Zu Abgeordnetenbezügen
Rede zum Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN im Landtag zu Abgeordnetenbezügen
Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rede von Herrn Wagner von der AfD hat eines noch einmal ganz deutlich gezeigt: Die AfD würde lieber heute als morgen den Parlamentarismus abschaffen. – Das ist auch keine wirklich neue Erkenntnis. Aber vielleicht ist es ganz gut, heute noch einmal festhalten zu können, welche Absichten Sie hier eigentlich verfolgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Coronakrise verlangt uns allen in persönlicher Hinsicht viel ab. Um den Infektionsschutz zu gewährleisten und die Ausbreitung des Virus einzudämmen, dürfen Kinder ihre Großeltern nicht besuchen und dürfen ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen nicht oder nur sehr eingeschränkt besucht werden. Zudem gelten Kontaktverbote und Schließungen in den Bereichen Kultur, Bildung und Sport.
Nicht nur persönlich, sondern auch beruflich gibt es gerade für viele Menschen Unsicherheiten und Existenzängste. Beispielhaft seien nur einige genannt: Firmen, die aufgrund der schwierigen Situation Kurzarbeit anmelden müssen – das sollen in Nordrhein-Westfalen etwa 100.000 Unternehmen sein –; Selbstständige, die sich große Sorgen machen, weil sie wochenlang nicht öffnen durften, teils immer noch geschlossen haben müssen und hohe Einnahmeeinbußen haben; Alleinerziehende, denen jegliche Betreuungsstrukturen weggebrochen sind, nicht nur die Kita oder die Schule, sondern auch die Großeltern und die Babysitterinnen. Zum Glück haben die Alleinerziehenden seit Montag einen Anspruch auf Notbetreuung. Aber trotzdem ist die große Herausforderung als Alleinerziehende oder generell als Eltern mit Kindern, Kinderbetreuung, Haushalt und den Job unter einen Hut zu bringen. Diese machen sich große Sorgen. Genauso machen sich Kulturschaffende, aber auch die gesamte Branche der Gastronomie und des Tourismus große Sorgen.
In dieser Situation wäre es wirklich nicht angemessen oder – so könnte man vielleicht sogar sagen – fast unanständig, wenn wir als Abgeordnete die jährliche Anpassung der Abgeordnetendiäten vornehmen würden. Deshalb findet es auch meine Fraktion sehr richtig, die Anpassung der Abgeordnetendiäten für 2020 auszusetzen.
Gleichwohl – das ist bereits von meinen Vorrednern erläutert worden – sollten wir in Nordrhein-Westfalen an dem Warenkorbmodell festhalten. Wir haben hier in NRW seit der Diätenreform vor 15 Jahren Vorbildcharakter. Die Anpassung unserer Diäten erfolgt nach transparenten und ausgewogenen Kriterien. Außerdem geschieht sie nicht automatisch, sondern muss hier noch einmal bestätigt werden. Zusammen setzt sie sich aus der Lohnentwicklung, dem aktuellen Rentenwert, der Entwicklung der Sozialhilfe und des Arbeitslosengeldes sowie dem Verbraucherpreisindex.
Eine Anpassung – das hat der Kollege Henning Höne gerade schon gesagt – der Abgeordnetenbezüge ist ausdrücklich nicht bei null gedeckelt. Vielmehr kann es auch zu einer Absenkung unserer Bezüge kommen. Da immer die Entwicklung des vorausgegangenen Jahres nachgezeichnet wird – anders wäre es ja gar nicht möglich –, würden wir in diesem Jahr, wenn wir die Anpassung vornehmen würden, mit einem Plus der Abgeordnetenbezüge herausgehen. Meines Erachtens wäre das angesichts der Situation der Menschen in Nordrhein- Westfalen und ihrer beruflichen Sorgen und Nöte nicht richtig.
Ich finde es aber auch richtig, dass wir grundsätzlich bei dem Warenkorbmodell bleiben und nächstes Jahr zu dem Warenkorbmodell zurückkehren, weil dann die wirtschaftliche Entwicklung, die wir derzeit aufgrund der Coronakrise erleben müssen, genau nachgezeichnet wird.
Ich möchte nun auf die Rechnung von Herrn Wagner eingehen. Herr Wagner, Sie hatten gesagt, dass wir mit unserem Modell in unserem Gesetzentwurf nur 500.000 Euro einsparen würden. Würden wir die Anpassung dieses und nächstes Jahr aussetzen, wäre es – so haben Sie gesagt – 1 Million Euro. Das stimmt nicht. Das ist eine totale Milchmädchenrechnung. Ich glaube nicht, dass wir im nächsten Jahr bei einem solchen Plus herauskommen würden. Ganz im Gegenteil! Insofern stimmt Ihre Rechnung nicht. Für dieses Jahr kann man von 500.000 Euro ausgehen. Den Betrag für das nächste Jahr werden wir sehen – je nachdem, wie sich die wirtschaftliche Lage in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt. Ich glaube nicht, dass wir im nächsten Jahr dort stehen, wo wir heute sind. Im Gegenteil!
Deshalb ist es richtig, zu diesem Warenkorbmodell zurückzukehren. Denn es gilt der Grundsatz, dass sich die Entwicklung der Bezüge der Abgeordneten von NRW an der Entwicklung der Einkommen der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen orientieren soll.
Für dieses Jahr heißt das aber auch, dass wir ein deutliches Signal der Solidarität an die Bürgerinnen und Bürger senden und daher die Anpassung unserer Diäten aussetzen wollen.
– Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)