Einladung zur Veranstaltung am 24. Oktober 2014 um 15:00 Uhr: „Abgehört und ausgespäht – Konsequenzen des NSA -Skandals für die Wirtschaft in NRW“

Der NSA-Skandal zieht immer weitere Kreise.Auch über ein Jahr nach den ersten Enthüllungendes Whistleblowers Edward Snowden dringen immer wieder neue Informationen über das zuvor ungekannte Ausmaß der Überwachung durch ausländische Geheimdienste an die Öffentlichkeit.

Die Snowden-Enthüllungen haben zu großen gesellschaftlichen Diskussionen darüber geführt, wie vor dem Hintergrund des NSA-Skandals die digitale Freiheit der Bürgerinnen und Bürger erhalten und geschützt werden kann. Darüberhinaus führten die Enthüllungen auch zu einemwachsenden Bewusstsein für die ThemenkomplexeWirtschaftsspionage und Systemsicherheit.Neben den bereits laufenden Maßnahmenzur gesellschaftlichen Aufklärung und Bewusstseinsbildungin diesem Problemfeld wird derzeitauf Bundesebene mit dem IT-Sicherheitsgesetzauch ein neuer rechtlicher Rahmen diskutiert.

Jedes zweite Unternehmen in NRW ist in den vergangenen Jahren Ziel von Spionageangriffen durch ausländische Nachrichtendienste oder kriminelle Hacker gewesen, so die Erkenntnisse des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes.Wir wollen gemeinsam mit der Wirtschaft diskutieren: Welche Konsequenzen haben die Unternehmen in NRW aus dem NSA-Skandal gezogen? Welche Folgerungen ergeben sich für das Handeln des Verfassungsschutzes? Was ist staatliche Schutzverantwortung und was ist Aufgabe des einzelnen Unternehmens? Wie kann ein gesetzlicher Schutzrahmen aussehen, der mehr Sicherheit für Bürger, Bürgerinnen und Unternehmen schafft?

Programm

15:00 Begrüssung durch Matthi Bolte MdL, netzpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion

und

Daniela Schneckenburger MdL, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion

Input

Burkhard Freier, Leiter des Verfassungsschutzes NRW
Prof. Dr. Norbert Pohlmann, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Internetsicherheit, Westfälische Hochschule Gelsenkirchen

Diskussionsrunde mit den Referenten und mit
Dr. Matthias Mainz, Geschäftsführer IHK NRW

Moderation: Verena Schäffer MdL, innenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion

17:45 Uhr Abschlussbemerkungen

18:00 Uhr Ende der Veranstaltung

Die Einladung als pdf findest du/finden Sie hier.

Meine Rede zur Gebührenpflichtigkeit bei Polizeieinsätzen

Drucksache 16/6856

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, über das Thema an sich kann man offen diskutieren. Aber man muss sich dann schon noch einmal die einzelnen Bereiche angucken. Denn es ist schon ein Unterschied, ob wir über die Begleitung von Schwerlasttransporten sprechen oder aber über den Polizeieinsatz bei Fußballspielen. Das ist ja ein sehr beliebtes Thema. Die Frage, ob man da Gebühren erhebt, wird ja sehr heiß diskutiert. Das kommt in Ihrem Antrag nicht vor. Aber das ist eines der strittigsten Themen, die wir immer wieder diskutieren. Da meine ich zum Beispiel, das ist originäre Polizeiarbeit und sollte nicht bezahlt werden müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Worauf ich aber hinaus will, ist: Man muss sich sehr genau die einzelnen Bereiche angucken, wo man Gebühren erhebt und wo eben nicht. Denn – das muss man hier ganz deutlich sagen – die Polizei ist für die öffentliche Sicherheit zuständig, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger dafür bezahlen müssen, dass ihre Sicherheit gewährleistet wird.

