Text und Video meiner Rede zum Gesetzentwurf der CDU Drucksache 16/5038
Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vorab eine Selbstverständlichkeit festhalten: Wenn wir über das Thema „Gewalt im Fußball“ diskutieren, was wir in letzter Zeit des Öfteren getan haben, dann sprechen wir über einige wenige Personen, die den Sport für ihre Zwecke missbrauchen, die gewalttätige Auseinandersetzungen mit Fangruppierungen anderer Vereine gezielt suchen. Wir sind uns wohl einig, dass Gewalt im Stadion und im Umfeld von Spielen nicht zu tolerieren ist, dass es unterschiedliche Mittel und Maßnahmen sowohl präventiv als auch repressiv geben muss und dass Politik, Polizei, Vereine und Fans eine gemeinsame Verantwortung dafür tragen, dass Fußballspiele friedlich ablaufen. – Das vorab.
Zum Thema „Meldeauflagen“: Auch Meldeauflagen können durchaus ein Instrument der repressiven Seite sein. Allerdings – das ist gerade schon ausgeführt worden – werden schon heute Meldeauflagen angewandt und verordnet. Wir reden also nicht über ein neues Instrument. Bereits heute ist die Anwendung von Meldeauflagen durch die Generalklausel im Polizeigesetz möglich.
Die Überlegung der CDU, dafür einen Paragrafen zu schaffen, finde ich von der Gesetzessystematik her nicht verkehrt. Darüber kann man diskutieren.
Ich glaube, wir sind gut beraten, Maßnahmen, die aus der Generalklausel im Polizeigesetz abgeleitet werden und schon heute zum Instrumentenkasten der Polizei gehören, transparent und nachvollziehbar im Polizeigesetz zu regeln – zum einen aus Bürgerrechtsperspektive, zum anderen aber auch aus der Perspektive einer bürgernahen Polizei, die für Transparenz steht. Das ist eine spannende Debatte, die wir auch im Ausschuss führen sollten.
Nur – das möchte ich hier auch festhalten –, diese eigenständige Regelung im Polizeigesetz ist rechtlich nicht zwingend notwendig, weil das Instrument schon heute auf Grundlage der Generalklausel angewandt werden kann.
Wir Grüne stehen dafür, dass diese Regelung in der Generalklausel auch nicht abgesenkt werden darf. Die Hürden sind zu Recht hoch, weil wir hier über einen Grundrechtseingriff sprechen.
Der CDU – das hat Herr Kruse in seiner Rede sehr deutlich gemacht – geht es vor allen Dingen darum, das Instrument der Meldeauflagen auszuweiten. Das finde ich auch aus Bürgerrechtsperspektive problematisch.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meldeauflagen sind kein Allheilmittel; das wurde gerade schon gesagt. Es gibt auch andere polizeiliche Maßnahmen wie die Bereichsbetretungsverbote, die viel häufiger zum Einsatz kommen. Meldeauflagen werden wirklich kaum verhängt, eben weil die Hürden so hoch sind. Sie brauchen eine Gefahrenprognose für die jeweilige Einzelperson, um die Meldeauflage überhaupt erteilen zu können. Herr Wehe hatte im Innenausschuss ausgeführt, dass die Polizei ungefähr einen Zeitraum von 14 Tagen einrechnen muss, um das Instrument der Meldeauflagen überhaupt anwenden zu können. Insofern reden wir über eine Maßnahme, die gar nicht häufig genutzt wird.
Herr Kruse, ich finde an dieser Stelle auch Ihre Begründung schwierig, sowohl die, die Sie hier mündlich vorgebracht haben, als auch die aus Ihrem Gesetzentwurf.
Sie führen das Beispiel Köln an. In Köln hat es am 18. Januar eine verabredete Auseinandersetzung zwischen Hooligangruppen gegeben. Wir haben diesen Fall, weil er uns alle aufgrund der angewandten Gewalt so fassungslos gemacht hat, im Innenausschuss sehr intensiv nachbereitet. Und im Innenausschuss ist auch deutlich geworden, dass die Polizei vorher gar keine Erkenntnisse darüber hatte, dass sich gewalttätige Personen verabredet haben, sich in Köln zu schlagen.
(Zuruf von Theo Kruse [CDU])
Insofern hätte das Instrument der Meldeauflagen hier gar nicht gegriffen. Es konnte nicht greifen, weil das einfach viel zu kurzfristig war. Daher ist Ihr Beispiel Köln völlig fehl am Platz.
(Zuruf von Theo Kruse [CDU])
Ihre Begründung stimmt also nicht so ganz.
An Ihrem Gesetzentwurf finde ich außerdem problematisch, dass Sie ihn allein aus dem Bereich Fußball begründen. Das Polizeigesetz gilt aber nicht nur für diesen einen Bereich, sondern umfassend. Wir müssen uns im Ausschuss auch angucken, in welchen anderen Bereichen möglicherweise Meldeauflagen genutzt werden könnten, damit wir nicht zu Fallkonstellationen kommen, in denen wir sie gar nicht wollen. Sie können keine reine „Lex Fußball“ machen.
Wir müssen auch über die Hürden sprechen, die Sie hier angeführt haben, und darüber, ob der Regelungsort richtig ist; Sie haben § 10 vorgeschlagen.
Ich glaube, dass wir noch viel zu diskutieren haben, finde die Debatte aber durchaus interessant. Ich freue mich auf Diskussionen im Ausschuss und auf eine hoffentlich sehr spannende Anhörung. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und Daniela Jansen [SPD])