Zum Antrag der „AfD“-Fraktion zur Polizeiführung in Köln

AfD-Antrag zur Polizeiführung in Köln

Meine Rede zum Antrag der „AfD“-Fraktion zur Polizeiführung in Köln

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es, ehrlich gesagt, unfassbar, dass wir uns hier im Plenarsaal mit diesem Einsatz beschäftigen müssen. Aus meiner Sicht gehört das in den Polizeibeirat von Köln oder in den Innenausschuss des Landtags, aber doch nicht in den Plenarsaal. Ich bitte Sie.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Was kommt denn als Nächstes? Kommt als nächstes die Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag, oder was?

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Wie oft haben Sie denn etwas zum Hambacher Forst gemacht?)

Ich finde es unglaublich, wie Sie diese Debatte hier aufbauschen. Ich meine, das müsste man anderer Stelle diskutieren.

Ich kann für mich sagen, dass ich ein großes Vertrauen in die Kölner Polizei habe. Ich meine, dass der Polizeipräsident von Köln es gut im Griff hat. Ich stehe mit ihm im regelmäßigen Austausch.

Wie gesagt: Ich sehe überhaupt nicht, dass wir das heute im Plenarsaal diskutieren müssen.

Präsident André Kuper: Frau Kollegin …

Verena Schäffer (GRÜNE): Aber gut, es ist Ihr gutes Recht, dass hier als Antrag anzumelden.

Präsident André Kuper: Frau Kollegin, Sie sind gerade gestartet, aber es gibt aus den Reihen der AfD schon den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich freue mich auf die Kurzintervention; ich meine, die Zwischenfrage brauchen wir an dieser Stelle nicht – danke schön.

Wenn ich mir die Medienberichterstattung und die Pressemeldungen der Polizei und das, was Sie hier berichten, anschaue, habe ich das Gefühl, dass wir von zwei völlig unterschiedlichen Ereignissen reden. Der Medienberichterstattung war zu entnehmen, dass 150 Personen gegen die Wahlversammlung der AfD demonstriert haben.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Ich will hier noch mal deutlich sagen, dass es deren gutes Recht ist, von ihrer Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen. Es ist überhaupt nichts daran zu beanstanden, wenn Menschen friedlich demonstrieren.

Im Gegenteil: Wir haben uns erst gestern in den Debatten hier im Plenum klar und deutlich gegen Rassismus positioniert, und ich finde es auch wichtig, dass Menschen von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch machen und ein Zeichen gegen Rassismus setzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Pressemitteilung der Polizei zufolge wurden zwei Personen wegen Widerstandshandlungen in Gewahrsam genommen. Von weiteren Zwischenfällen wurde nicht berichtet.

Es ist klar, das jede Straftat eine zu viel ist und strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen muss. Aber das Szenario, das Sie hier zeichnen und generieren, finde ich, ehrlich gesagt, völlig überzogen,

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Warten Sie mal ab!)

und dies zeigt wieder einmal eines: Der AfD geht es hier um etwas ganz anderes. Es geht Ihnen darum, sich als Opfer zu inszenieren. Schließlich nutzen Sie doch jede Gelegenheit, sich als Opfer darzustellen. Ich denke auch nicht, dass man an dieser Stelle all die Angriffe erwähnen muss, die den Vertreterinnen und Vertretern demokratischer Parteien wiederverfahren. Wir alle hier im Raum wissen, dass die Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft vom Rechtsextremismus ausgeht, dass die AfD der parlamentarische Arm der Neuen Rechten ist, dass Sie rassistischen und rechtsextremen Straftaten Vorschub leisten. Ich meine, das muss man hier auch so klar und deutlich benennen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich will hier auch eines klar sagen, weil wir vor einem Jahr über die Demonstrationen gegen die Veranstaltung der AfD in Köln-Kalk diskutiert haben. Bei dieser Versammlung ist ein Mitarbeiter Ihrer Landtagsfraktion vorsätzlich

(Andreas Keith [AfD]: Mit Lügen kennen Sie sich ja aus, Frau Schäffer! Das ist ja unfassbar!)

mit einem Auto in eine Menschenmenge gefahren. Dazu gab es auch einen Prozess. Diese Person hat gesagt, sie habe aus Notwehr gehandelt. Mir fehlt wirklich jegliche Fantasie dafür, wie man aus Notwehr mit einem Pkw in eine Menschenmenge fahren kann. Aber gut.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Insofern wäre ich an Ihrer Stelle mit solchen Anträgen hier im Plenum ein wenig zurückhaltender.

(Zuruf von Iris Dworeck-Danielowski [AfD])

Ich möchte kurz auf den Titel Ihres Antrags eingehen, der „Grundgesetz und Verfassung gelten auch in Köln“ lautet, und Ihnen ein bisschen Nachhilfe geben. Das Grundgesetz ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland,

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Es gibt aber auch eine Landesverfassung, Frau Kollegin!)

und selbstverständlich gilt sie auch in Köln, wie auch an allen anderen Orten im Bundesgebiet. Daher frage ich mich ernsthaft … Nein, eigentlich frage ich mich das nicht. Offenbar erkennen Sie das Grundgesetz nicht als Verfassung an. Was wir jedenfalls wissen, ist, dass Sie die im Grundgesetz

(Iris Dworeck-Danielowski [AfD]: Landesverfassung!)

festgeschriebenen Grund- und Menschenrechte

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Landesverfassung!)

nicht anerkennen. Deshalb noch einmal: Ich finde es absolut richtig, gegen die Politik der AfD demonstrieren zu gehen. Dies muss allerdings immer friedlich im Rahmen des Versammlungsrechtes geschehen. Genau diese Versammlungsfreiheit – das weiß ich – schützt die Polizei, und ich habe großes Vertrauen in die Polizei, dass sie das auch in Zukunft machen wird. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Frau Kollegin. – Es gibt eine Kurzintervention der AfD durch Herrn Beckamp. Sie haben das Wort.

Roger Beckamp (AfD): Frau Schäffer, Sie haben in Ihrer Rede gerade sehr deutlich gemacht, welch hohe Meinung Sie von der Antifa und deren Verhaltensweisen und Anwandlungen gerade im Hinblick auf die AfD haben. Das kann man so sagen. Während meine Kollegin Frau Dworeck-Danielowski eben geschildert hat, wie AfD-Mitglieder und Leute, die zu der Wahlveranstaltung wollten, geschlagen, getreten, bespuckt und bedrängt wurden, hat eine Person im Saal aus Ihrer Richtung geklatscht. Waren Sie das? – Danke.

(Michael Hübner [SPD]: Das ist keine Fragestunde! Das ist eine Kurzintervention!)

Präsident André Kuper: Frau Schäffer hat das Wort.

Verena Schäffer (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Also, Kurzinterventionen sind ja keine Zwischenfragen; das will ich hier klarstellen. Und ich möchte noch eines klar sagen: Wenn es zu Bedrohungen oder zu gewalttätigen Übergriffen kommt, die absolut nicht zu tolerieren sind – das ist völlig klar; denn es ist inakzeptabel, Gewalt anzuwenden –, müssen Strafanzeigen gestellt werden. Aber das ist kein Thema für eine politische Auseinandersetzung hier im Plenarsaal. Ich glaube nicht, dass wir in Form eines Antrags hierüber abstimmen können. Das ist dann Sache der Strafverfolgungsbehörden, und da gehört es auch hin.

(Zuruf von Iris Dworeck-Danielowski [AfD])

Besuch der neuen Rettungsdienstschule der Wittener Feuerwehr

Besuch der neuen Rettungsdienstschule der Wittener Feuerwehr

Besuch der neuen Rettungsdienstschule

der Wittener Feuerwehr

Die sitzungsfreie Zeit im Landtag nutzte die Wittener Landtagsabgeordnete der Grünen, Verena Schäffer, um sich ein Bild von der neuen Rettungsdienstschule der Wittener Feuerwehr zu machen.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen NRW-Landtagsfraktion war dazu am Dienstag, den 18.02.2020 mit dem Wittener Feuerwehrchef, Mario Rosenkranz, sowie dem Leiter der neuen Rettungsdienstschule, Frank Stinshoff, für ein Gespräch in der Wittener Feuerwache verabredet und informierte sich über das Konzept der neuen feuerwehreigenen Ausbildungsstätte.

