Vielfalt in NRW ist längst Realität! Hier leben rund 4,1 Millionen Personen mit Zuwanderungsgeschichte, was 22,9 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Davon haben laut dem Mikrozensus 2005 1,96 Millionen Zugewanderte eine ausländische Staatsangehörigkeit, 2,46 Millionen Menschen sind seit 1950 von außerhalb der Bundesrepublik zugewandert (so genannte AussiedlerInnen und Eingebürgerte) und 2,26 Millionen Personen haben mindestens einen aus dem Ausland zugewanderten Elternteil. Trotzdem verschließen einige politische Kräfte weiterhin ihre Augen vor der gesellschaftlichen Realität.

Zukunftsthema Integration

Integrationspolitik ist also alles andere als ein Randthema. Gerade unter den Jugendlichen gibt es viele Personen mit Zuwanderungsgeschichte. Durch unsere alternde Gesellschaft wird sich dieser Trend noch verstärken, wobei nicht alle MigrantInnen per se mehr Kinder bekommen. Je länger die Menschen mit Zuwanderungsgeschichte hier leben, desto mehr passt sich auch die Geburtenrate an. Zuwanderung kann den demographischen Wandel zwar nicht stoppen, aber verlangsamen und ist – mal ganz abgesehen von humanitären Gründen – allein deshalb sehr wichtig.

Integration ist keine Einbahnstraße!

Integration darf nicht bedeuten, dass sich Zugewanderte an die „Mehrheitsgesellschaft“ – die es als homogene Masse im Übrigen auch gar nicht gibt – anpassen müssen. Integration bedeutet für mich das gemeinsame Zusammenleben aller hier lebenden Bürgerinnen und Bürger, egal ob mit oder ohne deutscher Staatsangehörigkeit. Rassistische Hetze, wie der von Ministerpräsident Rüttgers (CDU) in Umlauf gebrachte Spruch „Kinder statt Inder“ oder die Aktionen von PRO Köln gegen den Bau einer Moschee, verurteilen wir aufs Schärfste, denn sie schüren Vorurteile, verletzen die Menschenwürde und gefährden unsere demokratische Gesellschaft.

Deutschland = Einwanderungsland

Seit Mitte der 1950er Jahre wurden AusländerInnen aus Italien, Spanien, Griechenland und der Türkei angeworben, da man dringend Arbeitskräfte benötigte. Viele von ihnen zogen auch nach NRW, v.a. ins Ruhrgebiet. Die Politik war darauf ausgerichtet, dass diese Menschen irgendwann wieder gehen würden, daher auch die Bezeichnung „GastarbeiterInnen“. Das Gegenteil jedoch ist geschehen: Aufgrund der wirtschaftlichen Rezession im Jahr 1973 erklärte die sozialliberale Koalition den so genannten Anwerbestopp, der jedoch zu einem starken Familiennachzug führte. Die ArbeiterInnen blieben mit ihren Familien – eine ernst gemeinte Integrationspolitik gab es jedoch faktisch nicht. Jahrelang stritt die Politik ab, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Mittlerweile hat sich diese Einstellung geändert, selbst konservative Parteien haben inzwischen integrationspolitische Ansätze. Die Erkenntnis, dass die Bundesrepublik ein Einwanderungsland ist, ist politisch enorm wichtig, denn andernfalls wäre eine wirkliche Integrationspolitik nicht möglich.

Bildung ist für alle da!

Derzeit sind wir leider noch weit entfernt von gleichen Chancen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund im Bildungssystem und auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Die Ergebnisse der Pisa-Studie haben gezeigt, dass die Bildungschancen in keinem anderen OECD-Land so stark von der sozialen Herkunft abhängen wie in Deutschland. Unser Bildungssystem benachteiligt insbesondere Kinder und Jugendliche aus armen, bildungsfernen Familien und solche mit Zuwanderungsgeschichte – in vielen Familien mit Migrationshintergrund kommen allerdings beide Merkmale zusammen, so dass deren Kinder von einer doppelten Benachteiligung betroffen sind. Das deutsche Bildungssystem muss sich grundlegend ändern, damit alle die gleichen Chancen von Anfang bekommen! Mehrsprachigkeit muss zur Selbstverständlichkeit werden, schon in Kitas und Grundschulen muss altersgerechte Sprachförderung stattfinden.

Gleiche Rechte!

MigrantInnen ohne deutsche Staatsangehörigkeit haben in Deutschland kein Wahlrecht, außer sie sind Angehörige eines EU-Staates, denn dann dürfen sie immerhin bei der Kommunalwahl ihre Stimme abgeben. Als Grüne empfinden wir es als zutiefst ungerecht, dass Personen, die zum Teil schon seit Jahren in NRW leben und hier ihren Lebensmittelpunkt haben, nicht darüber abstimmen dürfen, wer in Zukunft Entscheidungen auch über ihre alltägliche Lebensrealität fasst. Wir sehen es als große Chance für unsere demokratische Gesellschaft an, wenn alle BürgerInnen auch wählen und gewählt werden dürfen. Deshalb wollen wir das aktive und passive Wahlrecht für alle, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben.