Meine Rede zur Unterrichtung der Landesregierung zu den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln

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Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die massenhaften sexualisierten Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht quasi vor den Augen der Polizei machen mich sowohl als junge Frau als auch als Innenpolitikerin fassungslos und wütend. Es kann und es darf nicht sein, dass Mädchen und Frauen im öffentlichen Raum nicht sicher sind. Es kann und darf auch nicht sein, dass rechtsextreme Kräfte die Opfer für ihre rassistische Hetze instrumentalisieren und dass Menschen mit Migrationshintergrund angegriffen werden.

Ja, es ist ein Problem, dass diese Debatte von einer Angst beherrscht wird, obwohl wir eigentlich, finde ich, eine sachliche, eine differenzierte Auseinandersetzung bräuchten, auch um angemessen und wirksam reagieren zu können und darüber diskutieren zu können, wie die Reaktionen aussehen sollten. Ich meine, diese sachliche Debatte wären wir eigentlich auch den Opfern schuldig. Deshalb bitte ich auch darum, hier mal etwas Sachlichkeit einkehren zu lassen.

Es waren ja leider bis auf die Ministerpräsidentin nur Männer, die bisher in dieser Debatte über sexualisierte Gewalt geredet haben, und ich finde es beschämend, dass dieses Thema der sexualisierten Gewalt bei vielen hier eigentlich überhaupt keine Rolle mehr gespielt hat.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber ich möchte hier auch ganz klar die Fehler der Polizei benennen. Der Bericht des Innenministeriums – ich hoffe, dass ihn zumindest einige gelesen haben, denn bei einigen habe ich da meine Zweifel, ob dieser Bericht gelesen wurde – legt ja sehr schonungslos offen, welche Fehler es bei diesem Einsatz gegeben hat. Ich meine, dass wir genau diese kritische Nachbetrachtung jetzt auch brauchen. Herr Laschet, Sie haben offensichtlich überhaupt kein Interesse daran, diese kritische Nachbetrachtung zu führen ganz konkret über die Fehler des Einsatzes der Polizei in Köln, damit wir eine Fehleranalyse machen können und für zukünftige Einsätze daraus lernen können.

(Beifall von den GRÜNEN – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Sie sind nur am Lernen! Was muss eigentlich passieren?)

Der Vorwurf der Vertuschung hat ja hier auch zu weiteren Spekulationen geführt. Um es vorweg zu sagen: Es wurde klargestellt, dass es keine Anweisung des Ministeriums gegeben hat, den Hintergrund der Störer und Tatverdächtigen nicht zu nennen. Der Erlass, der jetzt kursiert und immer als Beleg herangezogen wird, ist ja nicht nur aus der Zeit von Ingo Wolf, sondern natürlich darf die Herkunft eines Tatverdächtigen genannt werden, wenn ein Informations- oder Fahndungsinteresse besteht. Deshalb finde ich auch, dass sich diese Spur eigentlich objektiv betrachtet überhaupt nicht für eine weitere Skandalisierung eignet, die hier immer noch betrieben wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ja, eindeutig benennen muss man auch, dass keine Reservekräfte der Bereitschaftspolizei nachgefordert wurden, obwohl diese sogar vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg ja routinemäßig angeboten wurden. Ganz offensichtlich gab es eine mangelnde Kommunikation zwischen Polizeiinspektion, Präsidium und Lagezentrum.

Das hat dazu geführt, dass niemand ein umfassendes Bild über die Einsatzlage hatte. Herr Lürbke, genau aus diesem Grund, der in dem Bericht auch kritisiert wurde, hätte das LZPD keine Kräfte schicken können. Auch das Amt hatte keine Übersicht über die Gesamtlage in Köln.

In dem Bericht wird zu Recht kritisiert, dass dieser gravierende Fehler aus fehlender Kommunikation und fehlender Lageeinschätzung natürlich zu fatalen Folgen für die geschädigten Frauen geführt hat.

(Dietmar Schulz [PIRATEN): Eben!)

Das muss hier auch so klar benannt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Natürlich haben wir auch mit unseren Kolleginnen aus Berlin telefoniert. Im Innenausschuss des Bundestages ist gestern klar geworden, dass die Bundespolizei eben keine Reservekräfte zur Verfügung hatte. Die Bundespolizei war leider nicht bei uns im Innenausschuss des Landtags, sonst hätten wir sie selbst darauf ansprechen können. Uns haben die Kolleginnen aus Berlin aber berichtet, dass es im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei mindestens genauso verheerend abgelaufen ist wie im Bereich des PP Köln.

Es gibt eine gemeinsame Verantwortung, die auch gemeinsam bearbeitet und benannt werden muss. Wenn ich mir die Kommentierungen von Bundesinnenminister de Maizière anhöre, kann ich eigentlich nur sagen: So undifferenziert kann und darf Politik nicht arbeiten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will auch klar benennen, an welcher Stelle der Bund dringend gefordert ist. Das ist bei der Verschärfung des Sexualstrafrechts der Fall. Der aktuelle Zustand ist nicht hinnehmbar. Derzeit gehen Täter zumeist straflos aus, weil die Widerstandsleistung der Betroffenen zentraler Bezugspunkt für eine Strafbarkeit ist. Deutschland hat die Istanbul-Konvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet, dass es für die Strafbarkeit einer sexuellen Handlung genügen muss, dass das Opfer damit nicht einverstanden ist.

Es liegt mittlerweile einen Referentenentwurf der Bundesregierung vor. Dieser geht uns Grünen noch lange nicht weit genug. Wir fordern ganz klar, dass es eine konsequente Umsetzung dieser Istanbul-Konvention geben muss. Das heißt, dass bei sexualisierter Gewalt strafrechtlich der Grundsatz gelten muss: Nein heißt Nein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will hier noch einmal sehr deutlich sagen, dass sexualisierte Gewalt auch im öffentlichen Raum natürlich kein neues Phänomen ist, also kein Phänomen, das erst auftritt, seit viele Flüchtlinge in unser Land kommen. Laut einer Studie der Europäischen Grundrechteagentur erlebt jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens geschlechtsspezifische Gewalt.

Deshalb müssen wir diesen schrecklichen Anlass, den es nicht hätte geben dürfen, jetzt nutzen, um eine dringend notwendige gesellschaftliche Debatte über sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu führen. Das Schlimme an dieser momentanen öffentlichen Debatte ist, sie ist so überhitzt, dass sie droht, die Opfer zu vergessen oder sogar zu instrumentalisieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist doch völlig absurd, wenn Hooligans und Rocker meinen, uns Frauen beschützen zu wollen. Wir brauchen ganz sicherlich keinen Schutz von marodierenden Männerhorden oder von zwielichtigen Gestalten aus dem Rotlichtmilieu.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir brauchen auch keine Bürgerwehren; denn das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Deshalb ist es richtig, wenn die Polizei Präsenz auf der Straße zeigt und das Gewaltmonopol durchsetzt.

Die Einstellungsermächtigungen für die Polizei sind schon angesprochen worden. 2011 lag die Einstellungszahl noch bei 1.109 Polizeibeamtinnen und -beamten. Im Jahr 2016 liegt sie bei 1.920 Einstellungsermächtigungen. Das zeigt, wie stark wir in die Polizei investiert haben.

Herr Lindner und Herr Lürbke, wenn Sie hier die Fakten falsch darstellen, dann muss man das hier ansprechen. Das tue ich auch. In der ersten Hälfte der schwarz-gelben Landesregierungszeit ist durch die Einstellung von nur 500 Polizeibeamtinnen und -beamten der Personalkörper der Polizei insgesamt abgebaut worden, weil mehr Polizistinnen und Polizisten pensioniert als eingestellt wurden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Genau dieses von mir angesprochene Minus haben Sie in den folgenden Jahren nicht aufholen können. Sie haben mehr eingestellt. Zugestanden! Aber das von Ihnen angerichtete Minus haben Sie nicht mehr aufgeholt. Wir als rot-grüne Koalition haben seit 2011 viel mehr Personen eingestellt als pensioniert wurden. Das heißt, momentan bauen wir einen Personalkörper auf. Es gibt mehr Polizistinnen und Polizisten. Herr Lindner und Herr Lürbke, das gehört zur Wahrheit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf das Thema Asylrecht eingehen. Es gibt ständig voreilige Rufe nach einer Verschärfung des Asylrechts und geradezu einen Überbietungswettbewerb, der von AfD und anderen rechtspopulistischen und rechtsextremen Kräften natürlich händereibend beobachtet wird. Mit dieser auch von Ihnen angezettelten Debatte und dem Ruf nach mehr Abschiebung und einer Asylrechtsverschärfung treiben Sie Wählerstimmen in die Arme von Populistinnen und Populisten.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Das finde ich total fatal und falsch. Was Sie fordern, ist zudem noch inhaltlich völliger Blödsinn. Natürlich ist die Abschiebung straffälliger Asylbewerber auch heute schon möglich. Aber Sie brauchen eine Verurteilung dafür. Sie brauchen die Voraussetzung dafür. Ich finde, man muss auch klar benennen: Natürlich kann nicht jeder Asylbewerber abgeschoben werden. Das gilt beispielsweise, wenn sein Leben im Herkunftsland bedroht ist. Deshalb möchte ich Sie dringend bitten, mit der Verbreitung von diesem billigem Populismus endlich aufzuhören.