Deshalb stellt sich, wenn man über Gebühren spricht, auch direkt die Frage, wo man hier eigentlich die Abgrenzung trifft. Wo fängt das Verursacherprinzip an? Wo hört es auf? Dazu möchte ich gerne aus Ihrem Antrag zitieren. Sie schreiben in Ihrem Antrag:

„Wer sich nicht mit Anstand betrinken kann und deshalb Kosten für die Allgemeinheit verursacht, sollte zumindest im Wege einer Gebühr daran beteiligt werden.“

Eine Definition, was es bedeutet, sich mit Anstand zu betrinken, haben Sie leider nicht geliefert. Das können Sie im Ausschuss ja vielleicht nachreichen. Aber ich finde, das zeigt schon ganz deutlich die eigentliche Frage. Wo ist die Abgrenzung? Wo greift das Verursacherprinzip und wo nicht?

Ich finde, eines ist in der Diskussion ganz wichtig, nämlich dass Gebühren auf keinen Fall dazu führen dürfen, dass die Polizei nicht mehr gerufen wird. Ich glaube, darüber sind wir uns auch alle sehr einig. Das darf nicht dazu führen, dass die Menschen die 110 nicht mehr anrufen, wenn es um ihre Sicherheit geht.

Das eigentliche Problem in der Innenpolitik im Bereich Polizeiarbeit ist aber, glaube ich, nicht die Frage, ob wir Gebühren erheben, sondern das ist die Arbeitsbelastung der Polizei. Wir haben häufig über Polizeieinsatzzeiten der Bereitschaftspolizeien im Bereich Fußball diskutiert. Wir haben auch häufig schon diskutiert über das Kippen der Einstellungszahlen im Vergleich zu den Pensionierungen, die wir in den nächsten Jahren zu erwarten haben, wo wir dringend eine Aufgabenkritik brauchen. Hier muss man ganz deutlich sagen, dass die Erhebung von Gebühren natürlich nicht dazu führt – auch wenn wir über Polizeieinsätze zum Beispiel beim Fußball sprechen und über die Frage, ob da Gebühren erhoben werden sollten –, dass die Polizei entlastet wird. Ich meine, das ist die eigentliche Frage, die wir im Innenausschuss inhaltlich diskutieren sollten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Einen anderen Aspekt, den ich noch aufgreifen will, hat mein Vorredner auch schon angesprochen. Das ist die Frage: Über welche Fallzahlen reden wir eigentlich, über wie viele Fälle, bei denen man diese Gebühren jeweils erheben würde?

Lohnt es sich überhaupt? Es ist die Frage, ob man sich hier nicht Verwaltungskosten einhandelt, die in keinem Verhältnis zu den Gebühren stehen, die man nachher zu erwarten hat. Gerade die CDU wirft uns immer vor, dass wir Bürokratiemonster aufbauen. Ich frage mal zurück: Bauen wir hier nicht ein Bürokratiemonster auf?

Darüber würde ich im Ausschuss gern noch einmal diskutieren. Ansonsten glaube ich, dass man zwar offen über diese Frage diskutieren kann, aber man muss es sehr differenziert machen und sich jeweils die einzelnen Fälle anschauen, damit man das beurteilen kann. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zur Taschendiebstahlstatistik und dem Problem des „Antanzens“

Drucksache 16/6857

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne Frage ist Taschendiebstahl für die Betroffenen ärgerlich, kostet unter Umständen viel Geld und erfordert – je nachdem, was gestohlen wurde – viele Behördengänge. Was bei Taschendiebstählen noch viel schlimmer ist, das ist, glaube ich, der Verlust von persönlichen Gegenständen, von Fotos oder Videoaufnahmen aus dem Urlaub auf dem Smartphone, vom Terminkalender mit persönlichen Notizen usw. usf.

Eines muss man aber auch sagen: Antanzen ist beim Taschendiebstahl nicht die einzige Tatbegehungsform. Sie sprechen ja in Ihrem eigenen Antrag davon, dass es auch noch den Podolskitrick gibt, der offensichtlich nicht unter das Antanzen fällt. Oder doch? Frage: Wie wollen Sie das in der Polizeilichen Kriminalstatistik eigentlich eingrenzen? Wollen Sie jetzt für jede Tatbegehungsform beim Taschendiebstahl eine eigene Statistik führen? Das frage ich mich.

(Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Zumal: Die Polizeiliche Kriminalstatistik – das ist gerade schon gesagt worden – ist ja zu Recht eine bundeseinheitliche Statistik, um Vergleichbarkeit zu haben und sehen zu können, welche Entwicklungen es in welchen Ländern gibt. Insofern stellt sich natürlich die berechtigte Frage: Macht es viel Sinn, dass man hier in NRW einen eigenen Schlüssel aufführt, den andere Bundesländer nicht haben?

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Yüksel zulassen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Aber gerne.

Serdar Yüksel (SPD): Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Den „Podolskitrick“ hätten wir gerne einmal gewusst. Den kennen wir hier alle gar nicht.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich würde vorschlagen, Herr Yüksel, dass Sie das hier nachher für uns alle vormachen. Das wäre doch ein Deal. Aber vielleicht möchte auch der Innenminister. Wir schauen gleich mal.

(Heiterkeit)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Sie steigern die Erwartungshaltung des Plenums ins Unermessliche.

(Heiterkeit)

Verena Schäffer (GRÜNE): Richtig.

(Zuruf)

 – Tut mir leid, da muss ich Sie leider enttäuschen. Vielleicht beim nächsten Mal.

Ich möchte aber noch etwas zum Thema „Prävention“ sagen: Es ist hier deutlich geworden ist, Herr Sieveke, dass Sie fast ausschließlich von Köln gesprochen haben. Das heißt, wir reden über ein Phänomen, das sehr regional begrenzt vorkommt. Deshalb ist die Frage, wieviel Sinn es macht, vom Innenministerium gesteuert eine landesweite Präventionskampagne durchzuführen, doch erheblich, wenn wir bezüglich dieses Phänomens eigentlich nur über wenige Städte in Nordrhein-Westfalen sprechen.

Außerdem läuft momentan eine Kampagnenwoche der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Diese Kampagnenwoche – wer es noch nicht erfahren hat – heißt: „Augen auf und Tasche zu! – Langfinger sind immer unterwegs“. Ich habe gestern noch mit einer Polizeipräsidentin gesprochen und auch über dieses Thema geredet. Schauen Sie sich das vielleicht noch einmal an. Da läuft einiges.

Bei Ihrem dritten Forderungspunkt geht es um verstärkte Zivilstreifen. Auch dazu muss man sagen: Das ist eigentlich reine Sache der Kreispolizeibehörden. Ich finde es nicht sehr sinnvoll, wenn das Innenministerium die einzelnen Streifen in die jeweiligen Orte losschickt, sondern es muss natürlich vor Ort entschieden werden, wo es Sinn macht. Dass das PP Köln bereits am Thema dran ist und auch fortlaufend evaluiert, geht auch aus der Antwort auf die Anfrage von Theo Kruse hervor.

Insofern gibt es von uns keine Zustimmung für den Antrag. Wir werden natürlich der Überweisung zustimmen. Ich würde Sie bitten, bei diesem Antrag vielleicht ausnahmsweise auf die Durchführung einer Anhörung im Ausschuss zu verzichten. Ich glaube, es gibt viele andere Themen im Bereich der Polizeiarbeit und der Kriminalitätsbekämpfung, die wichtiger sind als das Thema „Antanzen“. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zu polizeilichen „Eilbefugnissen“ von Zollbeamtinnen und Zollbeamten

Drucksache 16/4157

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es mag für meine Fraktion ungewöhnlich sein. Normalerweise bin ich nicht sosehr dafür bekannt, nur Realpolitik zu betreiben.

(Heiterkeit von Hans-Willi Körfges [SPD])

Aber dieses Mal kann ich sagen: Uns geht es nicht um Parteipolitik, sondern wirklich um Realpolitik, denn wir sehen keine Notwendigkeit dafür. Warum sollen wir polizeiliche Befugnisse auf andere Personenkreise übertragen, wenn es keine Defizite gibt? Weder hier noch in der ersten Lesung noch in der Anhörung ist wirklich dargestellt worden, dass es Defizite bei der Zusammenarbeit von Polizei und Zoll gibt. Insofern frage ich mich: Wenn wir dafür keine ausreichende Begründung haben, warum sollten wir den Kreis derjenigen, die bestimmte Eilbefugnisse haben – es sind polizeiliche Befugnisse –, ausweiten, noch dazu auf Beamtinnen und Beamte des Bundesfinanzministeriums? Warum sollen wir hier sozusagen Länderrechte ausweiten, wenn wir gar keine Defizite sehen?

