in Nordrhein-Westfalen einrichtet. Wir sind das Land mit den meisten Musliminnen und Muslimen. Deshalb ist eine solche Erfassung für NRW so wichtig.

Auf den Alltagsrassismus bin ich schon eingegangen. Wenn wir über Kriminalstatistiken bzw. polizeiliche Statistiken reden, muss man ganz klar sagen: Diese Statistiken können nicht die Dimensionen des Alltagsrassismus in seiner Gänze abbilden. Aber sie sind trotzdem wichtig, obwohl es natürlich eine Dunkelziffer gibt; auch die muss man hier ansprechen. Die Statistiken sind leider nicht frei von einer Dunkelziffer, weil Straftaten nicht angezeigt werden, weil die Opfer diese Straftaten aus den unterschiedlichsten Gründen nicht immer zur Anzeige bringen. An der Stelle brauchen wir die verstärkte Zusammenarbeit von Polizei und Opferberatungsstellen, die wir von Rot-Grün eingerichtet haben.

Es gibt aber eine weitere Dunkelziffer, weil nicht alle Straftaten, die rechtsextremistisch oder rassistisch motiviert sind, als solche erkannt werden bzw. den Tätern eine solche Motivation nachgewiesen werden kann. Es gibt immer wieder die Diskussionen über die Einordnung von Morden, die durch Neonazis begangen werden. Wir hatten gestern schon über Dortmund diskutiert. In dem Zusammenhang sind mehrere Morde genannt worden, die von Neonazis begangen wurden, aber nicht als rechtsextremistisch motivierte Taten eingeordnet wurden – auch nicht von den Gerichten.

An der Stelle hilft uns ein Stück weit die Statistik des Innenministeriums zur allgemeinen Kriminalität durch Neonazis. Deutlich zeigt sich aber auch, dass noch eine Überarbeitung des Themenfeldkatalogs „PMK–rechts“ stattfinden muss. Das ist eine Empfehlung aus dem NSU-Untersuchungsausschuss in Berlin, die von allen Fraktionen so beschlossen worden ist. Eine solche Überarbeitung brauchen wir im Zusammenspiel mit Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Das fordern wir in unserem Antrag auch.

Die „PMK–rechts“, eine Polizeistatistik, kann nur Anhaltspunkte dafür bieten, wie die Lage in Nordrhein-Westfalen und bundesweit zu Neonazis und ihrer Entwicklung aussieht. Trotzdem ist das wichtig, auch für die Einschätzung und die Arbeit vor Ort. Viele von uns erleben es, dass wir uns vor Ort zwar gegen Rechtsextremismus engagieren, aber gerade Bürgermeisterinnen und Bürgermeister es nicht so gerne sehen, wenn man darüber redet, dass es in den Orten rechtsextreme Probleme gibt. Eine solche Statistik kann Hilfe bieten, wenn man das Thema vor Ort ansprechen will.

Wir wollen – das steht auch in unserem Antrag – außerdem erreichen, dass es einen institutionalisierten Austausch der Mobilen Beratungsteams in den fünf Regierungsbezirken mit der Polizei gibt. Das haben wir bereits angestoßen. Das wird, so glaube ich, noch einmal sehr stark mithelfen, eine bessere Einschätzung über die Lage und die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen zu gewinnen.

Insofern ist der Antrag ein sehr guter Antrag, meine ich. Ich freue mich auf breite Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Meine Rede zum Umgang mit salafistischen Einstellungen in NRW

Text und Video meiner Rede zum Antrag der FDP „Salafismus konsequent mit den Mitteln des Rechtsstaats bekämpfen!“ Drucksache 16/6127

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn meiner Rede betonen – dahinter können wir uns sicherlich alle sammeln –, dass wir angesichts eines Erstarkens antimuslimischer Einstellungen in der Gesellschaft, angesichts dessen, dass rechtsextremistische Parteien immer mehr auf das Thema „islamfeindliche Hetze“ setzen, wie sie es auch im Kommunal- und im Europawahlkampf getan haben, deutlich machen müssen, dass Musliminnen und Muslime, die hier friedlich leben, Teil unserer Gesellschaft sind, sich für Demokratie, für Rechtsstaatlichkeit einsetzen, mit diesen Salafisten überhaupt nichts zu tun haben. Ich finde, das müssen wir immer wieder verdeutlichen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Eines ist hier schon deutlich geworden, nämlich dass es sich beim Salafimus um die bundesweit am schnellsten wachsende verfassungsfeindliche Bestrebung handelt. Im Jahre 2013 sind die Zahlen auf 1.500 Personen angestiegen. Im Mai 2014 waren es bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts bereits 1.800 Personen.