 

Die Bezirksregierung Arnsberg hatte kurz vor Weihnachten die notwendige staatliche Anerkennung als Ausbildungsstätte überreicht. Der erste Kurs der neuen Rettungsdienstschule hat bereits begonnen: Hierbei werden Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehren in Witten zu Rettungshelfer*innen ausgebildet. Die Ausbildung von Rettungshelfer*innen ist ausgerichtet auf die Funktion als Fahrer*in und die Unterstützung der Rettungssanitäter*innen beim Krankentransport. Sie umfasst mindestens 160 Ausbildungsstunden. Laut Feuerwehrchef Mario Rosenkranz ist die Schule so aufgebaut, dass die Wittener Feuerwehr den Eigenbedarf an Feuerwehrkräften rettungsdienstlich qualifizieren kann.

Verena Schäffer zeigte sich beeindruckt von dem Konzept und erklärte: „Sowohl die hauptamtlichen wie auch die vielen ehrenamtlichen Feuerwehrleute tragen Tag für Tag zur Sicherheit in Witten bei. Mit der neuen Rettungsdienstschule wird die hohe Professionalität der Wittener Feuerwehr weiter gestärkt. Ich bin begeistert davon, wie viel Engagement in diese Schule fließt und sowohl die Ausbilder*innen wie auch die Teilnehmer*innen viel ehrenamtliche Zeit für die Aus- und Fortbildung investieren.“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Präventionsarbeit

Präventionsarbeit 

Rede Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Präventionsarbeit

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer älter werdenden Gesellschaft sind ältere Menschen natürlich auch zunehmend Zielgruppe von Kriminalität. Ältere Menschen besitzen bestimmte Eigenschaften, die Täter ausnutzen: Sie sind oft zu Hause, sie sind telefonisch gut erreichbar, sie haben im Gegensatz zu vielen Jüngeren noch ein Festnetztelefon, man findet sie im Telefonbuch.

Täter orientieren sich an altmodisch klingenden Namen, wobei diese heute auch wieder modern sein können. Sie gehen die Telefonbücher sehr systematisch durch und rufen aufgrund bestimmter Kriterien, etwa aufgrund des Vornamens, bei den Menschen an.

Dazu kommt, dass manche ältere Menschen zu Hause vereinsamt sind, dass sie sich über soziale Kontakte freuen, dass sie sich darüber freuen, wenn vermeintlich ein Verwandter anruft, gerade wenn es jemand ist, den sie vielleicht schon länger nicht mehr gehört haben. Dazu kommt auch noch, dass sie womöglich Seh- oder Hörbeeinträchtigungen haben, und das vereinfacht Tätern die Straftat.

Der sogenannte Enkeltrick ist nur eine Form der Kriminalität, die sich gegen Seniorinnen und Senioren richtet. Es gibt auch noch andere Kriminalitätsformen, zum Beispiel, dass sich Täter einen Zugang zur Wohnung verschaffen, indem sie sich als Handwerker oder als Amtspersonen ausgeben, um dann Wertsachen oder Geld aus der Wohnung zu stehlen.

Es ist wohl ziemlich egal, welche konkrete Form der Kriminalität gegen ältere Menschen es ist – eines haben diese verschiedenen Formen gemein, nämlich dass es für die Opfer sehr schambesetzt ist, sodass sie häufig die Straftat nicht anzeigen, obwohl sie unter Umständen sehr viel Geld verloren haben. Deshalb gehen eben Kriminalisten auch von einer sehr hohen Dunkelziffer in diesem Themenfeld aus, und sie vermuten, dass diese Art der Kriminalität gegen ältere Menschen aufgrund des demografischen Wandels in Zukunft noch zunehmen wird.

Insofern halte ich es für sehr relevant, dass wir Innenpolitikerinnen und Innenpolitiker uns mit dieser Form der Kriminalität auseinandersetzen. Denn es geht auch darum, dass diese Menschen nicht völlig in die Isolation geraten, dass die Folgen, weil sie Opfer von Kriminalität geworden sind, nicht dazu führen, dass sie sich komplett aus dem sozialen Leben zurückziehen.

Gegen diesen Antrag und auch gegen das Thema „Prävention“ kann man eigentlich ziemlich wenig haben. Die Frage ist nur, wenn CDU und FDP diesen Antrag stellen, warum Sie es nicht einfach machen. Sie sind ja schließlich in der Regierung. Das frage ich mich immer bei solchen Anträgen. Dann machen Sie es doch bitte einfach.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will aber noch einen Einschub machen. Sie wissen, dass wir Grüne – und auch ich persönlich – immer sehr für das Thema „Prävention“ zu haben sind. Prävention ist ein wichtiger Aspekt der Kriminalitätsvermeidung. Es ist super, dass CDU und FDP das jetzt offensichtlich auch so sehen.

