Kommunalinfo: Rechte Straftaten im Jahr 2017

08Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren

wir fragen regelmäßig die aktuellen Zahlen zu politisch rechts motivierten Straftaten ab und haben nun die Zahlen für das Jahr 2017 vorliegen.

Politisch motivierte Kriminalität Rechts im Jahr 2017

Wie wir bereits anhand der Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität im ersten Halbjahr 2017 ablesen konnten, ist mit 3.764 Straftaten im Jahr 2017 ein Rückgang zu verzeichnen. Nachdem die Zahlen seit der zweiten Jahreshälfte 2014 sprunghaft angestiegen waren, kann die aktuelle Entwicklung kaum beruhigen. Denn wir befinden uns weiterhin deutlich über dem Niveau von 2014 mit 3.286 Straftaten (2015: 4.437; 2016: 4.700). Auch die Zahl der rechtsextrem motivierten Gewalttaten befindet sich mit 206 Straftaten und darunter 172 Körperverletzungsdelikten weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.

Die meisten Straftaten wurden erneut in Dortmund begangen (250). Auch in Köln (220), Wuppertal (188), Düsseldorf (171) und Essen (148) wurden sehr viele Straftaten verübt.

Im Themenfeld Hasskriminalität wurden 1.563 Straftaten im Jahr 2017 erfasst, was deutlich über dem Niveau von 2014 mit 1.020 Straftaten liegt. Die Straftaten im Themenfeld Hasskriminalität stehen weiterhin an zweiter Stelle hinter dem Themenfeld Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus (2.430). Jedoch ist bei Betrachtung der Verteilung der Gewalttaten nach Themenfeldern festzustellen, dass hier die Hasskriminalität mit 154 Fällen sehr deutlich vor dem Themenfeld Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus (48) steht. Insgesamt sind 1.544 „fremdenfeindliche“, 294 „antisemitische“, 219 „islamfeindliche“ und 181 „rassistische“ Straftaten verübt worden.

Antisemitische Straftaten

Die Zahl der antisemitischen Straftaten ist mit 324 Fällen im Vergleich zu 2016 (297) sichtbar gestiegen. 294 dieser Straftaten hatten einen rechtsextremen Hintergrund, 17 wurden dem Phänomen „Ausländische Ideologie“ und 6 dem Themenfeld „Religiöse Ideologie“ zugeordnet. Die meisten antisemitischen Straftaten wurden in Köln (20), Essen (19), Dortmund (18), Düsseldorf (17) und Wuppertal (14) verübt.

Islamfeindliche Straftaten

Da die islamfeindlichen Straftaten erst seit dem 1. Januar 2017 gesondert erfasst werden, kann hier noch keine wirkliche Entwicklung nachgezeichnet werden. Jedoch lässt sich festhalten, dass in der zweiten Jahreshälfte 2017 mehr Straftaten verzeichnet wurden, als in der ersten. Im ersten Halbjahr waren es 93 Straftaten, im gesamten Jahr 2017 waren es 239. Einen rechtsextremen Hintergrund hatten 219 Straftaten. Bei 15 Straftaten war der Hintergrund nicht zuzuordnen. 2 Straftaten wurden der politisch motivierten Kriminalität – Links und 2 Straftaten der politisch motivierten Kriminalität – Religiöse Ideologie zugeordnet. Die meisten islamfeindlichen Straftaten wurden in Köln (26), Duisburg (24), Wuppertal (21), Dortmund (20) und Remscheid (13) begangen.

Flüchtlingsfeindliche Straftaten

Die flüchtlingsfeindlichen Straftaten sind mit 181 Straftaten auf einen Wert unter dem des Jahres 2015 (243) gesunken, sind aber deutlich über dem Niveau von 2014 (25). Hinter der Zahl von 181 Straftaten stehen 38 Gewaltdelikte sowie 30 Körperverletzungsdelikte mit 71 Geschädigten.

Schwarz-Gelb muss Handlungskonzept und Förderprogramm gegen Rechtsextremismus fortsetzen

Trotz des Rückgangs der politisch rechts motivierten Straftaten im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr, ist es wichtig zu sehen, dass sich diese Taten sehr gezielt aufgrund von Merkmalen wie Hautfarbe, ethnischer Herkunft oder Religion gegen Menschen gerichtet haben. Eine vielfältige demokratische Gesellschaft kann sich hier also nicht zurücklehnen, sondern muss sich aktiv gegen rechte Hassreden und Gewalt einsetzen. Ebenso ist aber auch die Politik in der Pflicht gegen Rechtsextremismus und Rassismus vorzugehen. In der rot-grünen Regierungszeit haben wir die Beratungsstrukturen gegen Rechtsextremismus deutlich gestärkt. CDU und FDP müssen diese Förderung beibehalten und das Ende 2019 auslaufende Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus in NRW fortführen. Zudem läuft Ende 2018 das Förderprogramm NRWeltoffen, aus dem Städte und Kreise gefördert werden, um ein kommunales Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu erstellen, aus. Auch dieses kommunale Förderprogramm muss von der neuen Landesregierung fortgesetzt werden. Darüber hinaus müssen endlich auch die Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Landtags NRW aus der letzten Legislaturperiode umgesetzt werden. Die Handlungsempfehlungen wurden damals einstimmig von allen Fraktionen – CDU, SPD, GRÜNE, FDP und Piraten – beschlossen. Leider finden sie sich nicht im Koalitionsvertrag von CDU und FDP wieder. Wir GRÜNE fordern die neue Landesregierung auf, diese Handlungsempfehlungen nun auch umzusetzen.

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de, 0211 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße aus dem Landtag

Viele Grüße

Verena Schäffer

Zum Antrag der AfD zur Verkleinerung des Landtags

Verena Schäffer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung, dass die Anzahl der Landtagssitze oder das derzeitige Verhältnis von direkt gewählten Abgeordneten gegenüber den über die Liste eingezogenen in Stein gemeißelt ist – ganz im Gegenteil. Der springende Punkt bei dieser Debatte ist aber doch, dass man mit einer AfD, die für die Schwächung der parlamentarischen Demokratie steht, schlichtweg nicht sachlich über eine Reform der Anzahl der Landtagssitze diskutieren kann.

(Beifall von denGRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD)

Die AfD – wir kennen das – denunziert immer wieder die Parlamente in Deutschland und auch die Abgeordneten der Landtage und des Deutschen Bundestags.

(Helmut Seifen [AfD]: Sie erzählen Märchen!)

Diese verbalen Angriffe auf die Parlamente und auf die Abgeordneten werden wir hier nicht unwidersprochen stehen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD – Helmut Seifen [AfD]: Märchenstunde!)

In ihrem Wahlprogramm zur Landtagswahl –ich habe es gestern noch mal nachgelesen – hat die AfD noch gefordert, dass die zukünftige Parlamentsgröße direkt von der Höhe der jeweiligen Wahlbeteiligung abhängig gemacht werden soll.

(Zuruf von Roger Beckamp [AfD])

Vielleicht klären Sie erst einmal Ihre Position, wohin Sie wollen und was Sie fordern, und kommen dann noch mal hierhin zurück.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Loose [AfD]: Das ist dann der zweite Schritt!)

Dass die AfD in ihrem Antrag argumentiert, dass eine Verringerung der Landtagsmandate keine Beeinträchtigung der Arbeit in den Ausschüssen bedeute, und dann als Begründung heranzieht, dass die Anzahl der Sitze in den Haushaltsausschüssen im Hessischen Landtag und im nordrhein-westfälischen Landtag gleich ist, ist, ehrlich gesagt, ziemlich gaga.

Ja, es stimmt: Sowohl in Hessen als auch in Nordrhein-Westfalen sitzen jeweils 21 Abgeordnete imHaushaltsausschuss. Aber der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat insgesamt 20 Fachausschüsse, wohingegen der Landtag von Hessen nur elf Fachausschüsse hat. Diesen Vergleich zu ziehen, ist total gaga. Im Übrigen hat Nordrhein-Westfalen viel mehr Einwohner als Hessen – auch das dürfte Ihnen inzwischen nicht ganz entgangen sein.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass die AfD-Abgeordneten hier im nordrhein-westfälischen Landtag doch gar nicht beurteilen können, wie viel Arbeit ein Ausschuss macht; denn Sie verweigern sich doch jeglicher Arbeit in den Ausschüssen!

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP –Andreas Keith [AfD]: Jetzt hören Sie doch mal auf mit diesen Unterstellungen! – Weitere Zurufe von der AfD – Gegenrufe von den GRÜNEN und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Beweisen Sie das mal!)

