Text und Video meiner Rede zum Gesetzesentwurf der FDP Drucksache 16/2336  / Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Drucksache 16/4834

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kruse, ein bisschen inkonsequent sind Sie aber schon in Bezug auf diesen Gesetzentwurf. Sie fordern hier die Abschaffung des politischen Beamten bei den Polizeipräsidentinnen und Polizeipräsidenten, haben aber gleichzeitig gesagt, dass man eigentlich nur den Staatssekretär und den persönlichen Mitarbeiter benennen dürfe.

(Theo Kruse [CDU]: Als Beispiel!)

– Ja, als Beispiel. Aber eigentlich müsste man doch weitergehen und sagen: Das Amt von Herrn Freier als Verfassungsschutzleiter darf nicht mehr als politischer Beamter besetzt werden. Das ist er nämlich nach dem Landesbeamtengesetz, ebenso wie die Regierungspräsidenten.

Ich finde, Sie argumentieren hier nicht ganz konsequent.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aus unserer Sicht gibt es diesbezüglich schlichtweg keinen Regelungs- oder Änderungsbedarf. Denn die Polizei in Nordrhein-Westfalen – das möchte ich hier ausdrücklich feststellen – ist nicht politisiert, sondern handelt nach Recht und Gesetz.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Und auch heute sind die Polizeipräsidentinnen und -präsidenten sehr wohl fachlich geeignet. Wenn das nicht der Fall ist, dann nennen Sie mir bitte Beispiele, auf welche Personen das momentan nicht zutrifft. Diese Personen kenne ich nicht. Außerdem ist es Praxis in Nordrhein-Westfalen – das möchte ich noch einmal betonen –, dass Polizeipräsidentinnen und -präsidenten nach einem Regierungswechsel nicht einfach ausgetauscht werden. Das war weder der Fall, als Schwarz-Gelb an die Regierung gekommen ist, noch 2010, als Rot-Grün die Regierung dann stellte. Insofern sehen wir als Grüne keinen Regelungs- bzw. Änderungsbedarf bei den bestehenden Gesetzen.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Kollegin, entschuldigen Sie die Unterbrechung. Herr Kollege Kruse würde Ihnen gerne eine Frage stellen. Lassen Sie diese zu?

Verena Schäffer (GRÜNE): Bitte.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kruse, bitte.

Theo Kruse (CDU): Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Vor wenigen Tagen ist bekannt geworden, dass der derzeitige Polizeipräsident von Dortmund, Herr Norbert Wesseler, in Kürze Polizeipräsident von Düsseldorf werden soll.

Herr Norbert Wesseler war persönlicher Referent verschiedener Innenminister in unserem Land. Ich schätze Herrn Wesseler – keine Frage. Können Sie uns mitteilen, welchem Auswahl- und/oder Bewerbungsverfahren sich Herr Wesseler bei der Besetzung der Position hier in Düsseldorf zu stellen hatte?

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Kruse, wir sprechen hier über das politische Beamtentum, und Sie wissen ganz genau, dass es entsprechende Entscheidungen der Landesregierung zu der Frage gibt, wo Polizeipräsidentinnen und -präsidenten eingesetzt werden. Ich finde, dass Herr Wesseler in Dortmund eine sehr gute Arbeit geleistet hat.

(Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Ich war selber öfter in Dortmund und habe mir vor Ort die Arbeit bei Demos, in Gesprächen usw. angeschaut. Deshalb finde ich, dass Herr Wesseler sehr wohl für dieses Amt hier in Düsseldorf geeignet ist, und ich wünsche ihm viel Erfolg dabei. Ansonsten kann der Minister auch noch einmal etwas zu der Entscheidung sagen. Aber ich weiß nicht, inwiefern das dem widerspricht, was ich vorher ausgeführt habe.

Ich würde jetzt aber ganz gerne zu einigen Aspekten der Anhörung kommen. Dabei geht es beispielsweise um die rechtlichen Fragen, die Sie, Herr Kruse, gerade noch einmal angesprochen haben. Dazu möchte ich erneut feststellen, dass das politische Beamtentum sehr wohl ein hergebrachter Grundsatz des Beamtentums in Deutschland ist und dass es hier keine verfassungsrechtlichen Bedenken gibt, so auch Herr Prof. Kugelmann. Im Übrigen habe ich auch Ihren Sachverständigen nicht so verstanden. Er hat ausgeführt hat, dass er zwar einige Probleme sieht, aber er hat nicht gesagt, dass die Regelung verfassungswidrig ist. Insofern sehe ich diesbezüglich keine Problematik.

Es stimmt schon: Das Verfassungsgericht hat sehr wohl gesagt, dass man den Kreis der politischen Beamten eingrenzen muss. – Das ist hier in Nordrhein-Westfalen der Fall. Denn in NRW – ich glaube, das ist bundesweit fifty-fifty auf sieben andere Bundesländer verteilt – gibt es die Regelung, dass auch die Polizeipräsidentinnen und -präsidenten zum politischen Beamtentum gehören. Das finde ich auch richtig, und zwar deswegen, weil diese Personen natürlichen Repräsentanten des Staates und Ansprechpartner für die innere Sicherheit vor Ort sind und weil sie zudem eine Scharnierfunktion zwischen Politik und Verwaltung haben. Aus diesem Grund ist auch sehr wohl zu rechtfertigen, dass sie der Gruppe der politischen Beamten angehören.

(Beifall von den GRÜNEN)

In diesem Gesetzentwurf wird quasi suggeriert, die Polizei sei politisiert und werde von den Parteien beeinflusst. Ich möchte feststellen, dass die Polizei NRW nach rechtsstaatlichen Prinzipien handelt. Es muss natürlich eine Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung geben.

Ich möchte erneut auf einen anderen Aspekt eingehen, den ich bereits in der Einbringung, in der ersten Debatte im Plenum benannt habe, nämlich den Aspekt der zivilen Führung. Wenn wir diesem Antrag oder Gesetzentwurf so zustimmen würden, was wir nicht vorhaben, würden wir damit auch die zivile Führung bei der Polizei abschaffen, und das fände ich falsch.

Wir befinden uns momentan in der Situation, dass die 29 Landratsbehörden, wie der Name schon sagt, von den Landräten geleitet sowie die 18 Polizeipräsidien in der Regel von Personen geleitet werden, die nicht Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind. Und natürlich gibt es auch bei der Polizei qualifizierte Personen, denen man dies durchaus zutrauen könnte, aber ich finde es nach wie vor richtig, dass wir eine zivile Führung haben und sagen: Die Behördenleitung muss quasi von außen kommen, um auch eine andere Sichtweise zu ermöglichen. Darauf wollen wir nicht verzichten.

Ich finde, dass gerade die zivile Führung dafür steht, dass wir eine demokratische, rechtsstaatliche Polizei haben, die dafür steht, dass sie selbstkritisch ist und reflektieren kann. Das machen meiner Meinung nach gerade die Behördenleiterinnen und Behördenleiter deutlich, die selbst keine Polizeibeamten sind.

Insofern vielen Dank. – Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN)