Kommunalinfo: Aktivitäten gegen Rechtsextremismus

In der letzten Plenarwoche haben wir gemeinsam mit CDU, FDP und SPD einen Antrag zur Einrichtung eines/einer Antisemitismusbeauftragten in den Landtag eingebracht. Außerdem haben wir GRÜNE mit dem Antrag „Förderung der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus fortsetzen“ die Landesregierung dazu aufgefordert, das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie das Förderprogramm „NRWeltoffen“ fortzusetzen. Über diese beiden Initiativen möchte ich Sie/Euch gern informieren.


Antrag: Nordrhein-Westfalen braucht eine/einen Antisemitismusbeauftragten

In den vergangenen Monaten wurde häufig von antisemitischen Beleidigungen u.a. an Schulen aber auch über tätliche Angriffe gegenüber Jüdinnen und Juden berichtet. Im Jahr 2017 wurden in Nordrhein-Westfalen 324 antisemitische Straftaten von der Polizei verzeichnet. Das ist eine Steigerung um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es ist allerdings von einer höheren Dunkelziffer auszugehen, da aus unterschiedlichen Gründe nicht jede Straftat zur Anzeige gebracht wird. Diese besorgniserregende Entwicklung können und wollen wir nicht hinnehmen.

Daher haben die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN einen gemeinsamen Antrag zur Einrichtung einer/eines Antisemitismusbeauftragten, die/der Präventionsmaßnahmen gegen Antisemitismus koordinieren und Ansprechpartner*in für die Betroffenen von Antisemitismus sein soll, in den Landtag eingebracht. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, was ein wichtiges Signal an die Jüdinnen und Juden sowie die jüdischen Gemeinden ist, weil es zeigt, dass der Landtag geschlossen an ihrer Seite steht.

Obwohl wir GRÜNE weitergehende Forderungen haben, unter anderem zur Stärkung der Präventionsarbeit, der Beratungsarbeit gegen Antisemitismus sowie zu einer Dunkelfeldstudie zu antisemitischen Straftaten, freuen wir uns, dass dieser gemeinsame Antrag gelungen ist. Denn es ist ein erster wichtiger Schritt im Kampf gegen Antisemitismus, dem weitere Maßnahmen gegen Antisemitismus und Diskriminierung folgen müssen.

Der Antrag kann hier abgerufen werden.

Meine Rede können Sie hier nachlesen.

Antrag: Förderung der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus fortsetzen

In unserer rot-grünen Regierungszeit haben wir neben dem integrierten Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus auch das kommunale Förderprogramm „NRWeltoffen“ aufgelegt.

Das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde in einem zweijährigen Prozess unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft entwickelt und im Juni 2016 dem Landtag vorgestellt. Es hinterlegt die Arbeit des Landes gegen Rechtsextremismus und Rassismus mit einer nachhaltigen Strategie und stimmt die Maßnahmen der einzelnen Ressorts untereinander ab. Dabei legt das Konzept aus unserer Sicht wichtige Schwerpunkte in der Unterstützung der Beratungsarbeit sowie der Stärkung der Zivilgesellschaft und der Perspektive der Betroffenen von rechtsextremer und rassistischer Gewalt. Da das Konzept bis Mitte 2019 angesetzt war, haben wir die Landesregierung aufgefordert, das Konzept fortzuführen und weiterzuentwickeln. In der Plenardebatte sagte die Landesregierung die Fortführung des Konzepts über 2019 hinaus zu.

Durch das Förderprogramm „NRWeltoffen“ werden derzeit 25 Kreise und kreisfreie Städte in NRW für die Erstellung und Umsetzung von ortsspezifischen Handlungskonzepten gegen Rechtsextremismus und Rassismus gefördert. Das Programm läuft allerdings Ende 2018 aus. Unsere Berichtsanfrage im Kulturausschuss (Vorlage 17/587) vom März dieses Jahres ergab, dass die Landesregierung erst nach der Evaluation, die im September vorliegen soll, entscheiden möchte, ob und wie sie das Förderprogramm fortsetzen möchte. Wir haben die Landesregierung daher mit unserem Antrag aufgefordert, Klarheit zu schaffen. In der Debatte zu unserem Antrag verwiesen sowohl die Fraktionen von CDU und FDP als auch die Landesregierung wieder auf die ausstehende Evaluation. Immerhin zeigte sich der Abgeordnete der FDP-Fraktion etwas offener und sprach davon, dass das Programm weitergehen solle. Wir hoffen, dass sich diese Position innerhalb der schwarz-gelben Koalition durchsetzt und werden uns selbstverständlich weiter dafür einsetzen, dass die gute Arbeit in den Kommunen fortgesetzt und auf weitere Kommunen in NRW ausgeweitet werden kann. Gerade angesichts der deutlichen Diskursverschiebung nach Rechts können wir uns keine Rückschritte in der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus leisten.

Der Antrag kann hier abgerufen werden.

Meine Rede können Sie hier nachlesen.

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de, 0211 – 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Kommunalinfo: Rechte Straftaten im Jahr 2017

08Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren

wir fragen regelmäßig die aktuellen Zahlen zu politisch rechts motivierten Straftaten ab und haben nun die Zahlen für das Jahr 2017 vorliegen.

Politisch motivierte Kriminalität Rechts im Jahr 2017

Wie wir bereits anhand der Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität im ersten Halbjahr 2017 ablesen konnten, ist mit 3.764 Straftaten im Jahr 2017 ein Rückgang zu verzeichnen. Nachdem die Zahlen seit der zweiten Jahreshälfte 2014 sprunghaft angestiegen waren, kann die aktuelle Entwicklung kaum beruhigen. Denn wir befinden uns weiterhin deutlich über dem Niveau von 2014 mit 3.286 Straftaten (2015: 4.437; 2016: 4.700). Auch die Zahl der rechtsextrem motivierten Gewalttaten befindet sich mit 206 Straftaten und darunter 172 Körperverletzungsdelikten weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.

Die meisten Straftaten wurden erneut in Dortmund begangen (250). Auch in Köln (220), Wuppertal (188), Düsseldorf (171) und Essen (148) wurden sehr viele Straftaten verübt.

Im Themenfeld Hasskriminalität wurden 1.563 Straftaten im Jahr 2017 erfasst, was deutlich über dem Niveau von 2014 mit 1.020 Straftaten liegt. Die Straftaten im Themenfeld Hasskriminalität stehen weiterhin an zweiter Stelle hinter dem Themenfeld Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus (2.430). Jedoch ist bei Betrachtung der Verteilung der Gewalttaten nach Themenfeldern festzustellen, dass hier die Hasskriminalität mit 154 Fällen sehr deutlich vor dem Themenfeld Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus (48) steht. Insgesamt sind 1.544 „fremdenfeindliche“, 294 „antisemitische“, 219 „islamfeindliche“ und 181 „rassistische“ Straftaten verübt worden.

Antisemitische Straftaten

Die Zahl der antisemitischen Straftaten ist mit 324 Fällen im Vergleich zu 2016 (297) sichtbar gestiegen. 294 dieser Straftaten hatten einen rechtsextremen Hintergrund, 17 wurden dem Phänomen „Ausländische Ideologie“ und 6 dem Themenfeld „Religiöse Ideologie“ zugeordnet. Die meisten antisemitischen Straftaten wurden in Köln (20), Essen (19), Dortmund (18), Düsseldorf (17) und Wuppertal (14) verübt.

Islamfeindliche Straftaten

Da die islamfeindlichen Straftaten erst seit dem 1. Januar 2017 gesondert erfasst werden, kann hier noch keine wirkliche Entwicklung nachgezeichnet werden. Jedoch lässt sich festhalten, dass in der zweiten Jahreshälfte 2017 mehr Straftaten verzeichnet wurden, als in der ersten. Im ersten Halbjahr waren es 93 Straftaten, im gesamten Jahr 2017 waren es 239. Einen rechtsextremen Hintergrund hatten 219 Straftaten. Bei 15 Straftaten war der Hintergrund nicht zuzuordnen. 2 Straftaten wurden der politisch motivierten Kriminalität – Links und 2 Straftaten der politisch motivierten Kriminalität – Religiöse Ideologie zugeordnet. Die meisten islamfeindlichen Straftaten wurden in Köln (26), Duisburg (24), Wuppertal (21), Dortmund (20) und Remscheid (13) begangen.

Flüchtlingsfeindliche Straftaten

Die flüchtlingsfeindlichen Straftaten sind mit 181 Straftaten auf einen Wert unter dem des Jahres 2015 (243) gesunken, sind aber deutlich über dem Niveau von 2014 (25). Hinter der Zahl von 181 Straftaten stehen 38 Gewaltdelikte sowie 30 Körperverletzungsdelikte mit 71 Geschädigten.

Schwarz-Gelb muss Handlungskonzept und Förderprogramm gegen Rechtsextremismus fortsetzen

Trotz des Rückgangs der politisch rechts motivierten Straftaten im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr, ist es wichtig zu sehen, dass sich diese Taten sehr gezielt aufgrund von Merkmalen wie Hautfarbe, ethnischer Herkunft oder Religion gegen Menschen gerichtet haben. Eine vielfältige demokratische Gesellschaft kann sich hier also nicht zurücklehnen, sondern muss sich aktiv gegen rechte Hassreden und Gewalt einsetzen. Ebenso ist aber auch die Politik in der Pflicht gegen Rechtsextremismus und Rassismus vorzugehen. In der rot-grünen Regierungszeit haben wir die Beratungsstrukturen gegen Rechtsextremismus deutlich gestärkt. CDU und FDP müssen diese Förderung beibehalten und das Ende 2019 auslaufende Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus in NRW fortführen. Zudem läuft Ende 2018 das Förderprogramm NRWeltoffen, aus dem Städte und Kreise gefördert werden, um ein kommunales Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu erstellen, aus. Auch dieses kommunale Förderprogramm muss von der neuen Landesregierung fortgesetzt werden. Darüber hinaus müssen endlich auch die Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Landtags NRW aus der letzten Legislaturperiode umgesetzt werden. Die Handlungsempfehlungen wurden damals einstimmig von allen Fraktionen – CDU, SPD, GRÜNE, FDP und Piraten – beschlossen. Leider finden sie sich nicht im Koalitionsvertrag von CDU und FDP wieder. Wir GRÜNE fordern die neue Landesregierung auf, diese Handlungsempfehlungen nun auch umzusetzen.

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de, 0211 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße aus dem Landtag

Viele Grüße

Verena Schäffer

Newsletter: Aktivitäten gegen Rechtsextremismus Oktober 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

wie im letzten Newsletter versprochen, möchte ich hiermit kurz über die Ergebnisse meiner Kleinen Anfrage zu antimuslimischen Straftaten berichten sowie die gemeinsame Pressemitteilung mit meiner Kollegin Berivan Aymaz zur heutigen Vorstellung des Verfassungsschutzberichts weiterleiten.

Kleine Anfrage zu antimuslimischen Straftaten

Seit dem 1.1.2017 werden in der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) auch antimuslimische Straftaten unter dem Unterthema „islamfeindlich“ erfasst. Nachdem Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Teile der Politik über viele Jahre diese gesonderte Erfassung analog zu antisemitischen oder homophoben Straftaten gefordert haben, liegen nun erstmals Zahlen zu antimuslimischen Straftaten in Nordrhein-Westfalen vor.

Im ersten Halbjahr 2017 wurden bereits 93 Straftaten dem Unterthema „islamfeindlich“ zugeordnet. 88 dieser Straftaten hatten einen rechtsextremen Hintergrund, zwei sind der PMK Religiöse Ideologie, eine der PMK Ausländische Ideologie und weitere zwei der Kategorie PMK Sonstige zugeordnet worden. Die vier aufgeführten Gewalttaten sind alles Straftaten der PMK Rechts. Unter den Gewalttaten ist auch ein Brandanschlag auf eine Moschee in Bielefeld erfasst. Daneben wurden drei Körperverletzungen gezählt. Den größten Teil der Straftaten machen Volksverhetzungen (48) aus. Beleidigungen (17) und Sachbeschädigungen (14) fanden ebenfalls häufig statt. In Duisburg (12), Köln (11), Herne (8), Remscheid (8) und Essen (7) wurden die meisten Straftaten verzeichnet. Bisher sind nur zwei Tatverdächtige zu diesen Straftaten festgenommen worden, beide waren weiblich.

Zu Ermittlungsverfahren wegen islamfeindlicher Straftaten konnte die Landesregierung keine Angaben machen. Hierzu müsse das EDV-System der Staatsanwaltschaften angepasst werden, was eine bundesweite Abstimmung erfordere. Hierzu werden wir im nächsten Rechtsausschuss am 8. November noch einmal nachhaken.

Ein Vergleich der Zahlen ist noch nicht möglich, da die Statistik erst mit Beginn des Jahres geführt wird. Doch seit einigen Jahren liegen Zahlen zu Angriffen auf Moscheen vor. Für das Jahr 2016 wurden in NRW 21 Straftaten gegen Moscheen gezählt. Angesichts der großen Diskrepanz zu den 93 Straftaten allein für das erste Halbjahr 2017, die eben auch Angriffe gegen Personen und Volksverhetzungen abbilden, wird deutlich, wie notwendig die Einführung des Unterthemas war. Dabei müssen wir davon ausgehen, dass auch es hier noch eine Dunkelziffer gibt, da nicht jede Straftat zur Anzeige gebracht wird.

Im Anhang füge ich die Antwort auf meine Kleine Anfrage bei, sie ist gleichlautend auch hier zu finden: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-697.pdf

Pressemitteilung zum Verfassungsschutzbericht 2016

Der Innenminister hat heute den Verfassungsschutzbericht 2016 vorgestellt. Meine Kollegin Berivan Aymaz und ich haben dazu und den Ankündigungen von Herrn Reul heute folgende Pressemitteilung veröffentlicht: http://gruene-fraktion-nrw.de/detail/nachricht/schaefferaymaz-landesregierung-muss-eine-zentrale-anlaufstelle-fuer-alle-bespitzelten-buerger-scha.html

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de, 0211 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße aus dem Landtag

Verena Schäffer

Newsletter: Aktivitäten gegen Rechtsextremismus September 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

in den vergangenen Wochen haben wir zum Themenfeld Rechtsextremismus eine Reihe von Kleinen Anfragen an die Landesregierung gestellt. Dieser Newsletter gibt einen kurzen Überblick über die Antworten auf die Anfragen zu den Straftaten der politisch motivierten Kriminalität – Rechts (PMK-Rechts), zur Identitären Bewegung und der Reichsbürgerbewegung.

