Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde,

die Aufdeckung des NSU im Herbst 2011 versetzte das Land in einen Schock. Was bis dahin für unmöglich gehalten wurde, war real: Über 13 Jahre konnte eine militant-rechtsextremistische Terrorgruppe unentdeckt durch die Republik ziehen und dabei Menschen ermorden, Sprengsätze zünden sowie Banküberfälle verüben. Ein eklatantes Versagen der Sicherheits- und Justizbehörden trat zu Tage.

Auch drei Jahre und mehrere Untersuchungsausschüsse im Deutschen Bundestag sowie in anderen Bundesländern später sind noch viele Fragen ungeklärt. Deshalb hat der nordrhein-westfälische Landtag gestern einstimmig einen gemeinsamen Antrag zur Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU-Terror in Nordrhein-Westfalen beschlossen. Mit dem Beschluss haben wir eine gute Arbeitsgrundlage für die kommenden rund zwei Jahre geschaffen. Ein Video mit Ausschnitten aus meiner Rede und Erläuterungen zu den Grünen Schwerpunkten finden Sie / findet ihr hier.

Aufklären wollen wir die Anschläge des NSU in der Probsteigasse, wo am 19. Januar 2001 in einem Lebensmittelladen einer iranischstämmigen Familie die damals 19-jährige Tochter durch die Explosion eines Sprengsatzes schwer verletzt wurde, und in der Kölner Keupstraße am 09. Juni 2004, wo viele Migrantinnen und Migranten wohnen und arbeiten, sowie den Mord an Mehmet Kuba??k am 04. April 2006 in Dortmund, welcher der 8. Mordfall in der ?eská-Mordserie darstellte. Daneben werden auch die Aktivitäten und der Tod des V-Mannes des Bundesamtes für Verfassungsschutz „Corelli“ im Mittelpunkt der Aufklärung stehen. Darüber hinaus wird sich der Untersuchungsausschuss mit dem bisher unaufgeklärten Anschlag an der Düsseldorfer S-Bahnhaltestelle Wehrhahn am 27. Juli 2000 und dem so genannten dreifachen Polizistenmord durch den Rechtsextremisten Michael Berger am 14. Juni 2000 in Dortmund und Waltrop beschäftigen.

Als GRÜNE Fraktion haben wir die für uns wichtigen Punkte in den Einsetzungsbeschlusses eingebracht. Eine zentrale Frage in diesem Untersuchungsausschuss ist, ob es ein mögliches Unterstützernetzwerk von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gegeben hat. Um ein solches mögliches Unterstützernetzwerk aufzudecken, ist es aus unserer Sicht notwendig, dass sich der Untersuchungsausschuss mit den Akteuren und Netzwerken der rechtsextremistischen Szene im Zusammenhang mit dem NSU ab den 1990er Jahren beschäftigen. Dazu gehören insbesondere die Fragen, welche organisatorischen Netzwerke ins benachbarte Ausland und nach Ostdeutschland und welche Strategien und Vorbereitungen zur Durchsetzung ideologischer Ziele mittels Gewalt sich in Nordrhein-Westfalen herausgebildet haben sowie zu welchen Gewaltanwendungen es durch rechtsextremistische Gruppierungen und Einzelpersonen gekommen ist.

Neben der Aufklärung legen wir GRÜNE einen Schwerpunkt auf die Erarbeitung von Konsequenzen für die Sicherheitsbehörden, denn diese Mordserie hat ein eklatantes strukturelles Versagen unserer Sicherheitsbehörden offenbart. Mit der bereits abgeschlossenen Verfassungsschutzreform, die öffentliche PKG-Sitzungen, gesetzlichen Regelungen zum Einsatz von V-Leuten sowie der Schwerpunktsetzung der Polizeiarbeit bei der Aus- und Fortbildung und Bekämpfung rechter Straftaten beinhaltet, haben wir wichtige neue Punkte gesetzt. Zudem wird in Nordrhein-Westfalen derzeit ein Handlungskonzept gegen Rassismus und Rechtsextremismus erarbeitet.

Die Stärke des Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag lag darin, dass alle Fraktionen gemeinsam an der Aufklärung und der Erarbeitung von Handlungsempfehlungen gearbeitet haben. Darauf setzen wir auch im nordrhein-westfälischen Landtag und werden uns unabhängig für größtmögliche Aufklärung einsetzen.

Über die Sitzungen des Untersuchungsausschusses werden wir regelmäßig in unserem Newsletter und auf unserer Website informieren. Erste Informationen zu dem Einsetzungsbeschluss, unseren Fragenstellungen und unseren Schwerpunkten haben wir auf hier auf unserer Website eingestellt.

Viele Grüße aus dem Landtag

Verena Schäffer