Zum rassistischen Anschlag im Ruhrgebiet

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während die allermeisten Menschen und wahrscheinlich auch die allermeisten von uns Silvester feierten und das neue Jahr begrüßten, während wir und viele andere auf öffentlichen Plätzen unterwegs waren und mit Freunden und Familienangehörigen das Feuerwerk anschauen wollten, raste ein Mann in Menschenmengen, offenbar mit der klaren Absicht, Menschen mit Migrationshintergrund zu töten.

Laut Polizeiangaben lenkte der Täter sein Auto gezielt an 13 Orten in Bottrop, Oberhausen und Essen in Menschenmengen. 10 Menschen wurden verletzt, darunter 2 Kinder. Mindestens 70 weitere Menschen wurden durch diese Taten geschädigt.

Das Motiv des Täters war Rassismus. Das hat er in den Vernehmungen selbst so angegeben.

Man hat in dieser Silvesternacht wieder einmal sehen können, welche tödlichen Absichten sich aus rassistischem und menschenverachtendem Gedankengut ergeben können.

Ich finde es wichtig, dass wir hier ein gemeinsames Zeichen der demokratischen Kräfte gegen jede Form von Rechtsextremismus und Rassismus setzen.

(Allgemeiner Beifall)

Der Anschlag von Essen, Bottrop und Oberhausen reiht sich in eine Reihe rechtsextremer Anschläge hier in Nordrhein-Westfalen ein.

Zu Beginn der 90er-Jahre gab es eine Serie von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, auf Wohnhäuser von Menschen mit Migrationshintergrund. Die beiden Taten, die im öffentlichen Gedächtnis wahrscheinlich am präsentesten sind, sind der Anschlag von Hünxe im Oktober 1991 und der Anschlag von Solingen im Jahr 1993.

Im Jahr 2000 erschoss ein Neonazi in Dortmund drei Polizisten.

In 2001 und in 2004 verübte der rechtsterroristische NSU Anschläge in Köln. Am 4. April 2004 wurde Mehmet Kubasik in Dortmund grausam ermordet.

In 2015 und in 2016 gab es eine deutliche Zunahme von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen.

Das ist nur eine Auswahl von rechtsextremen Anschlägen und rechtsextremen Morden in Nordrhein-Westfalen, die, wie ich finde, sehr deutlich machen, welche Kontinuität rechtsextremer Gewalt in diesem Land vorhanden ist.

Es handelt sich hier eben nicht um Einzelfälle, zumal sich der Täter aus dem Ruhrgebiet offenbar selbst als Vollstrecker eines vermeintlichen Volkswillens gesehen hat, im Übrigen ähnlich wie die Täter in Solingen oder auch des NSU.

Um es deutlich zu sagen: Psychische Erkrankungen und rassistische Einstellungen sowie die Taten, die sich aus diesen Einstellungen ergeben können, schließen sich nicht aus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb verbietet sich auch eine Relativierung durch Verweis auf diese psychische Erkrankung.

Im Jahr 2017 wurden 206 politisch rechts motivierte Gewaltdelikte in Nordrhein-Westfalen verzeichnet, davon 172 Körperverletzungsdelikte. Rechtsextremismus ist also eine echte Bedrohung, eine echte Gefahr für all diejenigen in unserem Land, die aufgrund ihres Aussehens, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Identität, ihres Geschlechts oder ihres Engagements gegen Rechtsextremismus nicht in das menschenverachtende Weltbild der Rechtsextremen passen.

Wir sind als Politikerinnen und Politiker aufgefordert, zu handeln und für die Sicherheit, also auch für die innere Sicherheit, dieser Menschen zu sorgen. Ich finde, diese Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir gemeinsam tragen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die Gefahr durch Rechtsextremismus, durch Rechtsterrorismus ist nicht neu. Das habe ich gerade anhand der Zahlen noch einmal verdeutlicht. Doch seit einigen Jahren haben wir es durchaus mit einem neuen Phänomen zu tun. Als 2015 und 2016 eine Vielzahl von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte begangen wurde, waren etwa zwei Drittel der Täter den Behörden vorher nicht als Neonazis, nicht durch rechte Straftaten, nicht durch politisch motivierte Straftaten bekannt.

Das heißt im Umkehrschluss, dass die Polarisierung in der Gesellschaft über die Frage der Aufnahme von geflüchteten Menschen zu einer deutlichen und auch zu einer schnellen Radikalisierung geführt hat. Das macht es für die Behörden natürlich unheimlich schwer, solche Taten im Vorfeld zu verhindern.

Aber was heißt das für uns als Politikerinnen und Politiker? Ich finde, das heißt für uns, dass wir uns darüber bewusst sein müssen, welche fatalen Auswirkungen ausgrenzende Politik und populistisch geführte Debatten über Migration, über Integration haben.