Ja, das kann ich Ihnen beweisen anhand …

(Fortgesetzt Zurufe von der AfD – Andreas Keith [AfD]: Das ist eine Unterstellung! Wir sind in allen Ausschüssen drin!)

Herr Keith, vielleicht hören Sie mir erst mal zu!

Herr Keith, das kann ich Ihnen beweisen anhand der

Ausschussprotokolle. Egal ob im Innenausschuss oder im Rechtsausschuss: Ich kann alle Ausschüsse dieses Hauses nennen. Da beteiligt die AfD sich nicht an den Debatten.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Fortgesetzt Zurufe von der AfD – Gegenrufe von den GRÜNEN und der SPD)

Nein, Herr Seifen, das ist keine Verleumdung. Schauen Sie sich die Protokolle an. Dann werden Sie sehen, dass ich recht habe.

(Andreas Keith [AfD]: Sie sitzen doch schon jahrelang hier drin!)

Sie benutzen das Parlament als Bühne für Ihre Hetze! In den Ausschüssen arbeiten Sie nicht.

(Zurufe von der AfD)

Sie machen Arbeitsverweigerung, und das ist auch dokumentiert.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Andreas Keith [AfD]: Das ist eine Unterstellung!)

Ich will noch darauf hinweisen, dass eine drastische Absenkung der Abgeordnetenanzahl, wie Sie es fordern, dazu führen würde, dass gerade die kleinen Fraktionen und die Erfüllung ihrer Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, nicht mehr funktionieren würden. Aber es geht ja nicht nur um die Kontrollfunktion gegenüber der Regierung. Die Kontrollfunktion und deren Bedeutung hat der Abgeordnete Höne schon angesprochen. Es geht auch darum, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land ansprechbar sind. Man kann nicht einerseits beklagen, dass sich die Politik immer mehr von der Bevölkerung entfernen würde,

(Andreas Keith [AfD]: Doch! – Weitere Zurufe von der AfD)

und andererseits die Reduzierung der Abgeordnetenanzahl fordern. Das ist ein Widerspruch in sich, den Sie hier auch nicht auflösen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD)

Weil der Abgeordnete Wagner heute Morgen in der Aktuellen Stunde das Thema „direkte Demokratie“ angesprochen hat, will ich das auch tun. Es geht Ihnen in Wahrheit doch nicht um mehr Bürgerbeteiligung,

(Andreas Keith [AfD]: Doch! – Weitere Zurufe von der AfD)

nein! Sie wollen mit den Instrumenten der direkten Demokratie Hetzkampagnen gegen Minderheiten fahren.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Deshalb nennen Sie die Schweiz als Vorbild.

(Zuruf von Andreas Keith [AfD])

Vielleicht, Herr Keith, hören Sie mal zu. Das ist doch genau der Grund, warum Sie immer die Schweiz als Vorbild nennen für das Thema „direkte Demokratie“. Das ist der Unterschied zu uns Grünen. Wir wollen mehr Bürgerbeteiligung.

(Zuruf von Andreas Keith [AfD])

Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger stärken

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

im Gegensatz zu Ihnen. Sie wollen hetzen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der AfD)

Das Parlament ist ein Grundpfeiler unserer Gewaltenteilung und unserer Demokratie.

(Helmut Seifen [AfD]: Genau!)

Und: Ja, die Demokratie kostet, und dazu stehe ich. Im Übrigen – wenn Sie sich über die Kosten beschweren: Sie können Ihre Abgeordnetendiäten gerne spenden. Herr Pretzell und auch Herr Meuthen können gerne ihre Doppelmandate ablegen. Es hindert sie niemand daran, genau das zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Zuruf von Andreas Keith [AfD] –Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Ich möchte zum Ende der Debatte noch einmal bekräftigen, dass die AfD doch ganz offensichtlich überhaupt kein Interesse an der parlamentarischen Arbeit und an einem starken Parlament hat.

(Zuruf von Andreas Keith [AfD])

Das unterscheidet uns. Wir wollen ein starkes Parlament. Wir wollen, dass das Parlament …

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Kommen Sie bitte zum Schluss.

… die Regierung kontrollieren kann. Wir wollen, dass die Abgeordneten für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land da sind. Dafür werden wir weiter streiten.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD undder FDP – Minister Herbert Reul: Glückwunsch! – Minister Karl-Josef Laumann: Das war eine gute Rede!)