  1. Aktuelle Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität – Rechts
  2. Die Identitäre Bewegung in Nordrhein-Westfalen
  3. Die Reichsbürgerbewegung in Nordrhein-Westfalen

 

  1. Aktuelle Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität – Rechts

In den vergangenen Jahren war ein sprunghafter Anstieg der politisch rechts motivierten Straftaten zu verzeichnen. Im ersten Halbjahr 2017 stellen wir einen Rückgang der Straftaten fest. Ihre Anzahl liegt aber nach wie vor über dem Niveau des ersten Halbjahres 2014. Ab dem letzten Quartal des Jahres 2014 sind die politisch motivierten Straftaten aufgrund der HoGeSa- und Pegida-Demonstrationen sowie der beginnenden Radikalisierung der AfD stark angestiegen. Dies geht auch aus der Excel-Tabelle mit dem Vergleich der politisch motivierten Kriminalität – Rechts im Zeitraum von 2011 bis zum ersten Halbjahr 2017 hervor. Sie ist hier online zu finden.

Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2017 1.667 Straftaten der politisch motivierten Kriminalität – Rechts erfasst. Im ersten Halbjahr 2016 waren es 2.686 Straftaten und im ersten Halbjahr 2014 noch 1.307 Straftaten. Dieser Rückgang spiegelt sich auch in den Zahlen zu Gewaltdelikten, zur Hasskriminalität, flüchtlingsfeindlichen und antisemitischen Straftaten wider. Der Rückgang der Straftaten darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass rechtsextreme Straftaten und vor allem rechtsextreme Gewalt weiterhin ein enormes Problem im Nordrhein-Westfalen darstellen und aktiv dagegen vorgegangen werden muss.

Im Themenfeld Hasskriminalität wurden 653 Straftaten im ersten Halbjahr 2017 erfasst, was dem Niveau vom ersten Halbjahr 2015 mit 641 Straftaten entspricht. Im ersten Halbjahr 2016 wurden 1.413 Fälle der Hasskriminalität registriert. Nach wie vor stellen die Straftaten im Themenfeld Hasskriminalität den zweithöchsten Wert nach dem Themenfeld Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus dar und bewegen sich auf einem hohen Niveau. Sehr deutlich ist der Rückgang der flüchtlingsfeindlichen Straftaten, die von 343 im ersten Halbjahr 2016 auf 79 im ersten Halbjahr 2017 zurückgegangen sind, was in etwa dem Wert vom ersten Halbjahr 2015 mit 60 Straftaten entspricht. Erklären lässt sich dies möglichweise damit, dass es weniger Debatten um die Einrichtung von Unterkünften für Geflüchtete vor Ort gab.

Auch im Falle der antisemitischen Straftaten ist ein Rückgang von 155 Straftaten im ersten Halbjahr 2016 auf 122 Straftaten im ersten Halbjahr 2017 in etwa auf das Niveau des ersten Halbjahrs 2015 mit 133 Straftaten zu verzeichnen. In all unseren Abfragen der vergangenen Jahre haben wir gesehen, dass die meisten antisemitischen Straftaten einen rechtsextremen Hintergrund haben. Im ersten Halbjahr 2017 waren es 117 von 122 Straftaten.

Neu hinzugekommen ist die Erfassung von Hasspostings als eigenes Themenfeld. Hier wurden im ersten halben Jahr bereits 217 Straftaten gezählt. Wir werden die Entwicklung natürlich weiter im Blick haben.

Schwerpunkte rechtsextremer Straftaten sind weiterhin in Dortmund (98 Straftaten), Köln (93), Düsseldorf (89), Essen (77) und Wuppertal (69). Hier online eine Excel-Tabelle zum Vergleich der Straftaten nach Orten von 2012 bis zum ersten Halbjahr 2017.

Meine Kleine Anfrage zu antimuslimischen Straftaten ist bisher nicht beantwortet worden. Sobald diese vorliegt, informiere ich auch darüber gerne.

