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Rede zur Unterrichtung der Landesregierung in der Sondersitzung zu Russlands Krieg gegen die Ukraine

„Die Welt ist eine andere, es ist Zeit, ihr mit neuen Lösungen zu begegnen“

Verena Schäffer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Shum! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade einmal 1.600 km von hier entfernt tobt ein brutaler und menschenverachtender Krieg gegen die Menschen in der Ukraine. „Wir sind in einer anderen Welt aufgewacht“, hat Außenministerin Baerbock nach dem Beginn des Einmarsches Russlands in die Ukraine gesagt.

Das stimmt. Es stimmt vor allem für die vielen Millionen Menschen in der Ukraine, die um ihr Leben und um das ihrer Kinder, Eltern, Freunde und Verwandten bangen.

Ich habe in den vergangenen Tagen oft darüber nachgedacht: Wie erklärt man Kindern den Krieg? Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir persönlich fällt es wahnsinnig schwer, meinen Kindern zu erklären, dass in der Ukrainer ein brutaler Krieg herrscht.

Wie aber erklären Eltern in der Ukraine ihren Kindern, dass sie seit Tagen mit vielen Menschen in der Metrostation ausharren müssen? Wie erklären sie ihren Kindern, dass sie sich auf eine sehr gefährliche Flucht begeben müssen? Wie erklären Eltern ihren Kindern, dass Angehörige und Freunde getötet wurden? Auf diese Fragen kann es eigentlich keine leichten Antworten geben – vielleicht auch für uns hier nicht. Ich weiß es nicht.

Der Angriffskrieg Putins lässt uns erschüttert zurück. Unsere Erschütterung, unsere Fragen dürfen uns aber nicht sprachlos machen. Europa ist nicht sprachlos, und wir sind nicht sprachlos. Wir sind auch nicht ohnmächtig. Wir werden Menschen, die Schutz suchen, diesen Schutz gewähren. Die harten Sanktionen gegen Russland sind richtig, auch wenn sie natürlich wirtschaftliche Auswirkungen auf uns hier in Deutschland und in ganz Europa haben. Aber Frieden und Menschenrechte, Freiheit und Demokratie müssen uns das wert sein.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Ich bin den vielen Menschen, die in diesen Tagen für den Frieden aufstehen, und auch den mutigen Menschen, die in Russland trotz der Gefahr, dafür verhaftet zu werden, gegen Putins Krieg auf die Straßen gehen, sehr dankbar. Weltweit senden wir Demokratinnen und Demokraten die unmissverständliche Botschaft: Die Welt steht an der Seite der Ukraine und verurteilt den abscheulichen Angriffskrieg Putins.

Natürlich spüre ich in diesen Tagen mehr als nur Dankbarkeit für die Menschen, die für den Frieden auf die Straße gehen. Wie wir alle empfinde ich Fassungslosigkeit und Wut, aber auch Solidarität und Mitgefühl, angesichts der brutalen Bilder. Die Bilder von tausenden Menschen, die gerade aus der Ukraine fliehen oder zu fliehen versuchen, die Furchtbares gesehen und erlebt haben, die jetzt bei uns Schutz suchen, machen einfach sehr deutlich, welche Bedeutung unsere humanitäre Verantwortung jetzt hat – die Verantwortung dafür, diesen Menschen die Hilfe anzubieten, die sie benötigen: eine Unterkunft, Zugang zu medizinischer und psychosozialer Betreuung, Bildung und auch finanzielle Unterstützung, und die Verantwortung gegenüber unseren Kommunen, sie bei dieser Aufgabe nicht allein zu lassen.

Das UN-Flüchtlingswerk – das ist vorhin in der Diskussion schon genannt worden – spricht von der am schnellsten wachsenden Flüchtlingsbewegung seit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs. Bislang mussten über 2 Millionen Menschen flüchten. Sie sind dazu gezwungen, weil Putin ihre Heimat zerstört und ihr Leben bedroht. Auch in Nordrhein-Westfalen kommen bereits jetzt Tausende Menschen an. Die Hälfte von ihnen sind Kinder.

Ich danke den Flüchtlingsorganisationen, den Hilfsorganisationen, den vielen Gemeinden und den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die jetzt privat unterstützen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Trotz der großen Hilfsbereitschaft werden die meisten Geflüchteten nicht privat unterkommen können, schon allein, weil viele Flüchtlinge wahrscheinlich über einen langen Zeitraum hierbleiben werden. Deshalb sind vor allem die Kommunen gefragt, für eine Unterbringung zu sorgen.

Es sind die Kommunen – das will ich an dieser Stelle auch einmal sagen –, die gerade wieder Unglaubliches leisten, obwohl sie mit der Coronapandemie, zum Teil mit dem Hochwasser bereits seit zwei Jahren quasi im Krisenmodus arbeiten. Deshalb brauchen die Kommunen jetzt die volle Unterstützung des Landes.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir Demokratinnen und Demokraten – ich finde, das wird heute noch einmal sehr deutlich – uns parteiübergreifend für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine einsetzen.

Herr Wüst, ich bin auch Ihnen dankbar dafür, dass Sie sehr deutlich sagen, dass wir schutzsuchende Menschen in Nordrhein-Westfalen natürlich mit offenen Armen aufnehmen und sie hier willkommen heißen.

Ich möchte an derselben Stelle aber auch sagen, dass Ankündigungen alleine nicht ausreichen. Die Kommunen gehen jetzt wieder in Vorleistung. Das machen sie natürlich. Aber damit sie nicht jeden Euro umdrehen müssen, sondern damit sie flexibel agieren können, damit sie flexibel Unterkünfte anmieten können, damit sie für eine gute Betreuung sorgen können, brauchen die Kommunen eine klare Zusage des Landes für die Übernahme von Kosten.

Die Landesregierung, Herr Wüst, muss hier Verantwortung gegenüber den Kommunen übernehmen und damit dafür sorgen, dass die Kommunen schnell agieren können, sodass sie für eine adäquate und schnelle Unterbringung der Geflüchteten sorgen können. Da hätte ich mir heute in der Diskussion mehr gewünscht. Wir brauchen diese klare Zusage an die Kommunen, dass das Land einspringt und die Kosten übernehmen wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber es gibt noch mehr Dinge, die vonseiten der Landesregierung geleistet werden müssen. Die koordinierte Kapazitätsabfrage bei den Kommunen muss fortgeschrieben werden, damit sichergestellt wird, dass nicht Unterbringungen in der einen Kommune leer bleiben, während die Unterkünfte in den großen Städten volllaufen. Das Land muss hier dringend koordinieren und darf nicht abwarten.

Ich will noch einen Punkt ansprechen – ich mache das wirklich ohne Schaum vorm Mund; ich weiß, wir haben in den letzten Jahren viel darüber diskutiert, aber ich will es sachlich vorbringen –: Ich glaube, es wäre an dieser Stelle wirklich an der Zeit, den Krisenstab und die Strukturen, die wir hier haben, zu nutzen, um die Situation besser koordinieren zu können. Ich wünsche mir, dass Sie an dieser Stelle den Krisenstab nutzen und jetzt einsetzen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Weil die Hälfte der ankommenden Menschen Kinder und Jugendliche sind, stehen wir vor besonderen Herausforderungen. Es sind Kinder, die plötzlich ihre Heimat verlassen mussten, die möglicherweise Angriffe miterlebt haben oder die sich große Sorgen um ihre Eltern und andere Angehörigen machen, die noch in der Ukraine sind.

Kinder und Jugendliche brauchen schnellstmöglich die Rückkehr zu einer festen Alltagsstruktur. Für sie müssen wir aber auch Strukturen einer psychosozialen Betreuung vorhalten.

Ein Thema ist mir noch besonders wichtig: Gerade weil Kinder auf der Flucht eine besonders verletzliche, eine besonders vulnerable Personengruppe sind, muss ihr Schutz in allen Unterkünften besonders im Fokus stehen. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche auf der Flucht hier bei uns in Nordrhein-Westfalen wieder Kinder sein dürfen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen jetzt nicht nur ganz akut den flüchtenden Menschen helfen, sondern auch die richtigen Lehren aus Putins Angriffskrieg für die Zukunft ziehen.

Eine zentrale Lehre ist doch: Wir müssen uns unabhängig von Despoten und ihrem Gas, von Kohle aus Krisenregionen machen. Erneuerbare Energien sind dabei der Weg, unsere Energieversorgung sicher, eigenständig und klimaschonend zu gewährleisten. Das ist unser aller Verantwortung.

Ja, aktuell stehen wir ganz konkret vor der Herausforderung, dass die Versorgungssicherheit für den nächsten Winter gesichert sein muss. Deshalb ist es richtig, dass gerade alle Optionen geprüft werden.

Aus technischen Gründen ist die Laufzeitverlängerung der AKWs vom Tisch.

Eine Sicherung der Versorgung im Winter 2022/23 hat aus meiner Sicht überhaupt nichts mit einem vereinbarten Kohleausstieg 2030 zu tun.

Mittelfristig – das wissen wir – bringen nur die Erneuerbaren Sicherheit und Unabhängigkeit. Daher muss endlich der Booster beim Ausbau der erneuerbaren Energien kommen.

Ich weiß, wir Grüne könnten es uns an dieser Stelle leicht machen. Aber ich will bewusst sagen, dass wir das nicht tun, weil es uns um die Sache geht.

Wir müssen den Turbo beim Ausbau der Windenergie einlegen.

(Matthias Goeken [CDU]: Och!)

Wir müssen die Solarenergie endlich ausbauen. Es muss zum Standard werden, dass auf jedem Dach eine Photovoltaikanlage ist.

Warten Sie nicht darauf, dass die Bundesregierung Sie hier zu einer Kurskorrektur zwingt. Nutzen Sie die Ihnen verbleibenden zwei Monate, und leiten Sie diese Kurskorrektur selbst ein. Lassen Sie Ihre Ankündigungen zu Erleichterungen zum Beispiel bei der Windenergie jetzt Wirklichkeit werden.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Welt ist eine andere. Es ist Zeit, ihr mit neuen Lösungen zu begegnen, mit mutigen Schritten in Richtung sauberer Energie zu gehen, die uns unabhängig macht, mit gelebter Solidarität, dem Einstehen für Demokratie und für Frieden, dem Wissen um unsere Verantwortung bei der Hilfe für Tausende Menschen, die jetzt unseren Schutz suchen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Angela Freimuth [FDP])

Rede zum Antrag der „AfD“-Fraktion zu „Spaziergängen“

Meine Rede zur Räumung des Hambacher Waldes

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Versammlungsfreiheit ist in einem Rechtsstaat ein hohes Gut und natürlich auch verfassungsrechtlich geschützt. Die Versammlungen sind ein wichtiger Bestandteil des politischen Meinungs- und Willensbildungsprozesses. Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1985 in seinem Beschluss zu Brokdorf sehr deutlich gemacht, dass die Versammlungsfreiheit zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens gehört.

Ja, natürlich, die Versammlungsfreiheit dürfen alle Menschen in Deutschland nutzen und sich darauf berufen, ganz unabhängig von ihren jeweiligen politischen Ansichten. Das ist auch gut so. Gerade das macht doch unseren demokratischen Rechtsstaat aus.

Ich will auch noch einmal klar sagen, dass Infektionsschutzmaßnahmen, also das Tragen von Masken oder auch das Abstandsgebot, in keinster Weise die Versammlungsfreiheit einschränken. Auch mit Maske, auch mit Abstandsgebot kann man sich versammeln und kann seine politische Meinung kundtun, wie das auch vielfach in Nordrhein-Westfalen genutzt wird und in den letzten zwei Jahren genutzt wurde. Ich glaube, das macht deutlich, dass es keine Einschränkung der Versammlungsfreiheit bedeutet.

Es ist auch keine Einschränkung der Versammlungsfreiheit, wenn der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem verfassungsfeindliche Bestrebungen analysiert und darüber die Öffentlichkeit informiert. Ich will noch mal klar sagen: Das ist auch die Aufgabe des Verfassungsschutzes. Schauen Sie vielleicht noch mal in das Verfassungsschutzgesetz. Da ist das ganz klar definiert, und ich erwarte das auch vom Verfassungsschutz, dass er genau das tut.

Es ist richtig, dass der Verfassungsschutz das Spektrum der sogenannten Querdenker und Coronaleugner analysiert hat. Wenn man sich anguckt, wie viele Straftaten allein in den letzten beiden Jahren begangen wurden, stellt man fest: Es wurden über 1.400 Straftaten in diesen beiden Pandemiejahren verzeichnet, 794 Straftaten in den letzten beiden Jahren im Zusammenhang mit Corona gegen Einzelpersonen oder Personengruppen. Das macht, finde ich, auch noch mal deutlich, was für eine Gewaltakzeptanz es in dieser Szene gibt. Dass im Prinzip an jedem Tag ein Mensch von Personen aus diesem Spektrum bedroht wird, angegriffen wird, angepöbelt wird, macht sehr deutlich, über was wir hier reden und dass es auch eine Gewaltakzeptanz gibt.

Es vergeht kein Tag, an dem nicht in Netzwerken wie Telegram bundesweit Gewalt- und Mordaufrufe veröffentlicht werden. Ich finde, das ist einfach unerträglich.

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

Das ist nicht hinnehmbar, und da braucht es auch die Solidarität der gesamten Gesellschaft.

In Nordrhein-Westfalen haben alle relevanten rechtsextremen Parteien und Gruppierungen – von der Partei Die Rechte über den Dritten Weg bis hin zur NPD und den Identitären – an solchen Demonstrationen teilgenommen oder nehmen weiterhin daran teil, und an manchen Orten werden diese Demonstrationen sogar von Rechtsextremen ganz maßgeblich organisiert. Da erwarte ich auch vom Verfassungsschutz, dass er das klar benennt, und ich erwarte das auch von einem Innenminister – und das tut er ja auch –, dass er das öffentlich klar benennt. Das finde ich absolut wichtig.

Ich will noch mal deutlich sagen: Natürlich ist Protest legitim, und die Versammlungsfreiheit muss als Grundrecht geschützt werden. Aber man darf, und, ich finde, man muss auch die Frage stellen, ob man mit Rechtsextremen auf eine Demonstration gehen will. Ich erwarte hier auch von Demokratinnen und Demokraten eine ganz klare Abgrenzung von dieser Szene.

Dass sich die AfD gerade nicht abgrenzt, sondern vor Ort ganz oft auch ein aktiver Teil dieser Szene ist, spricht eben auch Bände.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Eines möchte ich noch sagen, denn auf diesen Demonstrationen werden ganz massiv Verschwörungsmythen verbreitet. Wir wissen, dass die Ablehnung des Staates und die Verschwörungsideologien nach der Pandemie nicht verschwunden sein werden. Deshalb müssen wir über ein Gesamtkonzept sprechen, wie wir diesen Verschwörungsmythen begegnen.

Ich will aber auch noch mal daran erinnern, dass sich morgen zum zweiten Mal der Anschlag von Hanau jähren wird. Der Anschlag von Hanau war nicht nur geprägt von rassistischem und rechtsextremem Denken. Die Motivation des Attentäters waren eben auch Verschwörungsmythen. Das war nicht nur in Hanau so, das war zuvor in Halle so, das war in München so, das war in Christchurch so,

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

das war bei dem Anschlag in Oslo und Utøya so.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Bei diesen Attentätern haben Verschwörungsmythen eine ganz maßgebliche Rolle gespielt.

(Helmut Seifen [AfD]: Das waren einfach Mörder!)

– Das waren nicht nur einfach Mörder, sondern das waren politische Anschläge,

(Beifall von den GRÜNEN – Helmut Seifen [AfD]: Quatsch!)

die ganz bewusst begangen wurden gegen Personengruppen, die einen Migrationshintergrund haben. Wir wissen, dass der Rassismus eine große Rolle spielte, aber auch Verschwörungsmythen

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

bei den Attentätern eine Rolle spielten. Ich finde, das kann man gerade nicht negieren. Dass Sie das tun, spricht auch wiederum Bände.

Deshalb muss doch klar sein auch mit dem Blick auf morgen,

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

dass die von Rassismus, von Rechtsextremismus und von Verschwörungsmythen ausgehende Gefahr weiterhin sehr groß ist.

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

Gerade in dieser Zeit braucht es die klare Haltung von allen Demokratinnen und Demokraten gegen Hass und Gewalt. Ich bin froh, dass die Mehrheit in diesem Parlament demokratisch ist und genau diese Haltung auch einnimmt.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Rede zur Unterrichtung der Landesregierung mit dem Titel „Vorausschauend und verantwortungsbewusst Öffnungsperspektiven für Nordrhein-Westfalen schaffen“

„Sie verkünden den Tag der Freiheit, während in Kitas und in Schulen immer noch das Virus tobt“

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in dieser Pandemie immer wieder schmerzhaft erleben müssen, dass das Coronavirus seinen eigenen Regeln folgt.

Das Virus interessiert sich nicht für Machtworte von CDU-Ministerpräsidenten, und es interessiert sich auch nicht dafür, dass die FDP die Pandemie regelmäßig für beendet erklärt.

Das Virus hält sich nicht an Daten, und deshalb ist die Beschlussvorlage für die Ministerpräsidentenkonferenz auch nicht sonderlich klug. Stufenpläne sind im Grundsatz gut – aber doch nach messbaren Kriterien und nicht nach dem Datum, das der FDP in den Wahlkampfkalender passt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Grundregeln des Virus sollten wir inzwischen eigentlich alle beherrschen: Es breitet sich dort aus, wo viele Menschen zusammenkommen, wo keine Maske getragen wird und wo schlecht gelüftet wird, und die Verbreitung des Coronavirus erfolgt exponentiell.

Deshalb war es vor einem Jahr keine gute Idee, in den Beginn der dritten Welle hinein zu öffnen. Deshalb wäre es auch jetzt keine gute Idee, auf Druck der FDP zu schnell zu viele Vorsichtsmaßnahmen zu kippen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Beim Versammlungsgesetz oder auch beim Polizeigesetz hinterfragte weit und breit niemand in der NRW-FDP, ob die Grundrechtseingriffe überhaupt noch verhältnismäßig sind. Wenn Vorsitzender Stamp nun …

(Marc Lürbke [FDP]: Das ist aber ein Scherz! Das habe ich anders in Erinnerung!)

– Da habe ich offenbar jemanden getroffen, Herr Lürbke.

(Marc Lürbke [FDP]: Nein! Das ist einfach Quatsch! – Glocke)

Wenn Vorsitzender Joachim Stamp nun Schutzmaßnahmen für die gesundheitlich Schwächsten in unserer Gesellschaft als Freiheitsverbote deklariert, dann ist das gefährlicher Populismus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das zeigt, dass sich die FDP von gesellschaftlicher Solidarität entfernt hat. Es ist so offensichtlich, welche Wählergruppen die FDP mit dieser Kampagne ansprechen will. Solch ein Populismus ist ein offenes Spiel mit dem Feuer. Mich macht das wirklich fassungslos, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

(Beifall von den GRÜNEN – Marcel Hafke [FDP]: Jetzt machen eher Sie mich fassungslos! – Ralf Witzel [FDP]: Peinlich!)

Die vielbeschworene Ehe zwischen CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen steckt inzwischen in einer tiefen Krise. Man hat das bei den Reden von Herrn Löttgen und Herrn Wüst gerade wieder gesehen, und man hat gesehen, wer eigentlich wo klatscht. Darüber können auch Ihre Liebesschwüre nicht hinwegtäuschen.

Verlässlich scheint weder die Beziehung zwischen CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen noch die Beziehung innerhalb der CDU-Familie. Inzwischen interessiert es weder die FDP noch die anderen CDU-Ministerpräsidenten, was die MPK unter dem Vorsitz von Hendrik Wüst als gemeinsame Maßnahmen beschlossen hat. Herr Löttgen, es war bezeichnend, dass Sie gerade noch mal dazu aufgefordert haben, dass die MPK-Maßnahmen und -Beschlüsse dann auch tatsächlich einheitlich umgesetzt werden.

Die Weigerung von Markus Söder zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist aus meiner Sicht ein weiterer Tiefpunkt einer wahltaktisch geführten Diskussion. Die Entscheidung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht wurde mit den Stimmen der CDU-Bundestagfraktion beschlossen und auch einstimmig im Bundesrat getroffen.

Aber viel schlimmer ist ja noch, wenn ein Ministerpräsident ernsthaft meint und dies auch angekündigt, sich über geltendes Recht hinwegsetzen zu können. Er stellt damit rechtsstaatliche Grundprinzipien und auch das föderale System infrage.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Herr Wüst, da erwarte ich von Ihnen schon, dass Sie in Ihrer Funktion als Vorsitzender der MPK klare Worte finden.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Bislang sind Sie dieser Führungsfunktion nicht gerecht geworden und konnten die MPK eben nicht beisammenhalten. Das zeigen insbesondere das problematische Rechtsstaatsverständnis und das Gebaren von Markus Söder, dem Sie als MPK-Vorsitzender nichts entgegengesetzt haben.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Sorgen Sie also dafür, dass sich die CDU-Ministerpräsidenten an Recht und Gesetz halten. Sorgen Sie für Klarheit in der CDU zur Impfpflicht. Wir brauchen dringend eine Erhöhung der Impfquote, um gut durch den nächsten Herbst und Winter zu kommen. Wenn die Impfpflicht nicht kommt, werden wir im Herbst – das ist absehbar, liebe Kolleginnen und Kollegen – der Lage wieder hinterherlaufen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Wüst, ich lese meinen Kindern gerne abends noch etwas vor, und ich muss sagen: Sie erinnern mich an den Scheinriesen von Michael Ende. Herr Wüst, Sie sind so ein politischer Scheinriese.

