Meine Rede zur Aufgabenverteilung bei der Polizei

Meine Rede zum Antrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2899

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Dahm hat es schon gesagt: Ihr Antrag ist letztendlich eine Fortsetzung Ihres Haushaltsänderungsantrags, der hier mehrheitlich abgelehnt wurde. Ein Nacharbeiten dieses Haushaltsänderungsantrags war ja auch in der Tat dringend notwendig. Das Problem ist nur, dass auch aus diesem Antrag kein Konzept ersichtlich ist, dass nicht klar ist, was genau Sie eigentlich damit wollen, für was diese Stellen eingesetzt werden sollen und was für Hilfstätigkeiten Sie eigentlich meinen. Die klassischen Hilfstätigkeiten, die Sie hier gerade aufgezählt haben, gibt es bei der Polizei so gar nicht mehr. Insofern läuft Ihr Antrag da ins Leere. Aus meiner Sicht haben Sie noch einiges zu tun, um diesen Antrag einigermaßen argumentativ anzufüttern und nachzuarbeiten.

Recht haben Sie allerdings – das haben wir auch hier schon häufig diskutiert – in Bezug auf die Frage: Wie können wir die Polizei entlasten? Wie können wir Ideen und Konzepte entwickeln und Aufgabenkritik vornehmen? Denn es ist völlig klar, dass die Anzahl der Pensionierungen und der Neueinstellungen im Jahr 2016 kippen wird. Deshalb machen wir hier ja auch Aufgabenkritik und diskutieren über Entlastungsmaßnahmen.

Ich finde, ein Thema, das wir eigentlich viel zu wenig diskutieren, das wir aber in diesem Zusammenhang auch ansprechen müssten, ist das Gesundheitsmanagement bzw. die Frage: Wie bekommen wir die verwendungseingeschränkten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wieder auf die Straße, dorthin, wo sie nahe bei den Bürgerinnen und Bürgern sind?

Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schäffer, Entschuldigung, dass ich Sie jetzt unterbreche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von, ich vermute, Herrn Lohn, der gerade auf dem Platz von Herrn Schemmer sitzt. Würden Sie sie zulassen wollen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Ja klar, bitte.

(Zuruf von Thomas Stotko [SPD])

Werner Lohn (CDU): Vielen Dank, Frau Schäffer. – Die Zwischenfrage geht dahin: Sie haben einige Tätigkeiten aufgezählt, wo Polizeiverwaltungsassistenten tätig werden können. Gerade haben Sie gesagt, Tätigkeiten wie Schreibarbeiten, Geschwindigkeitsmessung, Zuarbeiten in Verwaltungsbereichen und Aufsicht im Polizeigewahrsam gebe es gar nicht mehr. Können Sie mir erklären, wann und wo Sie diese Erfahrungen bei der Polizei gemacht haben?

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich selbst habe – das wissen Sie auch – keine Erfahrungen bei der Polizei gemacht. Es ist aber nicht so, dass ich mir Anträge der Opposition nicht auch mal angucken und prüfen würde, inwiefern diese sinnvoll sind oder nicht. Ich habe in der Tat in der letzten Woche, nachdem Sie den Antrag eingereicht hatten, Gespräche geführt und mich über dieses Thema kundig gemacht. Ich finde, es ist schon sehr berechtigt – das ist eine gemeinsame Aufgabe, die wir hier anzugehen haben –, Entlastung zu fordern. Insofern bin ich gerne bereit, auch Vorschläge der Opposition zu prüfen. Das haben wir getan.

Sie führen Tätigkeiten wie zum Beispiel Schreibarbeiten auf. Es macht de facto keinen Sinn, sie auszulagern. Das wird auch nicht mehr gemacht. Es macht viel mehr Sinn, dass die studierten Polizeikräfte, die wir haben, wenn sie zum Einsatz kommen und Statistiken auszufüllen haben, dies direkt selber machen.

Ich vermute, Herr Lohn, dass Sie Ihre E-Mails auch selber beantworten und nicht erst handschriftlich etwas vermerken, was Ihre Mitarbeiterin oder Ihr Mitarbeiter nachher abtippen muss. Wenn Sie das täten, wäre das zumindest nicht sonderlich ökonomisch gedacht, nicht sonderlich ressourcenschonend.

Ich mache das, ich beantworte meine E-Mails selber. Auch finde ich es normal, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zum Beispiel Statistiken selber ausfüllen; denn nur das ist aus meiner Sicht ressourcenschonend. Tätigkeiten, die es früher einmal geben hat, machen überhaupt keinen Sinn mehr: dass man zum Diktieren eine Stelle angerufen und auf Band gesprochen hat, was dann nachher abgetippt wurde. Das gibt es so heute einfach nicht mehr. Ich halte es auch nicht für sinnvoll, das wieder einzuführen.

Nichtsdestotrotz können wir – das hatte ich gerade auch schon gesagt – über Vorschläge diskutieren. Ihr Antrag lässt zumindest hoffen, dass Sie sich in eine konstruktive Debatte auch über das Thema „Aufgabenkritik“ einbringen werden.

Zwei Sachen müssen aber, finde ich, klar sein – und das können Sie zumindest momentan nicht sicherstellen, wie Ihr Antrag zeigt –:

Sie müssen zum einen benennen können, um welche Tätigkeiten es sich hier handeln soll. Ein paar haben Sie gerade genannt. Das kann man in der Diskussion aber ziemlich schnell widerlegen, zumal wir hier auch über Aufgaben reden müssen, die eben nicht hoheitlich sind; denn nur dann können Sie diese Personen einsetzen. Ich will also ganz konkret sehen, welche Tätigkeiten Sie da vorschlagen.

