Im Jahr 1966 wurde der 21. März zum »Internationalen Tag zur Überwindung der Rassendiskriminierung« von den Vereinten Nationen ausgerufen. Das Datum erinnert an das Massaker von Sharpeville am 21. März 1960, wo die Polizei auf 20.000 friedliche DemonstrantInnen schoss, die gewaltfrei gegen die Passgesetze des Apartheid-Regimes in Südafrika protestierten.
Über ein halbes Jahrhundert nach diesem schrecklichen Ereignis wird Rassismus in unserer Gesellschaft zwar weithin abgelehnt, doch von einer wirklich rassismuskritischen Gesellschaft sind wir angesichts der hohen Zahlen von Hasskriminalität und weit verbreiteter rassistischen Einstellungen noch sehr weit entfernt. Allein die offizielle Kriminalitätsstatistik hat für das Jahr 2012 insgesamt 192 politisch rechts motivierte Gewaltdelikte in Nordrhein-Westfalen gezählt. Das heißt: jeden zweiten Tag wird ein Mensch Opfer rechter und rassistischer Gewalt. Die Dunkelziffer liegt mit großer Wahrscheinlichkeit weit darüber. Zudem kann die Kriminalstatistik nur unzureichend die alltäglichen Dimensionen rassistischer Diskriminierung darstellen. Aus verschiedenen empirischen Studien wissen wir, dass sich die Zustimmungswerte zu rassistischen, antisemitischen, antimuslimischen und antiziganistischen Aussagen auf einem besorgniserregend hohen Niveau befinden.
Die Debatten der vergangenen Jahre zeigen zudem sehr deutlich, dass rassistische Diskurse nicht nur im rechtsextremen Spektrum anschlussfähig sind. Gerade in bürgerlichen Milieus bis hin zum Bildungsbürgertum ist die Abwertung von Menschen aufgrund von vermeintlichen Unterscheidungsmerkmalen wie Herkunft, Ethnizität, Kultur, Religion und Hautfarbe Alltag.
Genau hieran knüpfen rechtspopulistische Parteien mit ihren kulturrassistischen Positionen an, mit denen sie versuchen im bürgerlichen Spektrum Stimmen zu erlangen. Wobei die rechtsextreme Partei Pro NRW offensiver mit rassistischen Positionen umgeht, als die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD), die sich auf Europakritik konzentriert und versucht, rassistische Positionen nicht in den Vordergrund zu rücken. Dennoch finden sich in den Reihen der AfD viele, die offen gegen Minderheiten wie MuslimInnen, Flüchtlinge, EU-MigrantInnen oder Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle (LSBTTI) hetzen. Die problematischen zehn Thesen zum Islam vom Vorsitzenden der AfD Bernd Lucke wurden in dem rechten Blog Politically Incorrect News (PI News) bejubelt. Erst kürzlich warnte er auf einer Podiumsdiskussion vor einem Vielvölkerstaat, da diese in der Vergangenheit immer gescheitert seien.
Bei den anstehenden Kommunal- und Europawahlen am 25. Mai 2014 werden diese rechtspopulistischen und rassistischen Diskurse den Wahlkampf sicherlich begleiten. Die demokratischen Kräfte sollten sich dessen sehr bewusst sein und ihnen eine klare Absage erteilen. Es wäre zwar zu wünschen, dass Parteien mit rassistischen Positionen bei den Wahlen keinen Erfolg haben. Doch gleich wie die Wahl ausgeht, allein die Tatsache, dass rassistische Äußerungen einen Raum finden in öffentlichen Debatten, hat zur Folge, dass diese weiter verbreitet werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns dem klar entgegenstellen und das Bewusstsein der Gesellschaft schärfen für die tiefe Ungerechtigkeit, die im Rassismus liegt. Hierfür ist die Würdigung des Internationalen Tags gegen Rassismus und der Aktivitäten der vielen antirassistischen Initiativen im Rahmen der internationalen Wochen gegen Rassismus eine wichtige Gelegenheit.