Meine Rede zu Neonazis im Umfeld des Fußballs

 Drucksache 16/7153

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ehrlich erschüttert, was wir hier im Landtag von solch einem politischen Althooligan hören müssen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Sie verharmlosen rechte Gewalt. Sie diskreditieren die Zivilgesellschaft. Das finde ich, ehrlich gesagt, fast noch schlimmer.

Am 26. Oktober gab es die gewalttätigen Ausschreitungen von Hooligans, von Neonazis. Aber es gab auch eine friedliche Demonstration dagegen. Etwa 750 Personen aus dem bürgerlichen Spektrum haben dagegen demonstriert und Flagge gegen Rechtsextremismus gezeigt. Dass Sie diese Menschen so diskreditieren und zivilgesellschaftliches, bürgerschaftliches Engagement so in den Dreck ziehen, das finde ich unerhört. Das ist eine Unverschämtheit sondergleichen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Herr Hegemann, man muss hier noch einmal deutlich machen: Was die Zusammensetzung der Ho.Ge.Sa aus Hooligans und Neonazis betrifft, haben wir eine gefährliche Entwicklung zu verzeichnen. Dort herrscht eine Gewaltbereitschaft, die wir so noch nicht erlebt haben, mit einer Ideologie, die von Menschenfeindlichkeit, von Rassismus, von Islamhass geprägt ist, bei der der antimuslimische Rassismus als Mobilisierungsthema dient.

Wenn wir uns diese Bilder bewusst anschauen, dann müssen wir uns doch damit beschäftigen, was das für unsere Gesellschaft zu bedeuten hat, wenn hier schlichtweg gegen Musliminnen und Muslime, gegen unsere Nachbarn, gegen unsere Bürgerinnen und Bürger gehetzt wird. Darüber müssen wir uns doch auseinandersetzen. Das dürfen wir dieser Ho.Ge.Sa nicht durchgehen lassen!

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Auch die CDU darf das nicht.

Ich gebe den Piraten in ihrer Analyse insoweit recht, als die Alt-Hooligans in die Stadien und auf die Straßen zurückkommen und dass es hier um einen Hegemonieanspruch geht, sowohl im Stadion gegen Ultrabewegungen – insbesondere gegen antirassistische linke Ultrabewegungen – als auch auf der Straße gegen Salafisten, gegen Musliminnen und Muslime.

Das Beispiel Aachen ist im Hinblick auf die Stadien schon genannt worden. Das macht gerade noch einmal deutlich, dass die Hooligans eben nicht unpolitisch sind, dass der Fußball nicht unpolitisch ist, sondern dass – ganz im Gegenteil! – der Fußball immer wieder missbraucht wird und dass die Hooligans rechte Symboliken und rechte Themen besetzen.

Sowohl Aachen als auch Dortmund mit Siegfried Borchardt sind Beispiele dafür, dass der Fußball missbraucht wird und dass der Fußball ebenso als Mobilisierungsthema gilt wie die rassistische Hetze.

Was aus meiner Sicht wirklich neu ist – darüber haben wir gestern ausführlich diskutiert –, ist der Zusammenschluss von Hooligans und von organisierten Rechtsextremen aus Parteien wie NPD, PRO NRW, der Partei „Die Rechte“, der Kameradschaftsszene, Skinheads und aus der rechtsextremen Musikszene.

Neu ist die hohe Mobilisierung, neu ist auch diese massive Gewaltanwendung, die wir erleben mussten. Und da müssen wir als Parlament ganz deutlich machen – ich hoffe, dass auch die CDU dabei ist –, dass wir als Rechtsstaat so etwas nicht hinnehmen können, sondern konsequent gegen solche Bewegungen vorgehen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Sieveke?

Verena Schäffer (GRÜNE): Von Herrn Sieveke? – Ja, klar.

Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Herr Kollege Sieveke.

Daniel Sieveke (CDU): Vielen Dank, Frau Schäffer, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben eben die Versachlichung angesprochen. Stimmen Sie mit mir überein, dass es in diversen Innenausschusssitzungen gerade durch Wortmeldungen der Piratenfraktion im Zusammenhang mit diversen innenpolitischen Themen zu Verharmlosungen des Gewaltpotenzials – Sie hatten ja gerade die Gewaltbereitschaft angesprochen – der Ultraszene und von Hooligans gekommen ist?

(Zuruf von den PIRATEN: Hä?!)

Verena Schäffer (GRÜNE): Also, Herr Sieveke, Entschuldigung. Wir diskutieren gerade über das Thema „Rechtsextremismus“ und darüber, dass Herr Hegemann hier eindeutig rechtsextreme Gewalt verharmlost hat.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Wie bitte? Was soll das denn?)

Es geht hier nicht um das Thema „Antirassismus“ oder um linke Bewegungen. Dass wir Gewalt nicht tolerieren, ist in diesem Hause hoffentlich klar, auch nicht von linken Gruppen. Aber Sie können doch nicht immer das eine gegen das andere aufwiegeln!

Die aktuelle Gefahr in NRW geht vom Rechtsextremismus aus, und das müssen wir hier so deutlich machen. Ich finde es schade, dass die CDU damit nicht übereinstimmt.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hegemann?

Verena Schäffer (GRÜNE): Bitte.

Lothar Hegemann (CDU): Frau Kollegin, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass ich in keiner Weise die Gegendemonstranten in Köln kriminalisiert habe? Wenn Sie das weiterhin behaupten, bitte ich Sie, das im Protokoll nachzulesen und zu rügen, falls Sie es denn finden. Das werden Sie aber nicht. Sie haben jetzt die Möglichkeit, das Ganze noch klarzustellen.

(Zurufe: Oho!)

Verena Schäffer (GRÜNE): Das Plenarprotokoll können wir ja alle noch einmal nachlesen. Was Sie aber definitiv gemacht haben, ist Folgendes: Sie haben gesagt, dass Gewalt bei Demonstrationen von Gegendemonstranten ausgehen. Das ist genau die Verharmlosung, die wir meinen. Und das geht nicht!

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN – Lothar Hegemann [CDU]: Nein!)

Zum Antrag: Natürlich sind die Fußballvereine hier in der Pflicht, Flagge zu zeigen. Zum Glück gibt es in einigen Stadien schon Verbote, solche Ho.Ge.Sa-Symbole zur Schau zu stellen. Ich finde es aber noch einmal wichtig, zu betonen, dass wir über ein Problem reden, das nicht nur beim Fußball auftritt, sondern dass es um ein gesamtgesellschaftliches Problem geht.

Deshalb ist meines Erachtens der runde Tisch der falsche Ansatz – frei nach dem Motto: Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis. – Was wir vielmehr brauchen, ist die intensive Auseinandersetzung mit diesem Phänomen. Deshalb bin ich gespannt, was die IMK zu diesem Thema hervorbringen wird, was die Analysen anbelangt.

Die Landesregierung ist gerade dabei, ein Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu erstellen. Es gab fünf Regionalkonferenzen – vielleicht waren Sie auch auf der einen oder anderen –, da war der Sport – zumindest bei der, auf der ich war – durchaus ein Thema. Das wird auch Eingang in das Handlungskonzept finden.

Was wir brauchen, sind daher keine runden Tische. Wir sind eigentlich schon mitten in der Diskussion und in unseren Möglichkeiten schon ein gutes Stück weiter. Wir brauchen das Handlungskonzept gegen rechts, wir brauchen eine vertiefte Analyse des Phänomens Ho.Ge.Sa und des Zusammenschlusses von Hooligans und Neonazis.

Außerdem brauchen wir eine stärkere Wahrnehmung und Analyse durch die Sicherheitsbehörden. Natürlich brauchen wir auch repressive Maßnahmen sowohl im als auch außerhalb des Stadions. Schließlich brauchen wir die gesellschaftliche Auseinandersetzung. Hierzu lade ich insbesondere die CDU ein.

Aus diesen Gründen werden wir den Antrag der Piraten ablehnen, da wir der Meinung sind, dass wir eigentlich schon einen Schritt weiter sind und keine runden Tische mehr benötigen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine 2. Rede zum Polizeieinsatz in Köln und den Anträgen von Piraten, FDP und CDU

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu einer Nachbereitung bin ich aufgrund der Zeit gerade nicht mehr gekommen. Aber eine Nachbereitung eines Polizeieinsatzes ist richtig und wichtig. Das tun wir bei größeren Polizeieinsätzen in der Regel immer im Innenausschuss. Leider beteiligen sich in der Regel weder die CDU noch die FDP an diesen Diskussionen. Das vermisse ich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich bin gespannt auf die Diskussion im Innenausschuss und darauf, ob Sie die Fragen und Vorwürfe, die Sie hier formulieren, dort mit uns ausdiskutieren werden.

Ja, es stimmt, es gibt Fragen. Ich finde es legitim, dass Bürgerinnen und Bürger zum Versammlungsort, zu den Auflagen etc. Fragen haben und diese auch stellen.

Es hat übrigens Auflagen gegeben. Zu behaupten, es gäbe keine Auflagen, ist schlicht falsch. Natürlich hat es Auflagen gegeben. Sie standen vorher im Internet. Man hätte sich darüber informieren können. Die gab es.

Dass es Fragen zum Polizeieinsatz gibt, finde ich legitim. Dass wir diese nachbereiten und beantworten müssen, finde ich richtig. Es geht auch darum, das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern in die Polizei zu stärken. Dazu gehört auch die Nachbereitung eines Polizeieinsatzes.

Ich will noch etwas zum Thema „Verbote“ sagen – Herr Laschet hat zu Beginn angeführt, man hätte im Vorfeld verbieten müssen –: Natürlich ist es für Demokratinnen und Demokraten nur schwer auszuhalten, solche Demonstrationen erleben zu müssen. Das betrifft nicht nur die Demonstration in Köln, sondern auch Demonstrationen in vielen anderen Orten in Nordrhein-Westfalen. In Dortmund haben wir häufig diese Aufmärsche. Es ist schwer zu ertragen, wenn solche Gestalten, solche Rechtsextremisten durch unsere Innenstädte laufen. Ich denke, darüber sind wir uns einig.

Aber ich finde diese Forderung nach Verboten immer etwas zu einfach. Es gibt eine hohe rechtliche Hürde für das Verbot von Versammlungen. Die Versammlungsfreiheit hat Verfassungsrang in unserem Lande. Das ist auch gut so. Versammlungen können nur verboten werden, wenn es konkrete Anhaltspunkte gibt. Wir dürfen unsere eigenen Grundrechte auch nicht aufgrund solcher Gruppierungen einschränken. Ganz im Gegenteil: Wir müssen unsere Grundrechte verteidigen.

Ich habe gerade schon gesagt, wenn uns Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer zukünftige Versammlungen dieser Gruppierungen verboten werden können, müssen wir diese konsequent nutzen, damit wir solche Bilder nicht noch einmal erleben müssen.

Herr Lohn, Sie hatten mehrere Vorwürfe angesprochen, auf die ich gerne eingehen möchte.

Ich finde es ziemlich billig, zu sagen, das SEK oder die Reiterstaffel hätten kommen müssen, dann wäre das so nicht passiert. Das SEK gehört fachlich nicht auf eine Demonstration. Das SEK wird bei polizeilichen Sonderlagen wie Geisellagen, bei Entführungen und Erpressungen eingesetzt, aber doch nicht bei Demonstrationen.

Herr Lürbke, zum Thema Eingreiftrupps: Ja, in Bayern gibt es so etwas. Da gibt es die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten. So etwas haben wir aus gutem Grund, wie ich finde, in Nordrhein-Westfalen nicht. In Nordrhein-Westfalen setzen wir auf eine deeskalierende Lage und setzen solche Gruppen nicht ein. Unsere Hundertschaften sind für Demonstrationslagen aus- und fortgebildet. Deshalb sind sie die richtigen Ansprechpartner.

Herr Lohn, ich komme zum Thema „Verfassungsschutz und V-Leute“. Wir hätten seit Inkrafttreten unseres neuen Verfassungsschutzgesetzes keine V-Leute mehr in der rechtsextremen Szene, sagen Sie. – Entschuldigung, aber es ist wirklich ziemlicher Humbug, den Sie hier verbreiten. Aufgrund des NPD-Verbotsverfahrens gibt es keine V-Leute mehr in den NPD-Führungsetagen. Sie sind dort abgeschaltet worden, damit wir das Verbot durchbekommen. Aber das gilt doch nicht für die gesamte rechtsextreme Szene.

Zur Erläuterung muss man zum Verfassungsschutz vielleicht noch einmal sagen: Der Verfassungsschutz darf zu Recht nicht jeden Gewaltbereiten in diesem Land beobachten. Das darf er nur dann, wenn tatsächlich Anhaltspunkte für die Gefährdung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vorliegen, wenn eine verfassungsfeindliche Bestrebung vorliegt, aber nicht, wenn Menschen einfach „nur“ gewaltbereit sind. Das ist auch richtig so. Das hat sich durch unser neues Verfassungsschutzgesetz überhaupt nicht geändert. Insofern sind Sie da auf der völlig falschen Spur, wenn ich das einmal so sagen darf.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir diskutieren auch über den FDP-Antrag. Ich habe leider wieder zu wenig Zeit. Aber ich will dazu sagen: Es werden zwei unterschiedliche Sachen miteinander vermengt. Sie führen in Ihrem Antrag aus, auf der einen Seite müssen wir gegen Salafismus vorgehen, auf der anderen Seite gegen die Ho.Ge.Sa. Mit beidem haben Sie recht. Aber Sie können nicht beides miteinander vermengen. Beides sind unterschiedliche Phänomene.

Sie können diese Ausschreitungen von Hooligans und diesen Rechtsextremen gegen Salafismus nicht damit rechtfertigen, dass es den Salafismus gibt. Sie müssen beides voneinander trennen. Das gebietet eigentlich auch die fachliche Auseinandersetzung, dass wir beides entsprechend beurteilen.

(Zuruf von Dr. Robert Orth [FDP])

– Und Sie reden kein Wort über das eigentliche Problem, was wir in diesem Land haben. Das finde ich beschämend, wenn ich das einmal so sagen darf.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zum Einsatz der Polizei bei der „HoGeSa“-Demo am 26. Oktober in Köln

Drucksache 16/7211

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 26. Oktober haben wir in Köln eine der bundesweit größten rechtsgerichteten und muslimfeindlichen Versammlungen seit Langem erleben müssen. Herr Laschet, ich finde, das ist das eigentliche Problem, über das wir diskutieren sollten: Das ist das Thema „Rechtsextremismus“ und wie wir mit menschenfeindlichen Einstellungen in dieser Gesellschaft umgehen. Ich finde es außerordentlich schade und auch peinlich für dieses Parlament, dass das nicht diskutiert wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Natürlich müssen wir auch über den Polizeieinsatz diskutieren.

Aber unser eigentliches Anliegen muss doch sein, dass so etwas, wie wir es da am 26. Oktober gesehen haben, nicht noch einmal vorkommt.

(Armin Laschet [CDU]: Dann verbietet es doch!)

