Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Dienstrechtsreform stellt einen der großen thematischen Schwerpunkte der Innenpolitik in dieser Legislaturperiode dar – vielleicht sogar eine der größten Herausforderungen, die wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen haben, und zwar auch deshalb, Herr Jung, weil Schwarz-Gelb es von 2005 bis 2010 verpennt hat, sich die Dienstrechtsreform vorzunehmen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie hätten eigentlich schon mit der Föderalismusreform 2006 handeln müssen. Das haben Sie aber nicht getan. Insofern finde ich es ein bisschen schwierig, uns verantwortlich zu machen, wenn man die Chance als Landesregierung selber verschlafen hat.

Jetzt davon zu reden: „Ja, wir brauchen mehr für den öffentlichen Dienst“, und gleichzeitig im Innenausschuss und im Haushaltsausschuss immer wieder den Tanz hinzulegen, nie wirklich Vorschläge zu machen, wie wir auf der einen Seite die Schuldenbremse einhalten sollen, und auf der anderen Seite mehr Stellen fordern, passt nicht so richtig zusammen. Daran zeigt sich auch, dass Sie eigentlich überhaupt kein Konzept haben, wie es mit dem öffentlichen Dienst weitergehen soll.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben uns eine umfassende Dienstrechtsreform vorgenommen, um den öffentlichen Dienst weiterhin leistungsfähig und effizient zu machen und seine Attraktivität insbesondere für Fachkräfte zu steigern. Wir haben uns dabei in der Tat viel vorgenommen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, mal einen Blick in den Koalitionsvertrag zu werfen.

Wir haben uns die Veränderung des Laufbahnrechts, aber auch die Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft vorgenommen. Wir wollen altersgerechte Arbeitsbedingungen. Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten. Wir wollen gleiche Karrierechancen für Frauen. Auch das Gesundheitsmanagement wird ein großes Thema sein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich habe es gerade schon angesprochen: Die Schuldenbremse 2020 haben wir alle miteinander als Herausforderung vor uns. Wir haben hier gestern ausführlich über den Haushaltsentwurf 2013 diskutiert. Wir haben deshalb immer klar gemacht: Es darf mit der Dienstrechtsreform keine neuen Kosten geben. Genau das ist die große Herausforderung, die wir vor uns haben. Wir müssen das Ganze auf der einen Seite fachpolitisch, auf der anderen Seite aber aus Sicht des Haushalts diskutieren.

Unser Ziel dabei ist klar: Wir müssen die unterschiedlichen Interessen miteinander in Einklang bringen. Wir brauchen einen gerechten, einen leistungsfähigen und einen effizienten Staatsdienst. Man könnte auch schlicht sagen: Wir brauchen einen modernen öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die Dienstrechtsreform werden wir – insofern, Herr Jung, können Sie nicht heute schon den großen Wurf von uns verlangen – in zwei Stufen vornehmen. Das haben wir immer so angekündigt, und das werden wir auch machen. Wir diskutieren heute über die erste Stufe, und zwar über das Dienstrechtsanpassungsgesetz, bei dem es um die Anpassung – deshalb der Titel des Gesetzes – an aktuelle Rechtsprechung und geänderte Gesetzgebung geht. Ich will jetzt nur einige Punkte nennen, die in diesem Gesetzentwurf enthalten sind und zum Teil auch schon genannt wurden.

Zum einen geht es um die Neuordnung der Professorenbesoldung. Sie haben alle mitbekommen, dass es Anfang des Jahres ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegeben hat: Zukünftig soll das Grundgehalt für eine W2-Professur um 690 € und das Grundgehalt für eine W3-Professur um 300 € angehoben werden. Das bedeutet in der Konsequenz, dass in NRW das Durchschnittsgehalt einer W2-Professur mit Zulagen zukünftig dem Gehalt einer Richterin bzw. eines Richters am Landgericht entspricht. Wir setzen damit nicht nur das Urteil aus Karlsruhe um, sondern erkennen auch die Leistungen der Professorinnen und Professoren hier in NRW an.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Sechste Schulrechtsänderungsgesetz, also die Einführung der Sekundarschule, das CDU, SPD und Grüne hier gemeinsam beschlossen haben, zieht natürlich auch beamtenrechtliche Konsequenzen nach sich. Wir werden den gesetzlichen Änderungsbedarf mit diesem Gesetzentwurf vollziehen. Ich gehe davon aus, dass uns die CDU auch hierbei unterstützen wird.

Noch ein Punkt, der uns Grünen sehr wichtig ist: die Gleichstellung von Lesben und Schwulen. Wir nehmen anders als die Bundesregierung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Sommer ernst und werden deshalb die eingetragenen Lebenspartnerschaften rückwirkend bis 2001 gleichstellen. Wir stehen damit zu unserem Wort, Lesben und Schwulen gleichzustellen, weil wir wissen, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft eben keine Bedrohung unserer Gesellschaft ist, sondern eine bereichernde Realität. Wir würden uns freuen, wenn die CDU mit Herrn Laschet ihre ideologische Politik ablegen und mit uns an einem Strang ziehen würde.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Insgesamt sollte dieses Anpassungsgesetz eigentlich unstrittig sein, weil wir, wie gesagt, Änderungen aufgrund von aktueller Rechtsprechung und Gesetzgebung vollziehen. Die eigentliche Diskussion über die große Dienstrechtsreform – das ist dann die zweite Stufe – werden wir zukünftig noch führen. Das wird die große Herausforderung sein, die wir hier innen- und haushaltspolitisch miteinander zu diskutieren und zu klären haben. Da freue ich mich auf die gemeinsame Diskussion auch mit den Oppositionsfraktionen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Schäffer. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Witzel.