Newsletter: Aktivitäten gegen Rechtsextremismus Oktober 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

wie im letzten Newsletter versprochen, möchte ich hiermit kurz über die Ergebnisse meiner Kleinen Anfrage zu antimuslimischen Straftaten berichten sowie die gemeinsame Pressemitteilung mit meiner Kollegin Berivan Aymaz zur heutigen Vorstellung des Verfassungsschutzberichts weiterleiten.

Kleine Anfrage zu antimuslimischen Straftaten

Seit dem 1.1.2017 werden in der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) auch antimuslimische Straftaten unter dem Unterthema „islamfeindlich“ erfasst. Nachdem Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Teile der Politik über viele Jahre diese gesonderte Erfassung analog zu antisemitischen oder homophoben Straftaten gefordert haben, liegen nun erstmals Zahlen zu antimuslimischen Straftaten in Nordrhein-Westfalen vor.

Im ersten Halbjahr 2017 wurden bereits 93 Straftaten dem Unterthema „islamfeindlich“ zugeordnet. 88 dieser Straftaten hatten einen rechtsextremen Hintergrund, zwei sind der PMK Religiöse Ideologie, eine der PMK Ausländische Ideologie und weitere zwei der Kategorie PMK Sonstige zugeordnet worden. Die vier aufgeführten Gewalttaten sind alles Straftaten der PMK Rechts. Unter den Gewalttaten ist auch ein Brandanschlag auf eine Moschee in Bielefeld erfasst. Daneben wurden drei Körperverletzungen gezählt. Den größten Teil der Straftaten machen Volksverhetzungen (48) aus. Beleidigungen (17) und Sachbeschädigungen (14) fanden ebenfalls häufig statt. In Duisburg (12), Köln (11), Herne (8), Remscheid (8) und Essen (7) wurden die meisten Straftaten verzeichnet. Bisher sind nur zwei Tatverdächtige zu diesen Straftaten festgenommen worden, beide waren weiblich.

Zu Ermittlungsverfahren wegen islamfeindlicher Straftaten konnte die Landesregierung keine Angaben machen. Hierzu müsse das EDV-System der Staatsanwaltschaften angepasst werden, was eine bundesweite Abstimmung erfordere. Hierzu werden wir im nächsten Rechtsausschuss am 8. November noch einmal nachhaken.

Ein Vergleich der Zahlen ist noch nicht möglich, da die Statistik erst mit Beginn des Jahres geführt wird. Doch seit einigen Jahren liegen Zahlen zu Angriffen auf Moscheen vor. Für das Jahr 2016 wurden in NRW 21 Straftaten gegen Moscheen gezählt. Angesichts der großen Diskrepanz zu den 93 Straftaten allein für das erste Halbjahr 2017, die eben auch Angriffe gegen Personen und Volksverhetzungen abbilden, wird deutlich, wie notwendig die Einführung des Unterthemas war. Dabei müssen wir davon ausgehen, dass auch es hier noch eine Dunkelziffer gibt, da nicht jede Straftat zur Anzeige gebracht wird.

Im Anhang füge ich die Antwort auf meine Kleine Anfrage bei, sie ist gleichlautend auch hier zu finden: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-697.pdf

Pressemitteilung zum Verfassungsschutzbericht 2016

Der Innenminister hat heute den Verfassungsschutzbericht 2016 vorgestellt. Meine Kollegin Berivan Aymaz und ich haben dazu und den Ankündigungen von Herrn Reul heute folgende Pressemitteilung veröffentlicht: http://gruene-fraktion-nrw.de/detail/nachricht/schaefferaymaz-landesregierung-muss-eine-zentrale-anlaufstelle-fuer-alle-bespitzelten-buerger-scha.html

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de, 0211 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße aus dem Landtag

Verena Schäffer

Pressemitteilung: Schäffer/Aymaz: Landesregierung muss Gesamtstrategie gegen Gewaltbereitschaft und eine zentrale Anlaufstelle für alle bespitzelten Bürger schaffen

Zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts und den Ankündigungen des Innenministers erklären Verena Schäffer, Parlamentarische Geschäftsführerin und innenpolitische Sprecherin, sowie Berivan Aymaz, Sprecherin für Internationales und Integration der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW:

Verena Schäffer: „Der massive und sprunghafte Anstieg der Straftaten der „Politisch motivierten Kriminalität – Rechts“ in den Jahren 2015 und 2016 ist besorgniserregend. Obwohl die Straftaten im ersten Halbjahr 2017 etwas zurückgegangen sind, geht selbst der Verfassungsschutz davon aus, dass es im zweiten Halbjahr keinen weiteren Rückgang geben wird. Zum rechtsextremen Spektrum hinzugekommen sind die Reichsbürger und die Identitäre Bewegung, die stark ideologisiert, offensiv und auch gewaltbereit auftreten. Die Sicherheitsbehörden müssen weiter für eine Aufhellung des Dunkelfeldes sorgen.