Wir müssen über islamfeindliche Einstellungen in der Gesellschaft diskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das vermisse ich bei Ihnen. Sie müssen bei Wikipedia nachgucken, was Hooligans sind. Das ist doch peinlich. Das kann doch nicht wahr sein!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Drei Tage vor der Versammlung hatten wir eine Innenausschusssitzung, in der unter anderem der Punkt „Salafismus“ auf der Tagesordnung stand. Ich habe dort die Frage gestellt: Wie schätzt denn der Verfassungsschutz diese Versammlung am Sonntag ein? Bei der CDU gab es nur Kopfschütteln: Die Schäffer wieder mit ihren Nazithemen! Da haben Sie sich überhaupt nicht mit dem Thema auseinandergesetzt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Drei Tage später sind Sie plötzlich die Experten dafür. Das ist doch peinlich. Das ist doch beschämend für Sie.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich war an diesem Sonntag auch in Köln. Ich habe mir das auch angeguckt, weil ich häufig Demobegleitung mache und mir häufig Nazidemos angucke, um zu sehen, wie dort die Entwicklungen sind.

Ja, ich war auch schockiert über die Bilder. Bei der Auftaktkundgebung am Breslauer Platz war die Stimmung schon extrem aufgeschaukelt – durch Sprechgesänge, Chorgesänge. Das können die auch alles aus dem Stadion. Auch die rechtsextreme Band „Kategorie C“ hat dort gespielt.

Ich war am Eigelstein dabei, als Neonazis und Hooligans versucht haben, durch die Polizeiabsperrungen durchzubrechen. Als massiv Flaschen geworfen wurden, dachte ich schon: Wenn das so weitergeht, werden wir heute Abend hier viele Verletzte sehen. So massiv war die Gewalt, die dort vonstattengegangen ist. Ich war auch am Ebertplatz dabei, als direkt neben mir ein Übergriff stattgefunden hat und eine Schlägerei losging.

Ja, für mich war das schockierend. Auch für die anwesenden Bürgerinnen und Bürger, für die Anwohnerinnen und Anwohner waren das schockierende Bilder, die wir am 26. Oktober in Köln erleben mussten.

Hier ist den Polizeikräften schon mehrfach gedankt worden. Ich will mich diesem Dank anschließen, weil ich glaube, dass diese Situation vor Ort für die eingesetzten Polizeikräfte alles andere als einfach war. Sie waren einer hohen psychischen, aber auch physischen Belastung ausgesetzt. Ich habe hohen Respekt vor dem, was sie geleistet haben, und ich glaube, dass sie Schlimmeres noch verhindern konnten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich will Ihnen auch sagen, warum ich hier meine Eindrücke aus Köln schildere. Wie ich gerade schon gesagt habe, bin ich häufig bei Neonazidemos und habe auch schon häufig Polizeieinsätze begleitet. Eine solche aufgeheizte Stimmung, eine solche Gewaltbereitschaft und eine solche Brutalität, wie ich sie da gesehen habe, habe ich bei rechtsextremen Aufmärschen in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen nicht erlebt. Ich glaube, dass ich nicht die Einzige war, die darüber schockiert war, die erschrocken war, die aber auch überrascht war.

Daher gehört zur Wahrheit auch dazu, dass die NRW-Sicherheitsbehörden vor der Versammlung eine Abfrage bei den Sicherheitsbehörden der anderen Länder und des Bundes durchgeführt haben und Polizei und Verfassungsschutz gefragt haben: Wie schätzt ihr das ein? Habt ihr Erkenntnisse? Die haben zurückgemeldet: Ja, punktuell kann etwas passieren. – Dass von dieser gesamten Gruppe dermaßen viel Gewalt ausgehen würde, hat aber vorher keiner eingeschätzt.

Insofern dürfen Sie die Kritik nicht nur an die NRW-Behörden richten. Vielmehr müssen wir diesen Einsatz meines Erachtens auch bundesweit nachbereiten, was die Einschätzungen angeht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

– Das gehört zur Wahrheit dazu, Herr Sieveke, auch wenn Ihnen das nicht passen mag.

(Widerspruch von der CDU)

Das mag Ihnen nicht ins politische Konzept passen. Es gehört aber dazu, wenn Sie differenziert darüber diskutieren wollen, was vor Ort passiert ist und wie die Einschätzung vorher war.

(Zurufe von der CDU)

Die Polizei ist von 4.000 Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern ausgegangen – und auch davon, dass es Gewalt durch Einzelne geben würde. Sonst hätte die Polizei nicht mit vier Wasserwerfern da gestanden. Ich war schon auf vielen Demos. Dass Wasserwerfer in Nordrhein-Westfalen eingesetzt werden, passiert extrem selten. Hier sind sie zum Einsatz gekommen. Die Polizei hatte sie vor Ort vorrätig.

Man muss eben sagen: Die Polizei hat zwar mit Gewalt gerechnet, aber eben nicht mit dieser massiven Gewaltanwendung, nicht mit dieser Qualität von Gewalt. Ja, es stimmt; sowohl bei Hooligans als auch bei Rechtsextremen wissen wir, dass Gewaltbereitschaft ein zentrales Element in diesen Phänomenen ist. Das ist bekannt. Aber diese breite Mobilisierung von rechten Hooligans, von gewaltbereiten Neonazis gegen Musliminnen und Muslime in diesem Land und diese massive Gewaltanwendung haben offensichtlich auch die Behörden überrascht.

Die Frage, warum das nicht vorher gesehen wurde, gehört jetzt mit in die Nachbereitung.

Ich will aber auch noch etwas zum Komplex „Neonazis und Hooligans“ sagen, weil ich das wichtig finde und weil es mir hier in der Auseinandersetzung gerade mit der CDU fehlt. Sie müssen auf die Inhalte gucken. Sie müssen auf die Phänomene gucken, damit so etwas nicht noch einmal passiert.

(Zurufe von der CDU)

Dass sich Althooligans reorganisieren, ist bekannt. Das wissen wir schon länger. Zum Beispiel in Aachen haben wir das gesehen. Dort wurden die Aachener Ultras, die antirassistisch orientiert sind, aus dem Stadion gedrängt – auch durch die Althooligans, beispielsweise durch die Supporters. Das haben wir dort in den letzten Jahren erlebt.

Meines Erachtens hat man viel zu lange davon gesprochen, dass der Sport vermeintlich unpolitisch sei. Er ist nicht unpolitisch. Fangruppierungen sind nicht unpolitisch. Die Hooligans haben schon lange immer wieder auch rechte Symbolik genutzt und sind damit aufgetreten. Gerade die Ho.Ge.Sa-Bewegung macht doch deutlich, was für rassistische, muslimfeindliche Personen hier zusammenkommen. Von Anfang an waren Neonazis mit dabei – Siegfried Borchardt wurde hier schon genannt, aber auch andere.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu betonen, dass das verbindende Element ja nicht nur die Gewalt ist. Das verbindende ideologische Element ist das Thema „antimuslimischer Rassismus“. Darüber wird mobilisiert. Und darüber müssen wir sprechen; denn der Aufruf gegen den Salafismus ist eigentlich nur ein Deckmantel dafür.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Eigentlich geht es um Rassismus. Es geht um Islamfeindlichkeit. Es geht auch um Hetze gegen hier lebende Musliminnen und Muslime. Das müssen wir aufdecken. Diese Mischung von Hooligans und Rechtsextremen müssen wir entlarven; denn sie versuchen, an gesellschaftliche Einstellungen anzuknüpfen. Hier müssen wir klar und deutlich machen: Sie sind islamfeindlich, sie sind rassistisch.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was den konkreten Polizeieinsatz angeht, brauchen wir natürlich eine kritische Nachbereitung. Das machen wir bei solchen großen Demonstrationen immer. Das machen wir auch am 20. November 2014 ausführlich im Innenausschuss. Dazu werden wir ja noch einen Bericht vom Innenministerium bekommen. Dann müssen wir das diskutieren, weil wir – das finde ich wichtig – daraus auch lernen müssen.