Aber alles, was ich bislang zum Schutz vor dem Enkeltrick gelesen habe, ist, dass Prävention bislang relativ wenig gebracht hat. Das sollte man doch zumindest mal reflektieren. Die älteren Menschen geraten häufig so unter Stress und werden unter Druck gesetzt, wenn sie angerufen werden, dass sie zwar theoretisch wissen, es könnte der Enkeltrick sein, aber das zieht in der konkreten Situation nicht. Deshalb hat Prävention offenbar bislang nicht die gewünschte Wirkung erzielt.

Eine Nebenbemerkung sei mir noch gestattet: Wenn wir damals unter Rot-Grün solch einen Antrag gestellt hätten, hätten Sie uns den dermaßen um die Ohren gehauen. Aber so ändern sich die Zeiten. Ich bin froh, dass jetzt auch die CDU für Präventionsarbeit ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich glaube, wir sollten im Ausschuss schon darüber diskutieren, wie wir die Strafverfolgung dieser Täter verstärken können. Ich weiß, dass das kompliziert ist. Häufig sind es internationale Gruppen und Banden, die so etwas organisieren. Da geht es auch um eine vernetzte Zusammenarbeit. Wir müssen darüber reden, wie wir die Ermittlungsarbeit der Polizei verstärken können.

Ich habe in Vorbereitung auf die Rede einmal recherchiert, was es in anderen Bundesländern gibt. NRW hat bestimmt auch schon einiges, dazu wird der Innenminister sicher gleich ausführen. Schleswig-Holstein zum Beispiel hat eine eigene Ermittlungsgruppe bei der Polizei, die sich dieses Themas angenommen hat, die jetzt noch einmal verstärkt wurde. Vielleicht ist das ja ein Vorbild, das wir uns für Nordrhein-Westfalen einmal anschauen sollten.

Laut Herrn Ganzke möchte die SPD im Ausschuss eine Anhörung hierzu beantragen. Ich bin sehr dafür. Wir sollten uns intensiver mit dem Thema beschäftigen. Aber lassen Sie uns dann auch über die Strafverfolgung reden. Das fehlt mir ein Stück weit in diesem Antrag. Lassen Sie uns also gemeinsam bei diesem Thema vorangehen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und SPD zu „Respekt für Mandatsträger*innen“

Respekt für Mandatsträger*innen

Meine Rede zur Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und SPD zu „Respekt für Mandatsträger*innen“

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir ehrlich gesagt von dieser Debatte gewünscht, dass wir hier wirklich den Schulterschluss der Demokratinnen und Demokraten hinbekommen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich glaube auch, dass der Ton in dieser Debatte und gerade bei diesem Thema ziemlich relevant dafür ist, wie diese Diskussion geführt wird und wie wir in den Kommunalwahlkampf gehen. Ich finde es wichtig, dass wir zu einer sachlichen Debatte zurückkommen.

Ich fände es auch wichtig, dass wir sehr konkret werden, was das jetzt in der Umsetzung heißt, was wir also wirklich brauchen.

Denn die Gefährdungslage, vor der wir gerade stehen, müsste eigentlich allen bekannt sein. Werfen wir noch einmal einen Blick auf das vergangene Jahr. In 2019 mussten wir drei rechtsterroristische Taten in Deutschland erleben. In der Silvesternacht 2018/2019 fuhr ein Mann aus rassistischer Motivation in eine Menschenmenge im Ruhrgebiet. Am 2. Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke grausam ermordet. Am 9. Oktober 2019 gab es einen antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle; zwei Menschen wurden dort grausam getötet.