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zur politisch motivierten Kriminalität  – Rechts abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-580.pdf

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zu flüchtlingsfeindlichen Straftaten abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-581.pdf

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zu antisemitischen Straftaten abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-579.pdf

  1. Die Identitäre Bewegung in Nordrhein-Westfalen

In den vergangenen Monaten hat die „Identitäre Bewegung“ immer offensiver die öffentliche Aufmerksamkeit gesucht. Mit Aktionen, wie dem Entrollen eines Banners am Kölner Hauptbahnhof, der Demonstration vor dem Bundesjustizministerium am 19. Mai oder auch dem Versuch, mit einem eigens gecharterten Schiff Flüchtlinge im Mittelmeer abzufangen, versucht die Szene auf sich und ihre rassistischen Positionen aufmerksam zu machen. Die Antwort auf meine Kleine Anfrage macht deutlich, dass die „Identitäre Bewegung“ gewaltbereit ist. Von den rund 50 Personen, die der Verfassungsschutz der „Identitären Bewegung“ zuordnet, sind 16 Personen polizeibekannt. Unter den von Angehörigen der „Identitären Bewegung“ begangenen Straftaten sind auch Volksverhetzung und gefährliche Körperverletzung aufgeführt.

Verbindungen zu weiteren rechtsextremen Organisationen sieht der Verfassungsschutz in persönlichen Kennverhältnissen, stellt aber auch heraus, dass die Ortsgruppe der IB in Aachen vorwiegend aus Mitgliedern besteht, die der örtlichen Neonaziszene angehören. Als Verbindung zur AfD wird lediglich eine Person aus der AfD-Hochschulgruppe in Düsseldorf genannt. Bemerkenswert ist allerdings, dass der AfD-Landtagsabgeordnete Beckamp sich in sozialen Medien positiv über die Aktion der IB zur Zurückdrängung von Flüchtlingen im Mittelmeer äußert.

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-172.pdf

 

  1. Die Reichsbürgerbewegung in Nordrhein-Westfalen

Bei den Reichsbürger*innen handelt es sich neben der Identitären Bewegung um eine weitere neue Entwicklung im rechten Spektrum. Ihre Ideologie ist im Kern rechtsextremistisch, sie vertreten geschichtsrevisionistische, rassistische, antisemitische und völkische Positionen. Während der Verfassungsschutz im Oktober 2016 noch von einer niedrigen dreistelligen Zahl ausging, zählt er inzwischen etwa 2.000 Reichsbürger*innen allein in Nordrhein-Westfalen. Dieser scheinbar sprunghafte Anstieg hängt auch mit der Aufhellung des Dunkelfelds zusammen. Offenbar sind die Behörden heute stärker sensibilisiert. Dennoch ist der Zulauf besorgniserregend.

In der Antwort der Landesregierung werden erstmals die Zahlen der politischen motivierten Kriminalität durch Reichsbürger*innen veröffentlicht. Allein im ersten Halbjahr 2017 wurden 20 Straftaten verzeichnet. Von diesen richteten sich 12 Straftaten gegen Angehörige der Polizei sowie gegen Amts- und Mandatsträger*innen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sind also in einem besonderen Maße von Straftaten der Reichsbürger*innen betroffen. Es kam unter anderem zu Beleidigungen, Nötigungen und in einem Fall sogar zu einer vorsätzlichen einfachen Körperverletzung. Dies lässt sich unter anderem mit der Ablehnung rechtsstaatlicher Strukturen erklären, die für die Reichsbürger*innen identitätsstiftend ist. Darüber hinaus haben Reichsbürger*innen auch Volksverhetzungen und sogenannte Propagandadelikte begangen. Auch Personen, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören, sind Opfer von Beleidigungen und Nötigung durch Mitglieder der Reichsbürgerbewegung geworden.

Die Reichsbürger*innen sind in Nordrhein-Westfalen sehr heterogen aufgestellt. Die verschiedenen Gruppierungen sind teils bundesweit vernetzt und aktiv. Obwohl drei der konkret genannten Gruppen ihren Sitz im Ruhrgebiet haben, stellt der Verfassungsschutz Aktivtäten stärker in ländlichen Regionen fest. Schwerpunkte werden im Raum Ostwestfalen, Lippe, Soest, im Hochsauerlandkreis und im Großraum Köln gesehen. Oftmals stehen hinter den kriminellen Absichten der in der Antwort auf meine Kleine Anfrage genannten Organisationen wirtschaftliche Interessen. Die hohe Anzahl von 143 Personen mit waffenrechtlichen Erlaubnissen belegt zudem die Waffenaffinität der Reichsbürger*innen. Damit geht eine hohe Gefahr von der Reichsbürgerbewegung aus.

Noch in der Zeit der rot-grünen Landesregierung wurden die Mitarbeiter*innen der Behörden auf Landes- und kommunaler Ebene umfassend informiert und geschult. Diese Informationspolitik muss die neue Landesregierung fortführen und weiter ausbauen. Neben der polizeilichen Statistik über die Straftaten, sollte es auch eine Statistik der Justiz über Strafverfahren gegen die Reichsbürger*innen geben. Hier sind Innenminister Reul und Justizminister Biesenbach gefordert, eine entsprechende Verlaufsstatistik vom Aufnehmen der Straftat bis zur tatsächlichen Verurteilung einzuführen.