Die zweite Voraussetzung muss sein, dass es bei der Polizei keine Rückkehr zum mittleren Dienst geben wird. Es gibt bei der Polizei die zweigeteilte Laufbahn. Ich halte das für sehr wichtig. Das macht den Polizeidienst attraktiv und sichert die hohe Qualität, die die nordrhein-westfälische Polizei auch im Bundesvergleich hat. Wenn Sie mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern reden, werden Sie feststellen, dass die nordrhein-westfälische Polizei hoch anerkannt ist dafür, was sie an Qualität mitbringt.

Insofern diskutieren wir immer gerne auch Vorschläge der Opposition. Ich sehe aber nicht, wie wir bei diesem Vorschlag auf einen grünen Zweig kommen können; denn ein Konzept legen Sie nicht vor. Die Milchmädchenrechnung, die Sie hier vorgestellt haben, ist sehr dünn und schwach. Ich bin gespannt, wie Sie das im Ausschuss noch argumentativ anfüttern werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zur Reform des Verfassungsschutzes

Meine Rede zum Antrag der FDP Drucksache 16/2884

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt seit drei Jahren Mitglied im Landtag und habe in dieser Zeit noch keinen Antrag gesehen, der so unnötig war wie dieser Antrag.

Herr Biesenbach, es ist schon sehr peinlich, wenn Sie sich hier hinstellen und über den Gesetzentwurf reden, den Sie selbst noch nicht einmal gelesen haben. Waren Sie nicht derjenige in der Anhörung zum Verfassungsschutzgesetz, der nachgefragt hat, wie die Online-Durchsuchung geregelt sei und ob sie ausreichend geregelt sei?

Hätten Sie den Gesetzentwurf gelesen, dann hätten Sie auch gesehen, dass die Online-Durchsuchung im Verfassungsschutzgesetz gar nicht geregelt wird. Das ist ein klarer Beweis dafür, dass Sie sich in keinster Art und Weise mit der Materie beschäftigt haben.

Jetzt schauen Sie so verdutzt. Lesen Sie es im Protokoll zur Anhörung noch einmal nach. Es ist eine ziemlich peinliche Nummer, die Sie da gefahren haben. Insofern, finde ich, sollten Sie sich hier doch etwas zurückhalten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich finde, dass die Debatte über den Verfassungsschutz und über die Sicherheitsarchitektur insgesamt dringend notwendig ist. Natürlich gibt es Fragen, die sich aufdrängen: Wie konnte es sein, dass eine Terrorgruppe jahrelang unbemerkt vom Verfassungsschutz mordend und raubend durch Deutschland ziehen konnte? Auf welchem Wissen saß der Verfassungsschutz möglicherweise und hat das Wissen nicht weitergegeben? Hat der Verfassungsschutz den Rechtsextremismus und die davon ausgehende Gefahr in den vergangenen Jahren womöglich verharmlost?

Das sind alles berechtigte Fragen, denen wir nachgehen müssen. Deshalb finde ich diese Diskussion, die momentan hier im Parlament, in anderen Parlamenten und in der Zivilgesellschaft läuft, absolut legitim. Ich finde es auch legitim, die Frage zu stellen: Können wir eigentlich mit einem Verfassungsschutz weiterleben, einem Verfassungsschutz in einem demokratischen Rechtsstaat, wo der Verfassungsschutz schon immer per se ein Fremdkörper sein muss?

Deshalb finde ich es auch legitim und angebracht, nicht nur über den Verfassungsschutz als solchen, sondern natürlich auch über seine nachrichtendienstlichen Mittel und insbesondere über V-Leute zu diskutieren.

Sie schauen so verdutzt. Aber ich finde, es ist eine legitime Debatte, die man in einer Demokratie auch führen kann und die man aushalten muss, auch wenn man anderer Meinung ist.

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Wir führen diese Diskussion. Wir führen diese Diskussion mit Zivilgesellschaft. Da wird sie sehr heiß diskutiert, und das zu Recht, weil es einen hohen Vertrauensverlust in der Bevölkerung gibt. Wir führen diese Diskussion auch innerparteilich. Die grüne Partei zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie Diskussionen und Debatten führt und sie auch aushält. Wir sind eine meinungsfreudige Partei, und das finde ich auch richtig.

Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schäffer, Entschuldigung. Herr Kollege Biesenbach und Herr Dr. Stamp würden Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Verena Schäffer (GRÜNE): Sehr gern.

Präsidentin Carina Gödecke: Dann der Kollege Biesenbach zuerst.

Peter Biesenbach (CDU): Ich wollte keine Zwischenfrage stellen. Ich will nur gleich gern intervenieren.

Präsidentin Carina Gödecke: Dann kommt jetzt Herr Kollege Dr. Stamp.

Dr. Joachim Stamp (FDP): Frau Kollegin Schäffer, wenn Sie ausführen, dass es legitim ist, die V-Leute infrage zu stellen, ist es dann nicht umgekehrt auch legitim, diese Position hier im Hause zu thematisieren und zu hinterfragen? Warum ist die Debatte dann bitte Quatsch? Da widersprechen Sie sich doch selbst.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Verena Schäffer (GRÜNE): Nein, ganz und gar nicht. Denn wir führen diese Diskussion, und wir führen sie mit Zivilgesellschaft, wir führen sie innerparteilich. Ich halte diese Diskussionen auch für notwendig, weil ich

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

– ich komme gleich zu der Antwort – der Meinung bin, dass man Vertrauen nur dann wiedergewinnen kann, wenn man diesen Vertrauensverlust in der Bevölkerung ernst nimmt und wenn man diese Diskussionen ernst nimmt und sie entsprechend führt.

