Pressemitteilung: Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene weiterhin bedrohlich

Zum heute vorgelegten Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen erklärt Verena Schäffer MdL, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:

„Der Rückgang von Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund im Verfassungsschutzbericht 2010 ist kein Grund, sich zurückzulehnen.

Die Gewaltbereitschaft von rechter Seite, insbesondere von den ‚Autonomen Nationalisten‘ und Mitgliedern der Kameradschaftsszene, ist weiterhin hoch. Die neue Qualität der Gewalt von Neonazis zeigte sich im vergangenen Jahr unter anderem durch Angriffe auf die Dortmunder Kneipe ‚Hirsch-Q‘, beim Überfall auf die Vorführung des Dokumentarfilms ‚Das braune Camäleon‘ in Wuppertal als auch in der Herstellung von Sprengkörpern im Raum Aachen, die mutmaßlich für den Einsatz bei Demonstrationen gedacht waren.

Diese Gefahr muss ernst genommen werden, denn nach wie vor wird jeden zweiten Tag in NRW ein Mensch Opfer rechter Gewalt.

Die Wahlparteien der extremen Rechten hingegen haben bei den Landtagswahlen 2010 den Einzug in den Landtag krachend verfehlt. Das Ergebnis der Partei Pro NRW, die bei ihrem ersten Wahlantritt zu einer Landtagswahl auf Anhieb 1,4 Prozent der Zweitstimmen bekam, ist dennoch erschreckend. Pro NRW schürt unter einem bürgerlichen Deckmantel Ängste in der Bevölkerung gegenüber muslimischen Bürgerinnen und Bürgern.

Wir wollen als Koalition ein landesweites Handlungskonzept gegen antidemokratische Tendenzen in unserer Gesellschaft vorlegen. NRW braucht eine zielgerichtete Strategie im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Unser Ziel ist eine weltoffene, demokratische Gesellschaft, die keinen Platz lässt für Ausgrenzung, Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus“.

Kleine Anfrage: Wenn der NPD-Mann zweimal klingelt – Freiwillige Volkszähler beim Zensus 201

 

Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 458 vom 10. Januar 2011 der Abgeordneten Matthi Bolte und Verena Schäffer

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 458 mit Schreiben vom 15. Februar 2011 namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

Unter der Überschrift „Wenn der NPD-Mann zweimal klingelt“ berichtete Spiegel-Online am 7.1.2011 über die Aufforderung der sächsischen NPD an ihre Mitglieder, sich freiwillig als Erhebungsbeauftragte im Rahmen des Zensus 2011 zu melden (URL:www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,738308,00.html). Ziel dieser Aufforderung sei nach Aussage des sächsischen NPD-Abgeordneten Jürgen Gansel, „nationaldemokratische ‚Marktforschung‘ zur idealen Wähleransprache“ zu betreiben. Für den Zensus 2011 werden auch in NordrheinWestfalen freiwillige Volkszähler in erheblichem Umfang benötigt, um wie vorgesehen ca. 10% der Bevölkerung persönlich zu befragen.

1. In welcher Weise werden die Erhebungsbeauftragten gewonnen, insbesondere die freiwilligen Erhebungsbeauftragten?

Insgesamt werden in Nordrhein-Westfalen zwischen 20 000 und 22 000 Erhebungsbeauftragte benötigt. Diese werden weit überwiegend durch die 53 Erhebungsstellen eingesetzt. Etwa 700 Erhebungsbeauftragte werden direkt von IT.NRW im Rahmen der Wiederholungsbefragung nach § 17 Abs. 2 bis 4 ZensG 2011 eingesetzt.

Zur Übernahme der Tätigkeit als Erhebungsbeauftragter sind alle Bürgerinnen und Bürger verpflichtet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und für die die Tätigkeit nicht aus gesundheitlichen oder anderen wichtigen Gründen unzumutbar ist (§ 10 Abs. 3 ZensG 2011 AG NRW). Für die Gewinnung von Erhebungsbeauftragten sind zwei Wege vorgesehen:

Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und die unter Aufsicht des Landes stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts benennen den örtlichen Erhebungsstellen auf Ersuchen Bedienstete und stellen sie für die Tätigkeit als Erhebungsbeauftragte frei, sofern lebenswichtige Tätigkeiten öffentlicher Dienste dadurch nicht unterbrochen werden (§ 11 Abs. 2 ZensG 2011, § 10 Abs. 3 ZensG 2011 AG NRW). Das Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Bezirksregierungen mit Runderlass vom 24. Januar 2011 gebeten, eigene Bedienstete auf Ersuchen zu benennen und die Benennung von Beschäftigten in ihrem Geschäftsbereich zu fördern.