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zur Reichsbürgerbewegung in NRW abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-259.pdf

Hier ist die Antwort auf meine Kleine Anfrage zur Reichsbürgerbewegung und dem öffentlichen Dienst in NRW abrufbar:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-265.pdf

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de0211 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße aus dem Landtag

 

Verena Schäffer

Newsletter Aktivitäten gegen Rechtsextremismus Juli 2016

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

in diesem Newsletter möchte ich über Aktuelles aus der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus im Landtag NRW berichten.

In der vergangenen Woche wurde der Verfassungsschutzbericht des Landes für das Jahr 2015 veröffentlicht. Dieser macht auf äußerst problematische Entwicklungen aufmerksam. Angesichts der dort beschriebenen Problemlagen wird nochmal deutlich, wie wichtig die Erstellung des integrierten Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus und Rassismus war, über das wir in unserer vergangenen Kommunalinfo berichtet haben. Inzwischen ist das Interessenbekundungsverfahren für die Teilnahme am Förderprogramm für lokale Handlungskonzepte gegen Rechtsextremismus und Rassismus gestartet. Auch hierzu wollen wir in diesem Newsletter informieren.

Herzliche Grüße aus dem Landtag!

Verena Schäffer

 

Inhalt des Newsletters:

  • Förderprogramm für lokale Handlungskonzepte gegen Rechtsextremismus und Rassismus
  • Verfassungsschutzbericht des Landes NRW 2015

Förderprogramm für lokale Handlungskonzepte gegen Rechtsextremismus und Rassismus

Im Rahmen der Erstellung des integrierten Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus und Rassismus des Landes NRW wurde der Bedarf an Unterstützungsangeboten für die Kommunen deutlich. Deshalb haben wir gemeinsam mit der SPD-Fraktion bereits im vergangenen Jahr Haushaltsmittel für diese Aufgabe bereitgestellt. In unserem Kommunalinfo hatten wir angekündigt, dass bald ein entsprechendes Förderprogramm für Kommunen, die sich in der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus bereits engagieren oder entsprechendes Engagement planen, starten würde. Nun ist es so weit. Das Interessenbekundungsverfahren ist in dieser Woche gestartet worden. Bis zum 7. Oktober 2016 können Kreise und kreisfreie Städte Interessenbekundungen über eine maximale Fördersumme von 70.000 Euro beim Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW einreichen. Voraussetzung ist neben einem der Umsetzung bzw. der Entwicklung eines Handlungskonzepts auch ein Rats- bzw. Kreistagsbeschluss. Wir hoffen, dass viele Kommunen dieses Angebot annehmen und die Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus vor Ort gestärkt werden kann.

Weitere Informationen zum Förderprogramm und Interessenbekundungsverfahren sind hier zu finden.

 

Verfassungsschutzbericht des Landes NRW 2015

Der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2015 bestätigt, was sich bereits in der Berichterstattung der vergangenen Monate gezeigt hat: Konflikte und Radikalisierung nehmen zu. Sowohl das rechtsextreme, als auch das neosalafistische Spektrum sind heute stärker ideologisiert und vor allem auch gewaltbereiter als zuvor. Auch von der linken Szene gehen mehr Straftaten aus als im Vorjahr.

Im Laufe der vergangenen Jahre sind die politisch rechts motivierten Straftaten in Nordrhein-Westfalen kontinuierlich angestiegen. Dieser Trend hat sich auch im Jahr 2015 fortgesetzt. Im Jahr 2015 wurden 4.437 (2014: 3.286) rechte Straftaten registriert. Das ist ein Anstieg um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Gegen diese Radikalisierung geht die Landesregierung sowohl mit  repressiven Mitteln, als auch mit gestärkter Präventionsarbeit vor.

Staatliche Maßnahmen können aber nur dann wirklich Wirksamkeit gegen Radikalisierung entfalten, wenn sie von der demokratischen Zivilgesellschaft getragen werden. Das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen braucht das Engagement und Eintreten aller Demokratinnen und Demokraten gegen menschenverachtende und antidemokratische Kräfte. Dieses Engagement ist groß in NRW. Es verdient unsere Anerkennung und Unterstützung, damit es weiter wachsen kann.

Wir haben die Ergebnisse aus dem Verfassungsschutzbericht kurz zusammengefasst und in einem Blog aus unserer Sicht bewertet. Er kann hier nachgelesen werden.

Meine Rede zur Aktuellen Stunde über den Verfassungsschutzbericht kann hier angeschaut und hier nachgelesen werden.