Ein Argument in der ganzen Debatte ist immer: Ja, in den unterschiedlichen Ländern gibt es unterschiedliche Regelungen. Dazu muss ich sagen: Ja, das liegt aber auch daran, dass Polizeirecht Ländersache ist. Insofern werden Sie immer in allen möglichen polizeilichen Fragen unterschiedliche Regelungen zwischen den Ländern haben. Das ist in diesem Themenbereich relativ normal, und damit müssen wir umgehen.

Meines Wissens haben bisher nur die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein, also fünf Länder die Eilbefugnisse für Zollbeamte. Das ist nicht einmal die Hälfte der Bundesländer. Es hat vom Bundesfinanzministerium schon mehrfach Anfragen an die Landesinnenminister gegeben, die auch schon mehrfach geprüft haben, ob es hier ein Problem gibt, ob es hier Defizite in der Zusammenarbeit gibt. Bisher ist es immer verneint worden, zumindest von mehr als der Hälfte der Landesinnenminister. Insofern sehen wir hier keinen Grund einer Ausweitung von polizeilichen Befugnissen. Aus dem Grund werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zum Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Gewaltbereitem Salafismus mit Repression und Prävention begegnen“

Drucksache 16/6730 in Verbindung mit dem Antrag der FDP „Islamistische Propaganda erreicht mit Scharia-Polizei neue Qualität – Die rot-grüne Landesregierung muss endlich handeln“ Drucksache 16/6728 und dem Antrag der CDU „Frontalangriff auf den Rechtsstaat: „Scharia-Polizei“ patrouilliert in Nordrhein-Westfalen“ Drucksache 16/6729

 

 Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehr Präsenz der CDU im Parlamentarischen Kontrollgremium – in der letzten öffentlichen Sitzung waren Sie ja mal wieder nicht da – würde vielleicht bei Ihnen auch zu der Erkenntnis führen, dass das Thema „Salafismus“ eines der Hauptthemen unserer Sicherheitsbehörden ist, des Verfassungsschutzes, aber eben auch der Polizei hier in Nordrhein-Westfalen. Vielleicht beteiligen Sie sich einfach mal an den Debatten in den Fachgremien des Landtags und reden dann vielleicht hier auch mal ein bisschen differenzierter über das Thema.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Denn ich meine schon, dass wir die differenzierte Debatte über das Thema brauchen. Wir sind uns einig, dass wir hier ein großes Problem haben und dass das Vorhaben einer radikalisierten Gruppe, einen Teil unserer Gesellschaft, und zwar junge Musliminnen und Muslime, durch vermeintliche Sittenwächter kontrollieren zu lassen, einen fundamentalen Angriff auf die freiheitlichen Werte unserer Gesellschaft darstellt.

Unsere Gesellschaft zeichnet sich gerade durch diese Werte und Grundrechte aus. Dazu gehört auch, dass junge Menschen – egal, welcher Herkunft, egal, welchen Glaubens – selbstbestimmt entscheiden können, ob sie abends feiern gehen, ob sie Bier trinken, ob sie in der Disko tanzen gehen. Maßgeblich dafür sind die deutsche Gesetzgebung und nicht die Regeln von selbsternannten Tugendwächtern. Alle Versuche, den Rechtsstaat hier zu unterlaufen und Menschen einzuschüchtern, dürfen wir als Gesellschaft nicht dulden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Deshalb war die Klarstellung des Innenministeriums, was das Tragen dieser Westen angeht, dass es sich hier um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und das Uniformverbot handelt, richtig. Das konsequente Handeln der Polizei in Wuppertal hat ja auch dazu geführt, dass diese Aktion relativ schnell unterbunden werden konnte. Das ist auch gut so.