Deshalb stehen wir hier auch gemeinsam in der Verantwortung, als demokratische Kräfte gegen eine weitere Polarisierung und Spaltung in der Gesellschaft vorzugehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP, finde ich es außerordentlich schade, dass Sie unser Angebot nicht angenommen haben, hier einen gemeinsamen Antrag oder wenigstens einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu formulieren. Ich finde das wirklich sehr bedauerlich. Nach so einem rechtsterroristischen Anschlag in Nordrhein-Westfalen wäre das meines Erachtens angemessen gewesen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte noch einmal Folgendes betonen: In der vergangenen Legislaturperiode hatten wir einen NSU-Untersuchungsausschuss, in dem wir die Verbrechen des rechtsterroristischen NSU in Nordrhein-Westfalen untersucht haben. Wir haben es geschafft, in diesem NSU-Untersuchungsausschuss interfraktionell gemeinsame Handlungsempfehlungen aus den Erkenntnissen zu erarbeiten, die wir dort gewonnen haben.

Viele von denen, die damals mitgearbeitet haben, sind immer noch hier, zum Beispiel Peter Biesenbach von der CDU-Fraktion, Frau Gebauer, Herr Stamp und Herr Kossiski. Birgit Rydlewski von den Piraten ist nicht mehr dabei, aber zum Beispiel Sven Wolf als damaliger Ausschussvorsitzender, meine Kollegin Monika Düker und ich. Viele von uns haben also daran mitgearbeitet, dass wir hier gemeinsame Handlungsempfehlungen erstellt haben.

Wir haben uns mit Opferschutz, mit den Ermittlungsbehörden und mit dem Ausbau der Präventionsarbeit beschäftigt. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, was in diesen Handlungsempfehlungen steht: Im Bereich des Opferschutzes sollten Opfer rechter Gewalt proaktiv von der Polizei auf die spezialisierten Beratungsstellen hingewiesen werden.

Das kostet nichts. Herr Reul, Sie könnten das mit einer Unterschrift morgen erledigen. Das wäre leicht zu machen. Für die Opfer würde es bedeuten, dass es mehr Hilfe und mehr Unterstützung gäbe. Ich finde, das ist doch ein Punkt, den wir gemeinsam umsetzen könnten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Andreas Keith [AfD])

Klar ist auch, dass die Umsetzung dieser Handlungsempfehlungen die Tat der Silvesternacht wahrscheinlich nicht verhindert hätte. Zumindest wissen wir das nicht. Wir können von Glück reden, dass niemand aufgrund seiner Verletzungen gestorben ist.

Unser Ziel muss doch sein, das Risiko solcher Taten, aber auch die alltägliche rechtsextreme Gewalt, die es in diesem Land gibt, zu verhindern. Wir haben uns über diese Handlungsempfehlungen wirklich viele Gedanken gemacht. Deshalb fordere ich Sie auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, auch wenn Sie diesem Antrag heute nicht zustimmen … Ich finde es wirklich sehr bedauerlich, dass wir heute keinen gemeinsamen Entschließungsantrag vorgelegt haben.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Warten Sie es ab! Seien Sie nicht so voreilig!)

Ich lade Sie trotzdem herzlich zu Gesprächen ein. Lassen Sie uns gemeinsam an diesem Thema weiterarbeiten. Dafür ist das Thema wichtig genug. Ich finde, dieser rassistische, dieser rechtsextreme Anschlag in der Silvesternacht sollte eigentlich Anlass genug sein, gemeinsam weiter an dem Thema zu arbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Der dazugehörige Antrag ist hier zu finden.

Zum Antrag der AfD „Linksextremismus in NRW strukturell erfassen und effektiv bekämpfen“

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede eine gute Nachricht: Der Innenminister hat letzte Woche den Verfassungsschutzbericht vorgestellt und dabei auch noch einmal die Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität links genannt. Es gab im letzten Jahr im Vergleich zum Vorjahr weniger Straftaten. Die Zahl der Straftaten der politisch motivierten Kriminalität links ist um 12,8 % gesunken, die Zahl der Gewaltdelikte um rund 30 %.

(Zuruf von der AfD)

Das ist erst einmal eine gute Nachricht.

Aber ich will hier auch noch einmal deutlich sagen – das wird von uns Grünen ja immer erwartet; diese Erwartung erfülle ich an dieser Stelle auch gerne –, dass Gewalt niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein kann und sein darf. Das haben wir Grüne in diesem Haus immer klargemacht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Mein Kollege Bialas hat gerade dargestellt – das schreibt auch die Landesregierung sehr deutlich in ihrer Antwort auf die Große Anfrage –, dass die Strafverfolgungsbehörden selbstverständlich alle Straftaten konsequent verfolgen, unabhängig von deren politischer Motivation.

Ich möchte anschließend an Herrn Bialas und Herrn Lürbke – beide haben es in ihren Reden schon gesagt – noch einmal auf das eingehen, was die AfD in ihrer Anfrage formuliert hat. Sie bezeichnet die Ablehnung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz und die Befürwortung von Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt als „politisch linke Ideologeme“. Ich finde, das ist echt der Hammer.

Ehrlich gesagt, erwarte ich von allen Demokratinnen und Demokraten – gerade auch von uns Abgeordneten –, dass sie sich gegen Rechtsextremismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen Intoleranz stellen. Ich finde, das ist eine Selbstverständlichkeit. Das muss eine Selbstverständlichkeit sein. Es sagt aber viel über das Weltbild der AfD aus, dass Sie das anders sehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die AfD ordnet uns Grüne – übrigens nicht nur uns, sondern zum Beispiel auch die Jusos – dem parteipolitischen Linksextremismus zu. Was soll man dazu sagen? Das ist schon interessant.

(Zurufe von der AfD)

Wirklich fassungslos gemacht hat mich beim Lesen dieser Großen Anfrage, dass Sie von der AfD Träger von Maßnahmen in den Themenfeldern Interkulturalität, Antirassismus, Diversity, Gender-Mainstreaming, Gleichstellung und sogar Eine-Welt-Politik sowie alle Akteure, die in diesen Themenfeldern arbeiten, mit Linksextremismus in Verbindung bringen. Das macht mich wirklich fassungslos. Denn Sie unterstellen damit genau diesen Akteuren, dass sie antidemokratisch seien. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.

(Helmut Seifen [AfD]: Das machen Sie mit uns genauso!)

Alle diese Akteure, die in den Projekten zu den von mir eben genannten Themenfeldern arbeiten, setzen sich dafür ein, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt wird. Es sind Projekte für Vielfalt und für Demokratie, die sich für Teilhabe einsetzen, Menschenrechte vermitteln und Demokratieerfahrung möglich machen, gerade für Kinder und Jugendliche. Das sind unheimlich wichtige Projekte zur Demokratieförderung.

Dass Sie sie in Ihrer Anfrage pauschal diffamieren und auch kriminalisieren, macht mich fassungslos. Denn ich bin der Meinung, dass wir gerade in diesen Zeiten, in denen wir das Erstarken von antidemokratischen Tendenzen und von rechtspopulistischen Kräften erleben, und zwar nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit, solche Kräfte brauchen. Wir brauchen mehr und nicht weniger von diesen Projekten.

Jetzt spreche ich der Landesregierung auch noch einmal meinen Dank aus. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Schäffer, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche: Der Abgeordnete Beckamp möchte ich Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Verena Schäffer (GRÜNE): Bitte.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Bitte.

Roger Beckamp (AfD): Vielen Dank. – Frau Schäffer, Sie sprachen gerade von der Teilhabe, die ein wesentliches Anliegen vieler dieser Vereine sein soll. Sehen Sie es denn als zulässige Teilhabe an, wenn sich Mitglieder der AfD bei Wirten und Gastronomen einfinden möchten, um Veranstaltungen abzuhalten? Und halten Sie es gleichzeitig für problematisch, wenn diese Wirte von sogenannten Antifaschisten usw. beschimpft, denunziert, angegriffen und mit Gewalt bedroht werden, aber bisher ein Aufschrei der sich selbst als demokratisch bezeichnen- den Parteien ausgeblieben ist? Wir können kaum noch Lokale aufsuchen; denn die Wirte haben Angst, weil sie bedroht, beschimpft und mit Gewalt angegangen werden.

(Zuruf von der AfD: Auch die SPD-Kollegen!)

– Ja, eigentlich richtet sich diese Frage an die Kollegen von der SPD und den Grünen. – Finden Sie das problematisch? Tun Sie etwas dagegen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich verweise gerne noch einmal auf die Antwort auf die Große Anfrage, in der die Landesregierung darstellt, dass Zahlen dazu nicht vorliegen. Ich habe auch gesagt, dass wir Grüne selbstverständlich gegen gewalttätige Auseinandersetzungen sind. Das ist ja eine Selbstverständlichkeit. Dass es aber demokratische Proteste gibt, ist auch eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie, die die Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit ermöglicht.

(Zurufe von der AfD)

Insofern ist es selbstverständlich legitim, auch gegen AfD-Veranstaltungen zu protestieren. (Beifall von den GRÜNEN)

Aber ich will mich hier noch einmal bei der Landesregierung bedanken; denn ich finde, dass sie in der Beantwortung der Großen Anfrage sehr deutlich gemacht hat, welchen Wert diese Projekte haben. Es ist nicht oft der Fall, dass ich die Landesregierung lobe. Aber ich finde, dass sie diese Große Anfrage gut beantwortet hat.

Ich will mich auch bei den Mitarbeitern dieser Projekte, die diese Arbeit tagtäglich leisten, bedanken.

Noch kurz etwas zu dem Thema „Bündnisse gegen rechts“ – das habe ich ganz vergessen, obwohl ich es mir vorher aufgeschrieben hatte –: Sie stellen Bündnisse gegen Rechtsextremismus und gegen Rassismus in die linksextremistische Ecke. Wer ist denn in diesen Bündnissen gegen Rechtsextremismus aktiv?

(Zurufe von der AfD)

Das sind Organisationen wie der DGB, die SPD, die Kirchen und die jüdischen Gemeinden. Dass Sie denen unterstellen, sie seien linksextrem, finde ich – Entschuldigung – wirklich bemerkenswert.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der AfD)

– Das haben Sie in Ihrer Rede gerade gesagt. – Das macht mich fassungslos. Ich sage Ihnen eines: Ich bin froh, in solchen Bündnissen und mit solchen Bündnissen zu arbeiten; denn dort sitzen die Demokratinnen und Demokraten, die unsere Verfassung verteidigen.