Bei Fragen und Anmerkungen stehen Hasret Karacuban, meine Mitarbeiterin und Referentin für Strategien gegen Rechtsextremismus (hasret.karacuban@landtag.nrw.de; Tel.: 0211 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Kommunalinfo: Gesetzentwurf zur Einführung der Kennzeichnungspflicht für Bereitschaftspolizist*innen und eines Pilotprojekts „Bodycams“

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir haben heute gemeinsam mit der SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der eine langjährige Grüne Forderung beinhaltet: Polizeibeamt*innen der Bereitschaftspolizei werden in Zukunft auf ihren Einsatzanzügen eine individuelle Kennzeichnung tragen, um eine nachträgliche Identifikation zu erleichtern. Damit wird sowohl dem Anspruch von Bürgernähe und Transparenz Rechnung getragen als auch das Vertrauen in die Kontrolle staatlichen Handelns gestärkt.

Zudem werden wir eine gesetzliche Grundlage für ein befristetes Pilotprojekt „Bodycams“ schaffen, mit dem wir der steigenden Gewalt gegen Polizeibeamt*innen entgegenwirken wollen. Betroffene der polizeilichen Aufzeichnung sollen ihrerseits in die Aufzeichnung Einsicht nehmen können. Das Pilotprojekt soll von Beginn an auf seine Wirksamkeit wissenschaftlich untersucht werden.

Hier findet Ihr den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Dazu folgende Erläuterungen:

Die Kennzeichnungspflicht kommt

Die Einführung einer Pflicht für Polizeibeamt*innen in Bereitschaftspolizei- und Alarmeinheiten, eine anonymisierte individuelle Kennzeichnung zu tragen, ist eine langjährige Grüne Forderung. Die Kennzeichnungspflicht haben wir mit der SPD im Koalitionsvertrag 2012-2017 vereinbart und setzen sie nun gesetzlich um.

Polizeibeamt*innen in den Einheiten der Bereitschaftspolizei und den Alarmeinheiten tragen bereits heute die sogenannte taktische Kennzeichnung auf dem Einsatzanzug. Diese Kennzeichnung erfasst bislang die Informationen bis zur Zugehörigkeit der letzten Organisationsebene der Gruppe, das heißt zehn Beamtinnen und Beamten. Mit Änderung des Polizeigesetzes wird nun eingeführt, dass auf die Ziffernkombinationen ein Buchstabe folgt, der für die Individualisierung sorgt.

Mit der Kennzeichnungspflicht wird eine nachträgliche Identifikation erleichtert. Damit tragen wir dem Anspruch von Bürgernähe und Transparenz der Polizei Rechnung. Zudem stärkt die Kennzeichnungspflicht das Vertrauen in die Arbeit der Bereitschaftspolizei und in die Möglichkeit der Kontrolle staatlichen Handelns. Gerade der Einsatz von Bereitschaftspolizei- und Alarmeinheiten erfolgt in Situationen mit Konfliktpotential. Es kommt in diesen Fällen immer wieder vor, dass Bürger*innen darüber klagen, von der Polizei unrechtmäßig behandelt worden zu sein. Hinzu kommt die Erschwernis, dass einzelne Beamt*innen wegen der Schutzkleidung nicht hinreichend beschrieben oder wiedererkannt werden können.

Die Sorge von Polizeibeamt*innen vor Bedrohungen nach Bekanntwerden ihrer Identität nehmen wir sehr ernst. Deshalb und um die Persönlichkeitsrechte der einzelnen Polizeibeamt*innen zu schützen, bleibt es bei einer anonymisierten Kennzeichnung.

Uns ist damit eine Regelung gelungen, die die verschiedenen Forderungen und Standpunkte zu diesem Thema in einem ausgewogenen Maß berücksichtigt.

Pilotversuch zum Einsatz von Bodycams

Bereits seit einigen Jahren wird aufgrund der steigenden Gewalt gegen Polizeibeamt*innen über den Einsatz sogenannter Bodycams, kleiner Schulterkameras an der Polizeiuniform, als Mittel der Eigensicherung diskutiert. In einigen Bundesländern (u.a. Hessen und Rheinland-Pfalz) und bei der Bundespolizei werden bereits entsprechende Versuche durchgeführt. Aus den Erfahrungsberichten lässt sich schließen, dass der Einsatz von Bodycams eine deeskalierende Wirkung hat und Solidarisierungseffekte gegen die Beamt*innen von unbeteiligten Dritten verhindert. Mit der Änderung des Polizeigesetzes schaffen wir die Grundlage für einen eigenen Pilotversuch in Nordrhein-Westfalen.

Die Regelung im Gesetzentwurf ermöglicht die Ausstattung von Polizeibeamt*innen mit kleinen Kameras. Wir haben hierfür strenge bürgerrechtliche Leitplanken eingezogen. Vor dem Einschalten müssen Polizeibeamt*innen auf die beginnende Aufzeichnung hinweisen, zudem sollen die Kameras mit einem Display ausgestattet sein, auf welchem die aufgezeichnete Szene sofort abgebildet wird. Der offene Einsatz ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil nur so eine deeskalierende Wirkung erzielt werden kann. Ein sogenanntes Prerecording, die unbemerkte Aufzeichnung, die fortlaufend die letzten 30 Sekunden vor der eigentlichen Betätigung der Bodycam durch Polizeibeamt*innen erfasst, findet nicht statt.