Insofern ist es auch für die Polizei wichtig, Nachbereitung zu betreiben. Das schwächt die Polizei nicht, sondern stärkt sie, weil wir damit hoffentlich verhindern können, dass so etwas noch einmal passiert, und weil wir dabei eventuell auch Anhaltspunkte finden werden, mit denen wir in Zukunft solche Demonstrationen, solche Versammlungen verbieten können. Diese Anhaltspunkte brauchen wir.

Insofern müssen wir in die Auseinandersetzung über die Inhalte gehen. Das ist die gemeinsame Aufgabe, der wir uns hier zu stellen haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zur Gebührenpflichtigkeit bei Polizeieinsätzen

Drucksache 16/6856

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, über das Thema an sich kann man offen diskutieren. Aber man muss sich dann schon noch einmal die einzelnen Bereiche angucken. Denn es ist schon ein Unterschied, ob wir über die Begleitung von Schwerlasttransporten sprechen oder aber über den Polizeieinsatz bei Fußballspielen. Das ist ja ein sehr beliebtes Thema. Die Frage, ob man da Gebühren erhebt, wird ja sehr heiß diskutiert. Das kommt in Ihrem Antrag nicht vor. Aber das ist eines der strittigsten Themen, die wir immer wieder diskutieren. Da meine ich zum Beispiel, das ist originäre Polizeiarbeit und sollte nicht bezahlt werden müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Worauf ich aber hinaus will, ist: Man muss sich sehr genau die einzelnen Bereiche angucken, wo man Gebühren erhebt und wo eben nicht. Denn – das muss man hier ganz deutlich sagen – die Polizei ist für die öffentliche Sicherheit zuständig, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger dafür bezahlen müssen, dass ihre Sicherheit gewährleistet wird.

Deshalb stellt sich, wenn man über Gebühren spricht, auch direkt die Frage, wo man hier eigentlich die Abgrenzung trifft. Wo fängt das Verursacherprinzip an? Wo hört es auf? Dazu möchte ich gerne aus Ihrem Antrag zitieren. Sie schreiben in Ihrem Antrag:

„Wer sich nicht mit Anstand betrinken kann und deshalb Kosten für die Allgemeinheit verursacht, sollte zumindest im Wege einer Gebühr daran beteiligt werden.“

Eine Definition, was es bedeutet, sich mit Anstand zu betrinken, haben Sie leider nicht geliefert. Das können Sie im Ausschuss ja vielleicht nachreichen. Aber ich finde, das zeigt schon ganz deutlich die eigentliche Frage. Wo ist die Abgrenzung? Wo greift das Verursacherprinzip und wo nicht?

Ich finde, eines ist in der Diskussion ganz wichtig, nämlich dass Gebühren auf keinen Fall dazu führen dürfen, dass die Polizei nicht mehr gerufen wird. Ich glaube, darüber sind wir uns auch alle sehr einig. Das darf nicht dazu führen, dass die Menschen die 110 nicht mehr anrufen, wenn es um ihre Sicherheit geht.