(Zurufe von der AfD)

Jetzt freue ich mich auf die Kurzintervention. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schäffer. – Es hat noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Seifen zu einer Zwischenfrage gegeben.

Verena Schäffer (GRÜNE): Nein, ich bin fertig, und gleich gibt es ja die Kurzintervention.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Schäffer ist mit ihrer Rede fertig. – Es gibt eine angemeldete Kurzintervention, die ich jetzt aufrufe. Bitte schön.

Markus Wagner (AfD): Haben Sie recht schönen Dank, Frau Präsidentin. – Was George Orwell alles schon wusste, habe ich heute hier kennengelernt. Frau Schäffer – eigentlich könnte ich Herrn Lürbke gleich mit ansprechen; aber Sie haben es ja noch einmal aufgenommen –, möglicherweise wissen Sie nicht, was Ideologeme sind. In dieser Anfrage steht, dass es linke Ideologeme gibt, die wie eine Monstranz vor sich hergetragen werden. Es geht immer um Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt.

Wenn eine AfD-Person in Bochum niedergeschlagen wird, gilt es natürlich auch, die Toleranz durchzusetzen, Weltoffenheit zu zeigen und die Vielfalt zu verteidigen. Verstehen Sie, was wir damit meinen? Sie sind ja gerade nicht tolerant. Sie sind ja gerade nicht für Vielfalt.

Wenn Sie für Vielfalt wären, würden Sie auch die Meinung der AfD tolerieren. Dann gäbe es auch nicht das Protokoll des Ortsverbandes Niederrhein, der schreibt, dass der Unterbezirk befiehlt, alle Wirte anzurufen, bei denen die AfD tagen will. Dieses Protokoll liegt mir vor. Ich kann es Ihnen zeigen, Herr Bialas. – Frau Schäffer, ist das Toleranz?

(Beifall von der AfD – Zuruf von der SPD: Wir sind hier in einem Plenarsaal und nicht in einem Tribunal! Ich glaube, Sie verwechseln da etwas! – Gegenrufe von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Jetzt hat … (Unruhe)

– Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt hat Frau Abgeordnete Schäffer … (Anhaltende Unruhe)

– Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise darauf hin, dass jetzt Frau Abgeordnete Schäffer das Wort hat, um auf die Kurzintervention zu entgegnen. – Frau Kollegin, das können Sie jetzt tun. Bitte.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich denke, auf ein solches Niveau muss ich mich jetzt nicht herabbegeben. – Ich möchte noch einmal auf die Definition von Demokratieförderung und von Demokratie verweisen, die die Landesregierung verwandt hat und die auch für die Landeszentrale maßgeblich ist. Dort wird sehr gut beschrieben, was Weltoffenheit und Toleranz bedeuten.

Die Programme der Landesregierung – zum Beispiel den Kinder- und Jugendförderplan, aber auch die vielen anderen Maßnahmen – darauf auszurichten, finde ich richtig und gut, weil ich in einer vielfältigen Gesellschaft leben möchte.

(Zuruf von der AfD – Gegenruf von Josefine Paul [GRÜNE]: Aber nicht, wenn sie menschenfeindlich sind!)

Das ist genau der Unterschied zwischen uns. Sie verstehen Vielfalt anders. Das haben wir auch gestern in der Debatte gemerkt. Sie bemüßigen sich hier immer wieder rassistischer Unterstellungen, Herabwürdigungen und, und, und. Das ist aber nicht unser Bild von Vielfalt.

(Zuruf von der AfD: Wo ist denn das Papier von gestern?)

– Um das hier noch einmal zu sagen: Gestern gab es die Debatte zum Thema „Enquetekommission“. Ich habe Ihnen den Antrag mit den Markierungen der Stellen, an denen überall rassistische Äußerungen stehen, gezeigt.

(Zurufe von der AfD)

Sie hätten das Papier haben können. Sie hätten sagen können …

(Markus Wagner [AfD]: Dann geben Sie es mir! Wir waren doch bei Ihnen!)

– Herr Wagner, Sie hätten das auch in Ihrer Kurzintervention sagen können. Ich hätte es Ihnen gegeben. Ich bin zurück zu meinem Platz gegangen. Aber niemand von Ihnen ist gekommen und wollte das Papier haben.

(Zurufe von der AfD)

Meinen Sie, dass ich solche Schmutzpapiere von Ihnen wirklich archiviere? Das glauben Sie doch nicht ernsthaft! Ich habe danach Ihr Dokument zerrissen und es in den Mülleimer geworfen, in den es auch gehört, und dann war es weg.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der AfD)

Zum Antrag der AfD-Fraktion zur Einrichtung einer Enquete-Kommission

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen – heute Morgen haben es sicherlich alle verfolgt –, wurde heute das Urteil im NSU-Prozess verkündet.

Mit diesem Urteil ist das Kapitel NSU noch lange nicht abgeschlossen. Es ist klar, dass wir Lehren daraus ziehen müssen, dass eine Neonazigruppe über Jahre hinweg unerkannt in Deutschland morden und Anschläge begehen konnte – auch hier in Nordrhein-Westfalen.