Der Salafismus ist die am schnellsten wachsende verfassungsfeindliche Bestrebung in Deutschland mit bundesweit ungefähr 6.000 Anhängerinnen und Anhängern.

Auch das ist wichtig: Darunter sind auch Frauen. Auch das müssen wir in die Debatte einbeziehen. Da gibt es andere Bedarfe. Da sind auch andere Ansprachen notwendig. Es sind nicht nur junge Männer. Es sind auch Frauen. In Nordrhein-Westfalen sind ungefähr 1.800 Personen in dieser salafistischen Szene.

Das betrifft aber nicht nur Deutschland, sondern das ist ein europaweites Phänomen. Die Europäische Kommission hat schon Anfang des Jahres gesagt, dass seit 2012 etwa 2.500 gewaltbereite Salafisten nach Syrien ausgereist sind, um dort zu kämpfen, davon ungefähr 130 Personen aus Nordrhein-West-falen.

Was auch noch wichtig für die Diskussion ist: Mittlerweile reisen diese gewaltbereiten Salafisten ja nicht nur nach Syrien aus, sondern auch weiter in den Irak. Was das heißt und welche Anziehungskraft dieser Irakkonflikt wiederum auf die salafistische Szene in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland und in Europa hat, können wir, meine ich, zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wirklich beurteilen und noch gar nicht wirklich absehen. Deshalb ist diese Auseinandersetzung darüber hier auch so wichtig.

Viele Rückkehrer sind geschult im Umgang mit Waffen, haben Kriegshandlungen miterlebt, sind traumatisiert und verroht. Wichtig ist: Das sind ja nicht nur die Kampfhandlungen, sondern das ist verbunden mit einer Ideologie, die von Menschenverachtung geprägt ist, die antidemokratisch ist und deshalb auch eine Gefahr für unsere Sicherheit in Europa und in Deutschland darstellt.

Aber schon heute gibt es ja auch die Versuche und Möglichkeiten, Ausreisen zu verhindern, zum Beispiel durch den Entzug des Reisepasses. Die IMK hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet zur Erarbeitung von weiteren Maßnahmen unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen. Soviel auch dazu, wir würden hier in NRW das Problem nicht sehen. Das stimmt einfach nicht. Auch bundesweit sind wir hier, meine ich, führend, was die Maßnahmen sowohl in der Repression als auch in der Prävention angeht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wenn wir über den Entzug von Reisepässen reden, finde ich, muss man hier aber auch klar sagen: Es gibt hier hohe Hürden. Es gibt zu Recht hohe Hürden, weil das natürlich Grundrechte einschränkt, weil es verhindert, dass Menschen ausreisen können. Insofern sind diese hohen Hürden richtig.

Ich möchte auch noch einmal mahnend sagen: Wir dürfen uns von Salafisten, von Islamisten nicht einschüchtern lassen, in unserer Gesellschaft nicht verunsichern lassen. Es kann nicht sein, dass jetzt schon wieder auf Bundesebene vonseiten der CDUGesetzesverschärfungen diskutiert werden und dass voreilig die Grundrechte und Werte unserer Gesellschaft anscheinend über Bord geworfen werden. Denn genau das wollen Islamisten und Salafisten doch. Sie wollen, dass wir uns verunsichern lassen. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir dürfen nicht darauf hereinfallen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir sind als Gesellschaft gefragt, unsere freiheitlichen Werte mit Leben zu füllen. Gerade diejenigen, die ansprechbar sind, die potenziell einfache Antworten auf komplexe Fragen suchen, müssen wir stärken und davor schützen, auf diese Propaganda von Salafisten hereinzufallen. Wir müssen sie für unsere demokratische Gesellschaft gewinnen.

Deshalb muss die Debatte auch über sicherheitspolitische Fragen hinausgehen. Wir müssen über Gesellschaftspolitik reden. Wir müssen jungen Menschen in dieser Gesellschaft eine Perspektive geben, damit sie nicht auf solche Ideologien hereinfallen und damit sie gesellschaftliche Teilhabe erfahren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Ich meine: Es geht hier sehr viel um gesellschaftliche Werte. Es geht um die Fragen, ob wirklich alle gesellschaftliche Teilhabe erfahren, ob es eine Anerkennung gibt, oder ob wir nicht zum Teil Menschen in dieser Gesellschaft ausgrenzen. Ich glaube, das gehört zu der Frage dazu. Ich finde, das sollten wir auch diskutieren.