Geeignete Bürgerinnen und Bürger werden durch öffentliche Bekanntmachungen sowie Meldungen in lokalen oder regionalen Medien geworben.

2. Hinsichtlich welcher Kriterien werden die Bürgerinnen und Bürger auf ihre Eignung und Zuverlässigkeit überprüft, die sich freiwillig als Erhebungsbeauftragte melden?

Als Erhebungsbeauftragte dürfen nur solche Personen eingesetzt werden, die die Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit bieten. Erhebungsbeauftragte dürfen nicht eingesetzt werden, wenn aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit oder aus anderen Gründen Anlass zur Besorgnis besteht, dass Erkenntnisse aus der Tätigkeit als Erhebungsbeauftragte zu Lasten der Auskunftspflichtigen genutzt werden (§ 14 Abs. 1 BStatG, § 11 Abs. 3 ZensG 2011). Die werbenden Stellen sind verpflichtet, die Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit der Bewerber zu prüfen. Wenn danach zu befürchten ist, dass diese ihre Erkenntnisse für sachfremde Zwecke nutzen könnten, dürfen sie nicht bestellt werden.

Für die Bewerbung als Erhebungsbeauftragter ist ein Bewerbungsbogen auszufüllen, in dem u.a. die berufliche Tätigkeit, die Motivation zur Meldung als Erhebungsbeauftragter und die Wahrnehmung vorangegangener ehrenamtlicher Tätigkeit erfragt werden.

Die Erhebungsstellen verschaffen sich vor der Bestellung beispielsweise durch persönliche Gespräche einen Eindruck über die Bewerber.

Erhebungsbeauftragte werden vor Aufnahme ihrer Tätigkeit bei ihrer Bestellung schriftlich nach § 1 Verpflichtungsgesetz verpflichtet, die Tätigkeit als Erhebungsbeauftragte(r) nicht für andere Zwecke als die des Zensus 2011 zu nutzen, insbesondere nicht zur Vertretung kommerzieller, religiöser oder karitativer Interessen und nicht zur Verbreitung politischen Gedankenguts. Die Verpflichtung enthält ausdrücklich auch die Pflicht zur Geheimhaltung und Zweckwahrung solcher Erkenntnisse, die ihnen im Rahmen bzw. bei Gelegenheit ihrer Erhebungstätigkeit bekannt werden. Die Verpflichtung gilt auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort. Ein Verstoß gegen die statistische Geheimhaltung ist strafbar.

Die Erhebungsbeauftragten werden vor ihrem Einsatz umfangreich geschult und auf ihre Rechte, ihre Pflichten und die Folgen etwaiger Verstöße hingewiesen.

Die Erhebungsstellen werden sich durch stichprobenartige Nachfrage bei den Auskunftspflichtigen ein Bild über den Verlauf der Erhebung durch den Erhebungsbeauftragten verschaffen. Den Erhebungsbeauftragten wird die Durchführung stichprobenartiger Kontrollen bei der Schulung angekündigt.

Die Auskunftspflichtigen sind für den Fall, dass im Rahmen der Befragung durch den Interviewer Schwierigkeiten auftreten oder sich Anlass zu Bedenken über die Zuverlässigkeit des Interviewers ergeben, aufgefordert, sich bei der zuständigen örtlichen Erhebungsstelle oder bei dem Statistischen Landesamt zu melden.

Niemand ist gezwungen, den Erhebungsbeauftragten in seine Wohnung zu lassen oder ein Interview zu führen. Es besteht wahlweise die Möglichkeit, den Fragebogen schriftlich oder online zu beantworten.

Schließlich werden im Rahmen der Wiederholungsbefragung (§ 17 Abs. 2 bis 4 ZensG 2011) Qualitätskontrollen durchgeführt. Dabei werden andere Erhebungsbeauftragte zu Qualitätssicherungszwecken bei zufällig ausgewählten Haushalten vorstellig. Hierdurch können Unregelmäßigkeiten bei der ersten Erhebung aufgedeckt werden. Auch hierüber sind die eingesetzten Erhebungsbeauftragten bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit informiert.

3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, dass die NPD oder andere rechtsextreme Gruppierungen auch in Nordrhein-Westfalen ihre Mitglieder aufgerufen haben, sich freiwillig als Erhebungsbeauftragte zu melden, oder dies beabsichtigen?

Zeitgleich am 06.01.2010 haben die NPD Landesverbände Sachsen und Nordrhein-Westfalen auf ihrer jeweiligen Homepage die eigenen Mitglieder aufgefordert, sich als Freiwillige(r) Helfer beim Zensus 2011 zu melden. Dabei unterscheiden sich die Aufrufe inhaltlich allerdings deutlich. Die NPD in Sachsen nennt als Zielrichtung unverhohlen auch das Ausspähen von potenziellen Antifa-Angehörigen:

„Der besondere Reiz solcher Haushaltsbefragungen liegt darin, dass man auch Eindrücke von den persönlichen Lebensverhältnissen des ein oder anderen „Antifaschisten“ bekommen kann. Für öffentlich nicht bekannte Anhänger des NPD-Kreisverbandes Dresden dürfte es beispielsweise sehr aufschlussreich sein, in der Dresdner Neustadt soziodemographische Daten zu sammeln“

Der NPD Landesverband Nordrhein-Westfalen formuliert die Aufforderung, sich als Befrager zu melden dagegen deutlich allgemeiner. Dort heißt es sinngemäß, dass der „Zensus 2011“ die Möglichkeit biete, mit den Befragten „persönliche Gespräche“ zu führen und „Die Aufwandsentschädigung, die Mitglieder der NPD für ihre ehrenamtliche Tätigkeit erhalten, sollte natürlich umgehend in die politische Arbeit investiert werden […]“2. In einer weiteren Einstellung auf der Homepage des NPD-Landesverbandes NRW vom 16.01.2011 wird noch einmal auf die laufende Aktion der NPD verwiesen, ebenso auf einen Bericht des WDR „Lokalzeit Münsterland“. Nach dieser Eigenmeldung der Partei sollen sich „viele“ NPD-Anhänger gemeldet haben, darunter der NPD-Landesvorsitzende Claus Cremer aus Bochum-Wattenscheid. In diesem Zusammenhang hatte auch der Vorsitzende des NPD Kreisverbandes Steinfurt bekannt gegeben3, dass er sich in seiner Heimatstadt Lengerich die Unterlagen für die Bewerbung als „Erhebungsbeauftragter“ besorgt habe. Weitere Meldungen von NPD-Mitgliedern sind bislang nicht bekannt geworden. Daher liegt es nahe, dass es der NPD eher an der erzielten Medienwirkung, als an der tatsächlichen Durchführung ihres Aufrufes lag.

4. Welche Sanktionsmöglichkeiten bestehen gegenüber freiwilligen Erhebungsbeauftragten, die ihre Tätigkeit nutzen, um Erkenntnisse aus den Befragungen in privatem Kontext weiterzuverwenden, bzw. wie kann dies von vornherein ausgeschlossen werden?

Gegenüber Erhebungsbeauftragten, die ihre Tätigkeit nutzen, um Erkenntnisse aus den Befragungen im privaten Umfeld weiterzuverwenden, bestehen strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten. Erhebungsbeauftragte werden vor Aufnahme der Tätigkeit förmlich nach § 1 Verpflichtungsgesetz darauf verpflichtet, das Statistikgeheimnis gem. § 16 BStatG zu wahren. Hierdurch sind für Erhebungsbeauftragte alle Strafvorschriften anwendbar, die an die Eigenschaft eines „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten“ anknüpfen. In Betracht kommt insbesondere eine Strafbarkeit aufgrund der Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 2 Strafgesetzbuch. Dies kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden. Handelt der Erhebungsbeauftragte gegen Entgelt oder in der Absicht, sich bzw. einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, kann dies mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.

5. In welcher Weise beabsichtigt die Landesregierung, die Erhebungsstellen in denKommunen hinsichtlich dieses Sachverhalts zu sensibilisieren?