Eine Lehre daraus ist meiner Meinung nach, dass wir die Auswirkungen von Rassismus nicht unterschätzen dürfen. Ich will an den NSU-Untersuchungsausschuss hier im Landtag erinnern. Frau Professorin Karakayali hat uns dort darauf hingewiesen, wie sehr sich Vorurteile und Stigmatisierungen gegenüber türkeistämmigen Menschen und gegenüber Musliminnen und Muslimen in Deutschland insbesondere nach „9/11“ verstärkt haben.

Sie hat darauf hingewiesen, welche politischen Debatten, Publikationen und Diskurse es in der Zeit zwischen 2002 und 2006 gegeben hat: zur doppelten Staatsbürgerschaft, zu Zwangsehen, zum Kopftuch usw. Ich glaube, dass es kein Zufall ist, dass ausgerechnet in diesen Zeitraum – 2000 bis 2006 – die Morde und die Anschläge des NSU fielen.

Wir müssen noch eine weitere Lehre aus dem NSU-Komplex ziehen: Im Untersuchungsausschuss konnten wir dezidiert an vielen Beispielen festmachen, dass die Sicherheitsbehörden gerade deshalb versagt haben, weil es bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Behörden Vorurteile gab, und dass durch Diskriminierungen, Stigmatisierungen und Vorurteile Opfer und ihre Angehörigen zu Tätern gemacht wurden.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf nie wieder passieren! (Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich komme nun zum Antrag und will gerne auch der AfD erklären, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Denn in Ihrer Beantragung der Enquetekommission nehmen Sie genau diese Stigmatisierung ganzer Bevölkerungsgruppen pauschal vor. Sie machen Personen zu Tätern, und Sie schüren gezielt Vorurteile gegen gesellschaftliche Minderheiten.

Wenn man den Antrag Satz für Satz durchgeht – und es geht eben nicht nur um Zitate von anderen Personen –, wird klar, dass das Rassistische, die Stereotype,

(Christian Loose [AfD]: Dann zitieren Sie doch mal!)

die Islamfeindlichkeit und die pauschalen Herabwürdigungen

(Beifall von den GRÜNEN)

in diesem Antrag keine Ausrutscher sind, sondern sie sind Programm und bewusst gesetzt. (Christian Loose [AfD]: Dann zitieren Sie doch mal, Frau Schäffer!)

Für uns ist hier ganz eindeutig eine Grenze überschritten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will mich meinen Vorrednern und meiner Vorrednerin gerne anschließen: Eine solche Enquetekommission, die die AfD für nichts anderes als für rassistische Hetze gegen Minderheiten nutzen will, können und werden wir nicht zulassen.

Denn das Ziel der AfD ist es doch, Vielfalt in unserer Gesellschaft zurückzudrängen und die Rechte von Minderheiten zu beschneiden.

Sowohl Art. 3 des Grundgesetzes als auch unser Amtseid, auf den wir hier alle verpflichtet wurden,

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

geben uns einen klaren Handlungsauftrag: Niemand darf aufgrund bestimmter Merkmale benachteiligt werden. Wir sind als Abgeordnete – jede und jeder Einzelne von uns – darauf verpflichtet, dem Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen und der Menschen, die in diesem Land leben, zu dienen.

Diesen Handlungsauftrag nehmen wir sehr ernst. (Beifall von den GRÜNEN)

Und, ja – es wurde schon darauf hingewiesen –: Es gibt parlamentarische Gepflogenheiten. Die finden wir wichtig, und die erkennen wir auch an. Aber es ist auch parlamentarische Gepflogenheit, Enquetekommissionen so zu beantragen und den Antrag dazu so zu formulieren, dass sie eben keine Gremien zur Instrumentalisierung bestimmter Themen sind.

(Andreas Keith [AfD]: Das stimmt nicht!)

Und es ist eine Gepflogenheit in diesem Haus, dass man solche Anträge so formuliert, dass alle Fraktionen mitgehen können. Das ist hier ganz offensichtlich nicht der Fall.

(Andreas Keith [AfD]: Denn nennen Sie doch mal eine Formulierung!)

– Herr Keith, ich könnte Ihnen viele Stellen in dem Antrag nennen.

(Andreas Keith [AfD]: Sagen Sie doch mal, welche!)

Ich habe sie alle gelb markiert. Ich werde sie hier nicht vorlesen, weil ich Ihre Hetze nicht wiederholen werde.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Weil es keine gibt! Sie haben das doch in den Hinterzimmern abgesprochen! – Weitere Zurufe von der AfD – Glocke)

– Entschuldigung, Herr Keith: Wenn Sie ernsthaft meinen, dieser Antrag würde keine rassistische Hetze, keine pauschalen Diffamierungen enthalten …

(Andreas Keith [AfD]: Dann lesen Sie sie vor!)

– Ich werde sie gerade nicht vorlesen; denn ich finde, dass es diesem Hohen Hause nicht angemessen ist.

(Andreas Keith [AfD]: Sie lügen!)

