Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Selbstverständlich muss in einer Demokratie gewährleistet sein, dass die Parteien, aber vor allem auch die vielen ehrenamtlichen Wahlkampfhelferinnen und Wahlkampfhelfer ohne Angst vor Übergriffen für ihre Ziele werben und dem Auftrag, als Partei an der politischen Willensbildung der Bevölkerung mitzuwirken, nachkommen können.

Ich möchte an einen Vorfall erinnern, der uns alle vor zwei Jahren sehr geschockt hat, nämlich an den Übergriff auf Henriette Reker in Köln, als sie als Kandidatin für das Amt der Oberbürgermeisterin zusammen mit ihren Unterstützerinnen und Unterstützern von einem Rechtsextremen angegriffen wurde.

Ich glaube, dass damals der Übergriff auf Henriette Reker auch ein Ausdruck des zunehmenden Hasses und der gesellschaftlichen Polarisierung war, die wir schon 2015 in unserer Gesellschaft wahrnehmen mussten. Ich finde, dass gerade deshalb der Versuch der AfD, sich als Opfer und als die Partei zu inszenieren, die angeblich als einzige angegriffen wird und deren Plakate zerstört werden, grandios gescheitert ist.

Sie haben es schon in Berlin versucht. Da haben Sie den Antrag auch schon eingebracht. Auch da ist er, wie ich finde zu recht, von den anderen Fraktionen abgelehnt worden.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich möchte auf Folgendes hinweisen: Die AfD trägt maßgeblich zu dieser gesellschaftlichen Polarisierung bei, die wir momentan erleben.

(Beifall von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Sie ist, wie ich gerade schon sagte, auch nicht allein von Übergriffen und von zerstörten Plakaten betroffen. Es gibt viele Berichte auch aus anderen Bundesländern, von unseren Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir im Austausch stehen, aber auch aus Nordrhein-Westfalen. Selbstverständlich sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, solchen Straftaten nachzugehen, und das tun sie auch. Insofern ist ihr Antrag völlig daneben und unbegründet.

Wir brauchen gerade diese Strafverfolgung; wir brauchen keine Dokumentationsstelle, die dokumentiert. Natürlich muss das Aussprechen solcher Bedrohungen geahndet werden. Aber ich finde Ihre alleinige Fokussierung von Gewalt gegen Wahlkampfhelferinnen und Wahlkampfhelfer sowie Kandidatinnen und Kandidaten, also Personen aus den politischen Parteien, falsch. Denn wenn man sich anschaut, wer in diesem Land vor allen Dingen von politisch motivierter Kriminalität betroffen ist, sieht man: Das sind doch Personen, die betroffen sind außerhalb des Kontextes des Wahlkampfs! Ich frage auch regelmäßig die Straftaten zur politisch motivierten Kriminalität im Bereich Rechtsextremismus ab, und da wird ganz deutlich, dass die Opfer eben diejenigen sind, die gesellschaftliche Minderheiten sind, die jederzeit und eben nicht nur am Wahlkampfstand zu Opfern werden, sondern jederzeit diskriminiert werden und Sorge haben müssen, dass sie angegriffen werden.

Ich finde, darüber müssen wir sprechen. Mir ist schon klar, dass Sie das nicht wollen. Aber ich finde, das müssten wir eigentlich. Das werden wir vielleicht nach der Überweisung in den Ausschüssen machen. Den Antrag an sich werden wir aber ablehnen.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schäffer, es gab den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Wollen Sie die noch zulassen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Nein, ehrlich gesagt nicht. Wir werden ja die Beratung im Ausschuss auch noch haben.

(Beifall von den GRÜNEN)