(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

In Berlin wirken Sie immer riesengroß bei den Pressekonferenzen nach der Ministerpräsidentenkonferenz, aber hier, in Düsseldorf, werden Sie mit jedem Tag im Amt als Ministerpräsident kleiner und kleiner.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Der Wunsch nach Lockerungen, nach mehr Normalität ist ja absolut nachvollziehbar. Für Lockerungen wäre auch aus meiner Sicht ein konkreter Stufenplan mit verlässlichen Kriterien genau der richtige Weg – und eben nicht der Terminkalender der FDP.

Die Inzidenzwerte, die wir uns aktuell tagtäglich anschauen, sind schon lange nicht mehr aussagekräftig. Deshalb ist hier auch Vorsicht geboten. Wir brauchen die tagesaktuellen Daten der Hospitalisierungsrate, der Intensivneuaufnahmen und der Intensivbelegung. Das sagt auch der Expertenrat in seiner Stellungnahme sehr deutlich.

Herr Ministerpräsident Wüst, es ist Ihre Verantwortung, für Orientierung, eine klare Kommunikation und Verlässlichkeit im politischen Handeln zu sorgen, damit es eben nicht das Hin und Her gibt, das Sie vorhin selbst angesprochen haben. Die Politik ist in der Verantwortung, eine verlässliche Perspektive auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu schaffen, anstatt sich einmal mehr in Kraftmeierei und Ankündigungsrhetorik selbst zu überbieten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Eine auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Politik würde auch bedeuten, endlich die FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen einzuführen.

(Helmut Seifen [AfD]: Das kann doch nicht wahr sein!)

Dann kann man aus meiner Sicht auch auf die 2G-Regel im Einzelhandel verzichten. Aber auch hier herrscht mal wieder das größtmögliche Chaos in Nordrhein-Westfalen: keine FFP2-Maskenpflicht, dafür aber stichprobenartige 2G-Kontrollen im Einzelhandel. Das ist derart unlogisch und auch infektionstechnisch unwirksam, dass Sie damit das Vertrauen der Menschen in den Staat und in die Pandemiebekämpfung verspielen, das wir aber so dringend brauchen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Die FDP will gleich alle Maßnahmen abschaffen und auch § 28a des IfSG ab dem 20. März nicht mehr weiterführen.

(Zurufe von der AfD)

Sie verkünden den Tag der Freiheit, während in Kitas und in Schulen immer noch das Virus tobt.

(Dr. Christian Blex [AfD]: Tobt! – Helmut Seifen [AfD]: Lächerlich! – Weitere Zurufe – Glocke)

Es gibt kaum eine Familie – ich zumindest kenne in meinem Umfeld keine Familie –, in der es nicht schon positive Fälle, Quarantäne oder zumindest einen positiven PCR-Pool in der Kita oder in der Klasse gegeben hätte.

(Zurufe von der FDP)

Nachdem Frau Gebauer vorletzte Woche das Testregime in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geändert hat, ist die Teststrategie der Landesregierung in den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen ebenfalls nur noch ein einziges Chaos.

Wir haben es so oft angemahnt und alle gemeinsam so oft beteuert, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche endlich wieder in den Fokus zu nehmen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Unsägliche Rede!)

Wenn wir über Lockerungen sprechen …

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

– Ja, Herr Hafke, ich hoffe, wir sind einer Meinung, dass wir Kinder und Jugendliche in den Fokus nehmen müssen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Ja, aber keine Panikmache! Sie machen nur Panik!)

– Herr Brockes, vielleicht hören Sie erst mal zu.

(Zurufe von der FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Vielleicht spricht gleich ja auch Herr Brockes!)

– Es scheint, die FDP ist sehr getroffen. Man merkt es. Vielleicht führen Sie mal ein paar interne Klärungen herbei. Dann sprechen Sie vielleicht auch noch einmal über Ihre unsägliche FDP-Wahlkampagne, aber vielleicht nicht jetzt.

(Ralf Witzel [FDP]: Dummes Zeug! – Zurufe von der FDP – Unruhe – Glocke)

Ich bin sehr auf die Rede von Herrn Rasche gleich gespannt. Ich freue mich. Sie werden gleich noch das Wort haben.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie verbreiten doch Populismus und Angst! – Fortgesetzt Zurufe von der FDP)

Aber ich hoffe, dass wir dabei bleiben, dass …

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schäffer, einen kleinen Moment.

Verena Schäffer (GRÜNE): … wir einen politischen Konsens darüber haben,

(Ralf Witzel [FDP]: So ein Blödsinn!)

dass es in dieser Pandemie natürlich immer auch um die Kinder und Jugendlichen geht.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Wenn wir darüber sprechen, welche Lockerungen möglich sind, müssen wir auch darüber sprechen, was das ganz konkret für Kinder und Jugendliche heißt.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ich sagen Ihnen sehr ruhig und auch durchaus nachdenklich: Ich persönlich finde es schwierig, wenn Erwachsene in Clubs und Diskos feiern – womöglich ohne Maske; ich weiß nicht, was genau geplant ist –,

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP]: Sie wissen eben gar nichts! Das ist Ihr Problem)

wir gleichzeitig aber überdurchschnittlich hohe Inzidenzen in den Kitas und Schulen haben und das Infektionsgeschehen immer wieder zu Quarantänen und Schließungen führt.

Das ist erst mal Fakt. Ich finde, das muss man wenigstens anerkennen, in Betracht ziehen und abwägen. Herr Hafke, dass Sie als kinder- und jugendpolitischer Sprecher dabei den Kopf schütteln,

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

finde ich mehr als irritierend, um das auch einmal so klar zu sagen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD –Marcel Hafke [FDP]: Unsäglich!)

Impfen ist der Weg aus der Pandemie. Eine hohe Impfquote ist der entscheidende Faktor, wenn es um den Schutz vulnerabler Gruppen und auch um den Schutz der kritischen Infrastruktur geht. Aber die Impfkampagne Nordrhein-Westfalen wird immer mehr zum Rohrkrepierer und kann offenbar auch nicht mehr aufbieten als einen singenden Familienminister.

(Zurufe von der FDP – Unruhe – Glocke)

Die Anzahl der Erst- und Zweitimpfungen stagniert seit Wochen nahezu. Auch hier reicht der Verweis auf den Bund einfach nicht aus. Für das Impfen sind die Länder zuständig.

Absolut notwendig wären Aufklärungskampagnen, die ohne erhobenen Zeigefinger über die Vorteile der Impfung informieren, genauso wie bessere Daten für die Kommunen, in welchen Stadtteilen die Impfquote niedrig ist und wo aufsuchende Impfangebote helfen würden. Das wäre total hilfreich. Aber nichts davon liefert die Landesregierung.

Sie hoffen mal wieder auf den nächsten Sommer und wiederholen immer und immer wieder alte Fehler. Das ist einfach falsch. Ich glaube, die Menschen erwarten zu Recht von uns, dass wir nicht nur darauf gucken was bis zum 19. März passiert.

Ich habe vorhin das IfSG angesprochen, das dann ausläuft. Ich bin gespannt, was in Berlin verhandelt wird. Dass es komplett ausläuft, wäre aus meiner Sicht verantwortungslos. Wir brauchen weiterhin Maßnahmen wie zum Beispiel Abstandsgebote und die Maskenpflicht. Das muss aus meiner Sicht kommen und in Berlin auch weitergeführt werden.

(Beifall von den GRÜNEN und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Die Menschen erwarten aber eben auch, dass wir eine vorsorgende Politik betreiben und nicht nur schauen, was bis zum 20. März, sondern auch danach, mit Blick auf den nächsten Herbst und Winter passiert. Genau diese vorausschauende Politik brauchen wir jetzt. Das erwarten die Menschen zu Recht von der Politik. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Drei Wittener für die Grünen bei der Bundesversammlung

Dreimal Grün aus der Region bei der Bundesversammlung

Bei der gestrigen Bundesversammlung in Berlin durften Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Professor an der Uni Witten/Herdecke, der für Witten, den EN-Kreis und Hagen zuständige Bundestagsabgeordnete Dr. Janosch Dahmen und die hiesige Landtagsabgeordnete Verena Schäffer teilnehmen. Für alle drei war die Wahl des alten und neuen Bundespräsidenten eine große Ehre.

Lungenfacharzt und Leiter des DIVI-Intensivregisters, Prof. Dr. Christian Karagiannidis, erklärt dazu: „Die Grünen im Landtag NRW haben mich für die Bundesversammlung benannt. Der Einladung bin ich sehr gerne gefolgt. Ich habe die Sitzung der Grünen Gesamtdelegation für die Bundesversammlung mit Bundespräsident Steinmeier genutzt, um auf die Situation des Krankenhauspersonals hinzuweisen. Der massive Personalmangel bei den Pflegekräften in den Krankenhäusern stellt uns bereits heute vor gewaltige Herausforderungen. Ich wünsche mir von Herrn Steinmeier, dass er sein Amt als Bundespräsident nutzt, um auf diese Situation hinzuweisen und für die Wertschätzung für das Krankenhauspersonals wirbt.“

Verena Schäffer MdL ergänzt: „Die Bundesversammlung war – trotz der notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen – eine sehr würdige Veranstaltung und es war mir eine große Ehre, an der Wahl unseres Staatsoberhauptes teilnehmen zu dürfen. Ich begrüße die klaren Worte des Bundespräsidenten gegen Hass und Hetze ausdrücklich. Die Drohungen und Gewalt gegen Ärzte, Wissenschaftlerinnen, Politiker – auch hier in unserer Stadt –, Polizistinnen und viele andere, die in dieser Pandemie einfach nur ihren Job für das Gemeinwohl machen, sind unerträglich. Es ist die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten Haltung zu zeigen und Hass und Gewalt entschieden entgegenzutreten.“

Janosch Dahmen MdB erklärt abschließend: „Ich freue mich über die Wahl von Frank-Walter Steinmeier und bin überzeugt, dass er in den kommenden fünf Jahren als unser Staatsoberhaupt weiterhin eine wichtige überparteiliche und integrierende Rolle einnehmen wird. Besonders beeindruckt hat mich seine Klarheit in Bezug auf den Konflikt in der Ukraine. Wir sind inmitten der Gefahr eines militärischen Konflikts in Osteuropa. Die Menschen in der Ukraine haben ein Recht auf ein Leben ohne Angst und Bedrohung, auf Selbstbestimmung und Souveränität. Dass er hier so klare Worte gefunden hat, hat mich sehr bewegt. Während meiner medizinischen Ausbildung an der Uni Witten/Herdecke bin ich vielfach in der Ukraine gewesen und stehe bis heute im engen Austausch mit vielen Kollegen dort, die nun einmal mehr um Frieden, Freiheit und Sicherheit fürchten.“

Rede zur Großen Anfrage der „AfD“-Fraktion zu Antisemitismus

„Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen“

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es, ehrlich gesagt, eine Zumutung, sich am heutigen Holocaust-Gedenktag mit einer Großen Anfrage der AfD zum Thema „Antisemitismus“ auseinandersetzen zu müssen. Denn – das wurde von dem Kollegen Deutsch schon gesagt; dem stimme ich zu – die AfD instrumentalisiert das Thema „Antisemitismus“. Das ist heute, aber auch an jedem anderen Tag im Jahr unerträglich.

Der Kampf gegen Antisemitismus ist wichtig. Es ist richtig, dass wir als Demokratinnen und Demokraten um die besten Ideen streiten und um Lösungen ringen. Deshalb war es auch richtig, dass wir im Innenausschuss eine kontroverse Debatte über die Maßnahmen geführt haben, wie wir Antisemitismus bekämpfen. So kontrovers war die Debatte gar nicht. Aber es ist richtig, darüber zu diskutieren.

Man muss auch nicht immer einer Meinung sein. Denn wir sind uns als Demokratinnen und Demokraten ja im Ziel sehr einig. Das ist das Wichtige und das, was uns eint. Wir wollen Antisemitismus bekämpfen. Wir wollen, dass Jüdinnen und Juden sicher und ohne Diskriminierung in Deutschland und weltweit leben können.

In der Vorbemerkung zur Großen Anfrage unterstellt die AfD allen demokratischen Parteien und Fraktionen, wir würden Antisemitismus leugnen, wenn er nicht von rechts kommt. Ich halte das angesichts der vielen Debatten, die wir hier insbesondere zum israelbezogenen Antisemitismus geführt haben und führen, für eine ziemlich unverschämte Unterstellung der AfD.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Ich finde auch, dass sich keine demokratische Partei hier im Landtag vor der AfD erklären muss –

(Helmut Seifen [AfD]: Doch!)

ganz im Gegenteil. Denn für die AfD scheint das Thema „Antisemitismus“ immer dann interessant zu sein, wenn der Vorwurf irgendwie gegen die demokratischen Parteien, gegen Menschen mit Migrationshintergrund und gegen andere gedreht werden kann. Das ist so durchschaubar, so billig und auch so unverantwortlich, weil mit dem Thema „Antisemitismus“ Hetze gegen andere Minderheiten betrieben wird.

Auch ohne die Große Anfrage der AfD – wir hätten sie dafür ganz bestimmt nicht gebraucht – will ich eines ganz klar feststellen: Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Er kommt in allen gesellschaftlichen Milieus vor – in linken Gruppen, in migrantischen Communities, in bürgerlichen Milieus. Im Rechtsextremismus und im Islamismus ist der Antisemitismus als ideologischer Kern fest verankert. Antisemitismus ist immer wieder ein Motiv für rechtsextreme und islamistische Gewalt, wie wir das in den letzten Jahren leider auch mehrfach erleben mussten.

Ich will auch kurz auf die PMK-Statistik eingehen. Denn wir alle wissen, dass die Statistik der politisch motivierten Kriminalität nur einen Teil des Antisemitismus abbilden kann. Zum einen wissen wir, dass es ein Dunkelfeld von Straftaten gibt, die aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Anzeige gebracht werden. Zum anderen wissen wir, dass es Antisemitismus in einem Alter gibt, das unter der Strafbarkeitsgrenze liegt, was es aber nicht besser oder harmloser macht.

Deshalb ist es gut, dass die Meldestelle RIAS in NRW jetzt an den Start gegangen ist, dass Fälle dokumentiert werden und dass Betroffene Fälle dort melden können.

Ich finde, dass wir darüber reden müssen, ob wir diese Meldestelle nicht noch ausbauen können, zum Beispiel auf den Bereich des Monitorings. Das ist von den Beratungsstellen SABRA und ADIRA, die bei den jüdischen Gemeinden angesiedelt sind, auch so gewünscht und gefordert worden, wie sie in ihren schriftlichen Stellungnahmen ja deutlich gemacht haben.

Aus meiner Sicht brauchen wir auch eine Dunkelfeldstudie. Wir haben das als Grüne hier viele Jahre vortragen und eingefordert. Ich bin froh, dass das inzwischen beschlossen ist und das Innenministerium auch schon mit der Sichtung von bereits vorliegenden Studien begonnen ist. Eine Dunkelfeldstudie ist deshalb so wichtig, weil sie uns ein genaueres Bild verschaffen würde, sodass wir darauf aufbauend Projekte weiterentwickeln können, Informationsangebote, die wir auch schon haben, anpassen können und weitere Maßnahmen ergreifen können.

Eines ist jetzt schon klar – auch das haben wir bereits mehrfach in den verschiedenen Ausschüssen angesprochen und diskutiert –: Wir brauchen mehr Aufklärung, Prävention und Beratung zum Thema der Verschwörungsmythen. Wir wissen, dass Verschwörungsmythen immer wieder antisemitische und rassistische Narrative bedienen. Wir wissen, dass wir uns noch viele Jahre mit dem Thema der Verschwörungsmythen beschäftigen werden müssen. Es gab sie schon vor der Pandemie. Auch nach der Pandemie wird es sie noch geben und wahrscheinlich verstärkt geben. Momentan erleben wir ja, dass sie verbreitet werden. Sie sind aus meiner Sicht hochgefährlich. Wir werden uns damit stärker auseinandersetzen müssen.

Wie ich vorhin schon gesagt habe, ist der 27. Januar nicht nur ein Tag von Erinnerung und Mahnung – das ist wichtig –, sondern auch ein Auftrag, zu handeln und immer konsequent gegen Antisemitismus vorzugehen. Aber eine Große Anfrage der AfD brauchen wir dafür sicherlich nicht. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Rede zum Antrag der „AfD“-Fraktion zu Extremwettergefahren

„Wir brauchen ein eigenes Landesamt für Katastrophenschutz“

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hochwasserkatastrophe vor einem halben Jahr – so lange ist es schon her, auch wenn wir alle wissen, dass die Schäden und Folgen weiterhin massiv sind – hat offengelegt, was wir zum Teil schon seit Beginn der Coronapandemie wissen, nämlich dass es einen Reformbedarf beim Katastrophenschutz gibt.

Um es direkt vorwegzusagen und um nicht falsch verstanden zu werden: Wir haben einen guten und leistungsfähigen Katastrophenschutz mit vielen engagierten haupt- und ehrenamtlichen Kräften, denen wir für ihr Engagement sehr dankbar sind. Trotzdem sagen wir: Der Katastrophenschutz muss weiterentwickelt werden, um ihn noch besser zu machen.

Ich freue mich, dass CDU und FDP diesen Reformbedarf ebenfalls erkannt haben, auch wenn ich mich ein bisschen über das Verfahren wundere oder zumindest eine kleine Kritik anbringen muss. Denn wir Grüne haben schon im Mai 2020 einen Antrag mit vielen Punkten vorgelegt, in dem wir gesagt haben: Dies müssen wir als Lehre aus der Coronapandemie ziehen, und wir müssen den Katastrophenschutz verbessern.

Sie haben im Ausschuss erklärt, erst später über den Antrag beraten zu wollen, weil Sie die Analyse und Untersuchung von Herrn Broemme abwarten wollten. Sie wollten auch das Kompetenzteam Katastrophenschutz abwarten.

Das haben Sie jetzt nicht gemacht, sondern einen eigenen Antrag vorgelegt, obwohl die Empfehlungen noch nicht da sind. Das finde ich vom Verfahren her nicht so schön, aber es steht Ihnen natürlich frei, und es ist völlig legitim, einen Antrag vorzulegen. Ich setze mich sehr gerne damit auseinander.

Ich will explizit sagen, dass ich es begrüße, dass sich CDU und FDP in manchen Positionen weiterentwickelt haben – ich erkenne das ausdrücklich an –, beispielsweise bei der Frage: Brauchen wir im Katastrophenfall, bei der Bewältigung von großen Schadens- und Katastrophenlagen mehr Kompetenzen auf Landesebene? – Das unterstütze ich ausdrücklich, das sehe ich genauso.

Wir können die unteren Katastrophenschutzbehörden, die Kreise und kreisfreien Städte, in bestimmten Situationen nicht alleinlassen, gerade wenn mehrere Kreise von einer Lage betroffen sind, bestimmte Entscheidungen anstehen und getroffen werden müssen.

Ich begrüße es auch, dass Sie in Ihrem Antrag explizit dem BBK, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, eine weitere Rolle geben und es stärken wollen. Dazu haben wir in der Vergangenheit auch andere Stimmen gehört, die nicht so weit gegangen sind. Es freut mich, dass wir einen Konsens darüber haben, dass wir eine Stärkung des BBK brauchen.

Wie so oft aber ist es interessant zu sehen, was nicht in dem Antrag steht, was es nicht in den Antrag geschafft hat. Es steht mir als Vertreterin der Opposition vielleicht frei, dies konkret anzusprechen.

Sie sagen zu Recht: Wir brauchen mehr Kompetenzen auf Landesebene. Dann müssen Sie aber auch die Frage beantworten: Wer macht das im Katastrophenfall?

Unsere Überlegung als Grüne lautet: Wir brauchen ein eigenes Landesamt für Katastrophenschutz. Über die Ausgestaltung muss man reden – das habe ich mehrfach gesagt –, aber in diese Richtung muss es eigentlich gehen.

Zum Stichwort „Katastrophenvorsorge“ sagen Sie zu Recht: Die kreisfreien Städte und die Kreise, also die unteren Katastrophenschutzbehörden, müssen mehr Vorsorge betreiben. – Da bin ich bei Ihnen. Sie, Herr Pfeil, haben gerade die Katastrophenschutzbedarfspläne angesprochen. Diese steht leider nicht im Antrag. Das hätte ich mir gewünscht. Ich finde, da müssen wir konkreter werden.

Zum Krisenstab: Aus Ihrer Perspektive verstehe ich es ein bisschen, dass Sie ihn in dem Antrag nicht benennen. Auch hierbei müssen wir aber gesetzlich weitergehen und konkretisieren, welche Aufgaben der Krisenstab der Landesregierung hat, wann er eingesetzt wird und welchen Zweck er hat. Das müssen wir regeln bzw. konkretisieren.

Beim Thema „Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung stärken“ bin ich auch sehr bei Ihnen. Man macht sich aber etwas vor, wenn man nur sagt: Wir müssen sie stärken. – Dann müssen wir nämlich auch sagen, wer das macht. Momentan sind nach dem BHKG die Gemeinden zuständig. Wir wissen aber auch, dass in vielen Gemeinden bei dem Thema nicht sonderlich viel passiert. Das ist kein Vorwurf, man muss es so nüchtern analysieren. Ich sage gar nicht, dass dies eine Landeskompetenz werden muss, meine aber, das Land sollte die Gemeinden darin unterstützen, in dem Bereich besser zu werden und mehr zu machen.

Zum Stichwort „Spontanhelferinnen und Spontanhelfer“: Dieses Thema bewegt uns nicht erst seit dieser Katastrophe, sondern wir wissen aus vorherigen Katastrophen, dass viele Menschen sehr engagiert sind, sich einbringen, helfen wollen und an den Ort des Geschehens fahren.