Ich werde solche Dinge hier nicht wiederholen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU) Ich gebe Ihnen aber gerne – und vielleicht bewahre ich Sie damit vor dem Herzinfarkt –

(Zuruf von Andreas Keith [AfD])

mein Exemplar Ihres Antrags mit allen Markierungen von rassistischer Hetze. Es ist alles gelb, und das sind alles Punkte, an denen Menschen pauschal diskriminiert und stigmatisiert werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Und dann lassen Sie das prüfen, und dann stimmen Sie zu!)

Präsident André Kuper: Frau Kollegin, die Redezeit bitte.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich will hier aber auch noch mal eines deutlich machen. Zum einen bin ich mir jetzt wirklich sicher, dass wir als Grüne die richtige Entscheidung getroffen haben, Ihren Antrag abzulehnen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Warum denn?)

Ich will aber auch noch einmal deutlich sagen, dass ich großen Respekt vor der Entscheidung aller vier Fraktionen habe, denn ich weiß, dass sowohl CDU und FDP als auch SPD und Grüne es sich mit der Entscheidung nicht leicht gemacht haben.

(Zuruf von Roger Beckamp [AfD] – Andreas Keith [AfD]: In den Hinterzimmern abgesprochen! Das ist es!)

Dass wir zu unterschiedlichen Entscheidung gekommen sind, respektiere ich. Das respektieren wir, glaube ich, alle.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich finde: Das ist in Ordnung. In einer Demokratie ist das so.

(Christian Loose [AfD]: Die parlamentarischen Gepflogenheiten sind Ihnen doch egal!) Wir Grüne sind da klar: Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Wolfgang Jörg [SPD]: Flache Aggressivität – mehr haben die nicht zu bieten! – Roger Beckamp [AfD]: Dann schaffen Sie uns doch ab! – Andreas Keith [AfD]: Einfach die Parteien abschaffen! Das machen Sie doch so gerne!)

Präsident André Kuper: Es gibt eine Kurzintervention seitens der AfD. Herr Wagner hat sich gemeldet.

Markus Wagner (AfD): Vielen Dank. – Herr Präsident! Frau Kollegin Schäffer! Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt die Reden der heiligen Vierfaltigkeit gehört, und habe das gehört, was ich hier immer höre:

(Zurufe von der SPD)

Sie benutzen Worthülsen, pauschalisieren, verunglimpfen, diffamieren und diskreditieren, (Frank Müller [SPD]: Schöne Selbstbeschreibung!)

und dann kommen Sie mit dem Vorwurf der Hetze und des Rassismus, haben aber den Antrag offensichtlich nicht gelesen. Denn dann hätten Sie beispielsweise auf Seite 6 unter III. den zweiten Absatz gelesen, wo wir ganz eindeutig auf die positiven Ergebnisse der Stadt Mechelen hinweisen.

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Dann hätten Sie möglicherweise auf Seite 7 den zweiten Absatz gelesen, wo wir auf das dänische Aktionsprogramm „Ein Dänemark ohne Parallelgesellschaften – keine Gettos im Jahr 2030“ hinweisen. Und das ist für Sie Rassismus? Ganz offensichtlich haben Sie nicht begriffen, worum es geht. Es geht um genau das Gegenteil.

(Helmut Seifen [AfD]: Genau!)

Es geht darum, sich gettoisierende Gesellschaften wieder so zusammenzufügen, dass Gettos nicht mehr entstehen, sondern abgeschafft werden. Das geht aus unserem Antrag zur Enquetekommission hervor.

(Andreas Keith [AfD]: Das steht da drin!)

Sie finden mittlerweile in Ihrer blinden Ablehnung aller AfD-Anträge überhaupt nicht mehr zur Sachlichkeit zurück. Das zeigt übrigens auch die Tatsache, dass nicht einer dieser Vorredner hier nur ein einziges Beispiel für die abstrusen Theorien, die sie hier aufgestellt haben, nennen konnte.

(Andreas Keith [AfD]: So ist es! – Christian Loose [AfD]: Jawoll! – Zuruf von der AfD: Genau so! – Beifall von der AfD)

Präsident André Kuper: Herr Wagner, ich kann die Aufregung an dieser Stelle verstehen, aber Sie haben gerade eine Bezeichnung gegenüber der Kollegin verwendet, die überdenkenswert ist. Ich ermahne Sie an der Stelle zur Ordnung. – Bitte.

(Nic Peter Vogel [AfD]: Da haben Sie aber schon ganz andere Sachen nicht gerügt!)

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich kann Ihre Aufregung nicht so ganz nachvollziehen. Ich glaube, dass ich gerade sehr deutlich gemacht habe, dass ich mich durch die insgesamt acht Seiten Text durchgequält habe, durchquälen musste. Ich kann Ihnen gleich gerne mein Exemplar zur Verfügung stellen, damit Sie sehen, an welchen Stellen offenbar rassistische Unterstellungen vorgenommen werden.

(Lachen von Christian Loose [AfD] – Andreas Keith [AfD]: Offenbar?)

