„Wir brauchen ein eigenes Landesamt für Katastrophenschutz“

Meine Rede zum Antrag der „AfD“-Fraktion zu Extremwettergefahren

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hochwasserkatastrophe vor einem halben Jahr – so lange ist es schon her, auch wenn wir alle wissen, dass die Schäden und Folgen weiterhin massiv sind – hat offengelegt, was wir zum Teil schon seit Beginn der Coronapandemie wissen, nämlich dass es einen Reformbedarf beim Katastrophenschutz gibt.

Um es direkt vorwegzusagen und um nicht falsch verstanden zu werden: Wir haben einen guten und leistungsfähigen Katastrophenschutz mit vielen engagierten haupt- und ehrenamtlichen Kräften, denen wir für ihr Engagement sehr dankbar sind. Trotzdem sagen wir: Der Katastrophenschutz muss weiterentwickelt werden, um ihn noch besser zu machen.

Ich freue mich, dass CDU und FDP diesen Reformbedarf ebenfalls erkannt haben, auch wenn ich mich ein bisschen über das Verfahren wundere oder zumindest eine kleine Kritik anbringen muss. Denn wir Grüne haben schon im Mai 2020 einen Antrag mit vielen Punkten vorgelegt, in dem wir gesagt haben: Dies müssen wir als Lehre aus der Coronapandemie ziehen, und wir müssen den Katastrophenschutz verbessern.

Sie haben im Ausschuss erklärt, erst später über den Antrag beraten zu wollen, weil Sie die Analyse und Untersuchung von Herrn Broemme abwarten wollten. Sie wollten auch das Kompetenzteam Katastrophenschutz abwarten.

Das haben Sie jetzt nicht gemacht, sondern einen eigenen Antrag vorgelegt, obwohl die Empfehlungen noch nicht da sind. Das finde ich vom Verfahren her nicht so schön, aber es steht Ihnen natürlich frei, und es ist völlig legitim, einen Antrag vorzulegen. Ich setze mich sehr gerne damit auseinander.

Ich will explizit sagen, dass ich es begrüße, dass sich CDU und FDP in manchen Positionen weiterentwickelt haben – ich erkenne das ausdrücklich an –, beispielsweise bei der Frage: Brauchen wir im Katastrophenfall, bei der Bewältigung von großen Schadens- und Katastrophenlagen mehr Kompetenzen auf Landesebene? – Das unterstütze ich ausdrücklich, das sehe ich genauso.

Wir können die unteren Katastrophenschutzbehörden, die Kreise und kreisfreien Städte, in bestimmten Situationen nicht alleinlassen, gerade wenn mehrere Kreise von einer Lage betroffen sind, bestimmte Entscheidungen anstehen und getroffen werden müssen.

Ich begrüße es auch, dass Sie in Ihrem Antrag explizit dem BBK, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, eine weitere Rolle geben und es stärken wollen. Dazu haben wir in der Vergangenheit auch andere Stimmen gehört, die nicht so weit gegangen sind. Es freut mich, dass wir einen Konsens darüber haben, dass wir eine Stärkung des BBK brauchen.

Wie so oft aber ist es interessant zu sehen, was nicht in dem Antrag steht, was es nicht in den Antrag geschafft hat. Es steht mir als Vertreterin der Opposition vielleicht frei, dies konkret anzusprechen.

Sie sagen zu Recht: Wir brauchen mehr Kompetenzen auf Landesebene. Dann müssen Sie aber auch die Frage beantworten: Wer macht das im Katastrophenfall?

Unsere Überlegung als Grüne lautet: Wir brauchen ein eigenes Landesamt für Katastrophenschutz. Über die Ausgestaltung muss man reden – das habe ich mehrfach gesagt –, aber in diese Richtung muss es eigentlich gehen.

Zum Stichwort „Katastrophenvorsorge“ sagen Sie zu Recht: Die kreisfreien Städte und die Kreise, also die unteren Katastrophenschutzbehörden, müssen mehr Vorsorge betreiben. – Da bin ich bei Ihnen. Sie, Herr Pfeil, haben gerade die Katastrophenschutzbedarfspläne angesprochen. Diese steht leider nicht im Antrag. Das hätte ich mir gewünscht. Ich finde, da müssen wir konkreter werden.

Zum Krisenstab: Aus Ihrer Perspektive verstehe ich es ein bisschen, dass Sie ihn in dem Antrag nicht benennen. Auch hierbei müssen wir aber gesetzlich weitergehen und konkretisieren, welche Aufgaben der Krisenstab der Landesregierung hat, wann er eingesetzt wird und welchen Zweck er hat. Das müssen wir regeln bzw. konkretisieren.

Beim Thema „Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung stärken“ bin ich auch sehr bei Ihnen. Man macht sich aber etwas vor, wenn man nur sagt: Wir müssen sie stärken. – Dann müssen wir nämlich auch sagen, wer das macht. Momentan sind nach dem BHKG die Gemeinden zuständig. Wir wissen aber auch, dass in vielen Gemeinden bei dem Thema nicht sonderlich viel passiert. Das ist kein Vorwurf, man muss es so nüchtern analysieren. Ich sage gar nicht, dass dies eine Landeskompetenz werden muss, meine aber, das Land sollte die Gemeinden darin unterstützen, in dem Bereich besser zu werden und mehr zu machen.

Zum Stichwort „Spontanhelferinnen und Spontanhelfer“: Dieses Thema bewegt uns nicht erst seit dieser Katastrophe, sondern wir wissen aus vorherigen Katastrophen, dass viele Menschen sehr engagiert sind, sich einbringen, helfen wollen und an den Ort des Geschehens fahren.

Wir müssen uns aber die Fragen stellen und beantworten: Wie können wir diese freiwillige, spontane Hilfe zukünftig in die professionellen Strukturen einbinden? Wie können wir sie besser koordinieren, sodass zum Beispiel nicht alle nach Erftstadt-Blessem fahren, weil sie die Bilder im WDR gesehen haben, sondern auch nach Heimerzheim, was medial nicht so präsent ist, wo aber auch Hilfe benötigt wird?

Meine Idee wäre die Schaffung einer Plattform oder App, um diese Dinge besser zu koordinieren.

Bei der BHKG-Novellierung oder zumindest -Überarbeitung, die aus meiner Sicht in der nächsten Legislaturperiode ansteht, müssen wir auch darüber sprechen, ob man den Rettungsdienst im BHKG als medizinischen Teil der Gefahrenabwehr verankert.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Mein letzter Satz: Wir werden dem Antrag als Grüne zustimmen, obwohl ich ihn nicht mutig genug finde. Ich hätte mir an vielen Stellen gewünscht – das habe ich gerade ausgeführt –, dass Sie weitergehen. Das haben Sie leider nicht getan. Trotzdem ist das, was Sie sagen, nicht falsch. Deshalb stimmen wir zu.

Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, dass wir in der nächsten Legislatur noch mehr Baustellen haben als die, die Sie aufgezeigt haben, und dass wir sie angehen müssen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich hoffe, dass wir dies parteiübergreifend schaffen, denn Katastrophenschutz und Feuerwehr sollten keine Themen sein, die parteipolitisch zerrieben werden. Es wäre schön, gemeinsam Antworten zu finden. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

 

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