Auch im Bereich des Neosalafismus besteht weiterhin eine große Gefahr. Trotz der militärischen Zurückdrängung des IS in Syrien und im Irak wächst die Szene in Deutschland weiterhin. Dabei ist auffällig, dass immer jüngere Personen und immer mehr Frauen und Mädchen sich der neosalafistischen Szene anschließen. Der Ausbau der von Rot-Grün eingerichteten Wegweiser-Beratungsstellen ist richtig. Doch die Präventionsarbeit in diesem Bereich muss deutlich ausgebaut und dabei stärker auf junge Frauen ausgerichtet werden.

Dass es Handlungsbedarf in Bezug auf linke Gewalt gibt, ist unbestritten. Doch selbst Herr Reul ist der Auffassung, dass ein Aussteigerprogramm Linksextremismus große Schwierigkeiten haben wird, mögliche Teilnehmer anzusprechen. Dazu hat er auch allen Grund: Das Aussteigerprogramm Linksextremismus des Bundes hatte im letzten Jahr lediglich sieben Anrufe. Die CDU lässt sich hier von der AfD treiben und verharmlost rechtsextreme Gewalt, indem sie Links- und Rechtsextremismus gleichsetzt. Sie sollte sich stattdessen differenziert mit den einzelnen Phänomenen auseinandersetzen und darüber wirksame Strategien entwickeln.

Innenminister Reul fehlt die Gesamtstrategie, wie er der Gewaltbereitschaft in allen Phänomenbereichen wirksam begegnen will. Das ist angesichts der hohen Zahl politischer Straftaten unverantwortlich.“

Berivan Aymaz: „Auf unsere Nachfrage hat das Innenministerium im August bekannt gemacht, dass allein der türkische Geheimdienst mindestens 173 Menschen in NRW im Visier hat. Es ist gut, dass die Landesregierung nun reagiert und gefährdeten Mitarbeitern Verhaltenshinweise vor Türkei- und Russlandreisen an die Hand gibt. Ein Erlass allein reicht aber nicht aus.

Bekanntlich bespitzeln die türkischen Sicherheitsbehörden nicht nur Landesbeschäftigte, sondern auch andere Menschen mit Türkeibezug in Nordrhein-Westfalen. Die Landesregierung hat eine Informationspflicht gegenüber allen Bürgern. Der Innenminister muss eine zentrale Anlaufstelle für alle Nordrhein-Westfalen einrichten, die sich Verfolgung ausgesetzt sehen und Informationsbedarf haben. Das Auswärtige Amt muss zudem endlich offiziell eine Reisewarnung für die Türkei aussprechen.“

Newsletter: Aktivitäten gegen Rechtsextremismus September 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

in den vergangenen Wochen haben wir zum Themenfeld Rechtsextremismus eine Reihe von Kleinen Anfragen an die Landesregierung gestellt. Dieser Newsletter gibt einen kurzen Überblick über die Antworten auf die Anfragen zu den Straftaten der politisch motivierten Kriminalität – Rechts (PMK-Rechts), zur Identitären Bewegung und der Reichsbürgerbewegung.

  1. Aktuelle Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität – Rechts
  2. Die Identitäre Bewegung in Nordrhein-Westfalen
  3. Die Reichsbürgerbewegung in Nordrhein-Westfalen

 

  1. Aktuelle Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität – Rechts

In den vergangenen Jahren war ein sprunghafter Anstieg der politisch rechts motivierten Straftaten zu verzeichnen. Im ersten Halbjahr 2017 stellen wir einen Rückgang der Straftaten fest. Ihre Anzahl liegt aber nach wie vor über dem Niveau des ersten Halbjahres 2014. Ab dem letzten Quartal des Jahres 2014 sind die politisch motivierten Straftaten aufgrund der HoGeSa- und Pegida-Demonstrationen sowie der beginnenden Radikalisierung der AfD stark angestiegen. Dies geht auch aus der Excel-Tabelle mit dem Vergleich der politisch motivierten Kriminalität – Rechts im Zeitraum von 2011 bis zum ersten Halbjahr 2017 hervor. Sie ist hier online zu finden.

Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2017 1.667 Straftaten der politisch motivierten Kriminalität – Rechts erfasst. Im ersten Halbjahr 2016 waren es 2.686 Straftaten und im ersten Halbjahr 2014 noch 1.307 Straftaten. Dieser Rückgang spiegelt sich auch in den Zahlen zu Gewaltdelikten, zur Hasskriminalität, flüchtlingsfeindlichen und antisemitischen Straftaten wider. Der Rückgang der Straftaten darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass rechtsextreme Straftaten und vor allem rechtsextreme Gewalt weiterhin ein enormes Problem im Nordrhein-Westfalen darstellen und aktiv dagegen vorgegangen werden muss.

Im Themenfeld Hasskriminalität wurden 653 Straftaten im ersten Halbjahr 2017 erfasst, was dem Niveau vom ersten Halbjahr 2015 mit 641 Straftaten entspricht. Im ersten Halbjahr 2016 wurden 1.413 Fälle der Hasskriminalität registriert. Nach wie vor stellen die Straftaten im Themenfeld Hasskriminalität den zweithöchsten Wert nach dem Themenfeld Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus dar und bewegen sich auf einem hohen Niveau. Sehr deutlich ist der Rückgang der flüchtlingsfeindlichen Straftaten, die von 343 im ersten Halbjahr 2016 auf 79 im ersten Halbjahr 2017 zurückgegangen sind, was in etwa dem Wert vom ersten Halbjahr 2015 mit 60 Straftaten entspricht. Erklären lässt sich dies möglichweise damit, dass es weniger Debatten um die Einrichtung von Unterkünften für Geflüchtete vor Ort gab.

Auch im Falle der antisemitischen Straftaten ist ein Rückgang von 155 Straftaten im ersten Halbjahr 2016 auf 122 Straftaten im ersten Halbjahr 2017 in etwa auf das Niveau des ersten Halbjahrs 2015 mit 133 Straftaten zu verzeichnen. In all unseren Abfragen der vergangenen Jahre haben wir gesehen, dass die meisten antisemitischen Straftaten einen rechtsextremen Hintergrund haben. Im ersten Halbjahr 2017 waren es 117 von 122 Straftaten.

Neu hinzugekommen ist die Erfassung von Hasspostings als eigenes Themenfeld. Hier wurden im ersten halben Jahr bereits 217 Straftaten gezählt. Wir werden die Entwicklung natürlich weiter im Blick haben.

Schwerpunkte rechtsextremer Straftaten sind weiterhin in Dortmund (98 Straftaten), Köln (93), Düsseldorf (89), Essen (77) und Wuppertal (69). Hier online eine Excel-Tabelle zum Vergleich der Straftaten nach Orten von 2012 bis zum ersten Halbjahr 2017.

Meine Kleine Anfrage zu antimuslimischen Straftaten ist bisher nicht beantwortet worden. Sobald diese vorliegt, informiere ich auch darüber gerne.

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zur politisch motivierten Kriminalität  – Rechts abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-580.pdf

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zu flüchtlingsfeindlichen Straftaten abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-581.pdf

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zu antisemitischen Straftaten abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-579.pdf

  1. Die Identitäre Bewegung in Nordrhein-Westfalen

In den vergangenen Monaten hat die „Identitäre Bewegung“ immer offensiver die öffentliche Aufmerksamkeit gesucht. Mit Aktionen, wie dem Entrollen eines Banners am Kölner Hauptbahnhof, der Demonstration vor dem Bundesjustizministerium am 19. Mai oder auch dem Versuch, mit einem eigens gecharterten Schiff Flüchtlinge im Mittelmeer abzufangen, versucht die Szene auf sich und ihre rassistischen Positionen aufmerksam zu machen. Die Antwort auf meine Kleine Anfrage macht deutlich, dass die „Identitäre Bewegung“ gewaltbereit ist. Von den rund 50 Personen, die der Verfassungsschutz der „Identitären Bewegung“ zuordnet, sind 16 Personen polizeibekannt. Unter den von Angehörigen der „Identitären Bewegung“ begangenen Straftaten sind auch Volksverhetzung und gefährliche Körperverletzung aufgeführt.