Diese Anschläge im letzten Jahr haben noch einmal ganz deutlich gemacht, wie sehr die Gewalttätigkeit im Rechtsextremismus gestiegen ist und dass sich eine Szene, die ohnehin sehr militant und radikal ist, gerade noch weiter radikalisiert. Das muss uns als Demokratinnen und Demokraten große Sorgen bereiten. Wir sind hier in der Pflicht, immer wieder unsere demokratischen Werte zu verteidigen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir sprechen alle vor Ort mit unseren eigenen Parteikolleginnen und -kollegen. Ich persönlich kann gut nachvollziehen, dass sich Bürgermeisterinnen und Landräte angesichts von Bedrohungen oder Demonstrationen vor ihren Wohnhäusern gefährdet fühlen. Gerade angesichts des Anschlags auf Herrn Lübcke im letzten Jahr, aber auch der Anschläge auf Henriette Reker in Köln und den Bürgermeister aus Altena, Andreas Hollstein, die schon zuvor stattgefunden haben, finde ich das nachvollziehbar.

Man muss sich einfach klarmachen, was das Gefährliche dabei ist: Wenn diese Situation dazu führt, dass wirklich hoch engagierte ehrenamtlich tätige Menschen vor Ort nicht mehr für Räte, Kreistage und Bezirksvertretungen kandidieren wollen, hat das sehr konkrete Auswirkungen auf unsere Demokratie.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann ist, wenn ich das so sagen darf, der Ausdruck „ein Angriff auf unsere Demokratie“ auch keine hohle Phrase mehr. Es ist keine hohle Phrase; denn das ist in der Tat ein Angriff auf unsere Demokratie. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass diese Einschüchterungsversuche von Rechtsextremen keinen Erfolg haben.

Eines will ich hier auch noch einmal deutlich machen. Diese Einschüchterung, die wir gerade erleben, ist ja nicht ganz neu. Ich kann mich gut an das Jahr 2012 erinnern, als vor den Wohnhäusern von unserer grünen Kollegin Daniela Schneckenburger, Ullrich Sierau und Guntram Schneider in Dortmund Demonstrationen von Neonazis stattgefunden haben.

Man muss aber auch sagen, dass es in 2015 und 2016 eine weitere Radikalisierung in der rechtsextremen Szene, zum Teil auch eine Enthemmung, teilweise auch in der Mitte der Gesellschaft, gegeben hat – aufgeheizt durch flüchtlingspolitische Diskurse, die auch von der AfD angestachelt wurden. Ich glaube, das muss man hier so klar ansprechen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich will darauf hinaus, dass das Phänomen nicht neu ist. Deshalb stehen wir auch nicht bei null. Ich halte es für wichtig, das zu begreifen. Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine Infrastruktur. Seit 2011 haben wir Opferberatungsstellen, die natürlich auch für Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, für Amtsträgerinnen und Amtsträger und für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zur Verfügung stehen. Dieses Angebot müssen wir aber stärker in die Fläche tragen und bekannt machen. Im Übrigen wurden diese Opferberatungsstellen seinerzeit unter Rot-Grün eingerichtet.

Ich will hier aber noch einmal deutlich machen, für wie wichtig ich es halte, dass wir konkret werden. Es reicht nicht, nur zu diskutieren. Wir müssen sagen, was das auf der Landesebene bedeutet und was wir hier konkret umsetzen können. Wir haben einige Ideen und Vorschläge, die wir gern mit Ihnen diskutieren wollen.

Erster Punkt. Wir Grünen wollen auf Landesebene eine Stelle einrichten, die eine juristische Beratung für Kommunen im Themenfeld „Rechtsextremismus“ anbietet. Wie gehe ich als Kommune damit um, wenn es vor Ort „rechtsextreme Immobilien“ gibt? Das gilt aber natürlich auch, wenn eine Kommune juristische Beratung braucht, weil ihr Bürgermeister bedroht und angegriffen wird. Diese Stelle wollen wir gern auf Landesebene einrichten.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Zweiter Punkt. Wir wollen das Dunkelfeld aufhellen. Wir wissen, dass es in diesem Themen- feld ein Dunkelfeld gibt. Dieses Dunkelfeld wollen wir aufhellen. Wir wollen, dass entweder die gerade erwähnte Stelle für juristische Beratung oder die Opferberatungsstellen Vorfälle und Angriffe auf Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dokumentieren, damit wir hier endlich ein Hellfeld bekommen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Dritter Punkt. Wir wollen eine Werbekampagne. Wir wollen, dass die Landesregierung – viel- leicht mit der Landeszentrale für politische Bildung – eine Aufklärungs- und Informationskampagne zum Wert des kommunalpolitischen Ehrenamtes auflegt und auch dazu motiviert, bei der Kommunalwahl anzutreten.