Zum einen haben wir es tatsächlich mit einem wachsenden Zulauf zu tun; auf der anderen Seite erhellt sich nach und nach natürlich auch ein Dunkelfeld. Und es ist erst einmal gut, dass dieses Dunkelfeld erhellt wird.

Klar ist aber, von diesen Salafisten geht eine Gefahr für unsere Gesellschaft aus. Salafisten sind antidemokratisch. Sie sind verfassungsfeindlich. Sie treten ein gegen unsere demokratische, unsere pluralistische Gesellschaft. Deshalb ist es richtig, dass Verfassungsschutz und Polizei diese Salafisten im Blick haben.

Mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz, das wir im letzten Jahr verabschiedet haben, haben wir auch noch einmal klargemacht: Der Verfassungsschutz muss ganz besonders gewaltorientierte Bestrebungen im Blick haben und seinen Fokus beim Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln genau auf diesen Bereich lenken.

Das Problem, über das wir hier reden, ist nicht nur ein Problem der Sicherheitsbehörden. Sie haben erkannt, dass wir hier eine Gefahr haben. Sie haben schon vor Jahren davor gewarnt. Wir haben die Verfassungsschutzberichte. Wir haben auch die Berichte aus dem polizeilichen Bereich.

Worauf es mir ankommt, ist, dass wir das Thema nicht nur als sicherheitspolitische Frage verstehen, sondern dass wir es gesamtgesellschaftlich betrachten. Darauf komme ich gleich auch noch zurück.

Ich will zunächst zwei Sätze zum Thema „Vereinsverbote“ und zum Thema „Ausreisen“ sagen. Sie tun in Ihrem Antrag fast so, als hätte es noch nie Vereinsverbote gegeben. Das stimmt aber nicht. Es hat Vereinsverbote gegeben. Im Regelfall ist es aber so, dass diese Gruppierungen, diese Vereine bundesweit agieren. Dann ist der Bundesinnenminister zuständig und nicht das Land.

Ich gehe aber sehr wohl davon aus, dass auch Informationen vom Verfassungsschutz und Polizeibehörden auf Landesebene kommen, die mit in die Lagebewertung auf Bundesebene und mit in die Verbotsverfahren auf Bundesebene einfließen.

Aber – das muss man ehrlicherweise auch sagen – man muss außerdem darüber diskutieren, wie wirksam Verbote von Vereinen eigentlich sind, und zwar besonders in diesem Bereich, von dem wir wissen, dass es dort auch Netzwerkstrukturen gibt. Ich finde, das muss man besonders kontrovers diskutieren.

Zum Thema „Ausreisen“: Wir wissen, dass ein Sicherheitsrisiko besteht, wenn Menschen, die in Syrien gekämpft haben, nach Deutschland zurückkommen. Sie haben den Umgang mit Waffen und Sprengstoff gelernt, haben Kampferfahrung gesammelt und sind in der Regel radikalisiert und angesichts von Erlebnissen in den Kriegsgebieten natürlich auch traumatisiert. Auf der letzten IMK, die hier in Nordrhein-Westfalen stattgefunden hat, war genau das Thema. Dazu wird wahrscheinlich der Innenminister noch etwas sagen. Die IMK hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um speziell die Frage zu diskutieren: Wie kann man Ausreisen verhindern?

Deshalb läuft Ihre Forderung im Antrag meiner Meinung nach ein Stück weit ins Leere. Denn das, was Sie fordern, wird schon längst diskutiert und bearbeitet. Was ich jedoch an Ihrem Antrag fatal finde: Sie reden nur über Repression. Wir haben es jedoch hier mit einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen zu tun. Hierbei geht es nicht nur um Repression. Es geht vielmehr um die Frage: Was sind denn die Ursachen?