Voraussetzung für das Einschalten der Kamera ist eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Polizeibeamt*innen oder einer dritten Person. Die Kameras sollen im öffentlichen Raum, aber auch in geschlossenen Räumen eingesetzt werden können. Letzteres unterscheidet die NRW-Regelung zu den Modellprojekten in den anderen Bundesländern. Da ein nicht unerheblicher Teil von Übergriffen auf Polizeibeamt*innen bei Einsätzen in Wohnungen und anderen geschlossenen Räumen erfolgt, zum Beispiel im Rahmen von Einsätzen bei häuslicher Gewalt, haben wir uns für die Möglichkeit des Einsatzes von Bodycams auch in geschlossenen Räumen entschieden.

Wir zeigen mit dem Versuch, dass es möglich ist, die Belange des Datenschutzes und der Einsatztransparenz mit den Anforderungen an polizeiliche Eigensicherung zusammenzubringen. Die Aufzeichnungen erfolgen verschlüsselt und die gespeicherten Daten werden gegen den unbefugten Zugriff durch Dritte geschützt. Nach einem Einsatz von Bodycams werden die Aufzeichnungen durch die aufzeichnenden Polizeibeamt*innen zusammen mit der/dem Vorgesetzten kontrolliert. Findet sich hierbei Material, das Anlass zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gibt, werden die Daten zu diesem Zwecke gespeichert. Andernfalls werden sie nach dem Ablauf von zwei Wochen wieder gelöscht. Binnen dieser Zeit haben Personen, die durch Bodycams aufgezeichnet wurden, die Möglichkeit, sich ihrerseits das Videomaterial anzusehen. Die Vorhaltedauer von zwei Wochen ist angemessen. Sie berücksichtigt einerseits, dass je nach Größe einer Behörde mehrere Tage verstreichen können, bis die Videoaufzeichnungen dienstlich geprüft wurden, und andererseits, dass auch die Betroffenen Zeit brauchen, um sich über ihr Agieren nach der teilweise auch belastenden Konfliktsituation klar zu werden. Im Bund-Länder-Vergleich liegen die Löschfristen zwischen unverzüglicher Löschung und Speicherung für zwei Monate.

Der Versuch soll in fünf Modellbehörden durchgeführt werden und bis zum 31. Dezember 2019 befristet sein. Der Einsatz erfolgt im Zuständigkeitsbereich von Kreispolizeibehörden unterschiedlicher Größe, unterschiedlicher Organisationsstrukturen (Polizeipräsidien / Landräte) und unterschiedlicher geografischer Lage (Stadt / ländlicher Raum). Eine unabhängige Evaluation ist gesetzlich vorgeschrieben. Diese wird bis zum 30. Juni 2019 von einer/einem sozialwissenschaftlichen und von einer/einem polizeiwissenschaftlichen Sachverständigen durchgeführt. Dabei sollen sowohl die Auswirkungen des Einsatzes von Bodycams auf das Verhältnis zwischen Polizei und Bürger*innen als auch die Wirksamkeit in Hinblick auf die Eigensicherung von Polizeibeamt*innen untersucht werden.

Weitere Beratungen zu dem Gesetzentwurf

Wir haben den Gesetzentwurf zu weiteren Beratung in den Innenausschuss verwiesen. Dort wird er erstmalig in der Innenausschusssitzung im September beraten werden. Im Herbst, der genaue Termin wird noch festgelegt, wird es eine Anhörung mit Sachverständigen zu dem Gesetzentwurf geben. Wir wollen das Gesetz noch in diesem Jahr beschließen. Es wird nach Landtagsbeschluss und Verkündung in Kraft treten.

Bei Fragen könnt Ihr Euch jederzeit bei uns und unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Laurens Lange (0211/884 2282, laurens.lange@landtag.nrw.de) melden.

Mit besten Grüßen aus dem Landtag

 

 

 

 

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Verena Schäffer MdL

Stellvertretende Fraktionsvorsitzende

Sprecherin für Innenpolitik und Strategien gegen Rechtsextremismus

Obfrau der GRÜNEN Fraktion im NSU-Untersuchungsausschuss

 

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW
Platz des Landtags 1 * 40221 Düsseldorf

Tel: 0211 – 884 – 4305

Fax: 0211 – 884 – 3334

www.verena-schaeffer.de

www.gruene-fraktion-nrw.de

 

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Matthi Bolte MdL

Netzpolitischer Sprecher

Sprecher für Datenschutz

 

Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW

Platz des Landtags 1 * 40221 Düsseldorf

Tel: 0211 – 884 –4289

Fax:0211 – 884 –3538

matthi.bolte@landtag.nrw.de

www.matthi-bolte.de