Wir sind in Nordrhein-Westfalen zu einem Ergebnis gekommen, dass wir gesagt haben: Ja, wir brauchen einen Verfassungsschutz. Ich sage es auch ganz klar: Wir brauchen eine Vorfeldbeobachtung. Denn es gibt Bestrebungen gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, gegen die Verfassung. Es gibt Verfassungsfeinde, wo ich glaube, dass es zu spät ist, wenn man erst bei konkreten Straftaten oder bei konkreten Gefahren durch die Polizei ansetzt. Wir brauchen eine Vorfeldbeobachtung durch einen Verfassungsschutz. Ich sage auch: Ja, wir brauchen V-Leute, weil wir auf die Informationen von V-Leuten nicht verzichten können.

Sie führen hier jedoch eine Diskussion, die völlig unnötig ist, weil wir vor Kurzem einen Gesetzentwurf eingebracht haben, der in der vorletzten Woche auch in der Anhörung diskutiert wurde. Wir befinden uns gerade in der Auswertung der Anhörung. Ich hoffe, Sie als Fraktion auch. Ansonsten wäre es schade, wenn Sie als FDP-Fraktion diese Debatte nicht nachvollziehen würden, was offensichtlich der Fall ist, dass Sie das nicht tun.

Insofern ist der Antrag völlig unnötig, weil wir uns natürlich als Regierungsfraktionen sehr deutlich für diesen Gesetzesprozess und diesen Reformprozess ausgesprochen haben. Das habe ich bisher in allen meinen Reden auch entsprechend getan. Wir brauchen im Plenum auch keine Glaubensbekenntnisse für Dinge, die völlig klar sind und bei denen wir uns bisher auch immer völlig klar positioniert haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schäffer, bevor Sie zu Ihrem eigentlichen Argumentationsgang zurückkommen, gibt es jetzt den Wunsch bei Herrn Dr. Orth, Ihnen eine Zwischenfrage zu stellen.

Verena Schäffer (GRÜNE): Bitte.

Dr. Robert Orth (FDP): Herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Sie haben ausgeführt, dass Sie dafür sind, V-Leute einzusetzen. Meine Frage: Sie setzen sich also als Abgeordnete der Grünen über den Parteitagsbeschluss der Grünen auf Bundesebene hinweg?

Verena Schäffer (GRÜNE): Wie Sie wissen, haben wir einen Parteitagsbeschluss zu unserem Bundestagswahlprogramm beschlossen. Wir befinden uns hier am im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf diesen Prozess verständigt und werden diesen auch fortführen. Das tue ich mit gutem Gewissen hier als Abgeordnete

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

– das habe ich gerade schon ausgeführt –, weil ich der Meinung bin, dass wir V-Leute brauchen, um entsprechende Informationen aus den verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu bekommen. Das sind vor allen Dingen die rechtsextremistischen und die islamistischen Bestrebungen. Deshalb gibt es in dem Gesetzentwurf auch eine klare Konzentration der nachrichtendienstlichen Mittel genau auf diese Bestrebungen, von denen Gewalt ausgeht.

Wenn Sie den Gesetzentwurf gelesen hätten, dann wüssten Sie das. Das halte ich nach wie vor für richtig, und diesen Prozess werden wir hier weiter führen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich finde, es ist dem Hohen Haus nicht würdig, dass Sie sich als FDP-Fraktion dieser politischen Debatte anscheinend völlig verschließen. Denn wir brauchen die Diskussion. Sie wollen anscheinend nicht mitdiskutieren, sondern wollen Behauptungen und Fragen in den Raum stellen, auf die Sie selbst jedoch keine Antworten geben wollen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Vorschlag, einen Bürgeranwalt als Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium in Gestalt des LDI einzuführen, ist Ihnen in der Anhörung ja um die Ohren geflogen. Der LDI hat selbst gesagt, dass er das nicht machen wird. Ich glaube, Sie versuchen, davon abzulenken, statt die eigentlichen inhaltlichen Diskussionen zum Verfassungsschutzgesetz zu führen.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen ein vorbildliches und richtungsweisendes Gesetz auf den Weg gebracht. Herr Biesenbach, ich muss Ihnen leider widersprechen: Es stimmt nicht, dass von anderen Gesetzen abgeschrieben wurde. Wir sind nämlich das Land, das vorangeht und sagt, dass wir klare Kriterien für den Einsatz von V-Leuten brauchen, gerade weil das ein so umstrittenes nachrichtendienstliches Mittel ist. Das müssen wir hier auch anerkennen.

Natürlich bewegen wir uns als Rechtsstaat auf einem schmalen Grat. Wenn wir V-Leute einsetzen, geht es immer um eine Abwägung zwischen rechtsstaatlichen Grundsätzen auf der einen Seite und der Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger und unserer Demokratie auf der anderen Seite. Insofern ist es richtig, diese gesetzlichen Regelungen einzuführen und zu sagen: V-Leute dürfen nicht abhängig sein vom Staat, auch nicht finanziell. Wir müssen klar sagen: Es muss bei den V-Mann-Führern eine Rotation geben. Das sind alles Aspekte, die wir im Gesetzentwurf regeln.

Es dürfen von V-Leuten keine erheblichen Straftaten begangen werden. Auch dort gibt es eine klare Linie, die wir erstmals gesetzlich festschreiben. Was vorher in geheimen Richtlinien festgehalten wurde, das packen wir jetzt auf den Tisch und wollen darüber diskutieren. Wir wollen mit den Bürgerinnen und Bürgern wirklich darüber diskutieren. Deshalb schreiben wir das ins Gesetz, auch um die Legitimation für den Einsatz von V-Leuten zu erhöhen.