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

– Sie haben es in Ihrer Rede angesprochen, aber nicht in Ihrem Antrag. Das ist das Problem.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Und bei der Beratung im Ausschuss!)

Das ist viel zu kurz gegriffen. Ich finde, man muss sich mit den Fragen und Ursachen auseinandersetzen. Auch für unsere Gesellschaft ist es nicht immer unbedingt bequem, zu hinterfragen, warum sich junge Menschen, insbesondere Männer, aber auch Frauen – auch das ist ein wichtiger Aspekt –, von der demokratischen Gesellschafft abwenden.

Außerdem müssen wir uns mit der Frage beschäftigen: Warum schaffen wir es eigentlich nicht, genau diesen Menschen eine Perspektive zu bieten und Anerkennung zu geben, sodass sie sich nicht den Salafisten anschließen?

Diese Fragen stellen sich nicht nur in Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch in Bezug auf deutsche Konvertiten. Auch bei diesen müssen wir uns die Frage stellen: Warum schaffen wir es eigentlich nicht, dass diese Menschen sich in unserer Gesellschaft anerkannt fühlen und ein Gemeinschaftsgefühl erfahren?

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Fragen sind, wie gesagt, unbequem, aber man muss sie stellen, wenn man die Ursache an der Wurzel bekämpfen will.

Die gute Zusammenarbeit mit muslimischen Gemeinden und Moscheen, die wichtige Verbündete in der Bekämpfung des Salafismus darstellen, ist für uns elementar. Genau dort setzt das Präventionsprojekt „Wegweiser“ des Innenministeriums an. Es ist ein bundesweit einmaliges Projekt und erst der Anfang. Das muss – in dieser Hinsicht haben Sie recht – ausgebaut werden. Dieses Ziel teilen wir.

Man muss jedoch erst einmal Folgendes festhalten: Wir haben in Nordrhein-Westfalen immerhin ein Präventionsprojekt auf die Beine gestellt. Ich finde, genau an dieser Stelle müssen wir gemeinsam weiterdiskutieren. Das gilt aber nicht nur für den Innenausschuss – auch das finde ich wichtig –, sondern auch für den Integrationsausschuss, den Schulausschuss und viele andere, die in diesem Themenbereich angesprochen sind. Ich glaube, wir kommen in diesem Themenfeld nur weiter, wenn wir es gesamtgesellschaftlich betrachten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Rede zur Einbruchskriminalität in Nordrhein-Westfalen

Text und Video meiner Rede zum Antrag der CDU : „Einbruchskriminalität in Nordrhein-Westfalen auf Rekordniveau – Anteil der Kriminalpolizei am Personalbestand der Polizei muss endlich erhöht werden!“ Drucksache 16/5760

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Und täglich grüßt das Murmeltier – das kann man bei diesem Thema mittlerweile schon sagen. Täglich kommt die CDU mit Debatten zum Thema „Einbruchskriminalität“, mit falschen Behauptungen, mit Ideen- und Konzeptlosigkeit. So viel Empörung, Herr Kruse, und keine Ideen, das finde schon ein bisschen peinlich.

(Zurufe von der CDU)

Die Polizeiliche Kriminalstatistik zum Beispiel haben wir bereits ausführlich diskutiert; deshalb gehe ich darauf gar nicht mehr ein.

Klar jedoch ist – und da sind wir uns einig –, dass Einbrüche in der Tat traumatische Erfahrungen für Betroffene bedeuten können, und dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre handelt, gerade an dem Ort, wo man sich eigentlich am sichersten fühlen müsste, und das ist zu Hause.

Heute Morgen bei WDR 5 ist im „Morgenecho“ berichtet worden, dass wir heute über dieses Thema debattieren. Da ist ein Beispiel genannt worden von einem sechsjährigen Jungen, der nach einem Wohnungseinbruch zu Hause nicht mehr alleine das Badezimmer betritt. Das zeigt, wie traumatisch solche Erfahrungen sein können, und dass es uns nicht nur um materielle Schäden gehen kann, sondern auch um die Auswirkungen auf die Opfer.