Wir müssen uns aber die Fragen stellen und beantworten: Wie können wir diese freiwillige, spontane Hilfe zukünftig in die professionellen Strukturen einbinden? Wie können wir sie besser koordinieren, sodass zum Beispiel nicht alle nach Erftstadt-Blessem fahren, weil sie die Bilder im WDR gesehen haben, sondern auch nach Heimerzheim, was medial nicht so präsent ist, wo aber auch Hilfe benötigt wird?

Meine Idee wäre die Schaffung einer Plattform oder App, um diese Dinge besser zu koordinieren.

Bei der BHKG-Novellierung oder zumindest -Überarbeitung, die aus meiner Sicht in der nächsten Legislaturperiode ansteht, müssen wir auch darüber sprechen, ob man den Rettungsdienst im BHKG als medizinischen Teil der Gefahrenabwehr verankert.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Mein letzter Satz: Wir werden dem Antrag als Grüne zustimmen, obwohl ich ihn nicht mutig genug finde. Ich hätte mir an vielen Stellen gewünscht – das habe ich gerade ausgeführt –, dass Sie weitergehen. Das haben Sie leider nicht getan. Trotzdem ist das, was Sie sagen, nicht falsch. Deshalb stimmen wir zu.

Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, dass wir in der nächsten Legislatur noch mehr Baustellen haben als die, die Sie aufgezeigt haben, und dass wir sie angehen müssen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich hoffe, dass wir dies parteiübergreifend schaffen, denn Katastrophenschutz und Feuerwehr sollten keine Themen sein, die parteipolitisch zerrieben werden. Es wäre schön, gemeinsam Antworten zu finden. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Rede zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus

„Dieser Tag muss Handlungsaufforderung sein, Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und menschenverachtender Hetze immer und überall zu widersprechen“

Der Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der heutige Tag erinnert uns an das unerlässliche Leid der Shoah. Wir haben heute Morgen die sehr bewegende Rede von Frau Dreifuss gehört, wie sie als Kind die Shoah gemeinsam mit ihrer Mutter überlebte.

Insbesondere die Erlebnisse, die Geschichten der jüdischen Kinder und Jugendlichen in der NS-Zeit machen unfassbar traurig, weil diesen Kindern die Kindheit gestohlen wurde, weil sie Repressionen, Verfolgung und Mord ausgesetzt waren.

Ich war vor Kurzem im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten. Mir ist besonders der Abschnitt zu den Kindertransporten in Erinnerung geblieben. Nach den gewalttätigen Übergriffen auf Jüdinnen und Juden, der Zerstörung von Synagogen, jüdischen Friedhöfen, Geschäften und Wohnungen in der Nacht vom 9. auf den 10. November wurden die ersten Kindertransporte organisiert.

Spätestens mit diesen Novemberpogromen wurde ganz deutlich, dass Jüdinnen und Juden nicht nur massiver Diskriminierung ausgesetzt sind, sondern dass es eine ganz reale Bedrohung für Leib und Leben gab. Die Kindertransporte konnten vielen jüdischen Kindern das Leben retten: Etwa 10.000 jüdische Kinder konnten in Großbritannien und etwa noch einmal so viele Kinder in anderen Ländern in Sicherheit gebracht werden.

Ich glaube, wir können nur erahnen, wie wechselvoll die Gefühle der Eltern gewesen sein müssen, ihre Kinder einerseits in Sicherheit bringen zu können, und das eigene Kind andererseits in eine ungewisse Zukunft zu geben. Wie traumatisch muss es für die Eltern gewesen sein, sich von ihrem Kind zu trennen – nicht wissend, ob man sich jemals wiedersehen würde?

Wie traumatisch muss es aber auch für die Kinder gewesen sein, von ihren Eltern weggeschickt zu werden, alleine in ein ihnen unbekanntes Land? Es war für diese Kinder die einzige Chance zu überleben. Viele dieser Kinder haben ihre Eltern, ihre Geschwister und ihre Freunde nie wiedergesehen.

Insgesamt sind etwa 1,5 Millionen jüdische Kinder vom NS-Terrorregime ermordet worden. Selbstverständlich ist jedes Menschenleben gleichwertig, völlig unabhängig vom Alter. Doch berührt uns das Schicksal der entrechteten, der gequälten, der ermordeten Kinder ganz besonders.

In Auschwitz-Birkenau waren die kranken und alten Menschen, vor allem auch schwangere Frauen, Kinder und ihre Mütter – diejenigen, die als nicht arbeitsfähig aussortiert und als erste ermordet wurden. Kein Ort steht so sehr für die systematische Vernichtung der jüdischen Bevölkerung sowie der Roma und Sinti.

In Auschwitz wurden über eine Million Menschen grausam ermordet. Hinter dieser riesigen Zahl stecken schier unvorstellbares Leid und die Schicksale so vieler Menschen und ihrer Angehörigen. Das machen insbesondere die Berichte der noch lebenden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, also den Kindern, die dem Terror der NS-Zeit nur knapp entkommen sind, immer wieder deutlich; das haben wir auch heute Morgen alle so erlebt.

Heute, am 27. Januar, erinnern wir an die Befreiung von Auschwitz. Noch mehr erinnern wir an die Jüdinnen und Juden, an die Angehörigen der Minderheit der Roma und Sinti, an sowjetische Kriegsgefangene, an Homosexuelle, an behinderte Menschen und an alle Opfer, deren Leben von den Nationalsozialisten ausgelöscht wurde.

Dieser Tag ist für uns Erinnerung und Mahnung zugleich. Dieser Tag muss aber auch eine Handlungsaufforderung sein, Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und menschenverachtender Hetze immer und überall zu widersprechen.

Das gilt nicht nur für den 27. Januar, sondern an keinem Tag Jahr darf die Abwertung von Menschen aufgrund ihrer Religion, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Identität oder anderer Merkmale unwidersprochen stehen bleiben. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung als Demokratinnen und Demokraten. – Vielen Dank dafür.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD, der FDP, Dr. Martin Vincentz [AfD] und Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft)

Rede zum Antrag der SPD-Fraktion zur Hochwasserkatastrophe

„Die Menschen haben mir berichtet, dass sie nicht mehr schlafen können oder dass Regen für sie ganz furchtbar ist“

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Hochwasser im Juli letzten Jahres hat weitreichende Folgen. Wie wir alle wissen, liegen die Schäden an Wohnhäusern von Privatleuten, an öffentlicher Infrastruktur und bei Unternehmen in Milliardenhöhe.

Aber noch viel schlimmer ist, dass in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz über 180 Menschen gestorben sind. Es ist furchtbar, dass Menschen ihre Angehörigen verloren haben, dass sie selbst um ihr Leben fürchten mussten oder dass sie mit angesehen haben, wie Menschen um Hilfe gerufen haben, ihnen aber niemand mehr helfen konnte, weil die Wassermassen einfach zu stark waren.

Ich habe bei meinen Besuchen in Altenahr, Hagen, Erftstadt und Euskirchen Menschen kennengelernt, die in dieser Hochwassernacht um ihr Leben gekämpft haben und stundenlang nicht wussten, ob sie die Nacht wirklich überleben würden.

Ich habe eine Frau aus dem Kreis Euskirchen kennengelernt, die doppelt betroffen war. Zum einen hat sie als Mutter von ihren zwei Töchtern tagelang keine Nachricht erhalten, wie es ihnen geht. Zum anderen war sie als Einsatzkraft einer Katastrophenschutzorganisation selbst über Tage im Einsatz und hat das Leid der Menschen mit angesehen.

Besonders traurig macht mich die Situation von Kindern, die alles verloren haben. Wir können uns als Erwachsene vielleicht gar nicht mehr richtig vorstellen, wie es ist, als Kind ein geliebtes Kuscheltier zu haben, das verloren geht und nie wieder da sein wird. Diese Kinder und Jugendlichen mussten miterleben, dass auch ihre Eltern in dieser Situation völlig hilflos und verzweifelt waren. Was macht das mit Kindern und Jugendlichen?

Aber was macht es auch mit Erwachsenen, in so einer Extremsituation zu sein? Die Menschen haben mir berichtet, dass sie nicht mehr schlafen können oder dass Regen für sie ganz furchtbar ist.

Wir wissen auch – das ist hier in den Reden bereits angeklungen und schon mehrfach gesagt worden –, dass ein solches Trauma auch später noch hochkommen kann und dass die Menschen – wahrscheinlich über einen sehr langen Zeitraum – Hilfe brauchen. Deshalb sind Angebote für die Menschen in den Gebieten, die vom Hochwasser betroffen sind, so wichtig – insbesondere niedrigschwellige Angebote, aber auch spezialisierte Angebote für Kinder und Jugendliche.

Ich möchte an dieser Stelle hinzufügen, dass auch Angebote für Einsatzkräfte wichtig sind: für Feuerwehren, für Hilfsorganisationen, für die Polizei, für all jene also, die im Einsatz waren, die solche Situationen erleben mussten, die sie auch erst mal verarbeiten müssen. Das Anliegen des Antrages teilen wir daher sehr.

Die Forderung an die Landesregierung, in einen koordinierten Prozess mit allen Akteuren zu gehen, um solche Angebote in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten zu schaffen, ist aus unserer Sicht richtig. Hier möchte ich allerdings ein Aber einfügen, da auch wir in unserer Fraktion einen Abwägungsprozess vorgenommen haben.

Wir haben sehr lange und sehr intensiv darüber diskutiert, wie wir bei diesem Antrag abstimmen wollen, ob wir zustimmen, ob wir uns enthalten. Ich mache dies deshalb so transparent, weil ich es wichtig finde, dass wir nicht einfach nur die Hand heben und sagen: Liebe Landesregierung, macht mal. – So einfach darf man es sich bei solchen Fragen nicht machen.

Wir haben uns gefragt: Was heißt „Traumazentrum“ – das klingt erst mal sehr gut – denn konkret? Was unterscheidet es zum Beispiel von den Traumaambulanzen, die bereits für die Opfer der Flutkatastrophe geöffnet wurden? Es ist richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass es schon Angebote gibt.

Wir wissen auch, dass die psychotherapeutische Regelversorgung ein Problem ist und dass es hier Bedarfe gibt, die derzeit nicht gedeckt werden, nicht nur in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten. Es gibt in der Tat zu wenig Kassensitze für Psychotherapeutinnen und ‑therapeuten. Aber an wen richtet sich denn die Forderung, mehr davon zu schaffen? Das ist doch eine Forderung an die Krankenkassen, an die Kassenärztlichen Vereinigungen, die vor Jahren den Bedarf errechnet und bisher nicht angepasst haben.

Damit sich in dieser Frage etwas bewegt, plant die Bundesregierung, die Bedarfsplanung zu reformieren, damit die Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz reduziert werden können. Hier ist der Bundesgesundheitsminister in der Verantwortung, etwas vorzulegen.

Richtig ist, dass Rheinland-Pfalz ein neues Traumahilfezentrum im Ahrtal eingerichtet hat. Das kann vielleicht ein Vorbild für Nordrhein-Westfalen sein.

Richtig ist ebenfalls, dass man sich auf den Weg machen und Gespräche führen muss. Wenn man sich nämlich nicht auf den Weg macht, kommt man nicht an.

Daher will ich es noch einmal betonen: Wir haben lange abgewogen. Wir werden dem Antrag jetzt zustimmen. Ich will nur davor warnen, vorschnelle Versprechungen abzugeben, die die Politik nachher nicht einhalten, nicht einlösen kann. Das dürfen wir nicht machen. Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Menschen, und zwar alle miteinander hier im Parlament.

Wir werden dem Antrag jetzt zustimmen, aber, wie gesagt, meine Bedenken und unsere offenen Fragen bleiben trotzdem bestehen. Es war uns wichtig, diese heute noch einmal zu artikulieren.

Ich glaube, in dem Ziel, nämlich dass die Menschen vor Ort Hilfe bekommen und unterstützt werden, sind wir uns sehr einig. Es ist sehr wichtig, das noch einmal herauszustellen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Sozialpolitischer Austausch mit der Caritas

Meine Pressemitteilung zum Austausch mit der Caritas in Witten im Januar 2022

Einer der ersten Besuche im neuen Jahr führte die heimische Landtagsabgeordnete und grüne NRW-Fraktionsvorsitzende Verena Schäffer (MdL) zur Caritas in Witten. Hintergrund war ein Gedankenaustausch rund um die Themen Armut, Alter, Pflege, Obdachlosigkeit und Migration. Unter 2G+-Bedingungen und mit ausreichend Abstand im geräumigen Ardey-Hotel traf sie sich mit dem Geschäftsführer der Caritas, Hartmut Claes, dem Sozialarbeiter im Marienviertel Rolf Kappel, dem Referenten für Armut beim DiCV Paderborn Christoph Eikenbusch und der neuen Fachbereichsleiterin für Migration und Integration Miriam Venn. Zudem waren der Sozialarbeiter Michael Raddatz-Heinrichs, der für die Bewohner städtischer Notunterkünfte verantwortlich ist und der Fachbereichsleiter Pflege Andreas Waning mit von der Partie.

(Auf dem Foto zu sehen sind (vlnr): Hartmut Claes, Rolf Kappel, Verena Schäffer, Christoph Eikenbusch (DiCV Paderborn), Miriam Venn, Michael Raddatz und Andreas Waning.)

Verena Schäffer erklärt zu ihrem Besuch: „Der informative Austausch und die umfangreichen Eindrücke sind für die Arbeit im Landtag unentbehrlich. Ob Antragsstau bei den Ausländerbehörden – seit mehreren Monaten warten viele Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit darauf, dass ihr Aufenthaltstitel verlängert wird -, die aktuelle Situation von Wohnungslosen oder die zusätzlichen Belastungen im Bereich der häuslichen Pflege, die die Corona-Pandemie mit sich bringt. Diese Realität vor Ort will ich mitnehmen für Gespräche und Aktivitäten im Landesparlament. Auch die Eindrücke, wie etwa das Impfen in den Quartieren vorangeht, wo der Caritas mit ihren Angeboten eine aktive und wichtige Rolle zukommt, sind wichtig für die Politik in Düsseldorf. Für ihre Vielzahl von sozialen Angeboten in Witten bin ich der Caritas sehr dankbar.“

Mehr Radverkehr für Herdecke

Meine Pressemitteilung zu einer Ortsbegehung rund um das Thema Radverkehr in Herdecke

Den ersten Termin in Herdecke im neuen Jahr unternahm die hiesige Landtagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag NRW zu einem Austausch rund um das Thema Radverkehr. Gemeinsam mit der stellv. Fraktionsvorsitzenden der Grünen in Herdecke, Silvia Stahlberg, der Kreisvorsitzenden des ADFC Ennepe-Ruhr, Susanne Rühl, sowie dem grünen Kreistagsmitglied Andreas Müller wurden bei der Gelegenheit verschiedene Stellen der Ender Talstraße im Hinblick auf den Ausbau des Radverkehrs begutachtet.

Verena Schäffer erklärt dazu: „Mit dem Ruhrtalradweg gibt es in Herdecke bereits tolle Radfahrmöglichkeiten im touristischen Bereich. Im Bereich des Alltagsradverkehr besteht aber noch viel Ausbaupotential. Im Landtag haben wir Grüne uns die Stärkung des Radverkehrs auf die Fahnen geschrieben. Mit einem neuen, besseren Radverkehrsgesetz, wollen wir die Grundlagen dafür schaffen, dass der Anteil des Radverkehrs zukünftig auf 25 Prozent wächst. Zudem wollen wir unsere Kommunen finanziell bei der Umsetzung eigener Radverkehrskonzepte unterstützen. Ein solches gibt es in Herdecke bereits in Form des Klimaschutzteilkonzepts Radverkehr mit vielen guten Vorschlägen, die jetzt umgesetzt werden müssen.“

Die 1. Vorsitzende des ADFC-Kreisverbands Ennepe-Ruhr, Susanne Rühl, ergänzt: „Nur mit einer sicheren und komfortablen Fahrradinfrastruktur werden wir mehr Menschen fürs Radfahren begeistern und nur so die Verkehrswende schaffen. Daher lautet die Forderung des ADFC „Mehr Platz fürs Rad“ insbesondere für den Alltagsverkehr. Die Zeit der Konzepte muss jetzt zu einer Zeit des Machens werden, denn auf Papier kann niemand fahren.“

Die stellv. Fraktionsvorsitzende in Herdecke, Silvia Stahlberg, erklärt abschließend: „Mit einem Anteil von 2 Prozent am sogenannten Modal Split, der die Zusammensetzung des Verkehrs beschreibt und dadurch eine Einordnung der Anteile der einzelnen Verkehrsmittel am Gesamtverkehr ermöglicht, hat sich das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel bislang noch nicht in Herdecke etabliert. Gerade das an der Ender Talstraße liegende Gemeinschaftskrankenhaus, als größter Arbeitgeber in Herdecke, ist aber ein Paradebespiel dafür, dass bessere Umstände für das Fahrrad geschaffen werden müssen. Viele Mitarbeiter des GKH nutzen gerne das Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit. Das ist gesund und gut für den Klimaschutz. Es ist an der Zeit, für sichere Radwege zum Krankenhaus zu sorgen.“

Grüne Landtagsfraktion verurteilt antimuslimische Gräberschändung aufs Schärfste

Antimuslimische Gräberschändung in Iserlohn

Zu den Schändungen von rund 30 muslimischen Gräbern auf dem Hauptfriedhof in Iserlohn hat Verena Schäffer, Vorsitzende und innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion NRW, einen Bericht des Innenministeriums für die nächste Sitzung des Innenausschusses am 20. Januar angefordert. Dazu erklärt Sie:

„Die Schändung muslimischer Gräber auf dem Hauptfriedhof in Iserlohn sind Ausdruck von tiefer Menschenverachtung und erschüttern mich zutiefst. Da die Gräberschändungen nur die muslimischen Gräber betrifft, muss leider von einer antimuslimischen Tat ausgegangen werden. Rassismuserfahrungen sind für Musliminnen und Muslime sowie Menschen aus anderen marginalisierten gesellschaftlichen Gruppen Alltag. Dass sie auch nach ihrem Tod angegriffen werden, muss für ihre Angehörigen unerträglich sein. Mein Mitgefühl gilt daher den Angehörigen der Verstorbenen.

Betroffene rassistischer Straftaten werden immer symbolisch für eine Gruppe, der sie zugeschrieben werden, angegriffen. Damit sind antimuslimische Straftaten auch Angriffe gegen unsere Gesellschaft der Vielfalt. Wie wir aus verschiedenen Studien wissen, ist antimuslimischer Rassismus in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Rechtspopulisten und Rechtsextremisten schüren seit Jahren antimuslimische Ressentiments, die an vorhandene Vorbehalte in der Gesellschaft anknüpfen und sich dort verfestigen. Im Jahr 2019 wurden in Nordrhein-Westfalen 174 islamfeindliche Straftaten verzeichnet, im Jahr 2020 waren es 186 islamfeindliche Straftaten. Expertinnen und Experten gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. Beratungsstellen wie die Antidiskriminierungsbüros und die Opferberatung für Opfer rechter und rassistischer Gewalt leisten eine enorm wichtige Arbeit, um Betroffene menschenverachtender Straftaten zu unterstützen. Angesichts des Falles in Iserlohn ist es wichtig, dass die Polizei mit den muslimischen Gemeinden im Austausch über die Sicherheit von muslimischen Einrichtungen und auch Grabfeldern steht. Daneben braucht es endlich eine Dunkelfeldstudie für Nordrhein-Westfalen zu antimuslimischen Straftaten ebenso wie die Einrichtung einer Meldestelle zur besseren Erfassung antimuslimischer Straftaten.“

Rede zum Entwurf der Landesregierung zum Haushalt 2022 – dritte Lesung

„Wir müssen nachhaltige Investitionen fördern – das ist die Strategie heraus aus den Krisen“

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Legislaturperiode – ich glaube, heute ist auch ein guter Tag, auf die letzte Legislaturperiode zurückzublicken – war von Krisen geprägt, von der Klimakrise und von der Coronapandemie. In den vergangenen Jahren hat sich eines ganz deutlich gezeigt: Das Krisenmanagement dieser Landesregierung war und ist leider erbärmlich.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das Krisenmanagement in der Coronapandemie ist nach wie vor geprägt von einem Schlingerkurs und von Kommunikationschaos. Der Erlass von diesem Montag zeigt das überdeutlich. Die Ankündigung, dass sich jeder vier Wochen nach der Zweitimpfung boostern lassen kann, ist nicht nur medizinisch unsinnig, sondern sie führt auch zu vielen Fragen, zu Unsicherheiten und Unklarheiten bei den Menschen, die sich gerne impfen lassen wollen.

So ein Kommunikationschaos ist aus meiner Sicht absolut verheerend in einer Pandemie. Man fragt sich wirklich, wie so etwas mehr als 20 Monate nach Beginn der Pandemie noch passieren kann –

(Beifall von den GRÜNEN)

20 Monate, in denen wir erlebt haben, dass sich die FDP allzu oft mit ihrem Realitätsverlust als gefährlicher Bremsklotz für wirksame Schutzmaßnahmen erwiesen hat.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Wenn man noch einmal an den Beginn dieses Jahres zurückerinnert, dann muss man klar feststellen: Das Hin und Her zu Beginn des Jahres verdanken wir der FDP, als in die dritte Welle hinein geöffnet wurde, um nur wenige Wochen danach alles wieder dichtmachen zu müssen.