Aber nicht nur das wird geregelt, sondern auch die Befugnisse im Verfassungsschutzgesetz werden transparent und abschließend geregelt, sodass jeder Bürger und jede Bürgerin nachvollziehen kann, welche Befugnisse der Verfassungsschutz eigentlich hat. Denn der Verfassungsschutz ist natürlich an rechtsstaatliche Grundsätze gebunden, muss sich an das Gesetz halten. Insofern ist es richtig, das entsprechend darzustellen.

Wir werden durch die neuen Regelungen, die das PKG betreffen, die Transparenz und Kontrolle erhöhen. Ich halte das in der Tat für wegweisend. Sie sagen, wir hätten abgeschrieben. Legen Sie mir bitte auf den Tisch, wo wir abgeschrieben haben. Das möchte ich wirklich sehr gerne sehen. Sollte das der Fall sein, habe ich kein Problem damit, entsprechende Quellen zu benennen.

Ich sage Ihnen aber: Ich habe mir die Verfassungsschutzgesetze aller anderen 15 Länder angeschaut. Die Regelung, die die V-Leute betrifft, finden Sie in keinem anderen Verfassungsschutzgesetz. Sollten Sie andere Quellen haben, dann bin ich gerne zur Diskussion bereit. Diese Quellen werden Sie aber nicht finden. Dessen bin ich mir ziemlich sicher.

(Beifall von den GRÜNEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Bleiben Sie gleich hier. Der Kollege Biesenbach wollte ja intervenieren. – Herr Kollege Biesenbach, bitte schön.

Peter Biesenbach (CDU): Danke schön. – Frau Kollegin Schäffer, ich lade Sie gerne ein, mit mir gemeinsam das Protokoll der Anhörung anzuschauen. Ich lade Sie darüber hinaus gerne ein, dass wir uns einmal die schriftliche Stellungnahme des Landesdatenschutzbeauftragten zur Anhörung ansehen.

Wir werden dann feststellen, dass Herr Lepper seinerzeit eine Klarstellung zu § 5 des Entwurfs angeregt hatte, weil er daraus möglicherweise die Sorge entnahm, dass daraus das Recht zur Online-Durchsuchung hätte abgeleitet werden können. In diesem Zusammenhang habe ich mir die Frage zu Online-Durchsuchungen erlaubt. Nachdem wir beides gemeinsam gelesen haben, entscheiden wir unter uns, wer was nicht gelesen hat. – Einverstanden?

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Biesenbach. – Bitte schön, Frau Kollegin Schäffer.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich finde es großartig, noch die Möglichkeit zu einer Kurzintervention zu bekommen. Dann kann ich über dieses Thema noch länger reden.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

– Ich weiß, dass Herr Lepper zum § 5 bei den Befugnissen entsprechend Kritik geübt hat. Schaut man in die Begründung zum Gesetz, findet man, dass dort sehr klar beschrieben und geregelt wird, dass die Quellen-TKÜ, solange wir die entsprechenden Voraussetzungen nicht geschaffen und keine zertifizierungsfähige Software haben, nicht durchgeführt wird und auch sonst keine Befugnisse zur Online-Durchsuchung bestehen. Das ist im Gesetzentwurf sehr klar und eindeutig geregelt. Das haben auch alle anderen Sachverständigen entsprechend dargestellt. Als Sie in der Anhörung Ihre Frage gestellt haben, gab es bei den Sachverständigen ein großes Kopfschütteln und es ging ein Raunen durch den Saal, weil alle wussten: Herr Biesenbach hat diesen Gesetzentwurf nicht gelesen, sonst hätte er diese Frage nicht stellen dürfen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Rede zum Antrag der FDP zu den Einbruchszahlen in Nordrheinwestfalen

 (Landtagsdrucksache 16/2621)

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Herr Golland, was soll man dazu noch sagen? Sie werfen uns mal wieder Gutmenschentum vor. Ich werfe Ihnen mal wieder vor, dass Sie keine Ahnung haben. Sie können EU-Bürger nicht ausweisen, weil sich EU-Bürger hier aufhalten dürfen. Insofern läuft das, was Sie sagen, völlig ins Leere. Ich finde es auch peinlich, weil Sie das langsam wissen sollten.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN – Gregor Golland [CDU]: Warum gibt es den Abschiebestopp?)

Bei dem Thema an sich sind wir wohl alle einer Meinung. Natürlich muss das Thema „Wohnungseinbrüche“ ernst genommen werden. Die Bürgerinnen und Bürgern beklagen häufig nicht den materiellen Schaden, sondern das Gefühl zu wissen: Es war jemand in der Wohnung. Jemand hat die Sachen durchwühlt. Jemand hat persönliche Erinnerungsstücke angeschaut und sie womöglich mitgenommen. Dabei fällt einem insbesondere Schmuck ein.

Das sind die traumatischen Erfahrungen, die man macht, wenn in die Wohnung eingebrochen und in die Privatsphäre eingedrungen wurde. Das ist für jeden nachvollziehbar. Jeder, der schon einmal einen Wohnungseinbruch selbst oder in der näheren Verwandtschaft oder Bekanntschaft miterlebt hat, weiß, welche Spuren er bei den Menschen hinterlässt. Insofern sind wir uns wohl inhaltlich sehr einig, dass wir gerade beim Thema „Wohnungseinbrüche“ zusammenstehen müssen und die Polizei entsprechend vorgehen und handeln muss.

Nichtsdestotrotz finde ich den FDP-Antrag an manchen Stellen etwas problematisch und unsäglich. Sie schüren Panik und Angst in der Bevölkerung, wenn Sie schreiben:

„Das Risiko, in Nordrhein-Westfalen Opfer eines Wohnungseinbruchs zu werden, ist so hoch wie kaum zuvor.“

Und wenn Sie sagen, dass das Risiko für Einbrecher, für eine solche Tat bestraft zu werden, verschwindend gering sei, liest sich das schon fast wie eine Empfehlung an Kriminelle, genau das zu tun und im lukrativen Bereich der Wohnungseinbrüche tätig zu werden. Da würde ich mir manchmal ein bisschen Sensibilität wünschen, wenn man im Antrag polemisch formuliert und wie man in den Medien vorgeht.