Natürlich bereitet uns die Kriminalitätsentwicklung bei den Wohnungseinbrüchen Sorgen. Aber man muss auch sagen: Es ist ein bundesweites Phänomen, und man muss es in den richtigen Kontext stellen. Nordrhein-Westfalen ist als ein großes Bundesland mit guten Verkehrsanbindungen und mit den Ballungsräumen sehr attraktiv für Täterinnen und Täter.

Dennoch kann die Aufklärungsquote für uns nicht zufriedenstellend sein. Aber auch das muss man in den richtigen Kontext stellen. Wir haben es hier mit mobilen Banden zu tun und damit, dass es kaum verwertbare Spuren am Tatort gibt. Das kann man nicht einfach so wegwischen, sondern das ist erst einmal Fakt.

Sie unterstellen in diesem Antrag, dass Präventionsmaßnahmen überhaupt gar keinen Effekt und keine Auswirkungen hätten. Das stimmt ja so nicht; das finde ich einfach rein populistisch. Es ist schon deshalb falsch, weil ungefähr 40 % der Wohnungseinbrüche daran scheitern, dass Türen und Fenster gut gesichert sind.

Die Anzahl der vollendeten Wohnungseinbrüche konnte in 2012 gesenkt werden. Auch darüber haben wir schon diskutiert. Insofern wirkt Prävention sehr wohl. Es wird den Beamtinnen und Beamten, die sich auf diesem Feld engagieren, nicht gerecht, wenn Sie das hier immer wieder falsch darstellen.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Aber Sie haben recht: Prävention alleine reicht eben nicht. Es muss auch andere Konzepte geben. Die gibt es jedoch schon. Aber auch das verschweigen Sie in Ihrem Antrag total. Mit dem Konzept vom Innenministerium „Mobile Täter im Visier“ gibt es bereits ein Programm, das zur verbesserten Erkenntnislage beiträgt und auch den Ermittlungsdruck auf die Banden erhöht.

Gerade das LKA übt dabei eine koordinierende, eine sehr wichtige Funktion aus. Das LKA erstellt tagesaktuelle Lagebilder und stellt diese den Kreispolizeibehörden für ihre Tätigkeiten zur Verfügung. Insofern ist beim LKA und bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen insgesamt schon ein richtiger Schwerpunkt in diesem Themenbereich gesetzt.

In Ihrem Antrag – so verstehe ich zumindest den Beschlusspunkt 1 – wollen Sie anscheinend feste Quoten für die Kriminalpolizei in den Kreispolizeibehörden verankern. Damit unterstellen Sie, dass in allen 47 Kreispolizeibehörden in Nordrhein-West-falen eine ähnliche Problemlage herrscht.

Dem ist aber nicht so. Über das Land verteilt herrschen vor Ort unterschiedliche Situationen. Es gibt nicht nur den Bereich der Kriminalität, sondern es gibt auch andere Direktionen, die Direktionen V – Verkehr – und GE – Gefahrenabwehr/Einsatz. Auch in diesen Bereichen müssen wir entsprechende Personalkapazitäten zur Verfügung stellen. Ich finde das System richtig, dass die Polizeibehörden aufgrund ihrer Analysen der jeweiligen Sicherheitslage vor Ort selber entscheiden können, wo sie ihre Schwerpunkte setzen.

Wir werden der Überweisung natürlich zustimmen. Was die Abstimmung über den Inhalt des Antrags nachher im Ausschuss angeht, sieht das ein bisschen anders aus. Da können wir den Antrag so nicht mittragen. – Danke.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zur Erfassung rechter Gewalt und Strategien gegen Rechtsextremismus

Text und Video meiner Rede zum Antrag der Fraktion der Piraten  Drucksache 16/5758

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Statistisch gesehen wird in Nordrhein-Westfalen jeden zweiten Tag ein Mensch Opfer rechter oder rechtsextremer Gewalt. Das verdeutlicht, dass Rechtsextremismus und rechte Gewalt für Nordrhein-Westfalen ein Problem und Thema sind. Jeder dieser Übergriffe und die Bedrohungen, die durch Rechtsextreme erfolgen, stellen immer auch einen Angriff auf unsere vielfältige und pluralistische Gesellschaft dar. Deshalb muss jedes Opfer die Solidarität unserer Gemeinschaft und Gesellschaft und die Unterstützung durch den Staat erfahren.