Ministerpräsident Armin Laschet hat es allzu oft nicht geschafft, sich gegen den kleineren Koalitionspartner durchzusetzen. Er konnte es nicht, vielleicht wollte er es auch nicht. Von seiner verantwortungsvollen Normalität, die er ja mehrfach angekündigt hat, sind wir nach wie vor meilenweit entfernt.

Sie, Herr Wüst, stellen sich auf Bundesebene als Mitglied des Teams Vorsicht dar. In Nordrhein-Westfalen nutzen Sie aber Ihre Spielräume nicht. Das ist absurd, das ist widersprüchlich, und das wird Ihrer Verantwortung als Ministerpräsident nicht gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN und Sven Wolf [SPD])

Im Coronarettungsschirm bildet sich das chaotische Krisenmanagement quasi spiegelbildlich ab. Ja, natürlich muss es einen Rettungsschirm geben; natürlich müssen vor allem zu Beginn der Pandemie flexibel und schnell Gelder, unter anderem für die Krankenhäuser, zur Verfügung gestellt werden – völlig einverstanden. Der Rettungsschirm hat sich aber immer mehr zu einem Selbstbedienungsladen der Ministerien entwickelt. Wenn Herr Löttgen jetzt noch hier wäre, müsste er zugeben, dass das das Gegenteil von seriöser Haushaltspolitik ist.

(Beifall von den GRÜNEN, Hannelore Kraft [SPD] und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Herr Reul, ich erinnere mich gut an eine Innenausschusssitzung – ich meine, wir diskutierten über die Software Palantir –, in der Sie auf den Punkt gebracht und zugegeben haben, dass sich eigentlich alle Ministerien aus diesem Rettungsschirm bedienen würden. Was für ein Offenbarungseid, dass Sie uns bis heute nicht schlüssig erklären können, was der Backup-Server oder die neuen Handys für unsere Polizeibeamtinnen und -beamten mit Corona zu tun haben. 50 Millionen Euro für IT in der Polizei: Das freut mich als Innenpolitikerin persönlich sehr für alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Man muss aber ganz klar sagen: Das ist ein Mitnahmeeffekt, und für solche Mitnahmeeffekte war der Rettungsschirm definitiv nicht gedacht.

(Beifall von den GRÜNEN und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Man muss auch klar sagen: An anderer Stelle hingegen zeigte sich die Regierung geiziger. Solo-Selbstständige, die coronabedingt tatsächlich vor dem Ruin standen, bekamen, anders als beispielsweise in Baden-Württemberg, kein wirksames Landesprogramm. Bis heute gibt es auch kein schlüssiges, nachhaltiges Landesinvestitionsprogramm als Konjunkturimpuls, wie es andere Länder mit ihren Coronahilfen umgesetzt haben. Bis heute bekommen die Kommunen ihre Mindereinnahmen durch den Steuerverbund nur kreditiert und werden so weiter in die Schuldenspirale gedrängt. Die Bewirtschaftung dieses Coronarettungsschirms steht absolut sinnbildlich für die Planlosigkeit der Regierung in der Coronakrise.

Wir als grüne Fraktion haben dem im Haushaltsverfahren ein Investitionspaket entgegengestellt. Wir werden es heute noch einmal zur Abstimmung stellen, weil wir ganz klar sagen: Wir müssen jetzt Konjunkturimpulse setzen. Wir müssen nachhaltige Investitionen fördern. Das ist die Strategie heraus aus den Krisen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gerade in dieser Zeit wäre es so wichtig, als Staat in die Zukunft zu investieren. Sie nutzen Ihre finanziellen Spielräume aber nicht, um genau das jetzt zu machen. Dabei hatte Armin Laschet damals im Wahlkampf große Versprechungen gemacht: Ein Drittel der Steuermehreinnahmen sollte für Investitionen genutzt werden. Von diesem vollmundigen Versprechen ist allerdings nicht viel übrig geblieben. Im kommenden Jahr – um jetzt noch einmal einen Blick auf die Zahlen zu werfen – wird Nordrhein-Westfalen laut aktueller Steuerschätzung trotz der Auswirkungen der Coronakrise 15 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen haben, als im letzten rot-grünen Haushalt 2017 vorgesehen waren – 15 Milliarden Euro. Laut des Versprechens von Armin Laschet – ein Drittel der Steuermehreinnahmen für Investitionen – müsste die jetzige Landesregierung 5 Milliarden Euro mehr für Investitionen ausgeben als die damalige im Jahr 2017. Aber was machen Sie? – Sie planen nicht einmal 3 Milliarden Euro mehr für Investitionen ein. Das ist einfach viel zu wenig.

(Beifall von den GRÜNEN und Heike Gebhard [SPD])

Die Investitionsquote soll 2022 von 10,4 auf gerade einmal 11 % steigen, um dann, wenn das Wahljahr vorbei ist, in der Finanzplanung wieder unter das Niveau von 2021 zu sinken.

Man muss eines ganz klar sagen: Die negativen Auswirkungen dieser fehlgeleiteten Politik auf Wirtschaft und Gesellschaft sind immens. Wir haben jetzt schon einen riesigen Investitionsstau. Der DGB hat es ausrechnen lassen: Der Investitionsstau bei Land und Kommunen liegt bei rund 27 Milliarden Euro. Wir als Opposition könnten jetzt hingehen und sagen: Ja, da hat Herr Laschet ein Versprechen gegeben. Versprochen gebrochen; wir setzen jetzt einen Haken dahinter.

Aber so einfach ist es nicht, denn das schwarz-gelbe Versäumnis, jetzt nicht zu investieren, lastet schwer auf den zukünftigen Generationen. Das sind Investitionen in Radwege und in die Sanierung von Straßen, in Hochschulen, in Studierendenwohnheime, in Klimaschutz und in Klimafolgenanpassung. Wenn diese Investitionen jetzt nicht getätigt werden, sind das angesichts sprudelnder Steuermehreinnahmen verpasste Chancen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn der Putz in den Hörsälen unseres Landes von den Decken rieselt und die Schulen tief in der Kreidezeit stecken, dann hat das ziemlich wenig mit vorausschauender und generationengerechter Haushaltspolitik zu tun. Ihnen geht es ja noch nicht einmal mehr um die Erhaltung des Status quo.

(Zuruf von Claudia Schlottmann [CDU])

Sie leben von der Substanz und gefährden damit den Wohlstand unseres Landes.

(Beifall von den GRÜNEN)

Eine zentrale Aufgabe müssen die Investitionen in mehr Klimaschutz sein. Im Sommer dieses Jahres haben wir direkt vor unserer Haustür erleben müssen, dass Sie die falsche Frage stellen. Sie darf nicht lauten: Wie teuer ist der Klimaschutz? Nein, die Frage heißt doch: Wie teuer ist kein Klimaschutz?

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Im Sommer dieses Jahres haben wir die Auswirkungen der Klimakrise direkt vor unserer Haustür erleben müssen. Keinen Klimaschutz können wir uns nicht leisten – das ist die schreckliche Erkenntnis aus der Hochwasserkatastrophe.

Ich bin drei Tage nach dem Hochwasser nach Hagen gefahren. Da waren die Straßen noch graubraun vom Schlamm des Hochwassers. Am Straßenrand türmten sich die Sperrmüllberge, und es sind nicht nur Tische und Stühle und zum Teil die gesamten Inneneinrichtungen mancher Wohnungen, sondern auch private Erinnerungsstücke, Fotos, Kuscheltiere dem Hochwasser zum Opfer gefallen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich einen Blick in das Haus des Kinderschutzbundes in Hagen geworfen habe, in dem, kurz vor Schulanfang, unzählige Tornister in Schlamm schwammen. Am schlimmsten aber ist es, dass im Jahr 2021 so viele Menschen bei einem Hochwasser sterben mussten. Warum die Landesbehörden die Unwetterwarnungen nicht bewertet haben,

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

warum die Kommunen damit alleine gelassen wurden, das wird der Parlamentarische Untersuchungsausschuss klären. Ich bin der Auffassung, dass wir eine Verantwortung gegenüber den Menschen dafür haben, dass diese Fragen jetzt parlamentarisch aufgearbeitet werden.

Neben den vielen offenen Fragen steht für die betroffenen Menschen natürlich der Wiederaufbau an erster Stelle. Auch vier Monate nach dem Hochwasser sind die Schäden an den Privathäusern, an der öffentlichen Infrastruktur und bei den Unternehmen immens. Die Bilanz von Ministerin Scharrenbach von Mitte November zeigt, dass der Wiederaufbau schleppend läuft – zu schleppend. Menschen, die alles verloren haben, brauchen jetzt Antworten darauf, wie es mit ihren zerstörten Häusern, mit ihren zerstörten Unternehmen weitergeht. Das lange Warten auf die Bearbeitung der Anträge zur Wiederaufbauhilfe ist für viele einfach unerträglich.

Ja, es ist gut, dass die Landesregierung in den Ministerien und bei den Bezirksregierungen neue Stellen zur Bearbeitung der Anträge eingerichtet hat. Man fragt sich allerdings, warum sie erst drei Monate nach dem Hochwasser darauf gekommen ist. Erst drei Monate später kommen Sie auf die Idee, neue Stellen einzurichten. Aus meiner Sicht ist das viel zu spät. Sie haben den Menschen ein Versprechen gegeben. Sie haben gesagt, dass die betroffenen Privatleute, die Kommunen, die Unternehmen schnelle und unbürokratische Hilfen bekommen würden. Dieses Versprechen muss jetzt auch eingelöst werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir werden in Zukunft häufiger solche Extremwetterereignisse erleben. Deshalb wird es eine der großen Aufgaben der nächsten Legislaturperiode sein, den Katastrophenschutz noch besser aufzustellen. Wir brauchen Vorsorge vor Ort mit Katastrophenschutzbedarfsplänen. Wir brauchen klare Zuständigkeiten und Landeskompetenzen im Katastrophenfall, damit sich die Landesregierung nie wieder so aus der Verantwortung zieht, wie sie es im Juli dieses Jahres getan hat.

Wir Grüne haben Ihnen angeboten, gemeinsam an einem Konzept zur Stärkung des Katastrophenschutzes zu arbeiten. Leider wurde dieses Angebot vonseiten des Innenministers ausgeschlagen.

Wir Grüne haben sehr konkrete Vorschläge dazu gemacht, wie der Katastrophenschutz gestärkt werden kann, weil wir unsere Verantwortung als konstruktive Opposition sehr ernst nehmen. Ich will hier und heute unser Angebot noch mal erneuern, gemeinsam an diesem wichtigen Thema zu arbeiten.

Warum sage ich dies in einer Haushaltsdebatte? – Ich sage es deshalb, weil die Stärkung des Katastrophenschutzes – zum Beispiel durch ein eigenes Landesamt für Katastrophenschutz – Kosten für den Landeshaushalt nach sich ziehen wird; dies werden nicht wenige Kosten sein.

Ich bin aber der Überzeugung, dass dies gut investiertes Geld ist, wenn wir damit Menschenleben in einer Katastrophe retten können. Wir sollten an diesen Konzepten gemeinsam arbeiten und dieses Geld zur Verfügung stellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir werden in Zukunft nicht jede Katastrophe verhindern können, aber Vorsorge muss natürlich unser Leitprinzip sein. Hitze und Dürren, Starkregenereignisse und Hochwasser sind angesichts der Klimakrise die Herausforderungen für unsere Städte.

Bei meinem Besuch vor Kurzem in Erftstadt sind wir auch nach Blessem gefahren. Ich stand an der Stelle, an der früher die Häuser standen, die vom Wasser weggerissen wurden. Dieser bedrückende Ort zeigt, wie zerstörerisch die Kraft des Wassers ist.

Wasser braucht Fläche, um sich ausbreiten und versickern zu können. Doch Sie von der CDU und FDP haben ausgerechnet dem Flächenfraß Tür und Tor geöffnet. Mit der Änderung des Landesentwicklungsplans haben Sie den Fünfhektargrundsatz gestrichen. Mit der Änderung des Landeswassergesetzes haben Sie den Hochwasserschutz empfindlich geschwächt. Diese Änderungen müssen so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden. Wir jedenfalls setzten dies ab Mai 2022 auf unserer Agenda ganz nach oben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Schutz vor den Auswirkungen von Starkregenereignissen ist nur ein Baustein der Klimafolgenanpassung vor Ort in den Städten. Unsere Städte müssen auch gegenüber Hitze oder Stürmen als Folgen des Klimawandels widerstandsfähiger werden. Damit können aber die finanzschwachen Städte – zum Beispiel im Ruhrgebiet, aber auch anderswo – nicht alleine gelassen werden. Sie stehen ohnehin schon mit einer desolaten Haushaltssituation da. Hinzu kommen noch die Steuermindereinnahmen durch Corona.

Klimafolgenanpassung darf aber kein Nice-to-have sein, sondern ist ein zwingender Teil der Daseinsvorsorge. Dem trägt dieser schwarz-gelbe Landeshaushalt leider keinerlei Rechnung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie rühmen sich immer für das Klimaanpassungsgesetz. Die Auskopplung des Klimaanpassungsgesetzes aus dem rot-grünen Klimaschutzgesetz ist aber reiner Etikettenschwindel.

Sorgen Sie dafür, dass die Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung mit Haushaltsmitteln hinterlegt werden, damit Vorsorge zum Leitprinzip wird. Die wenigen Millionen, die Sie aus dem Coronarettungsschirm für Klimaanpassung bereitgestellt haben, waren in kürzester Zeit überzeichnet. Dies zeigt doch, dass die Kommunen händeringend nach Mitteln für die Umsetzung ihrer Projekte suchen.

Die Landesregierung hat nach der Hochwasserkatastrophe versprochen, die Kommunen bei der Klimaanpassung deutlich stärker zu unterstützen. Im Haushalt selbst sehen wir aber keinerlei Erhöhung in diesem Bereich. Trotz des verheerenden Hochwassers im Juli diesen Jahres kommen nur Peanuts aus dem Rettungsschirm. Damit brechen Sie beim Thema „Klimaanpassung“ Ihr Versprechen an die Kommunen. Dies ist schlecht für uns alle.

(Beifall von den GRÜNEN)

Klimafolgenanpassung ist wichtig. NRW muss aber natürlich auch der Verantwortung für den Klimaschutz nachkommen. Altena, Hagen, Erftstadt, Euskirchen und viele weitere Orte sowie ihre Bewohnerinnen und Bewohner haben im Juli dieses Jahres erlebt, was die Klimakrise konkret bedeutet.

Dabei sprechen wir von einer Erderwärmung von etwa 1,2°C. Die Erderwärmung – auch das wissen wir – wird weiter zunehmen. Es liegt in unser aller Verantwortung, sie auf 1,5°C zu begrenzen.

An vielen Stellen, an einer aber ganz explizit, muss ich Armin Laschet wirklich widersprechen.

(Matthias Kerkhoff [CDU]: Ich dachte, recht geben!)

Spätestens das Hochwasser im Juli war ein solcher Tag, der alles in der Politik verändern sollte. Der 29. April hätte aber bereits für diese Landesregierung ein Weckruf sein müssen. Am 29. April haben nämlich die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts einen historischen Beschluss gefasst: Konsequenter Klimaschutz schützt die Freiheit der zukünftigen Generationen.

(Beifall von den GRÜNEN und Marina Dobbert [SPD])

Die Eindämmung der Klimakrise ist damit auch höchstrichterlich zur Sache der Generationengerechtigkeit geworden. Die Politik steht in der Pflicht, nachfolgenden Generationen ein Leben in Freiheit zu ermöglichen, und dies geht nur durch konsequenten Klimaschutz, der die konkreten Maßnahmen nicht in die Zukunft verschiebt.

Diesem Beschluss müssen auch politische Taten folgen. – Nein, die eiligen Nachbesserungen beim NRW-Klimaschutzgesetz sind keine ausreichenden Taten. Es fehlen die konkreten Maßnahmen und die sektorspezifischen Ziele. Vor allem aber fehlt das entschlossene Handeln dieser Landesregierung.

Herr Wüst, reden Sie nicht nur darüber, was wünschenswert wäre, sondern handeln Sie. Dafür sind Sie schließlich Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Handeln Sie. Lösen Sie die Fesseln, die Sie dem Ausbau der Windenergie angelegt haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sorgen Sie für den Kohleausstieg bis 2030. Sorgen Sie auch für die von Ihnen selbst eingeforderte Klarheit für die Menschen in den Dörfern, Herr Wüst. Drücken Sie sich nicht weiter um die Verantwortung und zeigen Sie nicht weiterhin mit dem Finger nach Berlin. Legen Sie in einer Leitentscheidung den Kohleausstieg bis spätestens 2030 fest und schließen Sie weitere Umsiedlungen aus. Machen Sie klar, dass die Dörfer gerettet werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dass hinter der schwarz-gelben Klimapolitik nicht viel steckt, zeigt auch der letzte Haushalt Ihrer Regierung.

(Bodo Löttgen [CDU]: Dieser!)

Viele der Mehrausgaben im Bereich „Energiewende und Klimaschutz“ haben bei näherer Betrachtung mit Klimaschutzmaßnahmen nur indirekt etwas zu tun, Herr Löttgen.

Denn ob die gesamten Strukturfördermittel für den Umbau des Rheinischen Reviers – zweifelsohne ein wichtiges Thema; auch wir wollen den Umbau des Rheinischen Reviers – und damit jedes geförderte Gewerbegebiet und jeder Coworking-Space wirklich in den Klimaetat gehören, ist doch sehr zweifelhaft. Dies dient offenbar eher der künstlichen Aufblähung des Klimaetats als dem konsequenten Klimaschutz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Mittel für den Klimaschutz reichen angesichts der Investitionsbedarfe insbesondere in den Kommunen vorne und hinten nicht. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag mit zusätzlichen Mitteln – 250 Millionen Euro – für kommunale Klimaschutzmaßnahmen eingebracht, und wir werden diesen heute noch mal zur Abstimmung stellen.

Auch die Industrie wartet auf konkrete Maßnahmen und klare Rahmenbedingungen. Wenn wir mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Wirtschaft sprechen, dann drängt sich immer mehr der Verdacht auf: Die Landesregierung hat den Bezug zur Wirtschaft schon komplett verloren.

Die Unternehmen haben diese Landesregierung in Sachen „Klimaschutz“ schon längst überholt, weil sie wissen, dass sie klimaneutral wirtschaften müssen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Was aber macht diese Landesregierung? – Ein Investitionsprogramm für den Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft suchen wir vergebens. Sie haben gerade mal 15 Millionen Euro für Wasserstoff bereitgestellt und nur 7 Millionen Euro für mehr Energieforschung. Das ist alles.

Sie setzen sich Klimaschutzziele, tun aber faktisch kaum etwas dafür, dass diese auch erreicht werden können.

(Christof Rasche [FDP]: Das ist ja wohl der Hammer!)

Das ist nicht nur unglaubwürdig, sondern diese Mutlosigkeit gefährdet den Industriestandort NRW.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb haben wir beantragt, dass es mehr Investitionen für den Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft gibt.

Wer den Klimaschutz wirklich ernst nimmt, der kommt an der Mobilitätswende nicht vorbei. Der Verkehrssektor ist ein entscheidender Faktor bei der Bekämpfung der Klimakrise. Es ist allerdings auch der Sektor, in dem in den letzten Jahren praktisch keine klimaschädlichen Emissionen reduziert wurden.

Nicht der Neubau von Landesstraßen darf Priorität haben, sondern dies muss für den Erhalt der Straßeninfrastruktur gelten. Die Brückensperrung auf der A 45 führt uns dies derzeit nur zu gut vor Augen. Es ist eine riesige Belastung für alle Anwohnerinnen und Anwohner sowie für die Unternehmen in der Region.

Statt sich auf die Sanierung der zentralen Straßen und Brücken zu konzentrieren, haben Sie, Herr Wüst, als Verkehrsminister wieder einmal mit der Gießkanne Neubauprojekte geplant und die Schwerpunktsetzung aus der rot-grünen Regierungszeit, die auf Erhalt vor Neubau lag, zurückgenommen. Wir fordern Sie auf, die Kapazitäten auf die drängenden Probleme unserer wichtigen Routen zu konzentrieren. Spätestens jetzt muss die Landesregierung klare Prioritäten setzen. Statt auf dem Neubau von Straßen muss die Priorität auf dem Erhalt unserer Straßeninfrastruktur, auf der Reaktivierung und Elektrifizierung von Schienenstrecken und auf dem Ausbau des ÖPNV liegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ hatte Ihnen eigentlich ausreichend Rückenwind für ein ambitioniertes Gesetz gegeben. Ihr Gesetz bleibt jedoch hinter dem zurück, was die mehr als 200.000 Unterstützerinnen und Unterstützer der Volksinitiative gefordert hatten. Ähnlich wie beim Klimaschutz, reicht es einfach nicht aus, Ziele festzuschreiben, wenn diese nicht mit konkreten Maßnahmen verbunden sind. Die Mittelaufwüchse in Ihrem Haushalt sind noch keine Radwege. Sie werden sich daran messen lassen müssen, wie viele sichere und gute Radwege Sie damit tatsächlich bauen werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Klimaschutz wird vor Ort gemacht. Es braucht dafür handlungsfähige Kommunen, um den vielfältigen Herausforderungen wie dem Klimaschutz und der Klimafolgenanpassung, aber auch einer modernen Mobilitätspolitik, der Quartiersentwicklung und dem gesellschaftlichem Zusammenhalt gerecht zu werden.

Doch die Landesregierung verschleppt die Lösung der Altschuldenproblematik unserer Kommunen seit über vier Jahren. Wir alle wissen, dass die Coronakrise diese Ungleichheit noch weiter verschärfen wird und auch schon verschärft hat.

