Die Reichsbürger-Szene in Nordrhein-Westfalen wächst, auch die Straftaten nehmen zu. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf zwei kleine Anfragen der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW hervor. (Die Antworten finden Sie/findest du hier und hier.) Dazu erklärt Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin:
„Bei den Reichsbürgern handelt es sich neben der Identitären Bewegung um eine weitere neue Entwicklung im rechten Spektrum. Ihre Ideologie ist im Kern rechtsextremistisch, sie vertreten geschichtsrevisionistische, rassistische, antisemitische und völkische Positionen. Während der Verfassungsschutz im Oktober 2016 noch von einer niedrigen dreistelligen Zahl ausging, zählt er inzwischen etwa 2.000 Reichsbürger allein in Nordrhein-Westfalen. Dieser scheinbar sprunghafte Anstieg hängt auch mit der Aufhellung des Dunkelfelds zusammen. Offenbar sind die Behörden heute stärker sensibilisiert. Dennoch ist der Zulauf besorgniserregend.
In der Antwort der Landesregierung werden erstmals die Zahlen der politischen motivierten Kriminalität durch Reichsbürger veröffentlicht. Allein im ersten Halbjahr 2017 wurden 20 Straftaten verzeichnet. Von diesen richteten sich 12 Straftaten gegen Angehörige der Polizei sowie gegen Amts- und Mandatsträger. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienste sind also in einem besondere Maße von Straftaten der Reichsbürger betroffen. Es kam unter anderem zu Beleidigungen, Nötigungen und in einem Fall sogar zu einer vorsätzlichen einfachen Körperverletzung. Dies lässt sich unter anderem mit der Ablehnung rechtsstaatlicher Strukturen erklären, die für die Reichsbürger identitätsstiftend ist.
Die Reichsbürger sind in Nordrhein-Westfalen sehr heterogen aufgestellt. Die verschiedenen Gruppierungen sind teils bundesweit vernetzt und aktiv. Oftmals stehen hinter ihren kriminellen Absichten wirtschaftliche Interessen. Die hohe Anzahl von 143 Personen mit waffenrechtlichen Erlaubnissen belegt zudem die Waffenaffinität der Reichsbürger. Damit geht eine hohe Gefahr von der Reichsbürgerbewegung aus.
Noch in der Zeit der rot-grünen Landesregierung wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden auf Landes- und kommunaler Ebene umfassend informiert und geschult. Diese Informationspolitik muss die neue Landesregierung fortführen und weiter ausbauen. Neben der polizeilichen Statistik über die Straftaten, sollte es auch eine Statistik der Justiz über Strafverfahren gegen die Reichsbürger geben. Hier sind Innenminister Reul und Justizminister Biesenbach gefordert, eine entsprechende Verlaufsstatistik vom Aufnehmen der Straftat bis zur tatsächlichen Verurteilung einzuführen.“