Weil wir der Verantwortung des Staates für die Betroffenen rechter Gewalt nachkommen, haben wir als rot-grüne Koalition schon in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass in Nordrhein-Westfalen zwei unabhängige Opferberatungsstellen mit Landesmitteln eingerichtet wurden, obwohl wir uns momentan in einer sehr angespannten Haushaltslage befinden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Während der Bund Mittel für entsprechende Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt bisher nur in den ostdeutschen Bundesländern zur Verfügung stellt, muss es in den westdeutschen Bundesländern landeseigene Mittel geben. Die stellen wir in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung. Ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Ich erwarte von der Bundesregierung und der neuen Bundesfamilienministerin, dass sie klarstellt, dass Rechtsextremismus auch in Nordrhein-Westfalen und den anderen westdeutschen Bundesländern ein Problem darstellt und die Mittel für die Opferberatungsstellen nicht – wie bisher – nur nach Ostdeutschland fließen, sondern in ganz Deutschland entsprechend gezahlt werden.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Allerdings wissen wir auch, wenn man sich mit der PMK-rechts befasst, dass es bei den rechtsextrem motivierten Straftaten in der polizeilichen Statistik eine hohe Dunkelziffer gibt. Ein Grund dafür ist, dass nicht alle Straftaten zur Anzeige gebracht werden. An der Stelle sehe ich einen wesentlichen Handlungspunkt für uns, das Vertrauen in die Arbeit einer bürgernahen Polizei zu stärken und gleichzeitig die Polizeibeamtinnen und -beamten im Umgang mit den Opfern rechter Gewalt zu schulen.

Mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir darüber diskutieren, wie man den Austausch zwischen den Kreispolizeibehörden und den Opferberatungsstellen stärkt, damit die Polizei Betroffene rechtsextremer Gewalt direkt an die Beratungsstellen verweisen kann. Im Gegensatz zu Statistiken würde das den Opfern wirklich helfen.

Das Problem der Dunkelziffer hat eine weitere Komponente, die ich hier ebenfalls benennen will. Es werden nämlich nicht alle politisch rechts motivierten Straftaten als solche eingeordnet. Übergriffe von Neonazis auf linksalternative Jugendliche werden als jugendliche Schlägereien abgetan. Es gibt momentan Diskussionen über den Prozess in Bayern, wo bei einem vorbestraften Neonazi, der einen Migranten umgebracht hat, weder von der Staatsanwaltschaft noch den Richtern ein Bezug zur rechtsextremen Ideologie hergestellt wird. Das löst, finde ich, zu Recht sehr viel Unverständnis aus.

Ich sehe sowohl die Polizei als auch die Justiz in der Pflicht, die Aus- und Fortbildungsinhalte, die wir bereits haben und über die wir im Innenausschuss schon diskutiert haben, weiterzuentwickeln und für das Thema Sensibilität zu schaffen.

Ich will es hier aber auch ganz klar sagen: Die PMK-rechts ist eben nur eine Statistik, die es als Kriminalstatistik nicht schafft, die alltäglichen Dimensionen von Rassismus, Diskriminierung wirklich abzubilden. Rassismus in der Gesellschaft ist mehr als die Anzahl der Straftaten, die nachher in der PMK-rechts auftauchen. Für viele Menschen ist das Alltag. Auch darüber müssen wir sprechen. Das fehlt mir aber in diesem Antrag.

(Beifall von den GRÜNEN)

Genauso kann die Statistik, von der Sie schreiben, sie sei ein Analyseelement, nur ein möglicher Baustein zu einer Analyse sein und Anhaltspunkte für Entwicklungen bieten. Sie kann auch vor Ort sehr hilfreich sein, wenn man in Auseinandersetzungen mit politisch Verantwortlichen tritt, die nicht wahrhaben wollen, dass man dort ein rechtsextremes Problem hat. Man kann denen dann nämlich zeigen, dass es vor Ort sehr wohl rechtsextreme Straftaten gibt.