(Bodo Löttgen [CDU]: Deswegen geht es in Kommunen heute auch besser!)

Während die Finanzprobleme der Kommunen ungelöst bleiben, hat Corona bei den Kommunen zu neuen Mindereinnahmen und Mehrausgaben geführt. Die Mehrausgaben der Kommunen dürfen sie jetzt gnädigerweise in ihren Haushalten isolieren. Damit sind die Schulden aber nicht vom Tisch. Im Gemeindefinanzierungsgesetz bietet das Land den Kommunen den Ausgleich der Mindereinnahmen nur als Darlehen an. Im Klartext bedeutet das also: Städte und Gemeinden dürfen zusätzliche Schulden machen. Sie werden noch tiefer in die roten Zahlen rutschen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Noch tiefer?)

Damit erweisen Sie den Kommunen einen Bärendienst . Man muss eins wirklich feststellen: Die Kommunen sind der große Verlierer dieser Landesregierung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Coronapolitik der Landesregierung führt Schätzungen zufolge dazu, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen auf ca. 6 Milliarden Mindereinnahmen sitzen bleiben werden. Diese werden sie nicht alleine stemmen können. Ich will auch noch mal auf die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände verweisen und ein kurzes Zitat daraus vorlesen:

„Über die kommenden 50 Jahre werden die Handlungsspielräume lokaler Politik eingeschränkt. Haushaltsicherungskonzepte und dauerhafte Nothaushalte […] werden ohne Korrekturen zum Regelfall kommunaler Haushaltswirtschaft werden.“

(Josefine Paul [GRÜNE]: Verrückt, so etwas Undankbares!)

Das sind ziemlich düstere Aussichten für unsere Kommunen. Der letzte Haushalt dieser Landesregierung ist also auch ein weiterer Haushalt, der die überschuldeten Kommunen – gerade jetzt in der Coronakrise – im Stich lässt. Das bedeutet ganz konkret, dass die Lebensverhältnisse in Nordrhein-Westfalen weiterhin von der Postleitzahl abhängen werden und dass wir uns von dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in unserem Land weiter entfernen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Kann das Schwimmbad saniert werden? Wie hoch sind die Elternbeiträge für Kita oder OGS? Diese Fragen schiebt diese Landesregierung auf die Kommunen ab.

Zusammenleben wird vor Ort gestaltet. Sie hat ihre Verantwortung für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land längst abgegeben. Das zeigt sich auch bei Ihren kosmetischen Projekten im Bereich des Sozialindexes für Schulen oder Ihrem Leuchtturmprojekt, den Talentschulen. Für faire Bildungschancen müssten alle 5.000 Schulen in Nordrhein-Westfalen Talentschulen sein – gerade diejenigen in besonders benachteiligten Stadtteilen und nicht nur die 60 Schulen, die Sie quasi handverlesen dazu auserkoren haben.

Der schulscharfe Sozialindex ist ebenfalls eine bildungspolitische Mogelpackung. Die – in Anführungsstrichen – zusätzlichen Stellen rekrutieren Sie zum größten Teil aus bereits bestehenden Töpfen – aus dem Topf gegen den Unterrichtsausfall, dem Topf der Integrationsstellen und dem Topf der sozialpädagogischen Fachkräfte der Schuleingangsphase.

(Josefine Paul [GRÜNE]: So ist das!)

Statt dass besonders herausgeforderte Schulen wirklich unterstützt werden, stehen die Schulen jetzt also in einem Umverteilungskampf, weil der Sozialindex in der Realität mit zu wenig Stellen hinterlegt ist. Das ist das Gegenteil von einer Schulpolitik, die faire Chancen für alle Kinder zum Ziel hat.

(Beifall von den GRÜNEN – Josefine Paul [GRÜNE]: So ist das!)

Dieser Haushalt hält eine weitere Enttäuschung bereit. Entgegen Ihrer eigenen Ankündigungen wird es keine Erhöhung der Besoldung für Lehrkräfte an Grundschulen und in der Sekundarstufe I von A12 auf A13 geben.

Das ist nicht nur ein Vertrauensbruch gegenüber den Lehrkräften. Vielmehr wäre das auch eine notwendige Konsequenz aus der Reform der Lehrerausbildung. Es ist vor allem außerdem Ausdruck Ihrer Haltung gegenüber dem öffentlichen Dienst insgesamt.

(Henning Höne [FDP]: Mutig für Leute, die gesagt haben, dass es ab A13 gar keine Erhöhung mehr gibt!)

– Herr Höne, ich kann Sie bei dem Gebrüll hier ehrlich gesagt kaum verstehen. Ihr Fraktionsvorsitzender hat aber ja gleich die Chance, hier zu reden.

(Henning Höne [FDP]: Darüber können wir ja noch mal reden! 0 % Erhöhung ab A13! – Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Der kann uns ja noch mal einiges erläutern. A12, A13, faire Chancen für alle Schülerinnen und Schüler in den Schulen, das Thema „Altschuldenproblematik“ – Ihr Kollege, Ihr Vorsitzender hat gleich 45 Minuten Zeit, uns all das noch mal zu erklären. Wir sind sehr gespannt auf seine Rede.

(Beifall von den GRÜNEN)

Schauen wir mal, was seine Antworten auf diese Herausforderungen und auf diese gebrochenen Versprechen, die diese Landesregierung zu verzeichnen hat, sind. Herr Rasche, wir dürfen sehr gespannt sein, welche Antworten Sie darauf haben.

(Henning Höne [FDP]: Dringend notwendig!)

Morgen Abend diskutieren wir hier im Plenum ein Gesetz mit dem schönen Titel „Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen“. Das klingt gut, es steckt aber eigentlich überhaupt nichts darin. Es ist ein Gesetz, auf das viele Beschäftigte dieses Landes gewartet haben.

Vor dem Hintergrund von rund 20.000 unbesetzten Stellen im öffentlichen Dienst des Landes wäre eine echte Attraktivitätsoffensive mehr als angemessen. Ich will korrigieren: Das wäre nicht nur angemessen, es ist sogar dringend notwendig.

Der Gesetzentwurf, den Sie für morgen vorgelegt haben, liegt aber meilenweit hinter den Erwartungen zurück. Man muss feststellen: Die im Koalitionsvertrag groß angekündigte Attraktivitätsoffensive ist einfach komplett gescheitert. Das sagen auch alle Gewerkschaften und Verbände. Der Gesetzentwurf ist schlicht eine Nullnummer. Das wissen Sie auch, sonst hätten Sie ihn nicht als letzten TOP des Tages und sogar des Jahres auf der morgigen Tagesordnung versteckt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf hat nichts mehr mit den Gesprächen zwischen der Landesregierung und den Gewerkschaften und den dort gemachten Vorschlägen zu tun.

Der Grund für das Scheitern ist, dass aus Ihrer Sicht die Attraktivierung des öffentlichen Dienstes nichts kosten darf. Attraktive Arbeitsbedingungen zum Nulltarif wird es aber nicht geben können.

Wir können uns diese Haltung angesichts der Höchststände bei den unbesetzten Stellen und angesichts des Wettbewerbs um die besten Köpfe im Land schlicht nicht mehr leisten. Wir brauchen einen attraktiven öffentlichen Dienst und engagierte Beschäftigte, wenn wir den Herausforderungen der Zukunft begegnen wollen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte meine Rede gerne mit dem Blick auf eine weitere Krise dieser Zeit neben der Klimakrise abschließen. Es ist die Bedrohung der biologischen Vielfalt.

Dass die Koalitionsfraktionen die Forderungen der Volksinitiative abgelehnt haben, ist im Endeffekt eine Fortsetzung Ihrer ignoranten Politik der vergangenen vier Jahre.

Die Reduzierung des Flächenfraßes oder den Schutz von Schutzgebieten haben Sie in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt. Wenn man noch mal in den Etat, in die Haushaltsbücher schaut, möchte ich daraus zum Vergleich zwei Zahlen nennen. Der gesamte Naturschutzhaushalt in NRW beträgt gerade einmal 37 Millionen Euro. Daran hat sich in den letzten Jahren im Endeffekt nicht viel geändert; das ist ziemlich gleich geblieben.

Nur einmal zum Vergleich: Für die Heimat-Projekte von Frau Scharrenbach steht ein Volumen von 33 Millionen Euro zur Verfügung – 37 Millionen Euro für den gesamten Naturschutzbereich, 33 Millionen Euro für die Heimat-Projekte.

Wenn Sie unsere heimatliche Flora und Fauna schützen wollen,

(Bodo Löttgen [CDU]: Flora und Fauna sind wichtiger als die Menschen?)

müssen Sie die Mittel im Naturschutzetat erhöhen. Daran führt überhaupt kein Weg vorbei, Herr Löttgen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gerade der Schutz der biologischen Vielfalt berührt die Frage der Generationengerechtigkeit. Es ist nämlich die Frage, welche Tier- und Pflanzenarten unsere Kinder und Enkelkinder noch erleben dürfen. Es ist die Frage, welche Welt wir ihnen hinterlassen werden.

Herr Wüst, wer die Bewahrung der Schöpfung als größte Aufgabe unserer Zeit bezeichnet, muss Worten auch Taten folgen lassen. Das findet sich in diesem Haushalt nicht wieder. Ändern Sie das! Wir brauchen mehr Geld und mehr Aktivitäten im Bereich der Artenvielfalt. Wir müssen die biologische Vielfalt erhalten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Krisen unserer Zeit zeigen uns sehr deutlich, welche Auswirkungen eine Politik hat, die nicht vorausschauend ist und nicht auf Vorsorge ausgerichtet ist.

Mit diesem Haushalt hätten Sie letztmalig die Gelegenheit gehabt, wichtige Zukunftsinvestitionen vorzunehmen.

(Christof Rasche [FDP]: Das machen wir nächstes Jahr wieder!)

Mit diesem Haushalt zeigen Sie einmal mehr: Sie stehen noch nicht einmal mehr für den Erhalt des Status quo. Das ist wirklich bitter für unser Land. Es zeigt einmal mehr, dass es einen Aufbruch für Nordrhein-Westfalen braucht. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall von den GRÜNEN)

Rede zum Entwurf der Landesregierung für ein neues Versammlungsgesetz – zweite Lesung

„In seinem gesamten Duktus ist dieses Gesetz darauf ausgelegt, in jeder Versammlung eine Gefahr zu sehen“

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt den Spruch: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Das kann man mit Blick auf dieses Versammlungsgesetz nicht so wirklich sagen. Daran ändert leider auch der Änderungsantrag von CDU und FDP aus der vergangenen Woche nicht allzu viel. Ich gebe zu, der Änderungsantrag verbessert den Gesetzentwurf an einigen Stellen, aber wirklich retten kann er ihn leider nicht.

Bevor ich zum Inhalt komme, würde ich gern noch ein paar Worte zum Gesetzgebungsverfahren sagen, weil CDU und FDP im Innenausschuss letzte Woche betont haben, wie ausgiebig man diesen Gesetzentwurf im Landtag beraten hätte. Das stimmt meines Erachtens so nicht.

Die Einbringung im Januar erfolgte ohne Plenardebatte. Bei der Anhörung im Mai haben wir das erste Mal überhaupt über den Gesetzentwurf gesprochen. Danach folgte monatelang nichts. Erst letzte Woche haben wir dann im Ausschuss über den Gesetzentwurf diskutiert. Parallel erfolgte die Auswertung der Anhörung. Ihren Änderungsantrag haben wir immerhin zwei Tage vorher, am Nikolaustag, erhalten.

Ich würde sagen, das war alles andere als eine intensive parlamentarische Befassung mit einem so weitreichenden und wichtigen Gesetzgebungsverfahren. Das finde ich schade, und das wird auch der Bedeutung der Versammlungsfreiheit nicht ganz gerecht.

Wir wollten eine zweite Anhörung machen. Ich hätte das gut und notwendig gefunden. Das haben Sie leider abgelehnt. Sehr schade! Wie gesagt, die Versammlungsfreiheit hat eine sehr hohe Bedeutung in unserer Demokratie. Es wäre gut gewesen, diesen Gesetzentwurf ausgiebig zu diskutieren.

Ich will auch sagen: Die heutige Verabschiedung dieses Gesetzes ist wahrlich keine Sternstunde für die frühere Bürgerrechtspartei FDP. Wir kennen das schon von dem Polizeigesetz, aber das macht es mit Blick auf die Versammlungsfreiheit nicht besser.

Die FDP hat als Teil der Regierung den Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Herr Lürbke hat ihn damals sehr begrüßt. Dass es letzte Woche überhaupt noch zu Änderungen gekommen ist, liegt bekanntermaßen einzig und allein daran, dass im Juni die Demonstration hier in Düsseldorf stattgefunden hat,

(Daniel Sieveke [CDU]: Das stimmt nicht! – Zuruf von der CDU: Nee, ist klar!)

dass es ein großes Medienecho gab, dass wir uns mitten im Bundestagswahlkampf befanden und die FDP-Bundestagsabgeordneten mitbekommen haben, was hier gerade für ein Gesetz diskutiert wird.

(Gregor Golland [CDU]: Von Linksradikalen!)

Ansonsten hätte die FDP heute einfach munter zugestimmt. Ich finde, das gehört einfach zur Wahrheit dazu.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Auch wenn Sie es vielleicht nicht hören wollen – es ist einfach so.

(Zuruf von Gregor Golland [CDU])

Der Änderungsantrag, der letzte Woche von den Koalitionsfraktionen in den Innenausschuss eingebracht wurde, bringt durchaus einige Klarstellungen und auch Verbesserungen. Das erkenne ich ganz ausdrücklich an, das ist auch gut so.

Dass Sie zum Beispiel für die Spontanversammlungen die Pflicht zur Benennung einer Versammlungsleitung gestrichen haben, finde ich eine sehr gute Änderung.

Ich finde es auch gut, dass Sie eine Überprüfungsklausel, eine Evaluation, eingeführt haben. Darauf haben wir Grüne sehr gedrängt und von vornherein gefordert, dass es das geben muss. Aber der Kollege Sven Wolf hat mich gerade schon darauf hingewiesen: Wahrscheinlich werden die Gerichte schon evaluieren. – Wir dürfen gespannt sein, wie die Gerichte über diesen Gesetzentwurf entscheiden werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch die Änderungen beim Störungsverbot waren notwendig. Denn klar ist, dass nicht nur die Versammlung selbst geschützt wird, sondern auch jede Gegendemonstration ist natürlich von der Versammlungsfreiheit geschützt. Das ist richtig so. Es ist gut, dass Sie das in dem zukünftigen Gesetz durch Ihren Änderungsantrag klarstellen.

Zum Militanzverbot finde ich, die Änderung der Überschrift ist ein bisschen eine Mogelpackung. Darauf hätten wir verzichten können. Aber das ist in Ordnung. Sie haben in der Tat substanziell bei diesem Paragrafen etwas geändert und klargestellt. Auch das erkenne ich an.

Eines verstehe ich aber nicht. Das habe ich im Innenausschuss schon gesagt, und wir haben es auch vorher schon mehrfach angesprochen. Das war Thema in der Anhörung, und zwar der Vergleich in der Gesetzesbegründung, Seite 77. Dort ist von nationalsozialistischen Aufmärschen von SA und SS die Rede. Das wird verglichen mit dem heutigen Schwarzen Block und der Klimabewegung. Ich finde es nicht in Ordnung, dass hier solche historisch unzulässigen Vergleiche aufgeführt werden.

Der Minister sorgt sich sehr, kümmert sich und engagiert sich für die historisch-politische Bildung der Polizeibeamtinnen und -beamten. In Selm-Bork läuft total viel dazu. Es ist großartig, was da gemacht wird. Gleichzeitig finden sich solche unsäglichen Vergleiche in Gesetzentwürfen des Innenministeriums. Das geht einfach nicht.

Dass Sie die Chance nicht genutzt haben, das in dem Änderungsantrag klarzustellen und zu sagen: „Okay, das ist uns irgendwie durchgerutscht; keine Ahnung, wie das da reingekommen ist, das verstehen wir selbst nicht so richtig“, verstehe ich einfach nicht. Wir haben Sie mehrfach darauf hingewiesen. Gut. Ich habe mich schon im Innenausschuss darüber aufgeregt. Mich macht das immer noch fassungslos. Ich weiß nicht so richtig, wie das passieren konnte und warum Sie das nicht klargestellt haben.

Ich will darauf hinweisen, es gibt noch mehr Kritik, unter anderem aus der Anhörung zu dem Gesetzentwurf. Die Kritik haben Sie in Ihrem Änderungsantrag nicht aufgegriffen.

Das gilt zum Beispiel für das Kooperationsgebot, was durch den Gesetzentwurf zu einer faktischen Pflicht gemacht wird, weil bei Nichtkooperation Beschränkungen der Versammlung angedroht werden. Damit wird es zu einer Pflicht, und das steht eigentlich im Widerspruch zu dem, was das Bundesverfassungsgericht im Brokdorf-Beschluss 1985 festgestellt hat.

Auch bei den Bild- und Tonaufnahmen gibt es keine Veränderungen durch den Änderungsantrag. Die Voraussetzung für Übersichtsaufnahmen, also wann die Polizei Aufnahmen bei Demos machen darf, sind unverändert vage formuliert. Es geht um die Größe und Unübersichtlichkeit von Versammlungen. Aber was das konkret bedeutet, wird leider nicht klargestellt.

Ich will noch mal daran erinnern, dass Gerichte mehrfach gesagt haben, dass Bild- und Tonaufnahmen bei Demonstrationen einen Abschreckungseffekt haben können, dass Menschen gar nicht erst zu Demonstrationen gehen, wenn beispielsweise der Datenschutz nicht ausreichend gesichert ist. Auch da will ich noch mal an Brokdorf erinnern, denn das Bundesverfassungsgericht hat ganz, ganz deutlich gesagt, dass die Teilnahme an Versammlungen zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens gehört. Deshalb, finde ich, muss das auch in solch einem Gesetzentwurf berücksichtigt werden.

Ein weiterer Hinweis ist das Thema „Autobahn“. Sie haben in Ihrem Änderungsantrag geschrieben, dass es ein pauschales Verbot von Demonstrationen auf Autobahnen gibt.

(Marc Lürbke [FDP]: Finden Sie das falsch?)

– Wie bitte?

(Marc Lürbke [FDP]: Finden Sie das falsch?)

– Zumindest fehlt mir die Begründung, die Erläuterung, die Erklärung.

(Gregor Golland [CDU]: Das ergibt sich doch wohl von selbst! Was muss man denn da noch erklären?)

Es gibt auf jeden Fall Bedenken dazu, die besagen, dass so ein pauschales Verbot für einen Ort …

(Marc Lürbke [FDP]: Bei Autobahnen!)

– Ja, bei Autobahnen. Wir haben das auch mit Verfassungsrechtlern noch mal …

(Gregor Golland [CDU]: Finden Sie das gut, wenn die Chaoten sich da abseilen?)

– Herr Golland, es geht nicht darum, was ich finde.

(Gregor Golland [CDU]: Doch, darum geht es! Genau darum geht es!)

Es ist die Frage, was rechtmäßig ist, was auch verfassungsrechtlich geregelt werden darf.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist der Punkt.

Ich will noch mal zum Thema „Evaluation“ zurückkommen. Gegebenenfalls müssen dann Gerichte klären, ob das zulässig ist oder nicht.

(Gregor Golland [CDU]: Sollen sie mal!)

Aber das wäre ein Punkt gewesen, den man in einer Anhörung hätte klären können. Da geht es nicht um die Frage, ob ich das für richtig oder falsch halte, sondern es geht um die Frage, ob man es verfassungsrechtlich so pauschal regeln darf, wie Sie das hier vorgenommen haben. Das ist doch die Frage. Die Begründung fehlt. Die haben Sie mir auch im Ausschuss nicht gegeben. Der Minister kann gleich vielleicht erläutern, wie er das verfassungsrechtlich begründet.

Man könnte die Liste mit Kritikpunkten aus der Anhörung noch fortsetzen. Leider läuft mir hier die Zeit davon, weil ich mich jetzt zu lange mit Herrn Golland beschäftigt habe. Das ist sehr schade.

(Beifall von den GRÜNEN – Heiterkeit von der CDU – Gregor Golland [CDU]: Das ist aber schön!)

Ich hätte gerne noch etwas zum Schutz von Medienschaffenden und zu weiteren Kritikpunkten gesagt. Sie haben mich ein bisschen aus dem Konzept gebracht, Herr Golland. Das ist sehr bedauerlich, weil ich noch mehr Kritikpunkte hätte aufführen können. Aber das können wir gerne zu einem anderen Zeitpunkt machen.

Mein letzter Satz – ich weiß, Herr Präsident, ich muss zum Punkt kommen –: Wir sind ganz und gar nicht zufrieden mit diesem Gesetzentwurf und auch nicht mit dem Änderungsantrag. In seinem gesamten Duktus ist dieses Gesetz darauf ausgelegt, in jeder Versammlung eine Gefahr zu sehen. Es ist leider kein Versammlungsfreiheitsgesetz. Das ist sehr schade, das ist sehr bedauerlich. Ich hoffe, dass sich im Mai die Mehrheiten ändern. Dann kann man an solchen Gesetzen auch etwas ändern. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Rede zur Unterrichtung der Landesregierung zur aktuellen Situation in der Corona-Pandemie

„Das reicht doch nicht aus, wenn man Verantwortung für die Menschen in diesem Land trägt“

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Ihrer Rede, Herr Löttgen, muss man wirklich erst mal tief durchatmen. Ich finde es unglaublich, wie Sie hier die Lage schönreden, wie Sie sich selbst absolut widersprechen, wie Sie auf der einen Seite sagen, in Nordrhein-Westfalen sei doch alles gar nicht so schlimm, und auf der anderen Seite die Maskenpflicht in den Schulen wieder einführen, was ich übrigens richtig finde.