(Zuruf von Dr. Günther Bergmann [CDU])

In Nordrhein-Westfalen …

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Wo leben Sie?)

– Ich lebe hier, ich lebe in dieser Gesellschaft, und ich sehe, was in dieser Gesellschaft los ist.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Marc Olejak [PIRATEN])

Ich sehe auch, dass es immer wieder zu Ausgrenzungsversuchen und Diskriminierungserfahrungen gerade bei jungen Musliminnen und Muslimen in dieser Gesellschaft kommt. Ich meine, dass wir darüber diskutieren müssen.

(Beifall von Manuela Grochowiak-Schmieding [GRÜNE] – Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Das ist keine Entschuldigung für salafistische Einstellungen. Es geht nicht darum, das zu relativieren oder zu entschuldigen, aber man muss doch über die Ursachen sprechen, wenn man das Problem angehen will.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Ihr Vorgehen in der CDU – hier wird darüber geredet, man müsse deutsche Gesetze auf ihre Islamfestigkeit überprüfen – halte ich für hochgradig problematisch.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Es geht um die Religionsfreiheit in diesem Land.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Um Rechtsstaatlichkeit!)

Dazu gehören Musliminnen und Muslime. Es kann nicht sein, dass diese Menschen ausgegrenzt werden, denn dann haben wir die Probleme, vor denen wir jetzt stehen. Insofern sind Prävention und gesellschaftspolitische Diskussion so notwendig. Da fangen wir an.

Wir haben mit „Wegweiser“ das bundesweit einmalige Präventionsprojekt geschaffen. Im Übrigen werden die Hotline und das Bundesprojekt „HATIF“ gerade abgeschaltet. Das muss man an dieser Stelle auch sagen. Auf nordrhein-westfälischer Seite sind wir offenbar sehr erfolgreich mit dem Präventionsprojekt, das wir gestartet haben.

(Unruhe von der CDU und der FDP)

Ich glaube, dass das der richtige Weg ist, gemeinsam mit den muslimischen Gemeinden daran zu arbeiten, dass junge Menschen eben nicht auf die salafistische Ideologie hereinfallen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Pressemitteilung: Gesicht zeigen gegen Antisemitismus

Zu dem derzeit offenen und gewalttätigen Antisemitismus in Deutschland und zu den für heute angekündigten Demonstrationen erklärt Verena Schäffer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW:

„Wir sind schockiert über antisemitische Parolen auf deutschen Straßen und gewalttätige Übergriffe auf Jüdinnen und Juden sowie auf jüdische Einrichtungen. Diesen Ausbruch von Gewalt und die antisemitischen Einstellungen und Äußerungen verurteilen wir scharf.

Derzeit müssen wir erleben, wie sich ein weit in der Gesellschaft verbreiteter Antisemitismus angesichts des Nahost-Konflikts entlädt. Forschungen haben in der Vergangenheit belegt, dass bei etwa einem Fünftel der Bevölkerung ein latenter Antisemitismus vorhanden ist. Für viele ist die aktuelle Situation ein Ventil, ihre antisemitischen Ressentiments ungehemmt zu äußern. Gleichzeitig gibt es viele Menschen, die sich öffentlich gegen Antisemitismus und Rassismus positionieren. Das begrüßen wir sehr, denn es braucht die aktive demokratische Zivilgesellschaft, um menschenfeindlichen Ideologien eine klare Absage zu erteilen.

Aus unseren halbjährlichen Anfragen zu antisemitischen Straftaten in Nordrhein-Westfalen wissen wir, dass die Anzahl der antisemitischen Straftaten von 216 im Jahr 2012 auf 237 im Jahr 2013 gestiegen ist. Die meisten dieser antisemitischen Straftaten waren politisch rechts motiviert. Die derzeitige Entwicklung bereitet uns große Sorgen und muss deshalb auch von der Politik sehr genau beobachtet werden.“