Die Erhebungsstellen wurden bereits im Rahmen von Schulungsveranstaltungen vom 25. Oktober 2010 bis 18. November 2010 durch den Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) als dem für die Durchführung des Zensus 2011 in NordrheinWestfalen zuständigen statistischen Landesamt über Regelungen zur Gewinnung und Bestellung von Erhebungsbeauftragten unterrichtet. Zusätzlich wurden die Erhebungsstellenleitungen mit Schreiben vom 10. Januar 2011 schriftlich von IT.NRW über Vorkehrungen bei der Gewinnung der Erhebungsbeauftragten und bei der Durchführung der Befragungen informiert, die sicherstellen sollen, dass nur solche Personen eingesetzt werden, die die Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit bieten. In weiteren Schulungsveranstaltungen im Februar 2011 werden die Erhebungsstellen durch IT.NRW intensiv speziell auf den Einsatz der Erhebungsbeauftragten vorbereitet. Zusätzlich finden seit Mitte Januar bis Anfang März Dienstbesprechungen mit Vertretern von IT.NRW in allen 53 Erhebungsstellen in Nordrhein-Westfalen statt. Auch bei diesen Gesprächen werden Fragen der Gewinnung und des Einsatzes von Erhebungsbeauftragten erörtert.

Aktionstag gegen sog. Extremismusklausel – Düker und Schäffer: GRÜNE NRW fordern Streichung der Klausel

In NRW und bundesweit regt sich zu Recht Protest gegen die Unterzeichnung der „Demokratieerklärung gegen Extremismus“. Diese ist die Voraussetzung für den Erhalt von Mitteln für die Arbeit gegen Rechtsextremismus aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ des Bundesfamilienministeriums ist. Danach müssen sich die Zuwendungsempfänger zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und erklären, dass sie dafür Sorge tragen, dass dies auch alle in den Projekten eingebundenen Partner tun. Bei Unklarheiten sollen gar die Verfassungsschutzbehörden eingeschaltet werden.

Dazu erklärt Monika Düker, Landesvorsitzende der NRW-Grünen:

„Es ist nicht hinzunehmen, wie Ministerin Schröder alle Initiativen, die seit vielen Jahren mit hohem Engagement für unsere demokratischen Werte streiten und sich für die Opfer von rechtsextremistischer Gewalt einsetzen, unter Generalverdacht stellt und sie zur Gesinnungsschnüffelei auffordert. Für die Projekte gegen Rechtsextremismus und Rassismus ist es eine Selbstverständlichkeit, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen und sie haben unsere volle Unterstützung bei ihrem Protest gegen diese Diffamierung.“

Verena Schäffer, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen Landtagsfraktion NRW, macht deutlich: „Im Kampf gegen Rechtsextremismus können wir nicht auf die Arbeit zivilgesellschaftlicher Akteure verzichten. Die Träger der Projekte gegen Rechtsextremismus vor die Entscheidung zu stellen, entweder auf die Mittel des Bundes zu verzichten oder die Extremismusklausel zu unterzeichnen, schadet nicht nur den Projekten sondern auch der Demokratie. Daher fordern wir Frau Schröder auf, die letzten beiden Sätze der ‚Demokratieerklärung‘ in den Zuwendungsbescheiden ersatzlos zu streichen.“

Die Grünen NRW unterstützen den morgigen Protesttag gegen die Extremismusklausel von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V., Kulturbüro Sachsen e.V, Opferperspektive Brandenburg e.V., Verein für Demokratische Kultur in Berlin e.V.

Pressemitteilung Rechtsextremismus – Grüne: Klares Zeichen gegen Nazi Aufmarsch in Wuppertal setzen!

Zum Nazi Aufmarsch an diesem Wochenende in Wuppertal erklärt Verena Schäffer MdL, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:

„Es ist schon besonders perfide, dass die Neonazis sich mit dem 29. Januar für ihren Aufmarsch gerade ein Datum ausgesucht haben, welches zwischen dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27.01.1945 und dem Tag der Machtübertragung an die Nationalsozialisten am 30.01.1933 liegt. Wir werden den Versuch der Nazis, öffentliche Räume in NRW zu besetzen, nicht dulden und rufen deshalb dazu auf, auch an diesem Wochenende ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen!“

Martin Möller, Parteisprecher von Bündnis 90/Die Grünen in Wuppertal, fügt hinzu:

„Wir beobachten in letzter Zeit, dass die Neonazis in Wuppertal immer häufiger offen auftreten und dabei auch nicht vor Gewalt zurückschrecken. Der versuchte Überfall auf einen Informationsstand des Bündnisses gegen Rechts am letzten Wochenende und der Angriff auf die Filmpremiere des Aufklärungsfilms über rechtsextreme Jugendliche ‚Das braune Chamäleon‘ zeigen, wie offensiv und gewaltbereit die Neonazis-Szene inzwischen in Wuppertal agiert. Dem müssen wir entschieden entgegentreten!“

Die Grünen in Wuppertal und die Landtagsabgeordnete Verena Schäffer rufen daher gemeinsam mit einem breiten Bündnis von Gewerkschaften, Parteien, Glaubensgemeinschaften, Vereinen, anderen zivilgesellschaftlichen AkteurInnen und einer Vielzahl von Einzelpersonen zur Gegendemonstration am 29. Januar 2011 in Wuppertal auf.

Kleine Anfrage Mitgliederpotenzial

Kleine Anfrage 443

Mitgliederpotenzial der rechtsextremen Szene in Nordrhein-Westfalen

Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 443 vom 11. Januar 2011 der Abgeordneten Verena Schäffer

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

Durch die Fusion der rechtsextremen Partei NPD mit der DVU zur Partei mit dem Namen „NPD – Die Volksunion“ Ende Dezember 2010 wird mit einem Anstieg der Mitgliedszahlen der NPD gerechnet. Obwohl voraussichtlich einige Mitglieder der ehemaligen DVU dem Zusammenschluss nicht folgen werden, da es insbesondere in NRW von führenden Mitgliedern des DVU-Landesverbands NRW Kritik an der Fusion gegeben hatte, ist mit einem deutlichen Anstieg der Mitgliedszahlen zu rechnen.

Während bundesweit laut Bundesamt für Verfassungsschutz die Mitgliederzahlen rechtsextreme Parteien abnehmen (NPD: 7.200 Mitglieder in 2007, 7.000 in 2008, 6.800 in 2009; DVU: 7.000 in 2007, 6.000 in 2008, 4.500 in 2009), steigt die Anzahl der Neonazis kontinuierlich an (4.400 Personen in 2007, 4.800 in 2008, 5.000 in 2009). Besorgniserregend ist dabei die zunehmende Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene. In NRW geht insbesondere von Autonomen Nationalisten ein hohes Gewaltpotential aus, so sind im Jahr 2009 laut Verfassungsschutzbericht des Landes NRW 222 Straftaten von Autonomen Nationalisten verübt worden.

1. Wie viele Mitglieder wird der NRW-Landesverband der Partei „NPD – Die Volksunion“ nach der Fusion von NPD und DVU nach Einschätzung der Landesregierung verzeichnen?

Die Fusion mit der DVU könnte für den NPD Landesverband NRW zu einem Zulauf von ca. 100 Mitgliedern führen, so dass vor dem Hintergrund der aktuellen Mitgliederzahl von ca. 750 NPD-Mitgliedern etwa ein Bestand von dann ca. 850 Mitgliedern zu verzeichnen wäre.Damit hätte der NPD-Landesverband knapp den bisherigen Höchststand der letzten Jahre erreicht. Der lag bei rund 900 Mitgliedern im Jahre 2000.

Anzumerken bleibt, dass gegen die Fusion vier Landesverbände der DVU vor dem Landgericht München I Klage eingereicht haben. Mit Beschluss vom 25.01.2011 hat das Gericht angeordnet, dass die Mitgliederbefragung der DVU wiederholt werden muss. Insofern ist das Ergebnis der Abstimmung wieder offen.

2. Wie hoch sind jeweils die aktuellen Mitgliederzahlen von „Pro Köln“ und „Pro NRW“?

Bei „pro NRW“ einschließlich „pro Köln“ beträgt die Zahl der Aktivisten ca. 350 Personen. Die exakte Zahl der Mitglieder ist nicht bekannt. „Pro NRW“ selbst spricht von über 1.500 Mitgliedern. Diese Zahl erscheint jedoch deutlich überhöht.

3. Von wie vielen Angehörigen der Neonazi-Szene in NRW geht die Landesregierung aus? (Autonome Nationalisten bitte gesondert benennen.)