Sie bringen einen Antrag ein, um das gesamte Register des Bundesinfektionsschutzgesetzes zu ziehen, was ich auch richtig finde. In Ihrem Antrag steht übrigens: Sie wollen damit der konkreten Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit begegnen. – Das ist also alles ziemlich widersprüchlich, was Sie hier in Ihrer Rede gerade dargestellt haben. Sie widersprechen dem Ministerpräsidenten.

Ich kann Ihnen wirklich nur sagen, Herr Löttgen: Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist ein Ausweis dessen, dass Sie an Realitätsverlust leiden –

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

und das in so einer Situation und als Vorsitzender der größten Fraktion hier.

Herr Wüst, Sie sprechen von einer „konzentrierten Wachsamkeit“. Eine konzentrierte Wachsamkeit heißt offenbar bei dieser Landesregierung: Zugucken und Nichtstun und Abwarten und Mit-dem-Finger-nach-Berlin-Zeigen. – Aber das reicht doch nicht aus, wenn man Verantwortung für die Menschen in diesem Land trägt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Stattdessen hören wir von Herrn Wüst viele markige Worte. Zitat: Da läuft uns die Zeit weg, wir müssen alle Register ziehen. – So am Montag im ARD-„Mittagsmagazin“.

Dann fragt man sich: Warum nutzt denn diese Landesregierung dann nicht alle ihre rechtlichen Möglichkeiten? Warum lässt sie schon wieder Zeit verstreichen? – Das Muster ist ja inzwischen sehr erkennbar: Die Landesregierung kündigt irgendetwas Unkonkretes an. Dann schiebt sie die Verantwortung nach Berlin und will erst mal abwarten, bis eine Ministerpräsidentenkonferenz entscheiden wird. Dann wartet man wieder eine ganze Woche ab, und dann haben wir hoffentlich irgendwann eine konkrete Schutzverordnung.

Und jeden Tag verlieren wir weiter wertvolle Zeit. Man muss einfach klar sagen: In dieser Situation zählt doch jeder einzelne Tag. Dass Sie immer wieder abwarten und nach Berlin zeigen, finde ich unverantwortlich. Ich finde das auch unangemessen für eine Landesregierung in dieser Situation.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wenn man sich hier so die Reden von Herrn Wüst – und, ja, auch von Herrn Löttgen – anguckt, dann muss man sagen: Sie scheinen sich ja in der Oppositionsrolle ganz gut zu gefallen. Sie sind ja mehr damit beschäftigt, sich gegen die kommende Ampelregierung in Berlin zu positionieren als hier in Nordrhein-Westfalen Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Auch wenn Sie die Oppositionsrolle hier in NRW ja zu reizen scheint,

(Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

geht Ihr Nichthandeln eindeutig zulasten der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen. Das ist einfach nicht in Ordnung. Das ist verantwortungslos.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Da ja heute schon mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass wir es mit einer neuen Virusmutation zu tun haben, muss man ganz klar feststellen: Es mag der FDP jetzt hier als Gesichtswahrung dienen, dass man sich auf Omikron beziehen kann, um jetzt doch noch den Verschärfungen von Maßnahmen im Kabinett zuzustimmen. Aber klar ist auch, Herr Wüst, Frau Gebauer: Momentan ist unser Problem immer noch Delta. Die Auswirkungen der neuen Virusmutation werden wir wahrscheinlich erst noch zu spüren bekommen,

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

wenn die Vorhersagen der Expertinnen und Experten zutreffen. Das zeigt doch nur, wie dramatisch die Lage gerade ist und noch zu werden droht. Deshalb kann man nur hoffen, dass die FDP jetzt endlich aus ihrer Blockadehaltung herauskommt.

(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Och nee!)

Verantwortung in der Krise zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen – das sind aus meiner Sicht die Punkte, die zu einem guten Krisenmanagement dazugehören. Die Eckpfeiler von Krisenkommunikation sind Schnelligkeit, Wahrhaftigkeit, Verständlichkeit und Konsistenz, und auf das Krisenmanagement dieser Landesregierung trifft rein gar nichts davon zu.

Christian Lindner hatte noch am Montag bei Anne Will von einem Managementproblem in der Pandemie gesprochen. Dieses Managementproblem wird in Nordrhein-Westfalen doch offenkundig.

Deshalb wäre es wichtig, dass Sie auch hier in Nordrhein-Westfalen endlich den Krisenstab der Landesregierung aktivieren, um das Managementproblem in den Griff zu kriegen, zum Beispiel bei der Organisation der Impfungen, aber auch, um endlich konsistent und angemessen zu kommunizieren, mit der Bevölkerung, mit den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch mit den Kommunen.

Wir fragen uns im Parlament seit inzwischen über anderthalb Jahren: Wann, wenn nicht jetzt, wäre der richtige Zeitpunkt, den Krisenstab der Landesregierung einzuberufen? Da kann ich nur sagen, Herr Wüst: Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt. Es ist dringend notwendig, endlich den Krisenstab einzuberufen und zu aktivieren.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die Krisenkommunikation der Landeregierung ist ja nicht erst seit heute ein Desaster. Aber je schlimmer die Situation wird, desto wichtiger wird auch die Kommunikation in die Bevölkerung hinein, aber auch mit den Kommunen.

Wie, Herr Wüst, konnten Sie ernsthaft am vergangenen Freitag ein Fußballspiel mit 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauern als angemessen bezeichnen? Ich finde das einfach unglaublich.

Auch heute geben Sie ja keine konkreten Antworten, wie es denn jetzt weitergeht. Sie sagen: Es muss eine Reduzierung der Zuschauerzahlen geben, auch mit Blick auf das Wochenende. – Aber auch hier warten wieder alle auf konkrete Antworten; die sind Sie schuldig geblieben.

Das tut mir leid für die vielen Fans, aber ich meine, wir kommen um Geisterspiele in dieser Situation einfach nicht herum, weil ein Fußballspiel auch nur mit einem Drittel der Auslastung in Dortmund derzeit einfach 27.000 Menschen zu viel in Straßenbahnen, in Bussen und Bahnen und eben auf den Tribünen bedeutet.

Für diese Regelung brauchen Sie auch nicht den Bund und nicht die MPK morgen. Sie können es einfach festlegen. Also fassen Sie doch endlich mal den Mut für solche auch unbequemen Entscheidungen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, wir Grüne haben letzte Woche hier im Landtag einen Antrag vorgelegt, damit der volle Instrumentenkasten des Bundesinfektionsschutzgesetzes aktiviert wird. Ich kann mich noch sehr gut an die Rede des gesundheitspolitischen Sprechers Peter Preuß erinnern. Da haben Sie uns hier wortreich vorgetragen, wir Grüne würden ja nur den Lockdown fordern. Die CDU und die FDP haben laut Beifall geklatscht und dann diesen Antrag abgelehnt, um jetzt, eine Woche später, zu sagen: Wir brauchen jetzt doch diesen Instrumentenkasten.

Es ist ja gut, dass Sie wenigstens jetzt zu dieser Einsicht gelangen; besser spät, als nie. Aber auch hier muss man wieder klar sagen: Wir befinden uns wieder hinter der Lage. Sie hätten es letzte Woche machen können. Sie hätten es letzte Woche beschließen können, die Maßnahmen planen können, eine Coronaschutzverordnung vorbereiten können. Auch hier sind wir wieder völlig hinter der Lage.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ja, es ist gut, dass die Maskenpflicht an den Schulen wieder eingeführt werden soll. Und wie man hört – ich weiß nicht, ob es stimmt, aber ich habe es gehört, auch schon mehrfach –, musste der Ministerpräsident seine Richtlinienkompetenz geltend machen, um die Schulministerin endlich zum Einlenken zu bewegen.

Es ist ohne Frage absolut bitter, dass es wieder eine Situation geben wird, in der wir Kindern und Jugendlichen solche Einschränkungen auferlegen müssen, weil wir Erwachsene es nicht geschafft haben, uns ausreichend zu impfen.

(Helmut Seifen [AfD]: Das bedauern Sie?)

– Ja, ich bedaure es.

(Helmut Seifen [AfD]: Das meinen Sie doch nicht ernst, das Bedauern! – Ministerin Yvonne Gebauer: Das bedauern Sie doch gar nicht!)

– Doch, Frau Gebauer. Ich habe eine Tochter, die in die Schule geht und die sich sicherlich nicht darüber freut,

(Ministerin Yvonne Gebauer: Nein, das bedauern die Grünen nicht!)

dass sie ab morgen wieder Maske tragen muss.

(Helmut Seifen [AfD]: Dann haben Sie Erbarmen! Dann reden Sie doch nicht so!)

Aber ich sage auch ganz klar: Wir wissen, dass es zu Infektionen in den Schulen kommt. Wir wissen aber auch, dass die Masken bei den Kindern und generell in der Pandemie ein wirksames und auch mildes Mittel sind, um diese Pandemie zu bekämpfen und Infektionen zu verhindern.

(Helmut Seifen [AfD]: Das ist doch Quatsch!)

Da will ich auch ganz deutlich sagen: Es tut mir leid für meine Tochter, und es tut mir leid für alle Kinder und Jugendliche in diesem Land,

(Helmut Seifen [AfD]: Das tut Ihnen doch gar nicht leid!)

aber ich möchte, dass mein Kind und alle Kinder in dieser Pandemie geschützt werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Deshalb sage ich in meiner Verantwortung als Politikerin, aber auch als Mutter, dass ich dieses mildere Mittel befürworte, damit keine weiteren Kinder krank werden. Ich weiß – glauben Sie mir –, was es bedeutet, wenn Kinder krank werden, und ich weiß auch, was es bedeutet, wenn Kinder danach Long COVID haben. Das können Sie mir glauben, Frau Gebauer; wir können uns gerne an anderer Stelle noch einmal darüber austauschen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Helmut Seifen [AfD]: Ich glaube Ihnen nicht! Seien Sie einfach Mutter!)

Ein weiteres unrühmliches Kapitel dieser Landesregierung ist die Beschaffung von Luftfiltern für Schulen, damit Kinder und Jugendliche möglichst sicher lernen können. Und auch hier zeigt sich wieder, dass die Landesregierung zu spät handelt, zu unentschlossen handelt, dass sie es nicht schafft, die Maßnahmen auf die Schiene zu setzen.

Wir haben im Haushalts- und Finanzausschuss nachgefragt. Von den 90 Millionen Euro für das zweite Programm sind – Stand: Ende Oktober – gerade einmal 3,2 Millionen Euro bewilligt worden. Das ist eine Abrufquote von gerade einmal 3,5 %. Insofern frage ich mich wirklich, Frau Gebauer, was Sie daran hindert, ein wirklich funktionierendes Landesprogramm aufzusetzen, damit die Luftfilter endlich in den Schulen ankommen. Das müssten Sie jetzt dringend auf den Weg bringen.

(Beifall von den GRÜNEN – Ministerin Yvonne Gebauer: Das habe ich Ihnen schon mehrfach gesagt!)

Ich möchte zum Schluss noch einmal das Thema „Impfen“ ansprechen, weil es mir wichtig ist. Wir wissen, dass wir konsequent die Kontakte einschränken müssen, dass wir das Impfen massiv hochfahren müssen, und wir sehen, dass die Impfungen durch diese Landesregierung nach wie vor total schlecht organisiert sind.

Es reicht nicht, sich hierhin zu stellen und zu sagen: Wir danken den Kommunen dafür, dass sie es gut machen. – Nein, es muss doch in der Verantwortung des Landes und dieser Landesregierung liegen, die Impfungen ordentlich zu organisieren. Man muss den Menschen wirklich dankbar dafür sein, dass sie stundenlang in der Kälte und im Nieselregen für ihre Impfungen anstehen. Information, Aufklärung, mobile Angebote, proaktive Terminvergaben – das hätten Sie längst angehen müssen. Das müssen Sie jetzt umso dringender angehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich komme zu meinem letzten Punkt. Herr Wüst, Sie sind ja Vorsitzender der MPK. Wir wissen, wir befinden uns in einer weltumspannenden Pandemie. Und wir wissen auch, dass wir diese Pandemie nur besiegen und weitere Virusmutationen verhindern werden können, wenn wir dafür sorgen, dass in alle Teile dieser Welt Impfstoff gelangt und in allen Teilen dieser Welt verfügbar ist. Ich wünsche mir, dass sich die MPK auch mit diesen Fragen auseinandersetzt; denn ansonsten wird uns die Pandemie noch lange Zeit beschäftigen. Ich meine, dass Solidarität in einer Krise auch für unsere eigene Gesundheit auch im internationalen Kontext wichtig ist. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Rede zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Sicherheit in öffentlichen Räumen

„Der öffentliche Raum muss von allen Menschen ohne Angst genutzt werden können“

Zum Grünen Antrag

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern war der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. In einem Bericht der „tagesschau“ – Sie haben ihn vielleicht gesehen – kam die Geschäftsführerin von UN Women zu Wort und wies darauf hin, dass der öffentliche Raum von Männern und Frauen sehr unterschiedlich genutzt werde und viele Ecken und Straßen angsteinflößend seien.

Wir wollen nicht – ich vermute, da kann ich für uns alle sprechen –, dass Frauen, aber auch andere Bevölkerungsgruppen wie etwa ältere Menschen, Kinder oder Minderheiten, also marginalisierte Gruppen, bestimmte Orte meiden.

Wir wissen, dass die Sicherheitswahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger sehr wesentlich von ihrem örtlichen Lebensumfeld abhängt. Der öffentliche Raum gehört allen Menschen. Deshalb muss dieser öffentliche Raum auch von allen Menschen ohne Angst genutzt werden können.

Wir wissen, dass es in vielen Städten, auch hier in Nordrhein-Westfalen, Orte gibt wie zum Beispiel unterirdische Passagen, dass Plätze und Wege zum Beispiel nachts schlecht beleuchtet sind, dass sie verwinkelt sind oder schlecht einsehbar sind. Wir kennen alle diese Orte und Plätze und Straßen in unseren eigenen Städten.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen macht bereits heute im Internet auf ihre Arbeit in der städtebaulichen Kriminalprävention aufmerksam. Sie verweist auf Informationsseiten, zum Beispiel auf eine gemeinsame Seite der Polizeien der Länder und des Bundes oder auf die Seite der Technischen Hochschule Köln.

Ich hatte es am Mittwoch in der Haushaltsdebatte schon einmal gesagt: Es gibt nichts Langweiligeres als eine Opposition, die nur kritisiert, es gibt auch nichts Langweiligeres als Regierungsfraktionen, die immer alles nur ablehnen, was von der Opposition kommt. Ich will heute nicht nur kritisieren – im Gegenteil. Ich will, dass wir eine konstruktive Diskussion über dieses Thema führen, und ein paar Punkte lobend erwähnen, die heute schon gemacht werden.

Es gab Anfang März dieses Jahres ein sehr interessantes Symposium der Kriminalistisch-Kriminologischen Forschungsstelle des LKA Nordrhein-Westfalen zum Thema Sicherheit und Kriminalität im öffentlichen Raum. Ich glaube, dass wir da einige Erkenntnisse sehr gut für unsere Diskussion hier nutzen können. Auch der Landespräventionsrat hat im Februar 2020 eine Fachtagung zum Thema „kommunale Kriminalprävention“ durchgeführt, und schlussendlich wirbt auch die sogenannte Bosbach-Kommission in ihrem Abschlussbericht dafür, dass das Land zweckgebundene Mittel zur Verfügung stellen soll, um entsprechende Bau- und Beleuchtungskonzepte zu fördern.

Diese Punkte möchte ich sehr gerne aufgreifen, und wir wollen sie durch unseren Antrag aufgreifen. Wir haben uns überlegt: Was kann das Land machen? Wir wollen diese Forderungen der Bosbach-Kommission aufgreifen und schlagen vor, dass das Land ein Förderprogramm auflegt, um Umgestaltungsprojekte in den Kommunen finanziell zu unterstützen. Denn klar ist: Städtebau ist eine kommunale Angelegenheit. Wir wollen ein Förderprogramm machen, um einen Anreiz zu schaffen, damit sich auch in finanzschwachen Kommunen etwas ändert, sich etwas bewegt.

Frau Dr. Schröder vom LKA Niedersachsen hat bei dem Symposium des LKA darauf hingewiesen, dass schon kleine Veränderungen eine große Wirkung erzielen würden. Ich denke, das sollte uns zuversichtlich stimmen, dass man auch mit einem solchen Förderprogramm mit kleinen städtebaulichen Veränderungen schon wichtige Dinge anstoßen kann.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wollen aber noch darüber hinausgehen, weil in vielen Kommunen Bauprojekte anstehen und wir der Meinung sind, dass man dafür sorgen muss, dass schon im Vorfeld die Orte so gestaltet werden, dass kriminalitätsbegünstigende Räume von Morgen vermieden werden. Daran müssen die Kommunen ein Interesse haben, die Bürgerinnen und Bürger, aber, ich glaube, auch die Polizei selbst. Deshalb wollen wir gerne, dass die Polizei vor Ort unterstützt wird, dass sie beratend tätig sein kann und dass sie durch ein Kompetenzzentrum im LKA Nordrhein-Westfalen unterstützt wird, auf dessen Kompetenz und Expertise die Polizei vor Ort zurückgreifen kann.

Unsere Idee ist, dass es ein Kompetenzzentrum geben sollte, in dem das Wissen und die Expertise gebündelt werden kann und der Polizei vor Ort zur Verfügung gestellt werden könnte. Es gibt ein gutes Beispiel dafür, und das ist das Kompetenzzentrum zur urbanen Sicherheit des LKA Niedersachsen. Das gibt es schon seit 2017. Das versucht, ressortübergreifend wissenschaftsbasierte Ansätze auszuarbeiten und zur Verfügung zu stellen. So etwas können wir uns sehr gut für Nordrhein-Westfalen vorstellen.

Deshalb würde ich mich sehr freuen, wenn wir vielleicht das übliche Spiel von Opposition und Regierungsfraktionen hier mal beiseitelegen würden und dass wir konstruktiv darüber in Gespräch kommen:

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Was können wir tun, damit wir in der Kriminalprävention vor Ort weiterkommen, damit wir Angsträume vermeiden, damit wirklich alle Menschen im öffentlichen Raum nutzen können, so wie sie es wollen?

Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir hier vielleicht auch zu einer gemeinsamen Initiative kommen würden. – Herzlichen Dank.

Rede zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu kindgerechten Justiz

„Verfahren, an denen Kinder beteiligt sind, müssen beschleunigt werden“

Der grüne Entschließungsantrag

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Justiz kommen jedes Jahr viele Kinder und Jugendliche in Kontakt, wenn es zum Beispiel um Trennung und Scheidung ihrer Eltern oder um Sorgerechtsfragen geht, oder auch in strafrechtlichen Verfahren zum Beispiel als Opferzeuginnen und Opferzeugen.

Die UN-Kinderrechtskonvention sichert Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden Gerichts‑ und Verwaltungsverfahren Rechte zu; das ist auch wichtig und richtig so. Wir wissen aber, dass es in der Praxis häufig an der Umsetzung hapert.

Frau Erwin, unser Entschließungsantrag ist gar kein Gegensatz; das haben Sie vielleicht ein bisschen missverstanden. Wir unterstützen die Childhood-Häuser. Wir werden den Antrag noch im Ausschuss diskutieren, aber in der Sache sind wir uns sehr einig.

Uns ging es darum, mit unserem Entschließungsantrag noch einmal sehr deutlich zu machen, dass eine kindgerechte Justiz viel mehr ist als Childhood-Häuser, die nur einen Bereich umfassen. Es ist total wichtig, dass es das Childhood-Haus in Düsseldorf gibt, aber das ist eben nur ein Teil. Sie fordern in Ihrem Antrag ja auch eine kindgerechte Justiz, aber das meint eben viel mehr. Das wollen wir mit dem Antrag deutlich machen und auch gerne die Diskussion darüber führen.

Mich irritiert ein bisschen, dass der Antrag an den Innenausschuss geht und gleich auch der Innenminister redet. Ich stehe auch hier nur als Vertretung für meinen Kollegen und rede nicht als innenpolitische Sprecherin. Ich hätte es gut gefunden, wenn die Diskussion federführend im Rechtsausschuss stattfinden würde, weil sie dort aus meiner Sicht eigentlich hingehört, wenn wir über kindgerechte Justiz reden. Das ist eigentlich kein Thema der Innenpolitik, aber das sei nur am Rande erwähnt.

Zum Antrag von CDU und FDP muss ich doch diese Kritik loswerden: Ich finde ihn ein bisschen mutlos. Sie sind doch die regierungstragenden Fraktionen. Warum müssen Sie Ihren Minister auffordern, Gespräche zu führen? Ich will doch hoffen, dass der Minister auch so Gespräche führt und dafür keinen Parlamentsbeschluss braucht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will auch hoffen, dass Sie nicht nur prüfen müssen, ob es weitere Childhood-Häuser in Nordrhein-Westfalen geben kann. Wir wollen eigentlich, dass es mindestens in jedem Regierungsbezirk ein Haus gibt, weil Nordrhein-Westfalen ein großes Flächenland ist und ein Haus selbstverständlich viel zu wenig ist.

