Verena Schäffer (GRÜNE): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Orth, es macht immer eine große Freude, nach Ihnen reden zu dürfen; das mache ich gerne. Ganz im Ernst: Der Innenminister ist doch nicht für jeden einzelnen Polizeieinsatz im Land zuständig. Innere Sicherheit ist doch nicht so eindimensional wie eine Zahl in der PKS, wo man nachlesen kann, wie sich die Einbruchskriminalität entwickelt hat. Sie müssen doch differenziert hinschauen: Woran liegt das? Es hängt bei der Einbruchskriminalität mit den Ballungsräumen, der Verkehrsanbindung zusammen, und es gibt eine bundesweite, ja sogar eine europaweite Entwicklung im Salafismus. Sie können doch nicht alles mit einem Link auf die PKS einfach wegwischen. So einfach ist Innenpolitik nicht. Den Herausforderungen, vor denen wir in diesem Land stehen, stellen wir uns.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich finde im Übrigen, dass Sie mit Ihrer Kritik der Arbeit der Polizeibeamtinnen und -beamten nicht gerecht werden. Die machen die ordentliche Arbeit vor Ort. Gerade die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten stärken wir mit der erhöhten Zahl an Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern. Immerhin stellen wir nach wie vor jedes Jahr 1.500 Personen ein. Wenn Sie jetzt von 1.800 sprechen, dann ist das schön, aber Sie müssen a) auch begründen, woher das Geld kommt, und b) sagen, wie Sie die Ausbildungskapazitäten herstellen. Das eine geht eben nicht ohne das andere.
(Zuruf von Dr. Robert Orth [FDP])
Herr Kruse hat gesagt, uns würde jeglicher Wille zur Strukturveränderung fehlen. Da muss ich Ihnen klar widersprechen. Dass es bei der Polizei ein Auseinanderdriften zwischen Neueinstellungen und Pensionierungen gibt, dass das Verhältnis kippt und wir ab 2017 mehr Personen pensionieren werden als neu einstellen, ist bekannt; gerade der Aufgabe und der Strukturfrage stellen wir uns doch.
Die Landesregierung hat die Kommission „Bürgernahe Polizei“ eingerichtet, die im Frühjahr nächsten Jahres einen Bericht vorlegen wird. Dann bin ich gespannt auf die Diskussionen, die wir auch mit Ihnen darüber führen werden, wie die Polizei in Nordrhein-Westfalen in Zukunft aufzustellen ist und wie die Struktur auszusehen hat. Ich meine, unser Ziel muss eine bürgernahe Polizei sein. Das heißt, dass die Polizei vor Ort bei den Menschen ist und nicht irgendwo in den Behörden sitzt. Genau der Frage werden wir uns stellen müssen.
(Zuruf: Wann denn?)
– Wann wir das tun werden? Die Kommission tagt momentan. Sie arbeitet, sie ist eingerichtet. Im Frühjahr nächsten Jahres wird es einen Bericht geben. Den werden wir mit Ihnen diskutieren. Dann bin ich gespannt auf Ihre konstruktiven Vorschläge zu dem Bericht. Ich bin gespannt, Herr Kruse und Herr Dr. Stamp, ob Sie mit uns darüber diskutieren werden. Von uns aus herzlich gerne. Wir sind immer offen für konstruktive Diskussionen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will auch noch ein paar Worte zum Thema „Feuerwehr“ sagen. Eines muss man sagen: Feuerwehrarbeit wird zum großen Teil von Ehrenamtlichen geleistet. 73 % der Feuerwehren in diesem Land sind rein freiwillige Feuerwehren. Insofern ist uns das Projekt „Feuerwehrensache“ sehr wichtig.
Wir stocken ja hier noch einmal die Mittel auf. Wir haben als grüne Landtagsfraktion im Frühjahr dieses Jahres einen großen Kongress zum Thema „Ehrenamt bei der Feuerwehr“ gemacht. Ich finde, diese zu stärken, ist unsere Aufgabe, und zwar nicht nur durch das Projekt „Feuerwehrensache“; vielmehr wird es im Frühjahr des kommenden Jahres ein neues Feuerwehrgesetz geben. Auf die Diskussion dazu bin ich gespannt, weil es natürlich darum gehen muss, Freiwillige Feuerwehren und das Ehrenamt bei der Feuerwehr anzuerkennen und zu fördern, aber auch zum Beispiel Jugendfeuerwehren zu stärken sowie Kinderfeuerwehren zu ermöglichen. Diese Diskussion wird im nächsten Halbjahr anstehen.
Da wir einen Änderungsantrag zum Haushalt, und zwar zum Thema Salafismus, gestellt haben, will ich auch darauf noch einmal eingehen. Wir haben einen Antrag zur Erhöhung der Stellenzahl beim Verfassungsschutz gestellt. Angesichts der derzeitigen Situation in Syrien und im Irak, der wachsenden Szene des Salafismus in Deutschland und der Ausreisen von gewaltbereiten Salafisten nach Syrien oder in den Irak haben wir gesagt, dass wir die Ressourcen hier noch einmal stärken müssen. Aber ich will für meine Fraktion auch noch einmal deutlich machen, dass es nicht nur darum gehen kann, Repressionsmaßnahmen anzuwenden, sondern gerade im Bereich des Salafismus müssen wir auch über Prävention sprechen. Ich finde, dass wir hier mit dem Projekt „Wegweiser“, das im kommenden Jahr ja noch ausgeweitet werden soll, wichtige Schritte vorangehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Zum Thema „Salafismus“ will ich hier noch zwei Anmerkungen machen, die mir sehr wichtig sind. Im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung, auch was die Demonstration angeht, die hier vor dem Landtag stattfinden s, ist das eine, dass wir aufpassen müssen, dass Salafisten nicht mit Musliminnen und Muslimen in einen Topf geworfen werden, die hier friedlich leben und für Rechtsstaatlichkeit eintreten. Das ist das eine. Ich glaube, da sind wir uns auch einig.
Das andere ist – auch da hoffe ich auf eine große Einigkeit, vielleicht auch bei der Demo am kommenden Montag vor dem Landtag –, dass es Personen und Gruppierungen nicht gelingen darf, unter dem Deckmantel, gegen Salafismus zu sein, mit Ressentiments gegen Musliminnen und Muslime Hass zu schüren. Da hoffe ich auf eine große Einigkeit dieses Parlaments, weil ich meine, wir haben ganz aktuell wirklich eine Bedrohungslage, indem versucht wird, auch wieder ausgehend vom Rechtsextremismus, unsere Gesellschaft zu spalten. Ich hoffe, dass wir uns gemeinsam dagegen engagieren. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)