(Dr. Robert Orth [FDP]: Sie können die Wahrheit nicht ausblenden!)

Das liegt aber in Ihrer Verantwortung, wie Sie hier vorgehen.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

– Ja, regen Sie sich auf! Wir werden die Diskussion noch im Ausschuss führen.

Ich finde, der Vergleich mit anderen Bundesländern, den Sie, was die Aufklärungsquote angeht, anführen, spricht für Ihre Unwissenheit bei diesem Thema. In Ihrem Antrag schreiben Sie, dass es vor allem Täterbanden, organisierte Banden sind, die aus dem Ausland kommen, die sich gerade Nordrhein-Westfalen auswählen, weil wir ein gut ausgebautes Autobahnnetz haben. Die Mobilität kann genutzt werden; die schnellen Fluchtmöglichkeiten sind da. Insofern hinkt der Vergleich mit anderen Bundesländern; ich finde ihn peinlich. Noch viel peinlicher finde ich, dass Sie den Innenminister für jeden Wohnungseinbruch in Nordrhein-Westfalen verantwortlich machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist wirklich unsäglich, weil wir alle wissen, dass die Ermittlungen gegen die organisierten, hochmobilen Banden so schwierig sind.

Deshalb müssen wir auf Prävention setzen. Mit ihrer Kampagne „Riegel vor!“ schlägt die nordrhein-westfälische Polizei einen sehr guten Weg ein. Sie geht den präventiven Weg, bietet Bürgerinnen und Bürgern an, sich beraten zu lassen, damit sie nicht Opfer werden, sondern schon im Vorfeld – Prävention – tätig werden und ihre Wohnung sichern. Dass auch die Sensibilität in der Nachbarschaft steigt, damit die Polizei häufiger gerufen wird, wenn Auffälligkeiten beobachtet werden.

Der letzte Punkt, den Sie ansprechen, betrifft das Personal. Über das Personal diskutieren wir hier des Öfteren. Sie wissen, dass wir die Einstellungsermächtigung für Kommissaranwärterinnen und -an­wärter bei der Polizei schon 2011 auf 1.400 Stellen erhöht haben. Und obwohl wir im Land eine sehr angespannte Haushaltssituation haben – wir alle wissen, welche Diskussionen hier über den Haushalt und die Verschuldung geführt werden müssen, haben wir als rot-grüne Koalition gesagt: Ja, wir werden noch einmal 77 Stellen drauflegen, um die Abbrecherquote bei den Anwärterinnen und Anwärtern aufzufangen und auszugleichen. Der entsprechende Antrag ist hier mehrheitlich angenommen worden.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Entschuldigung, Frau Abgeordnete. – Würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Orth zulassen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Ja, bitte.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Abgeordneter, bitte.

Dr. Robert Orth (FDP): Sehr geehrte Frau Kollegin, Sie haben auf die Polizistinnen und Polizisten in Summe abgestellt. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir in Nordrhein-Westfalen sehr viele Polizistinnen und Polizisten haben, die zwar keinen Außendienst versehen dürfen, gleichwohl Innendienst versehen könnten, zurzeit aber gar nicht im Dienst sind, weil man auf sie verzichtet? Wir hätten also eine riesige Reserve an Polizistinnen und Polizisten, die ja nicht draußen mit der Pistole herumlaufen müssen, sondern einfach am Monitor normale kriminalistische Feinarbeit machen könnten.

Verena Schäffer (GRÜNE): Diese sehr große Reserve an Polizistinnen und Polizisten möchte ich mal sehen. Es wäre interessant, wenn Sie uns die mal darstellen könnten. Wir haben etwas andere Zahlen. Ab 2016 werden Neueinstellungen und Pensionierungen kippen; darüber haben wir schon häufiger diskutiert. Deshalb machen wir ja gerade Aufgabenkritik und schauen, wo man die Polizei entlasten kann, damit sie vor Ort Präsenz zeigen kann.

Sie kratzen mit Ihrem Antrag ehrlich gesagt auch nur an der Oberfläche. Sie können hier keine Strategie vorlegen.

Nichtsdestotrotz bin ich auf die Debatte im Ausschuss gespannt. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es sich um ein wichtiges Thema handelt. Für die Bürgerinnen und Bürger ist das Thema „Wohnungseinbrüche“ problematisch, weil dabei in ihre Privatsphäre eingedrungen wird. Insofern werden wir dieses Thema auch im Ausschuss konstruktiv beraten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zum „Smart Borders“-Paket der Europäischen Kommission

Meine Rede zum Antrag der Piratenfraktion (Landtagsdrucksache 16/2584):

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau von Boeselager, die „Smart Borders“-Pakete der Europäischen Kommission bedeuten vor allen Dingen, zukünftig alle ein- und ausreisenden Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger schärfer als bisher zu kontrollieren. Zum einen sollen zukünftig Ort und Datum des Grenzübertritts gespeichert werden. Zum anderen sollen die Fingerabdrücke in einer zentralen EU-Datenbank erfasst werden. Bei jedem Übertritt der EU-Außengrenzen sowie bei allen Polizei- und Ausweiskontrollen innerhalb der EU sollen diese Daten überprüft und abgeglichen werden.