Diese Kurzintervention, aber auch die Kurzintervention von eben machen mich, ehrlich gesagt, fassungslos. Offenbar haben Sie diesen Antrag nicht gelesen, oder Sie haben nicht verstanden, was Sie geschrieben haben. Das glaube ich aber nicht.

Ich glaube, dass Sie hier sehr bewusst und sehr klar eine Grenzüberschreitung vorgenommen haben.

(Andreas Keith [AfD]: Das glauben Sie?)

Das ist genau der Grund, warum wir Ihren Antrag ablehnen werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Nein, das ist er nicht!)

Pressemitteilung: NSU-Urteil ist wichtiges Signal

Zum Urteil im Münchener NSU-Prozess erklärt Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin und Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus

„Die lebenslange Haftstrafe für Beate Zschäpe unter Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld ist ein deutliches Signal an die rechtsextreme Szene in Deutschland, dass unser Rechtsstaat konsequent handelt.

Dennoch müssen wir festhalten, dass es auch sieben Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU, mehreren parlamentarischen Untersuchungsausschüssen im Bundestag und in den Landtagen und fünf Jahren Gerichtsprozess bis heute keine vollständige Aufklärung gibt. In dem Münchener Prozess wurde lediglich über die Schuld von fünf Personen entschieden. Es gibt allerdings stichhaltige Hinweise auf ein weitaus größeres Netzwerk von Unterstützerinnen und Unterstützern, die dem NSU bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Verbrechen geholfen haben. Möglich ist auch, dass es noch weitere Verbrechen des NSU gab, die bisher nicht ermittelt wurden. Auch das Versagen der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden ist bisher nur unzureichend aufgeklärt. Durch die vorurteilsbehafteten Ermittlungen wurden die Opfer und ihre Angehörigen zu Tätern gemacht und damit eines zweites Mal viktimisiert.

Die Aufarbeitung der rechtsterroristischen Taten im nordrhein-westfälischen NSU-Untersuchungsausschuss mündete in klaren Handlungsempfehlungen, die solche Fehler in Zukunft verhindern können und für eine bessere Prävention von Rechtsextremismus und Rassismus sorgen. Der heutige Tag sollte der schwarz-gelben Landesregierung eine Mahnung sein, diese Handlungsempfehlungen nun endlich umzusetzen.“

Pressemitteilung: Verfassungsschutzbericht gibt keine Entwarnung

Zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für 2017 erklärt Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW:

„Die heute vorgelegten Zahlen belegen, dass unsere Gesellschaft nach wie vor von demokratiefeindlichen Bestrebungen bedroht ist.

Der Rückgang der rechtsextremen Straftaten im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr darf kein Grund sein, sich zurückzulehnen. Seit dem zweiten Halbjahr 2014 – mit den Pegida-Demonstrationen in NRW und der sich immer stärker rassistisch positionierenden AfD – gab es einen sprunghaften Anstieg politisch rechts motivierter Straftaten, die ihren Höhepunkt 2016 fanden. Die Zahlen für das Jahr 2017 bewegen sich weiterhin über dem Niveau von 2014. Rechte Äußerungen in der Öffentlichkeit führen auch zu rechtsextremen Straftaten, denn rechte Straftäter nehmen sie als Legitimation für Gewalt. Die rechtsextreme Szene in NRW ist auch mit Rechtsextremen bundes- und europaweit vernetzt, wie die Kampfsportveranstaltung im Kreis Olpe oder die Demonstration in Dortmund Mitte April gezeigt haben. Auch die Akteure der Neuen Rechten, wie etwa die Identitäre Bewegung, stellen eine zunehmende Gefahr für unsere Demokratie dar. Angesichts der zunehmenden Radikalisierung der AfD in den letzten Wochen und Monaten halte ich die Beobachtung zumindest von Teilen der AfD für geboten.

Im Neosalafismus gibt es weiterhin eine leicht wachsende Szene und eine anhaltende Anschlagsgefahr. Zudem wird erwartet, dass viele Frauen und Kinder aus den ehemaligen IS-Gebieten nach NRW zurückkehren, die hier von einem Netzwerk stark ideologisierter Frauen empfangen werden. Wir stehen also auch vor der Herausforderung, vor allem junge Frauen und Kinder vor weiterer Radikalisierung zu schützen und sie für die demokratische Gesellschaft zurückzugewinnen. Hierfür hat die Landesregierung bisher keinerlei Konzepte vorzuweisen. Die Beobachtung von Kindern und Jugendlichen durch den Verfassungsschutz ist die falsche Antwort auf die Problemlage. Die Landesregierung muss stattdessen gemeinsam mit der Jugendhilfe, den Schulen und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft das von rot-grün angestoßene Handlungskonzept weiterentwickeln.

Grundsätzlich ist der verzeichnete Rückgang der politisch links motivierten Straftaten eine erfreuliche Nachricht. Für uns GRÜNE ist klar, dass Gewalt niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein darf.