Die Zahl der erkannten Neonazis liegt in Nordrhein-Westfalen bei etwa 640 Personen. Hiervon werden etwa 180 der Strömung der sogenannten Autonomen Nationalisten zugeordnet.

4. Wie hoch ist die Anzahl der personellen Überschneidungen von Mitgliedern rechtsextremer Parteien und der Neonazi-Szene in NRW?

Von den derzeit ca. 750 NPD-Mitgliedern dürften ca. 200 bis 300 Angehörige der Neonaziszene sein. Dabei gibt es erhebliche regionale Unterschiede. Der Anteil hängt stark vom jeweiligen Verhältnis der örtlichen Kreisverbände zur örtlichen Neonaziszene ab. Die Überschneidungen liegen daher zwischen 90 % und 100 % bei einigen Kreisverbänden und bei knapp 10 % in anderen Kreisverbänden.

Personelle Überschneidung der Partei „pro NRW“ und der Neonazi-Szene bestehen grundsätzlich nicht. Allerdings sind aus dem Jugendbereich von „pro NRW“ vereinzelte Kontakte zur neonazistischen Kameradschaftsszene bekannt geworden. So hat sich ein ehemaliger „pro NRW“-Jugendfunktionär nach seinem Austritt aus der Partei der Neonaziszene zugewandt, ein weiterer „pro NRW“-Aktivist war nach eigenem Bekunden 2009 an einem Aufmarsch der „Freien Nationalisten“ beteiligt.

5. Wie verteilen sich die Mitgliederzahlen der rechtsextremen Parteien, freien Kameradschaften und Autonomen Nationalisten nach Regierungsbezirken in NRW?

Der organisatorische Schwerpunkt der NPD liegt im Rheinland, im Ruhrgebiet und im Sauerland. Im Münsterland und Ostwestfalen ist die NPD dagegen nur schwach vertreten.

Insofern wird davon ausgegangen, dass in den Regierungsbezirken Arnsberg, Düsseldorf und Köln insgesamt ca. 600 Mitglieder und in den Regierungsbezirken Münster und Detmold insgesamt ca. 150 Mitglieder vertreten sind.Der größte Teil der Aktivisten der Partei „pro NRW“ konzentriert sich auf den Regierungsbezirk Köln, da sie hier mit der „Bürgerbewegung pro Köln e.V.“ ihre Keimzelle hat. Weitere Stützpunkte sind der Regierungsbezirk Düsseldorf (Kreis Neuss) sowie Münster (Gelsenkirchen) und Detmold (Lemgo).

In Nordrhein-Westfalen gibt es vier Kameradschaften, darüber hinaus regional aktive, jedoch unstrukturierte Personenzusammenschlüsse überwiegend autonomer Nationalisten. Eine der Kameradschaften befindet sich im Regierungsbezirk Arnsberg mit einem Umfeld von etwa 30 Personen und drei Kameradschaften befinden sich im Regierungsbezirk Köln mit einem Umfeld von insgesamt etwa 45 Personen.

Aktionsschwerpunkt der Autonomen Nationalisten ist der Großraum Dortmund und der Raum Aachen/Düren, dementsprechend ist hier auch mit einem größeren mobilisierbaren Personenpotential zu rechnen. Für Dortmund wird anlassabhängig von bis zu 80 Personen, für Aachen von bis zu 40 Personen ausgegangen. Weitere Personen, die der Aktionsform der Autonomen Nationalisten zugerechnet werden, verteilen sich ohne größere Schwerpunkte unregelmäßig über Nordrhein-Westfalen.

Keine Chance für FPÖ in NRW

Zur heutigen Pressekonferenz von FPÖ und Pro NRW in Leverkusen erklärt Verena Schäffer MdL, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:

„Auch die Unterstützung der rechtspopulistischen FPÖ wird Pro NRW zu keinem Erfolg verhelfen. Pro NRW hat weder den Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag, noch das später korrigierte Wahlziel von zwei Prozent bei den Landtagswahlen erreicht. Sie sind in NRW grandios gescheitert.

Rechtsextreme Parteien instrumentalisieren unter einem bürgerlichen Deckmantel Ängste und Befürchtungen in der Bevölkerung und versuchen so, rassistische, antisemitische, islamophobe und antidemokratische Einstellungen auszunutzen. Das ist ein Angriff auf unsere demokratische Gesellschaftsordnung, dem wir konsequent entgegenwirken werden.“