Das ist meiner Ansicht nach eine elektronische Überwachung aller Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger, die sich in einem Mitgliedsland in der EU aufhalten. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommt die Festung Europa endgültig auch im digitalen Zeitalter an: Es werden nicht nur Grenzzäune hochgezogen, sondern auch die virtuellen Mauern entsprechend erhöht. Das entspricht nicht dem, was wir als Grüne von einem freien und solidarischen Europa erwarten, einem Europa, in dem die Bürger- und Freiheitsrechte aller gewährleistet und geschützt werden.

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

Aber es ist nicht nur das, sondern mit dem „Smart Borders“-Paket soll auch ein sehr teures, nutzloses und bürokratisches Überwachungssystem aufgebaut werden, das gerade unter Datenschutzgesichtspunkten hochproblematisch ist. Ich sage Ihnen, warum ich das meine: „Smart Borders“ ist – erstens – sehr teuer. Die Europäische Kommission rechnet bis zum Jahr 2020 damit, dass es Kosten von mehr als 1 Milliarde € verursacht. Die EU-Mitgliedstaaten müssen selber auch noch einmal ins Portemonnaie greifen und für einen erheblichen Teil der Kosten aufkommen.

Zweitens ist „Smart Borders“ aus unserer Sicht völlig nutzlos und ineffektiv. Ziel ist es ja, illegale Migration aus Drittstaaten in die EU zu verhindern. Das wird meines Erachtens nicht geschehen, da der aktuelle Aufenthaltsort einer Person – hat sie erst einmal die Grenze überschritten – nicht festgehalten wird. Das heißt: Die Kommission weiß, wann wer einreist und wann wer ausreist, erfasst bei der Gelegenheit auch die Fingerabdrücke. Aber die EU-Kommission weiß nicht, wo sich die Person aufhält. Deshalb kann die EU-Kommission diese Person – wenn Sie sich nach Ablauf der Aufenthaltsbefristung noch in der EU aufhält – gar nicht aufspüren und dann ausweisen. Das soll ja das eigentliche Ziel dieses Systems sein. Ganz unabhängig davon, wie man zum Umgang der EU mit Angehörigen aus Drittstaaten steht, wird dieses System seinen Zweck so niemals erfüllen können.

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

Aber es gibt auch verschiedene Datenschutzgründe, aus denen heraus man „Smart Borders“ ablehnen kann und sogar muss: Das ist zum Beispiel die anlasslose Speicherung biometrischer Daten sämtlicher Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger, also von Personen, die EUStaatsangehörigkeit haben. Das ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in deren Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung. Das widerspricht auch dem EU-Datenschutzgrundrecht. Die Speicherung ist diskriminierend. Sie unterstellt Drittstaatenangehörige einem Generalverdacht und weicht ihre Persönlichkeitsrechte auf. Schon jetzt plant die Kommission eine Zweckentfremdung dieser Datenbank. Wenige Jahre nach Einführung des Systems dieser Datenbank soll geprüft werden, ob die Polizei einen Zugriff auf die Datenbank bekommen soll, ob Fingerabdrücke von Nicht-EU-Angehörigen dann in Zukunft auch mit Tatorten abgeglichen werden sollen.

Aus unserer Sicht ist es sehr offensichtlich, dass die EU-Kommission schon heute damit plant, dass Polizei und Strafverfolgungsbehörden auch einen Zugriff auf die Datenbank erhalten sollen. Für uns bedeutet das Generalverdacht und Rasterfahndung, ohne nachweisen zu können, ob es wirklich einen Zugewinn bei der Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität gibt. Das bringt gerade auch aus Bürgerrechtsperspektive dann das Fass zum Überlaufen.

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

So weit, so gut. Sie sehen, dass wir zumindest die meisten Punkte, die in dem Antrag genannt werden, sehr richtig finden. Nichtsdestotrotz muss man einfach sagen: Vom Verfahren her kommt dieser Antrag der Piratenfraktion schlichtweg zu spät. Denn dieses Thema ist ja bereits im Bundesratsinnenausschuss diskutiert worden. Es ist leider anders diskutiert worden, als ich mir das inhaltlich hier wünschen würde. Insofern finde ich es unehrlich, jetzt noch, nachdem die Beratung im Bundesrat schon gelaufen ist, einen Antrag zu beschließen, in dem gefordert wird, dass sich der Bundesrat entsprechend verhält. Aus diesem Grund werden wir den Antrag ablehnen, sprich: nicht inhaltlich, sondern insbesondere aus Verfahrensgründen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Lachen von den PIRATEN – Verena Schäffer [GRÜNE]: Ja, es ist so!)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Frau Kollegin.

Meine Rede zur Auswahl der Polizeipräsidentinnen und Polizeipräsidenten in NRW

 (Landtagsdrucksache 16/2336)

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf den Inhalt des Gesetzentwurfs eingehen will, möchte ich dann doch noch ein paar Worte zu dem Titel des Gesetzentwurfs sagen, Herr Orth, weil ich ihn problematisch finde. Sie sprechen hier von einer „Entpolitisierung der Polizei“. Das heißt ja im Umkehrschluss, dass Sie davon ausgehen, dass wir eine politische Polizei haben, eine Polizei, die sich nicht nach Recht und Gesetz richtet, sondern die politisch gesteuert sei.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Ein bisschen absurd!)

– Nein, das ist nicht absurd. Denn entpolitisierte Polizei heißt nun einmal im Umkehrschluss politische Polizei.

Ich will hier für die nordrhein-westfälische Polizei klarstellen, dass wir eine rechtsstaatlich handelnde und eben keine politische Polizei haben.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

In der deutschen Geschichte mussten viele Menschen unter Willkür und Verfolgung durch politische Polizei leiden. Das ist heute zum Glück anders, weil wir in einem demokratischen Rechtsstaat leben

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Das wollen Sie uns nicht allen Ernstes hier vorwerfen? Das ist Unsinn!)

und weil die nordrhein-westfälische Polizei demokratisch legitimiert ist und weil sie nach rechtsstaatlichen Prinzipien arbeitet. Gerade weil sie dem Rechtsstaat verpflichtet ist, kann sie den Schutz der Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger gewährleisten.

