„Ein bisschen schräg, welche Aufwüchse wir hier zu verzeichnen haben“
Rede zum Haushaltsplan 2022 – Staatskanzlei
Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hagemeier, ich möchte nicht, dass der falsche Eindruck entsteht, wir würden die Mittel zum Beispiel für den Sport kritisieren. Darum ging es gerade in der Rede der Kollegin Müller-Witt gar nicht, und darum wird es auch in meiner Rede nicht gehen. Denn wenn man sich die Zahlen für den Etat des Ministerpräsidenten ansieht – wir reden jetzt nicht über den Sportetat, sondern über den originären Etat des Ministerpräsidenten –, dann muss man einfach feststellen, dass wir im Haushaltsplan für das Jahr 2018 noch ungefähr 70 Millionen Euro stehen hatten, und jetzt sind wir bei über 98 Millionen Euro. Das ist ein Zuwachs um ca. 28 Millionen Euro. Da können Sie doch nicht sagen: Wir fördern das Engagement der Bürgerinnen und Bürger, und das erklärt mal eben einen solchen Aufwuchs. – Das finde ich schon ein bisschen schräg, wenn man sich vor Augen hält, wie klein dieser Etat auch im Vergleich zu anderen Bereichen, zu anderen Ministerien ist, und welche Aufwüchse wir hier zu verzeichnen haben.
Dasselbe gilt für die Stellen. Frau Müller-Witt hat schon darauf hingewiesen, dass es das Versprechen von Armin Laschet war, dass es am Ende der Legislatur nicht mehr Beamtinnen und Beamte und Angestellte in der Verwaltung geben sollte als zum damaligen Zeitpunkt 2017. Er hat dieses Versprechen für seinen eigenen Bereich, für den er originär zuständig ist, massiv gebrochen und einen Stellenzuwachs von 90 Stellen hingelegt. Auch da fehlt mir wirklich jede Erklärung, wofür man diese vielen Stellen braucht.
Ich möchte aber auch eine Sache positiv hervorheben. Vielleicht ist es nur ein kleiner Punkt, aber es ist schön, dass es jetzt Elektrofahrzeuge für Boten- und Kurierfahrten in Düsseldorf und Berlin geben soll. Das findet natürlich unsere Unterstützung. Es wäre aber schön, wenn es mehr als nur 2 von 36 Fahrzeugen wären. Das kann ja im nächsten Jahr eine neue Landesregierung in Angriff nehmen.
Im Etat des Ministerpräsidenten ist auch die Antisemitismusbeauftragte des Landes verankert. Ich bin sehr froh, dass wir hier gemeinsam fraktionsübergreifend diese wichtige Stelle beschlossen haben. Die Ereignisse der vergangenen Jahre, der Anschlag auf die Synagoge in Halle, aber auch viele antisemitische Vorfälle, die es hier leider in Nordrhein-Westfalen gegeben hat, zeigen aus meiner Sicht, dass die Arbeit gegen Antisemitismus weiterhin enorm wichtig bleibt.
Wir erleben gerade in dieser Coronapandemie die Verbreitung von Verschwörungsmythen, die fast immer auch von antisemitischen Erzählungen geprägt sind. Das zeigt uns, auch wenn diese Pandemie hoffentlich irgendwann einmal vorbei ist, dass wir mit dieser Herausforderung, was das Thema „Verschwörungsmythen“ angeht, auch noch nach der Pandemie zu tun haben werden und das zu einem Schwerpunkt der Arbeit machen müssen.
Ich finde es schade, dass die Regierungsfraktionen nicht auf uns zugekommen sind, was den Änderungsantrag zu der Antisemitismusbeauftragten angeht. Den hätten wir gerne mit Ihnen gemeinsam gestellt. Das darf ich sicherlich auch im Namen der SPD-Fraktion und natürlich meiner eigenen Fraktion sagen. Ich würde mir wünschen, dass wir solche Sachen, wo wir ein gemeinsames Anliegen haben, tatsächlich gemeinsam machen. Das fände ich als Signal wichtig und schön.
Eines möchte ich noch deutlich sagen: Auch wenn wir den Einzelplan 02 gleich ablehnen werden, und mit etwas anderem werden Sie wahrscheinlich auch nicht gerechnet haben, ist für mich und meine Fraktion ganz klar, dass die Arbeit gegen Antisemitismus sehr wichtig ist, dass der Schutz von jüdischen Einrichtungen wichtig ist und dass Sie hierfür unsere volle Unterstützung haben.
Wir beraten mit diesem Etat nicht den Haushalt der Landeszentrale für politische Bildung. Wir haben es im Ausschuss diskutiert. Vielleicht nur ganz kurz: Der Bedarf der Arbeit gegen Rechtsextremismus, der Beratungsstrukturen, aber auch der kommunalen Strukturen, also „NRWeltoffen“ – das sind wichtige Strukturen –, ist sehr hoch, er ist auch noch mal immens gestiegen. Ich finde, das muss sich im Haushalt abbilden, tut es aber derzeit nicht. Da sind aus meiner Sicht noch Änderungen notwendig.
Nun noch ein Blick auf den Islamismus, weil auch das weiterhin eine große Herausforderung bleiben wird. Die „Wegweiser“-Beratungsstellen werden ja nicht aus dem Etat der Landeszentrale finanziert, sondern aus dem Etat des Verfassungsschutzes. Ich finde, das ist dort nicht ganz richtig angesiedelt. Es würde eigentlich besser in die Landeszentrale passen. Aber das diskutieren wir jetzt nicht an diesem Punkt, weil es nicht zum Einzelplan 02 gehört.
Zum Schluss möchte ich mich, auch wenn beide gerade nicht hier sind – vielleicht können Sie, Herr Wüst, es weitergeben –, bei Herrn Liminski und Herrn Kaiser für die Debatten im Ausschuss und die Informationen, die wir bekommen, wenn wir sie anfordern und brauchen, bedanken. Herzlichen Dank dafür!
Außerdem will ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen für die, wie ich finde, wirklich sehr gute Arbeits- und Diskussionsatmosphäre im Ausschuss bedanken. Ich bin ja noch recht neu in dem Ausschuss. Es macht viel Spaß. Vielen Dank, dass wir gemeinsam an den Themen arbeiten können – für Demokratie, für die vielen wichtigen Themen, die der Hauptausschuss beinhaltet.
(Beifall von den GRÜNEN, Prof. Dr. Rainer Bovermann [SPD] und Elisabeth Müller-Witt [SPD])