Zu dem Zweck kann dieses Instrument hilfreich sein, ersetzt aber nicht die Analyse bei Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus, die viel breiter angelegt sein muss: Wir brauchen Lagebilder, und zwar auch für Nordrhein-Westfalen, wie jeweils die Situation aussieht. Ich glaube, dass man für diese Lagebilder auch die Zusammenarbeit mit den Mobilen Beratungsteams, zwischen Polizei und Beratungsteams stärken könnte, um umfassende Erkenntnisse zusammenzutragen.

Für mich gehört zu den Lagebildern auch die Antwort auf die Frage nach antimuslimischen Straftaten und antiziganistischer Straftaten. Wie sind dort die Entwicklungen angesichts einer entsprechenden Stimmungslage, die wir momentan in der Gesellschaft einfach verspüren. Wir als Grüne haben es im Ausschuss bereits deutlich gemacht: Wir haben an dieser Stelle durchaus noch Diskussionsbedarf.

Etwas will ich noch sagen: Man kann uns, glaube ich, nicht vorwerfen, dass wir in den letzten Jahren untätig gewesen wären. Wir haben bei den Sicherheitsbehörden entsprechende Schwerpunkte gesetzt: Es gibt die Sonderkommissionen in Aachen, Wuppertal, Dortmund und Köln. Das finde ich sehr wichtig.

Präsidentin Carina Gödecke: Ihre Redezeit!

Verena Schäffer (GRÜNE): Es gibt das Kompetenzzentrum beim LKA. Wir haben im Verfassungsschutzgesetz den Schwerpunkt ganz klar auf gewaltorientierte Bestrebungen gesetzt, zu denen auch der Rechtsextremismus gehört.

– Letzter Satz, dann höre ich auf zu reden: Wir brauchen mehr als nur eine Statistik, sondern wir brauchen ein Zusammenspiel von einer starken Zivilgesellschaft, verlässlicher Finanzierung von Opferberatung und Mobiler Beratung, Aussteigerprogramme. Außerdem brauchen wir eine Schwerpunktsetzung bei den Sicherheitsbehörden. Nur dann können wir auch den Kampf gegen den Rechtsextremismus gewinnen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Pressemitteilung: Inklusion nimmt Fahrt auf – Kommunen sind jetzt gefordert

Nachdem auch der Städte- und Gemeindebund NRW grünes Licht für die Kostenaufteilung zwischen Land und Kommunen für die Inklusion gegeben hat, ist der Weg für die Umsetzung frei. „Das ist ein gutes Signal für unsere Schulen“, sagt die Wittener Landtagsabgeordnete Verena Schäffer von Bündnis 90/Die Grünen. „Das Land wird die Kommunen in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt 175 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen und für nichtlehrendes Personal unterstützen.“ Nun sind die Kommunen gefordert, vor Ort einen Inklusionsplan aufzustellen und den Prozess voranzubringen.

Landesweit werden schon jetzt knapp 30 Prozent der Kinder in NRW mit Behinderungen in den Regelschulen unterrichtet. „Dieser Prozess nimmt nun Fahrt auf. Ab dem Schuljahr 2014/2015  gibt es in NRW einen Rechtsanspruch auf inklusive Beschulung. Eltern können dann wählen, ob sie ihr Kind an eine reguläre Schule vor Ort oder weiterhin an eine Förderschule schicken“, führt die Grüne Abgeordnete aus. Bereits im Oktober hatte das Land zugesagt, dass jährlich zusätzliche Lehrerstellen für den Gemeinsamen Unterricht geschaffen werden, bis zum Schuljahr 2017/18 sind 3.215 Stellen kalkuliert. Damit investiert das Land NRW bis 2017 mit Personalmitteln, Studien- und Fortbildungskapazitäten sowie der direkten Schulträgerunterstützung mehr als eine Milliarde Euro in den Inklusionsprozess.