Insofern sollten Sie etwas vorsichtiger sein bei der Wahl Ihrer Überschrift.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Nur wenn man sie böswillig verzerrt!)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Orth zulassen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Ja, werde ich.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Dann bitte schön.

Dr. Robert Orth (FDP): Erst einmal herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Frau Kollegin, sind Sie denn bereit, zur Kenntnis zu nehmen, und wie bewerten Sie es dann, dass ein politischer Beamter – und das ist der Polizeipräsident – qua Gesetz verpflichtet ist, die Ziele der Landesregierung bei seinen Entscheidungen zu beachten? Was kann denn politischer sein als diese Formulierung, wenn sie so im Gesetz steht?

Verena Schäffer (GRÜNE): Dann möchte ich doch noch einmal differenzieren zwischen den beiden unterschiedlichen Ebenen. Sie reden hier über das Amt der Polizeipräsidenten. Das ist nicht mit dem gleichzusetzen, was ich gerade zu dem Titel ausgeführt habe. Denn „entpolitisiert“ heißt für mich im Umkehrschluss, dass wir von einer politischen Polizei insgesamt reden. Sie reden hier von einer Entpolitisierung der Polizei.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Das finde ich an dem Titel problematisch.

Nichtsdestotrotz – das ist mir auch klar – gibt es den Begriff des politischen Beamten. Dazu werde ich jetzt auch etwas sagen, und zwar hat man sich in Nordrhein-Westfalen für die sogenannte zivile Führung entschieden, also für Personen ohne polizeiliche Sozialisation als Polizeibeamtinnen und -be­amte. In den Städten sind das die Polizeipräsidentinnen und -präsidenten, im kreisangehörigen Raum früher die Oberkreisdirektoren, heute die Landräte. Dieses Prinzip wird auch weiterhin in Nordrhein-Westfalen – eben mit einer Ausnahme bei den Polizeipräsidenten – angewandt.

Natürlich gibt es qualifizierte Polizeibeamte, die in der Lage wären, die Aufgabe als Behördenleitung eines Polizeipräsidiums zu übernehmen. Aber gerade die sogenannten zivilen Behördenleiterinnen und -leiter stehen eben für die Durchsetzung des Rechtsstaatsprinzips im Handeln der Polizei. Ich finde, es geht auch darum, dass ein Blick von außen gerade an dieser Schnittstelle von Polizei und Ministerium, an der Schnittstelle von Polizei und Bürgerinnen und Bürgern ein reflektiertes Handeln durch die Behördenleitung möglich macht. Genau diese zivile Führung wollen Sie mit Ihrer Gesetzesänderung abschaffen. Das halte ich für falsch.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

In einem Punkt gebe ich Ihnen allerdings Recht. Eignung, Befähigung, fachliche Leistung müssen natürlich Kriterien bei der Einsetzung und Beförderung von Beamtinnen und Beamten sein, selbstverständlich eben auch bei den sogenannten – da kommt der Begriff – politischen Beamten. Sie können aber unbesorgt sein an dieser Stelle, dass diese Kriterien in Nordrhein-Westfalen berücksichtigt werden.

(Lachen von Dr. Robert Orth [FDP])

– Ja, da können Sie jetzt lachen. Aber Sie hatten ja gerade in Ihrem Redebeitrag angesprochen, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Polizei schwinden würde, wenn diese Beamtinnen und Beamten entsprechend ernannt würden. Das finde ich schon bemerkenswert. Ich habe nicht gemerkt, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Polizei nach fünf Jahren Schwarz-Gelb und der entsprechenden Ernennung der Polizeipräsidentinnen und -präsidenten wirklich gelitten hätte.

Worauf meine Kollegin Frau Düker gerade schon eingegangen ist, ist die Rolle der Landräte. Wenn man eine politische Einflussnahme sieht, dann müsste man sich in der Tat ehrlicherweise einmal die Landräte anschauen. Dann bin ich sehr gespannt auf die Diskussion, Herr Kruse. Denn ein Landrat, der sich zur Wiederwahl stellen will, ist naturgemäß – ich denke, das ist jedem nachvollziehbar – eher gefährdet, das Amt der Polizeiführung zu politisieren.

(Zuruf von Dr. Robert Orth [FDP])

Ausgerechnet an dieser Stelle fordern Sie keine Reform und nehmen das noch nicht einmal in die Argumentation Ihres Gesetzentwurfs auf. Ich finde das sehr dünn. Ich finde das viel zu kurz gesprungen und bin deshalb gespannt auf die Diskussion im Ausschuss.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zum Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen

Drucksache 16/2148

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass die Sicherheitsbehörden im Falle der menschenverachtenden Mord- und Anschlagsserie des NSU eklatant versagt haben. Gerade die Angehörigen der Ermordeten haben ihr Vertrauen in unseren Rechtsstaat verloren, auch weil sie lange Zeit von den Behörden selbst verdächtigt wurden.

Der Verfassungsschutz steht in der Diskussion, die wir über die Neuausrichtung der Sicherheitsbehörden führen, im Fokus, wobei ich auch noch einmal betonen will, dass wir die Debatte nicht nur auf den Verfassungsschutz begrenzen dürfen.

Die katastrophalen Fehler haben unbestreitbar zu einem massiven Vertrauensverlust in der Bevölkerung geführt, befeuert unter anderem noch durch das Schreddern von Akten, das Zurückhalten von Informationen gegenüber den Untersuchungsausschüssen. Deshalb ist es aber unsere Aufgabe, als Politikerinnen und Politiker, als Abgeordnete die Arbeit der Sicherheitsbehörden wirklich zu hinterfragen und zu diskutieren, was sich ändern muss.