Über den Verfassungsschutzbericht ist eine ausführliche öffentliche Debatte notwendig. Daher sollte er in einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums diskutiert werden. Die Möglichkeit, öffentlich zu tagen, hat das Gremium seit der Verfassungsschutzreform 2013 – auch als Reaktion auf das NSU-Behördenversagen. In dieser Legislaturperiode hat es bisher keine einzige öffentlichen Sitzung gegeben.“

Kommunalinfo: Aktivitäten gegen Rechtsextremismus

In der letzten Plenarwoche haben wir gemeinsam mit CDU, FDP und SPD einen Antrag zur Einrichtung eines/einer Antisemitismusbeauftragten in den Landtag eingebracht. Außerdem haben wir GRÜNE mit dem Antrag „Förderung der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus fortsetzen“ die Landesregierung dazu aufgefordert, das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie das Förderprogramm „NRWeltoffen“ fortzusetzen. Über diese beiden Initiativen möchte ich Sie/Euch gern informieren.


Antrag: Nordrhein-Westfalen braucht eine/einen Antisemitismusbeauftragten

In den vergangenen Monaten wurde häufig von antisemitischen Beleidigungen u.a. an Schulen aber auch über tätliche Angriffe gegenüber Jüdinnen und Juden berichtet. Im Jahr 2017 wurden in Nordrhein-Westfalen 324 antisemitische Straftaten von der Polizei verzeichnet. Das ist eine Steigerung um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es ist allerdings von einer höheren Dunkelziffer auszugehen, da aus unterschiedlichen Gründe nicht jede Straftat zur Anzeige gebracht wird. Diese besorgniserregende Entwicklung können und wollen wir nicht hinnehmen.

Daher haben die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN einen gemeinsamen Antrag zur Einrichtung einer/eines Antisemitismusbeauftragten, die/der Präventionsmaßnahmen gegen Antisemitismus koordinieren und Ansprechpartner*in für die Betroffenen von Antisemitismus sein soll, in den Landtag eingebracht. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, was ein wichtiges Signal an die Jüdinnen und Juden sowie die jüdischen Gemeinden ist, weil es zeigt, dass der Landtag geschlossen an ihrer Seite steht.

Obwohl wir GRÜNE weitergehende Forderungen haben, unter anderem zur Stärkung der Präventionsarbeit, der Beratungsarbeit gegen Antisemitismus sowie zu einer Dunkelfeldstudie zu antisemitischen Straftaten, freuen wir uns, dass dieser gemeinsame Antrag gelungen ist. Denn es ist ein erster wichtiger Schritt im Kampf gegen Antisemitismus, dem weitere Maßnahmen gegen Antisemitismus und Diskriminierung folgen müssen.

Der Antrag kann hier abgerufen werden.

Meine Rede können Sie hier nachlesen.

Antrag: Förderung der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus fortsetzen

In unserer rot-grünen Regierungszeit haben wir neben dem integrierten Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus auch das kommunale Förderprogramm „NRWeltoffen“ aufgelegt.

Das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde in einem zweijährigen Prozess unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft entwickelt und im Juni 2016 dem Landtag vorgestellt. Es hinterlegt die Arbeit des Landes gegen Rechtsextremismus und Rassismus mit einer nachhaltigen Strategie und stimmt die Maßnahmen der einzelnen Ressorts untereinander ab. Dabei legt das Konzept aus unserer Sicht wichtige Schwerpunkte in der Unterstützung der Beratungsarbeit sowie der Stärkung der Zivilgesellschaft und der Perspektive der Betroffenen von rechtsextremer und rassistischer Gewalt. Da das Konzept bis Mitte 2019 angesetzt war, haben wir die Landesregierung aufgefordert, das Konzept fortzuführen und weiterzuentwickeln. In der Plenardebatte sagte die Landesregierung die Fortführung des Konzepts über 2019 hinaus zu.

Durch das Förderprogramm „NRWeltoffen“ werden derzeit 25 Kreise und kreisfreie Städte in NRW für die Erstellung und Umsetzung von ortsspezifischen Handlungskonzepten gegen Rechtsextremismus und Rassismus gefördert. Das Programm läuft allerdings Ende 2018 aus. Unsere Berichtsanfrage im Kulturausschuss (Vorlage 17/587) vom März dieses Jahres ergab, dass die Landesregierung erst nach der Evaluation, die im September vorliegen soll, entscheiden möchte, ob und wie sie das Förderprogramm fortsetzen möchte. Wir haben die Landesregierung daher mit unserem Antrag aufgefordert, Klarheit zu schaffen. In der Debatte zu unserem Antrag verwiesen sowohl die Fraktionen von CDU und FDP als auch die Landesregierung wieder auf die ausstehende Evaluation. Immerhin zeigte sich der Abgeordnete der FDP-Fraktion etwas offener und sprach davon, dass das Programm weitergehen solle. Wir hoffen, dass sich diese Position innerhalb der schwarz-gelben Koalition durchsetzt und werden uns selbstverständlich weiter dafür einsetzen, dass die gute Arbeit in den Kommunen fortgesetzt und auf weitere Kommunen in NRW ausgeweitet werden kann. Gerade angesichts der deutlichen Diskursverschiebung nach Rechts können wir uns keine Rückschritte in der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus leisten.

Der Antrag kann hier abgerufen werden.

Meine Rede können Sie hier nachlesen.

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de, 0211 – 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.