(Beifall von den GRÜNEN und Michele Marsching [PIRATEN] – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir benötigen natürlich eine Analyse über die Täter und ihren Hintergrund. Ich finde, es wäre jetzt angemessen, genau diese Debatte zu führen. Ja, die bisherigen Erkenntnisse über die Tätergruppe deuten sehr wohl darauf hin, dass ein hoher Anteil der Männer einen nordafrikanischen Hintergrund hat.

Man muss sich aber auch noch einmal die Situation dieser Menschen ansehen. Die Anerkennungsquote liegt bei unter 2 %. Die Antragsteller halten sich regelmäßig etwa zwei Jahre in Deutschland auf. Das hat etwas mit der Dauer bis zur Entscheidung zu tun. Wir benötigen dringend beschleunigte Asylverfahren. Das benennen wir klar in unserem Antrag.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wesentlich wichtiger, als nur zu sagen, wir schieben jetzt alle ab, was – wie gesagt – auch gar nicht funktioniert, wäre ein abgestimmtes Vorgehen von Polizei, Ausländerbehörden, Justiz und Kommunen, wie es zum Beispiel bereits in Düsseldorf der Fall ist. Ja, bei der Justiz muss es beschleunigte Verfahren nach dem Grundsatz geben: Die Strafe muss auf dem Fuße folgen. – Das wäre ein wichtiges Zeichen, um Tätern die Konsequenzen ihres Handelns aufzuzeigen.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf das Thema Generalverdacht eingehen. Genau das passiert jetzt und ist in der Debatte so gefährlich. Viele Flüchtlinge, viele Männer mit Migrationshintergrund werden unter einen Generalverdacht gestellt.

 

Herr Golland – ich weiß nicht, ob Sie noch im Raum sind –,

(Michele Marsching [PIRATEN]: Der ist eben abgehauen, weil er es nicht mehr ertragen konnte!)

ich habe heute die „Rheinische Post“ gelesen und war ehrlich gesagt nicht so sehr verwundert, weil solche Sachen von Ihnen häufiger kommen. Aber Sie betreiben genau diesen pauschalen Generalverdacht, wenn Sie eine Sicherheitsüberprüfung aller Flüchtlinge fordern.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Michele Marsching [PIRATEN])

Ich frage mich ernsthaft, ob Sie damit wirklich die Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen beschäftigen wollen. Angesichts von salafistischem Terrorismus, von gewaltbereiten Neonazis finde ich das ehrlich gesagt unverantwortlich. Das kann man so nicht stehen lassen. Ich finde, es ist Blödsinn, was Sie da erzählen. Wir brauchen keine Sicherheitsüberprüfung aller Flüchtlinge hier in Nordrhein-Westfalen.

Was dieser Generalverdacht aber auch noch befeuert – und das ist das Gefährliche an der Debatte –: Natürlich fühlen sich rechtsextreme und rechtspopulistische Kräfte dadurch gestärkt. Diese instrumentalisieren ohnehin schon die Opfer und verbreiten ihre rassistische Hetze. Es wurden bereits mehrere Menschen Opfer von Übergriffen.

Das gilt es klar zu verurteilen. Das müssen wir verhindern. Wir müssen deutlich machen, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt, wir Selbstjustiz nicht akzeptieren, aber wir natürlich auf die Tätergruppe schauen müssen. Aber ich sage auch: Rechter Hetze müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen, dem müssen wir zum Beispiel auch unsere Willkommenskultur hier in Nordrhein-Westfalen entgegenstellen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

 

Dateien:

Positionspapier: Rechte der SexarbeiterInnen stärken – Opfer von Menschenhandel schützen

Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere. Das haben die zuletzt emotional aufgeladenen Diskussionen deutlich gezeigt. Deshalb wollen wir GRÜNE im Landtag NRW zur Versachlichung der Debatte zur Situation von SexarbeiterInnen beitragen. Selbstbestimmte Sexarbeit und Menschenhandel dürfen nicht miteinander vermengt werden. Wir wollen die individuellen Lebenslagen von SexarbeiterInnen in den Blick nehmen und ihre Rechte stärken. Auf der anderen Seite müssen die Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel in den Blick genommen und geschützt werden.