Warum erteilen Sie also noch ein Prüfauftrag? Warum fordern Sie, dass sich die Landesregierung für eine Verstetigung der Finanzierung einsetzen soll? Sie soll sich, bitte schön, nicht nur einsetzen, sondern die Finanzierung gewährleisten. Das Parlament muss beschließen, dass das Haus in Düsseldorf und auch weitere Häuser finanziert werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir sind das Parlament. Wir müssen nicht die Regierung um einen Gefallen bitten, sondern im Gegenteil: Wir müssen dafür sorgen, dass das umgesetzt wird. Mein Selbstverständnis als Parlamentarierin ist, dass wir der Landesregierung klare Aufträge erteilen und hier klare Beschlüsse fassen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Zeit rennt davon. – Zu den Childhood-Häusern muss ich vielleicht gar nicht mehr so viel sagen, weil gerade schon viel Gutes gesagt wurde und wir das wirklich unterstützen; denn solche Verfahren müssen so ausgerichtet werden, dass das Kind im Mittelpunkt steht. Deshalb sind die Childhood-Häuser als interdisziplinäre Anlaufstellen natürlich eine total große Verbesserung, von denen wir mehr haben möchten.

Warum haben wir diesen Entschließungsantrag gestellt? – Weil wir der Auffassung sind, dass kindgerechte Justiz einfach mehr meint. Es meint, dass Kinder in Verfahren immer angemessen angehört und beteiligt werden müssen, dass Kinder über ihre Rechte Bescheid wissen müssen, dass Informationen kindgerecht aufbereitet werden. Und da kommt jetzt doch der Innenminister ins Spiel: Wenn Kinder auf Polizeiwachen vernommen werden – denn die Childhood-Häuser sind nicht flächendeckend verfügbar –, dann bedeutet das auch, dass es angemessene kindgerechte Vernehmungszimmer gibt und dass nicht nur Kinder dort vernommen werden, sondern zum Beispiel auch Jugendliche in einer altersgerechten Atmosphäre, in einer altersangemessenen Sprache. Das ist bislang noch nicht komplett gewährleistet.

Das bedeutet aber zum Beispiel auch, dass Eltern nicht davon abgeraten wird, dass Kinder in einem noch laufenden Strafverfahren keine Therapie machen sollen. Es gibt immer noch diesen weit verbreiteten Irrglauben, die Kinder dürften in der Zeit keine Therapie machen. Aber da muss man ganz klar sagen: Wenn die Therapie dazu dient, das Kind zu stabilisieren, dann soll es natürlich diese Therapie auch in Anspruch nehmen. Im Zweifelsfall muss natürlich immer das Kindeswohl an allererster Stelle stehen.

Es geht auch darum, dass Ermittlungs- und Gerichtsverfahren beschleunigt und priorisiert werden, wenn Kinder beteiligt sind, weil für Kinder diese Zeitspanne enorm belastend ist und Kinder auch noch ein anderes Zeitgefühl haben und es eine belastende Situation für Kinder ist. Deshalb muss klar sein, dass solche Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, an denen Kinder beteiligt sind, beschleunigt werden müssen.

Über das Thema Fortbildung für Richterinnen und Richter sowie für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte kann man sicherlich noch streiten. Ich halte es nach wie vor für total notwendig.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

– Oh, Entschuldigung. Die Redezeit ist zu Ende. Das können wir im Ausschuss weiter diskutieren.

Allerletzter Satz: Es geht einfach darum, dass die UN-Kinderrechtskonvention eingehalten wird, dass das Wohl unserer Kinder und Jugendlichen im Vordergrund steht, und deshalb müssen wir auch bei der kindgerechten Justiz vorankommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Rede zum Haushaltsplan 2022 – Staatskanzlei

„Ein bisschen schräg, welche Aufwüchse wir hier zu verzeichnen haben“

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hagemeier, ich möchte nicht, dass der falsche Eindruck entsteht, wir würden die Mittel zum Beispiel für den Sport kritisieren. Darum ging es gerade in der Rede der Kollegin Müller-Witt gar nicht, und darum wird es auch in meiner Rede nicht gehen. Denn wenn man sich die Zahlen für den Etat des Ministerpräsidenten ansieht – wir reden jetzt nicht über den Sportetat, sondern über den originären Etat des Ministerpräsidenten –, dann muss man einfach feststellen, dass wir im Haushaltsplan für das Jahr 2018 noch ungefähr 70 Millionen Euro stehen hatten, und jetzt sind wir bei über 98 Millionen Euro. Das ist ein Zuwachs um ca. 28 Millionen Euro. Da können Sie doch nicht sagen: Wir fördern das Engagement der Bürgerinnen und Bürger, und das erklärt mal eben einen solchen Aufwuchs. – Das finde ich schon ein bisschen schräg, wenn man sich vor Augen hält, wie klein dieser Etat auch im Vergleich zu anderen Bereichen, zu anderen Ministerien ist, und welche Aufwüchse wir hier zu verzeichnen haben.

Dasselbe gilt für die Stellen. Frau Müller-Witt hat schon darauf hingewiesen, dass es das Versprechen von Armin Laschet war, dass es am Ende der Legislatur nicht mehr Beamtinnen und Beamte und Angestellte in der Verwaltung geben sollte als zum damaligen Zeitpunkt 2017. Er hat dieses Versprechen für seinen eigenen Bereich, für den er originär zuständig ist, massiv gebrochen und einen Stellenzuwachs von 90 Stellen hingelegt. Auch da fehlt mir wirklich jede Erklärung, wofür man diese vielen Stellen braucht.

Ich möchte aber auch eine Sache positiv hervorheben. Vielleicht ist es nur ein kleiner Punkt, aber es ist schön, dass es jetzt Elektrofahrzeuge für Boten- und Kurierfahrten in Düsseldorf und Berlin geben soll. Das findet natürlich unsere Unterstützung. Es wäre aber schön, wenn es mehr als nur 2 von 36 Fahrzeugen wären. Das kann ja im nächsten Jahr eine neue Landesregierung in Angriff nehmen.

Im Etat des Ministerpräsidenten ist auch die Antisemitismusbeauftragte des Landes verankert. Ich bin sehr froh, dass wir hier gemeinsam fraktionsübergreifend diese wichtige Stelle beschlossen haben. Die Ereignisse der vergangenen Jahre, der Anschlag auf die Synagoge in Halle, aber auch viele antisemitische Vorfälle, die es hier leider in Nordrhein-Westfalen gegeben hat, zeigen aus meiner Sicht, dass die Arbeit gegen Antisemitismus weiterhin enorm wichtig bleibt.

Wir erleben gerade in dieser Coronapandemie die Verbreitung von Verschwörungsmythen, die fast immer auch von antisemitischen Erzählungen geprägt sind. Das zeigt uns, auch wenn diese Pandemie hoffentlich irgendwann einmal vorbei ist, dass wir mit dieser Herausforderung, was das Thema „Verschwörungsmythen“ angeht, auch noch nach der Pandemie zu tun haben werden und das zu einem Schwerpunkt der Arbeit machen müssen.

Ich finde es schade, dass die Regierungsfraktionen nicht auf uns zugekommen sind, was den Änderungsantrag zu der Antisemitismusbeauftragten angeht. Den hätten wir gerne mit Ihnen gemeinsam gestellt. Das darf ich sicherlich auch im Namen der SPD-Fraktion und natürlich meiner eigenen Fraktion sagen. Ich würde mir wünschen, dass wir solche Sachen, wo wir ein gemeinsames Anliegen haben, tatsächlich gemeinsam machen. Das fände ich als Signal wichtig und schön.

Eines möchte ich noch deutlich sagen: Auch wenn wir den Einzelplan 02 gleich ablehnen werden, und mit etwas anderem werden Sie wahrscheinlich auch nicht gerechnet haben, ist für mich und meine Fraktion ganz klar, dass die Arbeit gegen Antisemitismus sehr wichtig ist, dass der Schutz von jüdischen Einrichtungen wichtig ist und dass Sie hierfür unsere volle Unterstützung haben.

Wir beraten mit diesem Etat nicht den Haushalt der Landeszentrale für politische Bildung. Wir haben es im Ausschuss diskutiert. Vielleicht nur ganz kurz: Der Bedarf der Arbeit gegen Rechtsextremismus, der Beratungsstrukturen, aber auch der kommunalen Strukturen, also „NRWeltoffen“ – das sind wichtige Strukturen –, ist sehr hoch, er ist auch noch mal immens gestiegen. Ich finde, das muss sich im Haushalt abbilden, tut es aber derzeit nicht. Da sind aus meiner Sicht noch Änderungen notwendig.

Nun noch ein Blick auf den Islamismus, weil auch das weiterhin eine große Herausforderung bleiben wird. Die „Wegweiser“-Beratungsstellen werden ja nicht aus dem Etat der Landeszentrale finanziert, sondern aus dem Etat des Verfassungsschutzes. Ich finde, das ist dort nicht ganz richtig angesiedelt. Es würde eigentlich besser in die Landeszentrale passen. Aber das diskutieren wir jetzt nicht an diesem Punkt, weil es nicht zum Einzelplan 02 gehört.

Zum Schluss möchte ich mich, auch wenn beide gerade nicht hier sind – vielleicht können Sie, Herr Wüst, es weitergeben –, bei Herrn Liminski und Herrn Kaiser für die Debatten im Ausschuss und die Informationen, die wir bekommen, wenn wir sie anfordern und brauchen, bedanken. Herzlichen Dank dafür!

Außerdem will ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen für die, wie ich finde, wirklich sehr gute Arbeits- und Diskussionsatmosphäre im Ausschuss bedanken. Ich bin ja noch recht neu in dem Ausschuss. Es macht viel Spaß. Vielen Dank, dass wir gemeinsam an den Themen arbeiten können – für Demokratie, für die vielen wichtigen Themen, die der Hauptausschuss beinhaltet.

(Beifall von den GRÜNEN, Prof. Dr. Rainer Bovermann [SPD] und Elisabeth Müller-Witt [SPD])

Rede zum Haushaltsplan 2022 – Innenministerium

„Ein Totalausfall der ehemaligen Bürgerrechtspartei FDP“

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will vorab sagen, Herr Reul, dass wir Sie natürlich bei den hohen Einstellungszahlen für die Polizei unterstützen. Die Polizei ist Trägerin des Gewaltmonopols des Staats. Sie muss gut ausgebildet sein. Sie muss gut ausgestattet sein, zum Beispiel durch eine moderne IT-Ausstattung.

Herr Katzidis, zu dem, was Sie hier gerade als Vorwürfe gegen die Kollegin Düker gebracht haben, will ich ganz klar sagen: Es ging hier darum, dass es nicht geht, dass die Ausstattung über den Rettungsschirm coronafinanziert wird, sondern natürlich aus dem regulären Haushalt finanziert werden muss. Das ist der Punkt. Aber wir sind uns einig, dass die Polizei natürlich eine gute Ausstattung braucht.

Sie muss aber auch personell gut aufgestellt sein, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, um auch die komplexen Herausforderungen, vor denen sie steht, bewältigen zu können. Ja, das kostet Geld, es kostet viel Geld. Aber ich finde, es ist gut angelegtes Geld für die Sicherheit in unserem Land.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wie Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Haushalt ist Politik in Zahlen, wie auch Kollegin Düker immer zu sagen pflegt. Haushaltsdebatten, vor allem wenn es sich um den letzten Haushalt einer Landesregierung handelt, sind immer eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, aber auch nach vorne zu schauen, auf Herausforderungen in der Innenpolitik, die vor uns liegen.

Ich finde, die Bilanz im Bereich der Innenpolitik dieser Landesregierung ist sehr durchwachsen. 2018 gab es den größten Polizeieinsatz in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen, der auf einer offenbar rechtswidrigen Anordnung des Bauministeriums beruhte. Die Räumung der Baumhäuser führte nicht nur zum größten Polizeieinsatz, sondern auch zu einem extrem belastenden, einem sehr gefährlichen Einsatz für die Polizeibeamtinnen und -beamten. Hier wurden viele Überstunden gemacht, und hier wurde zugunsten der Interessen von RWE ein gesellschaftlicher Konflikt auf dem Rücken der Polizei ausgetragen, obwohl Gerichtsentscheidungen noch ausstanden, die Kohlekommission noch tagte und die Landesregierung sich davor drückte, nach einer Lösung zu suchen, nach einer gesellschaftlichen Lösung zu suchen. Stattdessen hat man die Polizei dort hineingeschickt. Ich halte es nach wie vor für unverantwortlich, was man da gemacht hat.

(Beifall von den GRÜNEN)

2018 stand auch unter dem Zeichen der Debatte über die Änderung des Polizeigesetzes. Herr Lürbke, ja, es hat sehr viel mit Haushalt zu tun. Denn – das hat auch gerade schon der Kollege gesagt – natürlich bildet sich im Haushalt die Politik einer Landesregierung ab. Haushalt ist viel mehr als nur die nackten Zahlen, sondern hier geht es um Richtungen, wie man Polizei oder die Innenpolitik in diesem Bereich ausrichtet.

Kommen wir mal zum Polizeigesetz 2018. Denn hier sieht man ganz klar, welche Auswirkungen es konkret auf diesen Haushalt hat. Sie haben 2018 das Polizeigesetz verschärft mit Billigung der ehemaligen Bürgerrechtspartei FDP,

(Marc Lürbke [FDP]: SPD!)

die das alles mitgetragen und mitgemacht hat. Sie haben Maßnahmen eingeführt, die empfindlich in die Bürgerrechte eingreifen. Sie haben den Staatstrojaner in Form der Quellen-TKÜ eingeführt, die die IT-Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger, von Unternehmen und von kritischer Infrastruktur gefährdet und bedroht. Sie haben die Voraussetzungen für die Videobeobachtung durch die Polizei gelockert. Herr Lürbke, das findet sich ganz explizit auch im Haushalt wieder. Denn hier geht es darum, dass die Polizei unter viel niedrigeren Voraussetzungen Videobeobachtung durchführen kann. Ich halte Videobeobachtung an sich für ein Mittel, das man anwenden kann, wenn es nicht zu Verdrängungseffekten kommt. Doch genau das wird nicht mehr ausgeschlossen durch das Polizeigesetz, und das halte ich für einen Fehler. Insofern halte ich es auch für einen Fehler, was sich im Bereich Videobeobachtung im Haushalt abbildet.

Wir dürfen gespannt sein, wie es jetzt mit dem Versammlungsgesetz weitergeht. Es ist ein Versammlungsverhinderungsgesetz, es ist kein Versammlungsfreiheitsgesetz, wie es eigentlich sein sollte. Störungen von Versammlungen sollen verboten werden. Damit werden Gegendemonstrationen praktisch unmöglich gemacht.

(Zuruf von Dr. Christos Georg Katzidis [CDU])

Die FDP hätte alles das, ohne mit der Wimper zu zucken, einfach mitgemacht, wenn nicht im Juni eine Demo eskaliert wäre, wenn wir uns nicht gerade mitten im Bundestagswahlkampf befunden hätten.

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Auch das – das muss ich ganz klar sagen – ein Totalausfall der ehemaligen Bürgerrechtspartei FDP.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Aber, Herr Lürbke, Herr Pfeil, damit Sie sich nicht nur aufregen: Es gibt ja nichts Schlimmeres als eine Opposition, die nur meckert

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

– gerade das wollen wir nicht –, sondern wir können auch anerkennen und wertschätzen, wenn Themen angepackt werden, die angepackt werden müssen.

Uns eint, dass die schrecklichen Missbrauchsfälle von Lügde uns aufgerüttelt haben.

Es war richtig, die Struktur der Polizei zur Bearbeitung des Themas „Kindesmissbrauch“ zu verändern und anzupassen. Ich finde, wer Kindesmissbrauchsabbildungen anschauen oder Opfer vernehmen muss, der braucht gute Arbeitsbedingungen, Supervision, Gemeinschaftsräume und IT-Ausstattung. Ja, das muss uns jedes Geld wert sein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Diese Legislaturperiode war auch von der Debatte über die rassistischen Inhalte in Chats von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten geprägt. Die Stabstelle hat aus meiner Sicht einige gute Vorschläge vorgelegt, unter anderem: Fortbildungen, Supervision, Berufsrollenreflektion und viele andere Sachen. Jetzt müssen die Handlungsempfehlungen aber auch umgesetzt werden. Das ist nicht ganz trivial und hat natürlich etwas mit dem Haushalt zu tun. Denn Fortbildungen müssen nicht nur organisiert, sondern auch finanziert werden. Das ist haushaltsrelevant, es ist aber auch wichtig, denn wir brauchen eine Polizei, die für die Sicherheit aller Menschen sorgt und für alle Menschen ansprechbar ist. Deshalb müssen wir diese Themen angehen.

Aber – das möchte ich ganz klar sagen –: Wir Grüne hätten uns in dieser Legislaturperiode natürlich deutlich mehr gewünscht. Wir haben einen Gesetzentwurf für die Stelle einer oder eines Polizeibeauftragten eingebracht. Die Gegenargumente von CDU und FDP waren eher davon geprägt, uns vorzuwerfen, wir wären der Polizei gegenüber misstrauisch, anstatt sich ernsthaft mit den Argumenten auseinanderzusetzen und damit, wie es in anderen Bundesländern sehr positiv läuft. In Schleswig-Holstein zum Beispiel wenden sich viele Polizeibeamtinnen und -beamte an diese Stelle. Wir werden dieses Thema auf Wiedervorlage legen. Ich bin mir sehr sicher, dass diese Stelle in der nächsten Legislaturperiode kommen wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Stattdessen machen Sie – wie ich finde – solche unsinnigen Maßnahmen, wie zum Beispiel den Taser in den Regelbetrieb aufzunehmen,

(Gregor Golland [CDU]: Richtig so! Super Teil!)

obwohl die eigenen Landesoberbehörden der Polizei sehr deutlich auf die Nachteile hingewiesen haben. Der Taser ist nur in bestimmten Situationen anwendbar. In dynamischen Einsätzen oder wenn zum Beispiel Messer in einem Einsatz eine Rolle spielen, dann ist der Taser quasi gar nicht zu gebrauchen.

(Gregor Golland [CDU]: Da haben wir hart für gekämpft!)

Der Taser kostet Geld, die Anschaffung kostet Geld, und vor allen Dingen kosten die Fortbildungen Geld. Aus meiner Sicht hätte man diese Mittel besser investieren können als in die Taser. Ich halte das für eine absolute Fehlentscheidung, die Sie da getroffen haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Gregor Golland [CDU]: Eine super Waffe ist das!)

Ich möchte noch einen Blick auf den Katastrophenschutz werfen. Das Hochwasser im Juli hat uns allen noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt, dass wir dringend Veränderungen im Katastrophenschutz brauchen. Wir können uns hier in Nordrhein-Westfalen glücklich schätzen, dass wir so ein starkes Ehrenamt bei den Feuerwehren und bei den anerkannten Hilfsorganisationen haben. Das sind Einsatzkräfte, auf die wir uns verlassen können und die alles dafür tun, Menschenleben zu retten und zu schützen.

Aber die brauchen die richtigen Strukturen, um im Katastrophenfall einsatzfähig und schnell beim Einsatz zu sein. Wir brauchen rechtliche Veränderungen. Wir müssen das BHKG angehen. Wir brauchen zum Beispiel die verbindlichen Katastrophenschutzbedarfspläne für die unteren Katastrophenschutzbehörden. Wir brauchen aus meiner Sicht aber auch mehr Landeskompetenzen im Katastrophenfall. Es kann nicht sein, dass sich das Land derart aus der Verantwortung zieht, wenn eine Katastrophe eintritt.

Das bedeutet für mich auch, dass wir ein Katastrophenschutzamt auf Landesebene brauchen: entweder eine stärkere Abteilung im Innenministerium – ähnlich wie der Verfassungsschutz als Abteilung aufgestellt ist – oder ein eigenes Amt. Das kann man alles diskutieren. Klar ist: Es kostet Geld, es kostet vor allen Dingen aber Mut, und es kostet auch Tatkraft, das anzupacken und diese Diskussion jetzt zu führen – als Lehre aus der Katastrophe, die wir im Juli sehr schmerzlich hier in Nordrhein-Westfalen erlebt haben.

Wir als Grüne haben schon erste Vorschläge vorgelegt. Diese haben wir mit Feuerwehren und Hilfsorganisationen diskutiert. Wir haben unsere Zusammenarbeit angeboten – das möchte ich hier noch einmal erneuern. Das wird eine der großen Herausforderungen sein, die wir direkt zu Beginn der nächsten Legislaturperiode in Nordrhein-Westfalen angehen müssen.

Ich möchte noch auf eine zweite Herausforderung eingehen – sozusagen als Rückblick, aber auch als Ausblick. Das sind die Themen „Islamismus“ und „Rechtsextremismus“ als große Herausforderung der Sicherheitsbehörden, aber auch als die größten Gefahren für unsere demokratische Gesellschaft. Das wird eine Herausforderung für Verfassungsschutz und Polizei bleiben.

Auch dafür brauchen wir eine gut ausgebildete, gut ausgestattete und auch gestärkte Kriminalpolizei. Ich finde die bisherigen Ansätze dieser Regierungsfraktionen und dieser Landesregierung für absolut nicht ausreichend. Sie sind nur rudimentär vorhanden. Ein Konzept haben Sie leider überhaupt nicht. Ich befürchte, dass bis zum Ende der Legislaturperiode in Sachen Kripo leider nicht mehr viel kommen wird.

Wie wir die Kriminalpolizei stärken – durch Kripomodule im Studium bei gleichzeitiger Durchlässigkeit aller Bereiche der Polizei –, wird eine der Fragen sein, die wir sehr intensiv werden diskutieren müssen. Dieses Thema müssen wir in der nächsten Legislaturperiode angehen.