Vierter Punkt. Die Handlungsempfehlungen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss müssen endlich umgesetzt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zum einen haben wir als Untersuchungsausschuss beschlossen, dass Opfer von rechter Gewalt proaktiv über die Beratungsangebote von Opferberatungsstellen informiert werden sollen, wie das bei Opfern von häuslicher Gewalt heute auch schon gemacht wird. Man könnte das analog anwenden.

Zum anderen brauchen wir den regelmäßigen Austausch der örtlichen Staatsschutzbehörden – nicht nur des LKA – mit den Teams der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, um gemeinsam regionale oder lokale Gefährdungslagen zu identifizieren und als Polizei Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.

Herr Reul, Sie wissen: Wir sind bei vielen Punkten nicht so nah beieinander. Aber bei manchen Punkten sind wir es. Sie haben letzte Woche vor der Deutschen Polizeigewerkschaft gesagt, eine hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht. Da bin ich voll bei Ihnen. Die gibt es nicht. Wir können nie eine hundertprozentige Sicherheit garantieren. Das ist völlig klar.

Wir können aber garantieren, meine ich, dass die demokratischen Parteien zu 100 % solidarisch sind, wenn Angriffe und Drohungen von Rechtsextremen erfolgen.

Wir sollten aber nicht nur – das ist mir auch wichtig – gegenüber Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern solidarisch sein, sondern auch gegenüber allen anderen Personen,

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

die aufgrund ihres Engagements für Flüchtlinge, aufgrund ihrer Herkunft, aufgrund ihrer Sexualität oder aufgrund ihrer Religion zur Zielscheibe von rechtsextremem Hass werden. Da sind wir als Demokratinnen und Demokraten gefragt.

Ich finde es wichtig, dass wir in den Austausch gehen. Lassen Sie uns darüber diskutieren, was wir tatsächlich auf Landesebene gemeinsam ganz konkret unternehmen können, um die demokratischen Bewerberinnen und Bewerber bei der Kommunalwahl zu unterstützen, damit der Hass nicht überhandnimmt. Wir haben Sie als demokratische Fraktionen eingeladen. Lassen Sie uns darüber diskutieren, damit wir konkret werden und diesem Hass Einhalt gebieten.

– Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Zum Antrag der „AfD“-Fraktion zur Herkunftsnennung bei der Strafverfolgung

Herkunftsnennung bei der Strafverfolgung

Rede zum Antrag der „AfD“-Fraktion zur Herkunftsnennung bei der Strafverfolgung

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lürbke hat schon einige Gründe dafür genannt, warum Herr Reul die Debatte über die Nennung von Nationalitäten von Tatverdächtigen angestoßen hat. Ich glaube, Herr Reul hat das aus einem durchaus ehrenwerten Grund getan.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Reul, ging es Ihnen darum, den Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretikern den Wind aus den Segeln zu nehmen und proaktiv Transparenz über die Hintergründe eines mutmaßlichen Täters herzustellen. Dabei kann ich Ihnen, Herr Reul, nicht ganz folgen. Ich bin der Meinung, dass man mit der Nennung der Staatsangehörigkeit in Pressemitteilungen dieses Ziel nicht ganz erreichen kann. Darüber kann man aber durchaus diskutieren. Wir sind einfach unterschiedlicher Meinung.

Warum sind wir Grüne anderer Meinung?

Erstens will ich Ihnen sehr deutlich sagen, dass die Polizei die Hintergründe von Tätern überhaupt nicht verschleiert. Im Gegenteil, sie werden transparent benannt. Die Polizei steht auch für Rechtsstaatlichkeit und Transparenz. In der Polizeilichen Kriminalstatistik wird heute schon selbstverständlich auch die Staatsangehörigkeit von mutmaßlichen Tätern aufgeführt. Insofern gibt es hier überhaupt keine mangelnde Transparenz.

Wir haben ein anderes Problem bei der Polizeilichen Kriminalstatistik, und darauf sollte man hinweisen, weil es auch durch die Veröffentlichung von Pressemitteilungen nicht besser wird. Das Problem bei der Polizeilichen Kriminalstatistik besteht ähnlich wie bei Pressemitteilungen darin, dass wir über Eingangsstatistiken reden. Wir reden immer über mutmaßliche Täter, aber nie darüber, was im Verlauf mit diesen Tätern passiert, ob die Tat wirklich nachgewiesen wird, ob es zu einer Verurteilung kommt usw. usf.