Verbindungen zu weiteren rechtsextremen Organisationen sieht der Verfassungsschutz in persönlichen Kennverhältnissen, stellt aber auch heraus, dass die Ortsgruppe der IB in Aachen vorwiegend aus Mitgliedern besteht, die der örtlichen Neonaziszene angehören. Als Verbindung zur AfD wird lediglich eine Person aus der AfD-Hochschulgruppe in Düsseldorf genannt. Bemerkenswert ist allerdings, dass der AfD-Landtagsabgeordnete Beckamp sich in sozialen Medien positiv über die Aktion der IB zur Zurückdrängung von Flüchtlingen im Mittelmeer äußert.

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-172.pdf

 

  1. Die Reichsbürgerbewegung in Nordrhein-Westfalen

Bei den Reichsbürger*innen handelt es sich neben der Identitären Bewegung um eine weitere neue Entwicklung im rechten Spektrum. Ihre Ideologie ist im Kern rechtsextremistisch, sie vertreten geschichtsrevisionistische, rassistische, antisemitische und völkische Positionen. Während der Verfassungsschutz im Oktober 2016 noch von einer niedrigen dreistelligen Zahl ausging, zählt er inzwischen etwa 2.000 Reichsbürger*innen allein in Nordrhein-Westfalen. Dieser scheinbar sprunghafte Anstieg hängt auch mit der Aufhellung des Dunkelfelds zusammen. Offenbar sind die Behörden heute stärker sensibilisiert. Dennoch ist der Zulauf besorgniserregend.

In der Antwort der Landesregierung werden erstmals die Zahlen der politischen motivierten Kriminalität durch Reichsbürger*innen veröffentlicht. Allein im ersten Halbjahr 2017 wurden 20 Straftaten verzeichnet. Von diesen richteten sich 12 Straftaten gegen Angehörige der Polizei sowie gegen Amts- und Mandatsträger*innen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sind also in einem besonderen Maße von Straftaten der Reichsbürger*innen betroffen. Es kam unter anderem zu Beleidigungen, Nötigungen und in einem Fall sogar zu einer vorsätzlichen einfachen Körperverletzung. Dies lässt sich unter anderem mit der Ablehnung rechtsstaatlicher Strukturen erklären, die für die Reichsbürger*innen identitätsstiftend ist. Darüber hinaus haben Reichsbürger*innen auch Volksverhetzungen und sogenannte Propagandadelikte begangen. Auch Personen, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören, sind Opfer von Beleidigungen und Nötigung durch Mitglieder der Reichsbürgerbewegung geworden.

Die Reichsbürger*innen sind in Nordrhein-Westfalen sehr heterogen aufgestellt. Die verschiedenen Gruppierungen sind teils bundesweit vernetzt und aktiv. Obwohl drei der konkret genannten Gruppen ihren Sitz im Ruhrgebiet haben, stellt der Verfassungsschutz Aktivtäten stärker in ländlichen Regionen fest. Schwerpunkte werden im Raum Ostwestfalen, Lippe, Soest, im Hochsauerlandkreis und im Großraum Köln gesehen. Oftmals stehen hinter den kriminellen Absichten der in der Antwort auf meine Kleine Anfrage genannten Organisationen wirtschaftliche Interessen. Die hohe Anzahl von 143 Personen mit waffenrechtlichen Erlaubnissen belegt zudem die Waffenaffinität der Reichsbürger*innen. Damit geht eine hohe Gefahr von der Reichsbürgerbewegung aus.

Noch in der Zeit der rot-grünen Landesregierung wurden die Mitarbeiter*innen der Behörden auf Landes- und kommunaler Ebene umfassend informiert und geschult. Diese Informationspolitik muss die neue Landesregierung fortführen und weiter ausbauen. Neben der polizeilichen Statistik über die Straftaten, sollte es auch eine Statistik der Justiz über Strafverfahren gegen die Reichsbürger*innen geben. Hier sind Innenminister Reul und Justizminister Biesenbach gefordert, eine entsprechende Verlaufsstatistik vom Aufnehmen der Straftat bis zur tatsächlichen Verurteilung einzuführen.

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zur Reichsbürgerbewegung in NRW abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-259.pdf

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zur Reichsbürgerbewegung und dem öffentlichen Dienst in NRW abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-265.pdf

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de0211 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße aus dem Landtag

 

Verena Schäffer