Ich komme zu meinem letzten Satz – ich weiß, ich bin schon etwas über der Zeit. Ich sehe unsere Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen dank ihrer Beschäftigten – sowohl die Polizei als auch die anderen Behörden, die den Katastrophenschutz angehen – insgesamt für gut aufgestellt. Aber klar ist: Wir haben viele, viele Herausforderungen, die aus meiner Sicht unzureichend – zum Teil auch schlecht oder gar nicht – durch diese Landesregierung angegangen wurden. Ich will auch klar sagen: Wir treten im Mai an, um diese Sachen besser zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Landesregierung muss Versprechen von schnellen und unbürokratischen Hilfen einlösen

Zur aktuellen Lage beim Wiederaufbau in den vom Hochwasser betroffenen Regionen erklärt Verena Schäffer, Vorsitzende der GRÜNEN Landtagsfraktion NRW:

„Der heutige Bericht von Ministerin Scharrenbach zeigt, dass der Wiederaufbau weiter schleppend läuft. Zwar plant die Landesregierung in den Ministerien und bei den Bezirksregierungen 300 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Bearbeitung der Anträge im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe einzustellen, noch ist davon allerdings keine Stelle besetzt. Fraglich ist, warum die Landesregierung nicht viel eher für mehr Stellen gesorgt hat. Knapp die Hälfte der Anträge von Privatleuten und Unternehmen sind noch gar nicht bearbeitet. Für die betroffenen Menschen in den Hochwassergebieten, die jetzt dringend Klarheit über die Hilfe brauchen, um den Wiederaufbau ihres Zuhauses oder ihres Unternehmens angehen zu können, ist das mehr als frustrierend.

Die Landesregierung hätte die Kommunen von Anfang an mehr unterstützen müssen, zum Beispiel durch die Abordnung von Personal aus den Landesbehörden. In der vergangenen Woche habe ich die Städte Euskirchen und Erftstadt besucht und mich mit den Stadtspitzen, mit der Feuerwehr und betroffenen Bürgerinnen und Bürgern ausgetauscht, deren Wohnhaus oder Unternehmen in der Hochwasserkatastrophe zerstört wurde. Die Gespräche gingen mir persönlich sehr nah. Dabei haben mir die Betroffenen auch zurückgemeldet, dass die Beantragung von Hilfen für den Wiederaufbau zu bürokratisch und zu wenig flexibel in Bezug auf die Anpassung von neuen Bedarfen beim Wiederaufbau von Gebäuden ist. Die Landesregierung hat den betroffenen Privatleuten, Kommunen und Unternehmen schnelle und unbürokratische Hilfe versprochen – dieses Versprechen muss sie jetzt einlösen.

Bislang scheut die Landesregierung die Debatte darüber, wo aus Gründen des Hochwasserschutzes in Zukunft nicht mehr gebaut werden sollte. Es wäre sinnvoll, hierüber mit den Kommunen sowie den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die Diskussion zu führen. Diese Entscheidung darf die Landesregierung nicht allein auf die Kommunen abwälzen. Auch bei der Klimafolgenanpassung muss die Landesregierung die Kommunen deutlich stärker unterstützen. Schwarz-Gelb rühmt sich mit dem angeblich ersten Klimafolgenanpassungsgesetz – obwohl sie diesen Teil nur aus dem rot-grünen Klimagesetz ausgekoppelt hat. Vor allem aber hinterlegt die Landesregierung von CDU und FDP den Landeshaushalt 2022 nicht mit ausreichend Haushaltsmitteln für die Klimafolgenanpassung. Damit verpasst die Landesregierung, aus dem Hochwasser vom Juli die richtigen Lehren zu ziehen.“

Rede zur Unterrichtung der Landesregierung im Vorfeld Ministerpräsident*innen am 18. November 2021

„Während wir hier gerade diskutieren, trifft es wieder Familien“

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Löttgen, ich finde, dass diese billige Polemik, diese Wahlkampfrede, die Sie hier gerade gehalten haben,

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Daniel Sieveke [CDU]: Hä? – Zurufe von der CDU)

nur die Konzeptlosigkeit dieser Landesregierung offenbart. Ich finde, dass dieses parteipolitische Geplänkel angesichts der Situation, in der wir uns gerade befinden, einfach nur unanständig ist.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Während wir hier gerade diskutieren, trifft es wieder Familien. Ich kenne in meinem eigenen Umfeld zwei, die gerade zu Hause in Quarantäne sitzen, weil sie und ihre Kinder erkrankt sind. Herr Löttgen, Sie haben es gerade selber gesagt: Menschen kämpfen in den Kliniken um ihr Leben. – Und Sie halten hier Wahlkampfreden. Ich finde es derart unverantwortlich, was Sie hier betreiben, dass es mich, ehrlich gesagt, gerade etwas sprachlos macht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Herr Wüst, in Ihre Richtung möchte ich sehr deutlich sagen: Wir sind in Nordrhein-Westfalen in keinster Weise vor der Lage. Wir hinken der Coronaentwicklung in Nordrhein-Westfalen längst hinterher. Wer das ernsthaft bestreitet – tut mir leid –, betreibt schlichtweg Realitätsverweigerung.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Da helfen auch die Vergleiche mit anderen Bundesländern nicht. Auf andere zu verweisen, wenn man selbst in Nordrhein-Westfalen Verantwortung trägt, hat noch nie funktioniert. Das gilt auch für die MPK. Ihr Manöver war ziemlich offensichtlich: Sie haben versucht, sich hinter der MPK, hinter Bund-Länder-Beschlüssen zu verstecken, weil Sie die FDP offensichtlich nicht an Ihrer Seite haben. Dabei hätten Sie in Nordrhein-Westfalen längst handeln können, und ich meine auch, handeln müssen, angesichts der Inzidenzwerte, bei denen wir uns gerade befinden.

(Beifall von den GRÜNEN und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Wir müssen uns sehr deutlich klarmachen, dass die Schutzmaßnahmen, die jetzt ergriffen werden müssen – sie werden ja noch nicht einmal ergriffen, sie sind ja gerade erst angekündigt worden –, in frühestens 14 Tagen überhaupt ihre Wirkung entfalten können. Wir werden für die nächsten 14 Tage in Nordrhein-Westfalen – wir sind jetzt bei 183 – weitere Steigerungen der Inzidenzwerte haben.

(Zuruf von Oliver Kehrl [CDU])

Das ist eine simple Rechenaufgabe, die inzwischen eigentlich jeder von uns beherrschen sollte.

Die Beschlüsse, die Sie gestern gefasst haben, sind keine Vorsichtsmaßnahmen mehr. Sie haben gesagt: Vorsicht, Impfen, Testen. – Wir reden nicht mehr über Vorsichtsmaßnahmen, wir reden inzwischen über Schadensbegrenzung. Wir müssen alles dafür tun, jetzt mit den Inzidenzen herunterzukommen, um überhaupt wieder vor die Lage zu kommen. Das muss das Ziel sein.

Was Sie hier als neue Strategie verkaufen – Vorsicht, Impfen, Testen –, ist auch keine neue Strategie, das sind eigentlich die Grundpfeiler der Bekämpfung einer pandemische Lage.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ohne Zweifel sind die richtig.

Ich will auch sagen, dass wir als Grüne immer gesagt haben: Wir tragen in der Opposition Verantwortung, und wir werden die Landesregierung auch bei schwierigen, aber notwendigen Entscheidungen unterstützen. – Eine parlamentarische Mehrheit für mehr Maßnahmen wie 2G hat es hier in diesem Parlament auch vor zwei Wochen schon gegeben,

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

aber Sie haben Ihre Möglichkeiten nicht ergriffen, als die FDP noch in ihrer Blockadehaltung eingemauert war. Wir haben in Nordrhein-Westfalen aufgrund des Profilierungsdrangs dieser FDP wertvolle Zeit verloren. Ich finde das wirklich fatal.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nach anderthalb Jahren Pandemie ächzt unser Gesundheitssystem unter den Belastungen, besonders das medizinische Fachpersonal arbeitet im Prinzip seit Beginn der Pandemie am Anschlag, auch über die Belastungsgrenzen hinaus. Wir haben inzwischen Intensivbetten verloren, und zwar nicht wegen fehlender Technik, sondern weil das Personal unter diesen Bedingungen schlichtweg nicht mehr arbeiten kann und nicht mehr arbeiten will. Wer würde es ihnen, wenn man sich anschaut, unter welcher Belastung dieses Personal arbeitet, verübeln?

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitssystem verdienen deshalb nicht nur warme Worte, sie verdienen echte Solidarität, und das bedeutet gerechten Lohn und gute Arbeitsbedingungen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was das Personal sicherlich nicht gebrauchen kann, ist der Vorwurf des stellvertretenden Ministerpräsidenten Stamp an die Kliniken, dass man es zugelassen hätte, dass Plätze in den Kliniken weggefallen seien. Herr Stamp, ich frage mich, was genau Sie damit in dem Interview, das Sie heute Morgen gegeben haben, eigentlich sagen wollten. Dass das medizinische Personal und die Klinikleitungen schuld daran sind, dass Sie in der inzwischen vierten Welle am Ende Ihrer Kräfte sind?

(Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration: Das ist eine Unterstellung, das habe ich nicht gesagt!

– Nein, das ist keine Unterstellung.

(Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration: Das ist eine Unverschämtheit!)

Herr Stamp, wenn man sich das Interview anhört, wird klar, dass Sie die Verantwortung an die Kliniken,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

an die Pflegekräfte abwälzen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich finde, das ist nicht in Ordnung.

(Dietmar Brockes [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! – Weitere Zurufe)

Welcher Geist steckt dahinter, wenn man so etwas sagt? –

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Wenn man nur genügend Intensivbetten hätte, dann bräuchte man keine Maßnahmen. – Das steckt doch im Endeffekt dahinter.

(Zurufe von Dietmar Brockes [FDP] und Marc Lürbke [FDP])

Da kann ich nur sagen: Anderthalb Jahre in der Pandemie, und Sie haben es offenbar immer noch nicht verstanden, und diese Landesregierung hat kein Konzept. Ich finde es unverantwortlich, dass Sie hier so agieren.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Ich meine, dass allen klar ist, dass wir aus der Pandemie nur herauskommen werden oder sie überhaupt erst einmal eindämmen können, wenn wir einen deutlichen Anstieg bei den Impfungen haben. Aus unserer Sicht braucht es eine Verabredung bei der MPK, dass wir ein Packt für das Impfen brauchen.

Wir brauchen selbst gesteckte Ziele dazu, bis wann wir welche Impfquote in welcher Gruppe erreicht haben wollen. Wir müssen es schaffen, jeden Tag mindestens 1 Million Menschen bundesweit mit Auffrischungsimpfungen zu versorgen, und das muss auf die Länder, auf die Kommunen heruntergebrochen werden. Das muss doch das Ziel sein.

Wir brauchen bei denjenigen, die bislang noch nicht geimpft sind, eine Steigerung von mindestens 5 %, eigentlich besser um 10 %. Und wir müssen – das ist mir besonders wichtig – allen Kindern und Jugendlichen, die sich impfen lassen wollen, noch in diesem Jahr ein Impfangebot machen.

Ich weiß, ein solcher Pakt kann nur eine freiwillige Selbstverpflichtung sein.

(Thomas Nückel [FDP]: Aha!)

Es wäre aber doch wichtig, sich Ziele zu stecken; denn – das will ich hier auch in Ihre Richtung, Herr Stamp, noch deutlich sagen, weil Sie heute Morgen gesagt haben, für die Impfkampagne sei der Bund verantwortlich – die Länder sind für die Impfkampagnen verantwortlich. Das Land Nordrhein-Westfalen muss hier das Impfen organisieren. Ganz offensichtlich ist das in den letzten Monaten verschlafen worden.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Aus meiner Sicht muss es den Menschen jetzt so einfach wie möglich gemacht werden, die Auffrischungsimpfungen zu erhalten. Am besten stolpern die Menschen quasi über das Angebot, statt im Internet recherchieren zu müssen, wann sie an der Reihe sind, wer an der Reihe ist und wo man sich impfen lassen kann.

Ich finde, dass es gerade um das Thema „Boostern“ ein großes Kommunikationswirrwarr gibt. Das darf in einer Krise aus meiner Sicht einfach nicht passieren.

Es wäre doch so einfach gewesen – und das muss aus meiner Sicht jetzt noch erfolgen –, dass alle aus vulnerablen Gruppen, alle Ü-60-Jährigen proaktiv angeschrieben werden und direkt einen Impftermin erhalten, zu dem sie ganz einfach und unkompliziert hingehen können.

(Beifall von den GRÜNEN)

In den letzten Wochen waren wir uns ja darüber sehr einig, dass Kinder und Jugendliche in dieser Pandemie nie wieder aus dem Fokus geraten dürfen. Ich finde – und ich weiß, dass das ein hartes Wort ist –, dass es inzwischen eigentlich schon fast an Politikversagen grenzt, dass die Kinder wieder einmal aus dem Fokus der Politik geraten.

Der Impfstoff wird voraussichtlich bis Ende November für die 5- bis 11-Jährigen zugelassen. Es gibt Presseberichterstattung darüber, dass das schon nächste Woche zwischen Mittwoch bis Freitag, Ende nächster Woche passieren könnte. Dann haben wir endlich den Impfstoff auch für die Jüngsten, für die Kleinen in unserer Gesellschaft. Was ist bislang organisiert? – Nichts. Das ist, wie ich finde, ein riesengroßes Problem. Wir werden bald die Zulassung haben, es ist aber nichts organisiert.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Bei allem Respekt, bei aller Wertschätzung und Anerkennung für unsere Kinderärztinnen und Kinderärzte: Wer selber Kinder hat, weiß, wie voll die Kinderarztpraxen gerade in den Wintermonaten sind. Da muss ich ganz ehrlich sagen – das ist keine Kritik an den Kinderarztpraxen; ganz im Gegenteil –, dass ich große Skepsis habe, ob es gelingen wird, in kurzer Zeit viele Kinder, die impfwillig sind, deren Eltern sich dazu entscheiden, ihre Kinder impfen zu lassen, zu impfen. Ich halte es für ein großes Problem, dass das jetzt nicht angegangen wird und wir hier keine Organisation haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dabei will ich eines noch ganz klar sagen, weil es mir in der Diskussion wichtig ist. Es darf natürlich keinen Druck auf Kinder und Jugendliche geben, sich impfen lassen zu sollen. Es muss für sie individuell einen gesundheitlichen Mehrwert geben, und es darf sozusagen nicht den Druck geben, dass sich Kinder und Jugendliche wegen der Herdenimmunität der Gesamtbevölkerung impfen lassen sollen.

Impfen lassen sollten sich die Erwachsenen. Die Erwachsenen sind diejenigen, die Solidarität mit den Kindern zeigen müssen.

Weil die Zulassung von Impfstoffen für Kinder so bald kommen wird, finde ich es umso unverständlicher, warum man schon vor drei Wochen die Maskenpflicht in den Schulen abgeschafft hat.

Natürlich wünschen wir alle uns, dass solche Maßnahmen irgendwann nicht mehr nötig sind. Aber um Schulen in der derzeitigen Situation offen zu halten und gleichzeitig Kinder und Jugendliche zu schützen, braucht es eben wirksame Maßnahmen – gerade für diejenigen, die sich noch nicht impfen lassen können.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ich finde, die Masken sind nach wie vor wenig eingriffsintensiv und sehr wirksam, um Kinder und Jugendliche zu schützen.

(Zuruf von Markus Diekhoff [FDP])

Sie haben ein Recht auf Bildung und auf Teilhabe.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf den Schutz ihrer Gesundheit. Deshalb war es, wie ich finde, einfach falsch, die Maskenpflicht so früh abzuschaffen. Es wäre mit Blick auf diese MPK meine Hoffnung, dass man sich darauf verständigt, sie wieder einzuführen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn wir über das Impfen sprechen, dann sprechen wir über die Auffrischungsimpfungen und über die Impfstoffe für Kinder und Jugendliche – jetzt vor allen Dingen für die Kinder, für die unter 12-Jährigen. Und natürlich müssen wir auch noch einmal einen Blick auf diejenigen werfen, die bislang ungeimpft sind.

Gestern habe ich mir noch einmal die Zahlen aus der forsa-Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums, die ja im Zeitraum von Ende September bis Mitte Oktober erstellt worden ist, angeschaut.

Das sind, wie ich finde, zum Teil erschreckende Zahlen. 75 % der Befragten wollen sich nicht impfen lassen, 23 % tendieren eher zu nein, nur 2 % haben angegeben, dass sie sich impfen lassen wollen, und 10 % haben angegeben, dass sie unentschlossen sind und eine spätere Impfung für eher möglich halten.

Was folgt daraus? Wenn wir wissen, dass wir diese 12 % haben – und vielleicht sind davon inzwischen schon ein paar geimpft –, dann folgt daraus doch, dass wir alles daran setzen, zumindest diese 12 % zu erreichen, sie zu überzeugen und es Ihnen so einfach wie möglich zu machen, jetzt die Impfangebote wahrzunehmen. Dafür werden wir auch in Zukunft weiter mobile und aufsuchende Impfangebote brauchen.

Ja, wir müssen auch über das Thema „Impfpflicht“ sprechen. Das ist ohne Frage ein total sensibles, ein schwieriges Thema.

Ich hätte vor einem Jahr nicht gedacht, dass wir überhaupt darüber sprechen müssen, weil ich immer gedacht habe, dass sich, wenn der Impfstoff erst einmal da ist, sehr, sehr viele Menschen impfen lassen werden, sodass wir schnell eine Herdenimmunität erreichen. Das ist nicht so.

Ich finde, dann muss man sich bestimmte Berufsgruppen, die mit vulnerablen Personengruppen zusammenarbeiten, noch einmal genau anschauen. Ich finde nämlich, für diejenigen, die in ihrem Job Verantwortung für andere Menschen haben, vielleicht für Menschen, die sich aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen selbst nicht schützen können, gehört es aus meiner Sicht dazu, sich impfen lassen zu müssen. Deswegen gehört diese Diskussion mit auf den Tisch.

Ich finde es schade, dass diese Landesregierung bisher keine klare Antwort darauf gefunden hat. Ich finde, dass wir dieses Thema angehen müssen, weil es eben auch heißt, Verantwortung für andere zu tragen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wissen, dass es vor allen Dingen die Ungeimpften sind, die auf den Intensivstationen landen. Auf das Gesundheitssystem wird in den nächsten Wochen wirklich noch eine harte Zeit zukommen. Wer gestern „tagesthemen“ geschaut hat – wahrscheinlich haben das sehr viele von uns getan –: Die Beiträge dort haben das, wie ich finde, noch einmal sehr deutlich gemacht.

Wie gesagt: In den nächsten vierzehn Tagen werden wir einen weiteren Anstieg der Zahlen auch in Nordrhein-Westfalen erleben.

In immer mehr Kliniken in der Bundesrepublik, vor allem im Süden und im Osten Deutschlands, stoßen die Kliniken bereits jetzt an ihre Grenzen.

Patientinnen und Patienten müssen bereits jetzt verlegt werden. Das ist jetzt schon Realität.

Wenn wir über Solidarität reden, dann gehört es für mich auch dazu, dass die Kliniken in Nordrhein-Westfalen auch Patientinnen und Patienten aus anderen Bundesländern aufnehmen, natürlich auch aus anderen europäischen Nachbarländern, so wie wir das in den vorherigen Wellen auch schon getan haben.

Es muss das klare Signal an die MPK gehen, dass Patientinnen und Patienten in der gesamten Bundesrepublik und natürlich auch in Nordrhein-Westfalen behandelt werden müssen, dass diese Patientenversorgung erfolgen muss und auch die Patientenverlegung nach Nordrhein-Westfalen erfolgen kann.

Wenn sich die MPK morgen trifft und sich hoffentlich auf weitere Schutzmaßnahmen verständigt – viele Länder sind auch schon viel weiter als Nordrhein-Westfalen; das haben wir gerade schon mehrfach gehört –, dann muss man sich aber auch eine Frage stellen. Ich finde diese nicht ganz trivial, weil das auch schon letztes Jahr eine schwierige Frage war: Was sind denn eigentlich die Ziele, wenn wir jetzt Schutzmaßnahmen ergreifen? Wo wollen wir eigentlich genau hin? Grob gesagt ist es klar: Wir wollen die Inzidenzen runterkriegen, wir wollen die Überlastung des Gesundheitssystems verhindern. Wir müssen Menschenleben retten, wir wollen die Impfquote steigern. Das ist, glaube ich, alles total klar.

Aber das Problem im letzten Jahr war doch, dass die Ziele eben nicht genau beschrieben wurden: Wo gehen wir eigentlich hin? Ab welchem Punkt können wir wieder lockern? – Dann wurde Anfang dieses Jahres gelockert – auch im Übrigen auf Druck der FDP –, um vier Wochen später in den nächsten Lockdown zu gehen. Ich finde, das darf nicht passieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Man muss vorher klar haben, wohin man will, damit wir so einen Zickzackkurs, wie wir ihn erlebt haben, nicht noch mal erleben. Das Schlimmste ist

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

– ich bin sofort fertig –, wenn Kommunikation nicht stringent ist, nicht konsistent ist. Das ist ein Riesenproblem. Und das war auch bislang ein Problem dieser Landesregierung und des Ministerpräsidenten Armin Laschet. Herr Wüst hat jetzt die Chance, es besser zu machen als sein Amtsvorgänger, besser zu machen als in den letzten drei Wochen. Ich will noch mal sagen,

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

dass wir als grüne Fraktion sehr konstruktiv mitarbeiten wollen und dazu das Angebot machen, dass wir gesprächsbereit sind, dass wir Entscheidungen mittragen, wenn sie notwendig und verhältnismäßig sind.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Die Redezeit!

Verena Schäffer (GRÜNE): Das gemeinsame Ziel muss sein, dass wir Menschenleben schützen und retten wollen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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