Deshalb müssen wir die Polizeiliche Kriminalstatistik, aber auch Pressemitteilungen der Polizei mit einer gewissen Vorsicht genießen, auch wenn die Polizeiliche Kriminalstatistik, die – das will ich hier deutlich sagen – Merkmale wie Staatsangehörigkeit, Geschlecht oder Alter aufführt, durchaus ein valideres Analyseinstrument ist als eine Pressemitteilung der Polizei. Das ist, glaube ich, wichtig zu verstehen.

Zweitens. Warum sind wir Grüne gegen die Nennung der Staatsangehörigkeit in Pressemeldungen? Weil die AfD und andere Verschwörungstheoretiker sich mit der Nennung der Staatsangehörigkeit nicht zufriedengeben. Das zeigt auch dieser Antrag: Die AfD fordert darin explizit, dass man auch noch den Migrationshintergrund nennen soll. Sie bleibt nicht bei der Staatsangehörigkeit, sondern will weitergehen. Das zeigt doch sehr deutlich, worum es der AfD eigentlich geht: Es geht darum, Hass und Hetze gegenüber Zugewanderten und Flüchtlingen zu verbreiten.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Christian Loose [AfD])

Ich möchte noch einmal auf die Studie mit dem Titel „Wie häufig nennen Medien die Herkunft von Tatverdächtigen?“ aus Dezember 2019 verweisen. Wir haben im Ausschuss bereits dar- über diskutiert. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der mediale Blick auf Straftaten und auf Straftäter durch die Nennung der Staatsangehörigkeit nur noch verzerrter wird.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2018 besagt, dass ungefähr 69 %, sagen wir: 70 %, aller mutmaßlichen Täter von Gewaltdelikten Deutsche und nur ungefähr 30 % Nichtdeutsche waren. In den Zeitungsberichten wird aber etwas anderes wiedergegeben. Nur bei 3 % der deutschen Tatverdächtigen wird die Staatsangehörigkeit genannt, aber bei 41 % der ausländischen Tatverdächtigen. Die Berichterstattung kehrt die Erkenntnisse der Polizei also komplett um. Das ist natürlich gefährlich, weil dies im hohen Maße dazu geeignet ist, eine rassistische Stimmungsmache gegen Migrantinnen und Migranten zu schüren. Deshalb muss man da sehr vorsichtig sein.

Der dritte Grund, warum wir Grüne die pauschale Nennung der Staatsangehörigkeit ablehnen, ist: Wir meinen, dass die Polizei am besten beurteilen kann, wann die Nennung der Staatsangehörigkeit zur Einordnung der Tat sinnvoll ist und wann nicht. Die Polizei kann schon heute die Staatsangehörigkeit nennen, wenn es relevant ist, um die Tat einzuordnen und zu verstehen.

Mit der Änderung des Erlasses, dass bei jeder Tat grundsätzlich immer die Staatsangehörigkeit genannt werden soll, wälzen Sie, Herr Reul, die Verantwortung über den Umgang mit dieser Information auf Journalistinnen und Journalisten ab.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich habe zwar ein großes Vertrauen in Medienvertreter, aber ich meine, dass die Verantwortung, zu entscheiden, wann die Staatsangehörigkeit genannt wird, wann sie relevant für die Tat ist und wann nicht, in den Händen der Polizei belassen werden sollte, weil sie dies am besten beurteilen kann. Diese Verantwortung dürfen wir nicht an Journalistinnen und Journalisten abwälzen, die ohnehin unter Zeitdruck stehen.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Verena Schäffer (GRÜNE): Und deshalb – mein letzter Satz – bitte ich darum, dass wir uns in den Ausschüssen noch einmal wirklich sachlich mit der Thematik befassen. Ich bitte auch die verantwortlichen Ministerien darum, sich das noch einmal sehr genau und sachlich anzu- schauen,

(Vizepräsidentin Carina Gödecke räuspert sich vernehmlich.)

sich noch einmal mit den Argumenten auseinanderzusetzen und den Erlass der Polizei nicht zu ändern. Ich meine, es gibt genug Argumente dagegen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)