Positionspapier: Rechte der SexarbeiterInnen stärken – Opfer von Menschenhandel schützen

Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere. Das haben die zuletzt emotional aufgeladenen Diskussionen deutlich gezeigt. Deshalb wollen wir GRÜNE im Landtag NRW zur Versachlichung der Debatte zur Situation von SexarbeiterInnen beitragen. Selbstbestimmte Sexarbeit und Menschenhandel dürfen nicht miteinander vermengt werden. Wir wollen die individuellen Lebenslagen von SexarbeiterInnen in den Blick nehmen und ihre Rechte stärken. Auf der anderen Seite müssen die Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel in den Blick genommen und geschützt werden.

Die Fraktion hat dazu ein Positionspapier beschlossen. Das sind unsere Forderungen:

Wir fordern zur Verbesserung der Situation von Prostituierten:

  • die Sicherstellung der Rechte aller selbstbestimmten SexarbeiterInnen und ein Ende der gesellschaftlichen Stigmatisierung.
  • die Entwicklung von Arbeitsschutzbestimmungen für SexarbeiterInnen im Sinne der sozialen und hygienischen Arbeitsbedingungen, wie z.B. Auslegen von Kondomen, Arbeitszimmer in angemessener Größe und mit Tageslicht sowie Sozialräume in Prostitutionsbetrieben.
  • dass Prostitutionsbetriebe einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht unterliegen. So eröffnen sich Möglichkeiten, Auflagen zu erteilen, unhygienischen oder unzumutbaren Arbeitsbedingungen entgegen zu wirken, hygienische und soziale Vorgaben zu gewährleisten und die BetreiberInnen von Bordellbetrieben zur Einhaltung von Standards zu verpflichten.
  • Maßnahmen, um SexarbeiterInnen wirksamer vor Ausbeutung – wie z.B. Mietwucher – zu schützen. Hier zu kann auch die Konzessionierung einen wirksamen Beitrag leisten.
  • die Beratungsstruktur für SexarbeiterInnen als ein zentrales Element eines umfassenden Konzepts zum Umgang mit Prostitution zu stärken. SexarbeiterInnen müssen sowohl Zugang zu Beratungsangeboten über ihre rechtliche Situation haben, als auch zu Angeboten des Gesundheits- und Arbeitsschutzes. Darüber hinaus müssen Ein- und Ausstiegsprogramme gestärkt und niedrigschwellig zugänglich sein.
  • die Schaffung kommunaler Runder Tische, um vor Ort mit allen Beteiligten Bedingungen für Prostitution nach dem Prinzip des fairen Interessensausgleichs auszuhandeln. Ziel muss die Erarbeitung von kommunalen Konzepten für alle Segmente der Prostitution vor Ort sein.

Wir fordern zur Bekämpfung des Menschenhandels:

  • die konsequente Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Menschenhandel und die Stärkung des Opferschutzes, wozu u.a. eine unabhängige Berichterstatterstelle in Bezug auf alle Formen des Menschenhandels, die Zahlung von Entschädigungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz sowie Zugang zu medizinischer und psychotherapeutischer Versorgung gehören.
  • einen sicheren Aufenthaltsstatus für alle Opfer von Menschenhandel unabhängig von der Kooperations- und Aussagebereitschaft im Strafverfahren und für diejenigen, die ihre eigenen Rechtsansprüche auf Lohn und Schadenersatz in Deutschland durchsetzen wollen. Dazu ist die Änderung des Aufenthaltsrechts nötig.
  • die Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Beraterinnen und Berater der spezialisierten Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel, um den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen BeraterIn und KlientIn nicht zu behindern und die Gefährdung der Klientin/des Klienten durch die Aussage der Beraterin/des Beraters in einem Strafverfahren zu vermeiden.
  • die Einrichtung einer Hotline beim Landeskriminalamt (LKA), an die sich Freier und andere Personen anonym wenden können, wenn sie Hinweise über mögliche Zwangssituationen von Prostituierten geben wollen. Die Einrichtung einer solchen Hotline sollte von entsprechenden Informationsmaterialien für Freier begleitet werden.