Die Fraktion hat dazu ein Positionspapier beschlossen. Das sind unsere Forderungen:

Wir fordern zur Verbesserung der Situation von Prostituierten:

  • die Sicherstellung der Rechte aller selbstbestimmten SexarbeiterInnen und ein Ende der gesellschaftlichen Stigmatisierung.
  • die Entwicklung von Arbeitsschutzbestimmungen für SexarbeiterInnen im Sinne der sozialen und hygienischen Arbeitsbedingungen, wie z.B. Auslegen von Kondomen, Arbeitszimmer in angemessener Größe und mit Tageslicht sowie Sozialräume in Prostitutionsbetrieben.
  • dass Prostitutionsbetriebe einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht unterliegen. So eröffnen sich Möglichkeiten, Auflagen zu erteilen, unhygienischen oder unzumutbaren Arbeitsbedingungen entgegen zu wirken, hygienische und soziale Vorgaben zu gewährleisten und die BetreiberInnen von Bordellbetrieben zur Einhaltung von Standards zu verpflichten.
  • Maßnahmen, um SexarbeiterInnen wirksamer vor Ausbeutung – wie z.B. Mietwucher – zu schützen. Hier zu kann auch die Konzessionierung einen wirksamen Beitrag leisten.
  • die Beratungsstruktur für SexarbeiterInnen als ein zentrales Element eines umfassenden Konzepts zum Umgang mit Prostitution zu stärken. SexarbeiterInnen müssen sowohl Zugang zu Beratungsangeboten über ihre rechtliche Situation haben, als auch zu Angeboten des Gesundheits- und Arbeitsschutzes. Darüber hinaus müssen Ein- und Ausstiegsprogramme gestärkt und niedrigschwellig zugänglich sein.
  • die Schaffung kommunaler Runder Tische, um vor Ort mit allen Beteiligten Bedingungen für Prostitution nach dem Prinzip des fairen Interessensausgleichs auszuhandeln. Ziel muss die Erarbeitung von kommunalen Konzepten für alle Segmente der Prostitution vor Ort sein.

Wir fordern zur Bekämpfung des Menschenhandels:

  • die konsequente Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Menschenhandel und die Stärkung des Opferschutzes, wozu u.a. eine unabhängige Berichterstatterstelle in Bezug auf alle Formen des Menschenhandels, die Zahlung von Entschädigungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz sowie Zugang zu medizinischer und psychotherapeutischer Versorgung gehören.
  • einen sicheren Aufenthaltsstatus für alle Opfer von Menschenhandel unabhängig von der Kooperations- und Aussagebereitschaft im Strafverfahren und für diejenigen, die ihre eigenen Rechtsansprüche auf Lohn und Schadenersatz in Deutschland durchsetzen wollen. Dazu ist die Änderung des Aufenthaltsrechts nötig.
  • die Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Beraterinnen und Berater der spezialisierten Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel, um den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen BeraterIn und KlientIn nicht zu behindern und die Gefährdung der Klientin/des Klienten durch die Aussage der Beraterin/des Beraters in einem Strafverfahren zu vermeiden.
  • die Einrichtung einer Hotline beim Landeskriminalamt (LKA), an die sich Freier und andere Personen anonym wenden können, wenn sie Hinweise über mögliche Zwangssituationen von Prostituierten geben wollen. Die Einrichtung einer solchen Hotline sollte von entsprechenden Informationsmaterialien für Freier begleitet werden.

Pressemitteilung: Vergewaltigung ist immer noch ein Kavaliersdelikt

Gemeinsame Pressemitteilung zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November 2013 von Irmingard Schwewe-Gerigk, Kreisvorsitzende der Grünen im Ennepe-Ruhr-Kreis und Verena Schäffer, Landtagsabgeordnete für Witten und Herdecke.

„Dass in Deutschland alle drei Minuten eine Frau vergewaltigt, aber nur jeder achte Täter verurteilt wird, ist ein Skandal, den ein Rechtsstaat nicht länger hinnehmen darf“, mahnt die Herdecker Kreisvorsitzende der GRÜNEN, Irmingard Schewe-Gerigk. Allein in Nordrhein-Westfalen weist die polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2012 über 2000 Vergewaltigungen nach. Dabei sind auch im Ennepe-Ruhr-Kreis die Frauen häufig auf sich allein gestellt. Es besteht ein Dilemma: Während die Kreispolizeibehörde ihnen aus entsprechender Erfahrung im Falle eines Übergriffs rät, sich nicht massiv zu wehren, weil einige Täter dann besonders gewalttätig reagieren, wird ein verbales „Nein“ als Ablehnung einer sexuellen Handlung juristisch nicht anerkannt. „Hier brauchen wir dringend eine gesetzliche Änderung, um die Rechte der betroffenen Frauen zu stärken“, so Schewe-Gerigk, die zum heutigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen auf eine Petition der Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES verweist, deren Vorsitzende sie ist.