Mein Fazit bei dieser Debatte ist, dass wir mehr Kontrolle brauchen, dass wir aber auch mehr Transparenz brauchen, um dieses verloren gegangene Vertrauen wiederzuerlangen.

Die Debatte eben zum Thema Salafismus hat eines gezeigt: Wir brauchen ein Frühwarnsystem, um die gefährlichen, gewaltorientierten Bestrebungen und Personen, die sich klar gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, bereits im Vorfeld zu beobachten und damit auch Straftaten verhindern zu können. Diese Gefahr – das wird Sie nicht wundern – sehe ich derzeit vor allen Dingen im rechtsextremistischen und im islamistischen Bereich. Da geht es mir nicht darum zu sagen, wir machen das linke Auge zu, sondern wir müssen dorthin blicken, wo tatsächlich eine Gefahr für unsere freiheitliche Gesellschaft droht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb ist dieser Gesetzentwurf an dieser Stelle auch richtig. Er sagt nämlich, dass die Kapazitäten des Verfassungsschutzes und der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln zukünftig genau auf die Bereiche konzentriert werden müssen, in denen eine Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft durch gewaltorientierte Gruppierungen droht.

Derzeit ist es so, dass das Parlamentarische Kontrollgremium nicht öffentlich tagt. Das heißt im Klartext, dass Herr Körfges, Herr Kruse, Herr Orth und ich und die weiteren Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums Ihnen nicht sagen dürfen, wann wir tagen, wie lange wir tagen, wo wir uns treffen, welche inhaltlichen Schwerpunkte wir setzen und so weiter und so fort. Diese Geheimniskrämerei trägt aus meiner Sicht nicht wirklich zur Vertrauensbildung bei, sondern verschärft im Gegenteil das Misstrauen gegenüber dem Verfassungsschutz.

Natürlich werden wir auch in Zukunft die Öffentlichkeit dann ausschließen müssen, wenn Geheimhaltungsgründe das erfordern. Dennoch glaube ich, dass wir mit den Mitteln dieses neuen Gesetzes, wonach wir die Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums öffentlich durchführen können, einen wichtigen Schritt gehen, und zwar einen Schritt hin zu mehr Transparenz, um Vertrauen wiederzugewinnen, aber auch zu mehr Kontrolle, denn Öffentlichkeit schafft auch Kontrolle.

Herr Biesenbach, Sie haben gerade gesagt, dieses Gesetz sei schön sortiert, es schaffe Klarheit. Das ist gut. Ich finde aber, diese Klarheit an sich hat auch einen Wert. Denn diese Klarheit bedeutet Transparenz. Natürlich haben wir hier keine Generalklausel eingebaut, denn gerade beim Verfassungsschutz bewegen wir uns in einem Bereich, der weit ins Vorfeld rückt. Wir bewegen uns in einem Bereich, in dem es noch keine Straftaten gibt. Es ist ein sehr sensibler Bereich für einen demokratischen Rechtsstaat.

Dass wir hier keine Generalklausel haben, sondern sehr genau überlegen, welche Befugnisse wir dem Verfassungsschutz geben wollen, welche nachrichtendienstlichen Mittel wir ihm zur Verfügung stellen wollen, das halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Es ist auch selbstverständlich, dass diese klar definiert sein und immer wieder diskutiert werden müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gerade im Bereich des Einsatzes von V-Leuten werden wir gesetzliches Neuland betreten und damit aus meiner Sicht eine Vorreiterrolle insgesamt auch für andere Bundesländer einnehmen. Gerade der Einsatz von V-Leuten ist eine sehr sensible Maßnahme. Der demokratische Rechtsstaat bewegt sich immer auf einem sehr schmalen Grat, wenn er sich der Maßnahme des Einsatzes von V-Leuten bedient. Denn der Staat arbeitet mit Verfassungsfeinden zusammen und bezahlt sie für Informationen, die zum Schutze unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung beitragen sollen. Aber es sind Verfassungsfeinde, von denen wir die Informationen bekommen.

Nichtsdestotrotz halte ich diese Informationen für zu relevant, als dass wir auf sie verzichten können. Aber umso wichtiger ist es, dass wir hier eindeutige Kontrollmechanismen und klare Kriterien zur Verhältnismäßigkeit beim Einsatz von V-Leuten schaffen.

Die gesetzlichen Regelungen haben neben der Klarheit und der Verbindlichkeit auch noch einen weiteren Vorteil. Bisher sind Regelungen in Geheim­­akten festgehalten worden. Das heißt, dass die Öffentlichkeit, aber dass auch die Abgeordneten, also Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Prinzip nicht wirklich darüber diskutieren können, welchen Freiraum wir dem Verfassungsschutz beim Einsatz von V-Leuten genehmigen wollen.

Das jetzt öffentlich zu machen und eine öffentliche Auseinandersetzung darüber zu führen, was wir eigentlich wollen und welche Kriterien wir anlegen wollen, wenn wir uns der V-Leute bedienen, halte ich für einen sehr wichtigen Schritt in Richtung Transparenz und um verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen zu können.

Ich sage noch einmal: Geheimniskrämerei trägt nicht zum Vertrauen bei, sondern schafft eher Legendenbildung. Das kann aus meiner Sicht nicht in unserem Interesse sein, sondern wir müssen hierbei für Transparenz sorgen, damit das Vertrauen in die Arbeit des Verfassungsschutzes – denn es gibt diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen – wieder gestärkt wird.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Frau Schäffer. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Kollege Schatz.