“Wir als Abgeordnete im Landtag NRW sind doch auch zuständig für die Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten”

Zum Antrag der SPD-Fraktion auf Aktuelle Stunde zum „Masken-Deal“

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Preuß, ich gebe Ihnen recht: In Bezug auf die Ausschreibung im Frühjahr letzten Jahres muss man definitiv die damalige Situation betrachten. Das sehe ich ganz genauso. Wir sind aber inzwischen zwölf Monate nach Beginn der Pandemie. Das muss man eben auch betrachten. Inzwischen haben wir andere Erkenntnisse – Stichworte: Tragen von FFP2-Masken und Stoffmasken usw. Dazu komme ich gleich noch.

Der Anlass für die Aktuelle Stunde war die aktuelle Berichterstattung zur Ausschreibung von Stoffmasken für die Polizei NRW. Da geht es um die zweite Ausschreibung, die im November 2020 getätigt wurde, also nicht mehr am Beginn der Pandemie, sondern acht Monate nach Beginn der Pandemie. Das will ich hier noch einmal deutlich sagen.

(Beifall von Josefine Paul [GRÜNE] – Vereinzelt Beifall von der SPD – Sven Wolf [SPD]: Ganz genau!)

Ich möchte kurz den Verlauf der Auftragsvergabe an van Laack für Masken im Polizeibereich noch einmal skizzieren. Wie ich schon sagte, erfolgte Anfang November 2020 die zweite Auftragsvergabe. Es wurde damals mit einer angeblichen äußersten Dringlichkeit begründet. Mit dieser Begründung fand kein offenes Ausschreibungsverfahren statt.

Daraufhin wurde die Vergabekammer Rheinland angerufen, die ein Nachprüfverfahren eingeleitet hat, woraufhin aus rechtlichen Gründen der Vertrag mit van Laack – wie ich finde, richtigerweise – rückabgewickelt wurde.

Allerdings wurden die 1,25 Millionen Stoffmasken bereits in der 51. Kalenderwoche – das muss um den 14. Dezember 2020 herum gewesen sein – zum Preis von … (akustisch unverständlich) Millionen Euro ausgeliefert. Seitdem lagern sie, ich glaube, immer noch in Lünen im Polizei…

(Herbert Reul, Minister des Innern, schüttelt den Kopf.)

– Sie sind nicht mehr dort. Aber sie sind an die Polizei ausgeliefert worden. Das können Sie ja sonst gleich noch einmal richtigstellen, Herr Reul.

Am 20. Januar 2021 gab es dann die Berichterstattung mehrerer Medien darüber, dass eine neue, diesmal offene, europaweite Ausschreibung stattfindet, wieder in der Höhe von 1,25 Millionen Stoffmasken für die Polizei.

Ich finde, das verwundert schon.

In den Tagen vor dem 20. Januar hatten wir eine öffentliche Debatte über das Einführen einer Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken. Am 19. Januar beschloss die MPK dann tatsächlich eine Konkretisierung in Bezug auf das Tragen von Masken. Die MPK hat am 19. Januar beschlossen, dass es auf Bundesebene eine Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken im ÖPNV und in Geschäften geben soll. Auf Bund-Länder-Ebene hat man sich darauf verständigt, einen Schritt weiterzugehen: nicht mehr Stoffmasken, sondern medizinische Masken. – Das war der Stand Mitte/Ende Januar. Parallel dazu gab es die Ausschreibung.

Insofern finde ich es schon legitim, die Frage zu stellen, warum man sich für eine Ausschreibung von Stoffmasken für die Polizei entschieden hat, anstatt zu diesem Zeitpunkt auf medizinische Masken zu setzen.

Deshalb drängt sich auch die Frage auf, ob man wieder 1,25 Millionen Stoffmasken – genau die Anzahl, die van Laack schon geliefert hatte – ausgeschrieben hat, um darauf zu hoffen, dass van Laack diese offene Ausschreibung gewinnen würde.

Van Laack hat dazu öffentlich gesagt, dass das Unternehmen dann, wenn es die Ausschreibung gewinnen würde, auf Schadenersatzansprüche verzichten würde. Deshalb stellt sich natürlich schon die Frage, ob man genau diese Anzahl an Stoffmasken ausgeschrieben hat, weil man darauf gehofft hat, so um Schadenersatzzahlungen an van Laack herumzukommen. Diese Frage drängt sich zumindest auf.

Ich will Ihnen, Herr Reul, zugutehalten, dass es offenbar eine Vereinbarung mit dem PHPR, dem Polizeihauptpersonalrat, und auch mit der Behindertenbeauftragten der Polizei gibt, dass die Polizeibeamtinnen und -beamten ein Wahlrecht haben zwischen OP-Masken, FFP2-Masken und Stoffmasken. Die Beschäftigten der Polizei sollen situationsangemessen auswählen können.

Mich persönlich überzeugt das nicht komplett. Ich finde die Mitbestimmung wichtig. Ich finde es wichtig, sich mit den Beschäftigten auszutauschen und deren Wünsche auch zu berücksichtigen, aber mich persönlich überzeugt das nicht ganz. Vielleicht können Sie, Herr Reul, daran noch etwas ändern.

Es würde mich schon interessieren, welche Situationen es genau sein sollen, in denen Polizeibeamtinnen und -beamten sinnvollerweise nur Stoff- und eben nicht medizinische Masken tragen sollen. Das erklärt sich mir nicht so ganz.

Ich weiß nicht, wie Sie es handhaben. Meine Stoffmasken sind bei mir im Schrank verschwunden. Ich trage die eigentlich gar nicht mehr, maximal noch draußen auf dem Spielplatz. Ansonsten sind sie weg, ich trage sie nicht mehr. Ich trage nur noch medizinische Masken, und ich vermute, das geht Ihnen allen so. Dann stellt sich schon die Frage, warum man bei der Polizei sagt, dass sie auswählen können.

Gerade Polizeibeamtinnen und -beamte haben doch eine Vorbildfunktion. Wenn Beamtinnen und Beamte im öffentlichen Raum unterwegs sind und auf Streife gehen, dann haben sie eine Vorbildfunktion. Wenn sie dann mit Stoffmasken herumlaufen, würde ich mich als Bürgerin schon fragen, warum sie eine Stoffmaske aufhaben und keine FFP2-Maske.

Aber natürlich geht es auch um den Infektionsschutz. Ich weiß, Herr Reul, Sie haben in den letzten Wochen immer betont, dass auch Ihnen der Infektionsschutz der Beschäftigten äußerst wichtig ist. Insofern sehe ich bei der Frage „Stoffmasken/FFP2-Masken/Wahlfreiheit der Beamtinnen und Beamten?“ zumindest einen Widerspruch. Vielleicht kriegen wir den hier noch aufgeklärt.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es erst seit dem 22. Januar eine Maskentragepflicht im Bereich des Innenministeriums und der nachgeordneten Behörden gibt. Wir haben im Innenausschuss darüber diskutiert. Vielleicht mögen Sie das gleich erläutern. Ich glaube, das ist nicht von geringem Interesse auch für die Kolleginnen und Kollegen hier.

Einen Punkt finde ich wirklich fragwürdig – ich finde ihn nicht sinnvoll und verstehe es auch nicht –: Es geht um die Einsatzfahrzeuge. Ich hatte für die letzte Sitzung des Innenausschusses einen Bericht beantragt. Dieser trägt das Datum 10. März. Da haben wir auch über das Thema „Einsatzfahrzeuge“ diskutiert.

Aus dem schriftlichen Bericht an den Innenausschuss geht hervor, dass es „keine landesweite Vorgabe“ gibt, „die das Tragen von Masken in Einsatzfahrzeugen vorschreibt. Gleichwohl haben einige Polizeibehörden … entsprechende Regelungen getroffen.“ So steht es im Bericht an den Innenausschuss.

Das verstehe ich nicht. Auch die MPK hat am Montag in ihrem Beschluss noch einmal festgehalten, dass es eine Tragepflicht von medizinischen Masken für Mitfahrer im privaten Pkw gibt. Das finde ich auch sinnvoll für Personen, die nicht einem Hausstand angehören. So handhabe ich es privat schon seit Langem. Wenn ich mit anderen Menschen außer meiner eigenen Familie im Auto sitze, was ich selten tue, dann tragen wir immer Masken. Warum gilt das nicht für die Polizei?

Stichwort „Vorbildfunktion“: Es geht um die Vorbildfunktion, es geht um den Infektionsschutz. Wir als Abgeordnete im Landtag NRW sind doch auch zuständig für die Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. Das liegt uns allen sehr am Herzen, und das gilt umso mehr in einer Pandemie. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)