„Die rechtskräftige Verurteilung von Vergewaltigern ist oft deshalb so schwierig, weil Spuren nicht rechtzeitig gesichert wurden. Der Grund ist, dass Vergewaltigungsopfer in dieser seelische Ausnahmesituation oft nicht in der Lage sind, fremden Menschen den detaillierten Tathergang zu beschreiben“, ergänzt Verena Schäffer, Landtagsabgeordnete der GRÜNEN für den EN-Kreis, und verweist auf einen Antrag der Landtagsfraktionen von SPD und Grünen, zusätzliche Mittel in Höhe von 400.000 Euro für eine flächendeckende anonyme Spurensicherung bei Vergewaltigungen bereitzustellen. „Nachweise von Sperma oder Blut, Kratzern und inneren Verletzungen können dann gesichert und anonymisiert eingelagert werden, damit sie als Beweismittel gelten, wenn sich die Frau einige Wochen oder Monate später zur Anzeige entschließt“, erläutert Schäffer das Vorhaben.

Berufsparcours für Schülerinnen in Witten

Das Projekt „Berufsparcours“ soll dazu dienen, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen und Mädchen und jungen Frauen den Blick für Berufe zu öffnen, in denen bisher nur wenige Frauen zu finden sind. Das geht jedoch nur, wenn sich eben solche Unternehmen auch für Frauen und Mädchen öffnen.

Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass Schülerinnen aus Witten eine solche Gelegenheit vor Ort erhalten. Aus diesem Grund habe ich die Schirmherrschaft für das Projekt „Berufsparcours für Mädchen“ übernommen. Am 14. November 2012 wird im Forum der Stadtwerke Witten für die Schülerinnen der 8. Klassen der Overbergschule, der Freiligrathschule, der Pestalozzischule, der Ott-Schott-Realschule und weiteren Schulen in Witten die Möglichkeit geboten, die Berufsrealität kennen zu lernen und einen Einblick in den Bereich der technischen Berufe zu bekommen. Dieses Projekt schafft einen geeigneten Rahmen, damit sie ihr handwerkliches Geschick ausprobieren und ihr Berufswahlspektrum erweitern können. Der Berufsparcours wird ermöglicht in Kooperation mit dem Technikzentrum Minden-Lübbecke e.V., den Stadtwerke Witten, der Overbergschule, dem Wittener Jugendzentrum Famous, dem Amt für Jugendhilfe und Schule, dem Amt für Wirtschaftsförderung und Wittener Unternehmen.

Frauenpolitisches im Koalitionsvertrag

Die Wählerinnen und Wähler haben sich bei der Landtagswahl am 13. Mai 2012 klar für die Fortsetzung der rot-grünen Regierung entschieden. Diesen Auftrag haben wir angenommen und in den letzten drei Wochen intensive Koalitionsverhandlungen mit der SPD geführt. Am kommenden Freitag werden die beiden Parteitage von SPD und Grünen über den Koalitionsvertrag entscheiden.

Die Frauenpolitik hat ganz im Sinne der Querschnittsaufgabe in verschiedenen Politikfeldern eine Rolle gespielt. Aus meiner Sicht bieten die frauenpolitischen Vereinbarungen eine gute Grundlage für eine rot-grüne Koalition in der nächsten Legislaturperiode. Dazu gehören u.a.:

  • Implementierung und Umsetzung von Gender Mainstreaming und Gender Budgeting koordiniert durch die Staatskanzlei,
  • Landesgesetz zur Finanzierung von Frauenhäusern und Prüfung einer möglichen Einbeziehung der Frauenberatungsstellen und Notrufe,
  • Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes u.a. um der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und Gremien entgegenzuwirken sowie Sanktionen zu verankern,
  • Geschlechtersensible Angebote im Rahmen des Übergangssystems Schule-Beruf,
  • Umsetzung des Landesprogramms für geschlechtergerechte Hochschulen und eine gesetzlich verankerte Frauenquote nach dem Kaskadenmodell,
  • Geschlechtersensible gesundheitliche Präventionsangebote und Maßnahmen für eine geschlechtergerechte medizinische Versorgung,
  • Einrichtung eines Runden Tisch Geburtshilfe.

Eine Übersicht des frauenpolitischen Unterkapitels sowie der frauenpolitischen Vereinbarungen in den anderen Politikfeldern können Sie/kannst Du hier herunterladen.

Den kompletten Koalitionsvertrag finden Sie/findet Ihr hier.