Das eigentliche Problem in der Innenpolitik im Bereich Polizeiarbeit ist aber, glaube ich, nicht die Frage, ob wir Gebühren erheben, sondern das ist die Arbeitsbelastung der Polizei. Wir haben häufig über Polizeieinsatzzeiten der Bereitschaftspolizeien im Bereich Fußball diskutiert. Wir haben auch häufig schon diskutiert über das Kippen der Einstellungszahlen im Vergleich zu den Pensionierungen, die wir in den nächsten Jahren zu erwarten haben, wo wir dringend eine Aufgabenkritik brauchen. Hier muss man ganz deutlich sagen, dass die Erhebung von Gebühren natürlich nicht dazu führt – auch wenn wir über Polizeieinsätze zum Beispiel beim Fußball sprechen und über die Frage, ob da Gebühren erhoben werden sollten –, dass die Polizei entlastet wird. Ich meine, das ist die eigentliche Frage, die wir im Innenausschuss inhaltlich diskutieren sollten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Einen anderen Aspekt, den ich noch aufgreifen will, hat mein Vorredner auch schon angesprochen. Das ist die Frage: Über welche Fallzahlen reden wir eigentlich, über wie viele Fälle, bei denen man diese Gebühren jeweils erheben würde?

Lohnt es sich überhaupt? Es ist die Frage, ob man sich hier nicht Verwaltungskosten einhandelt, die in keinem Verhältnis zu den Gebühren stehen, die man nachher zu erwarten hat. Gerade die CDU wirft uns immer vor, dass wir Bürokratiemonster aufbauen. Ich frage mal zurück: Bauen wir hier nicht ein Bürokratiemonster auf?

Darüber würde ich im Ausschuss gern noch einmal diskutieren. Ansonsten glaube ich, dass man zwar offen über diese Frage diskutieren kann, aber man muss es sehr differenziert machen und sich jeweils die einzelnen Fälle anschauen, damit man das beurteilen kann. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Rede zur Taschendiebstahlstatistik und dem Problem des „Antanzens“

Drucksache 16/6857

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne Frage ist Taschendiebstahl für die Betroffenen ärgerlich, kostet unter Umständen viel Geld und erfordert – je nachdem, was gestohlen wurde – viele Behördengänge. Was bei Taschendiebstählen noch viel schlimmer ist, das ist, glaube ich, der Verlust von persönlichen Gegenständen, von Fotos oder Videoaufnahmen aus dem Urlaub auf dem Smartphone, vom Terminkalender mit persönlichen Notizen usw. usf.

Eines muss man aber auch sagen: Antanzen ist beim Taschendiebstahl nicht die einzige Tatbegehungsform. Sie sprechen ja in Ihrem eigenen Antrag davon, dass es auch noch den Podolskitrick gibt, der offensichtlich nicht unter das Antanzen fällt. Oder doch? Frage: Wie wollen Sie das in der Polizeilichen Kriminalstatistik eigentlich eingrenzen? Wollen Sie jetzt für jede Tatbegehungsform beim Taschendiebstahl eine eigene Statistik führen? Das frage ich mich.

(Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Zumal: Die Polizeiliche Kriminalstatistik – das ist gerade schon gesagt worden – ist ja zu Recht eine bundeseinheitliche Statistik, um Vergleichbarkeit zu haben und sehen zu können, welche Entwicklungen es in welchen Ländern gibt. Insofern stellt sich natürlich die berechtigte Frage: Macht es viel Sinn, dass man hier in NRW einen eigenen Schlüssel aufführt, den andere Bundesländer nicht haben?

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Yüksel zulassen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Aber gerne.

Serdar Yüksel (SPD): Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Den „Podolskitrick“ hätten wir gerne einmal gewusst. Den kennen wir hier alle gar nicht.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich würde vorschlagen, Herr Yüksel, dass Sie das hier nachher für uns alle vormachen. Das wäre doch ein Deal. Aber vielleicht möchte auch der Innenminister. Wir schauen gleich mal.

(Heiterkeit)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Sie steigern die Erwartungshaltung des Plenums ins Unermessliche.

(Heiterkeit)

Verena Schäffer (GRÜNE): Richtig.

(Zuruf)

 – Tut mir leid, da muss ich Sie leider enttäuschen. Vielleicht beim nächsten Mal.

Ich möchte aber noch etwas zum Thema „Prävention“ sagen: Es ist hier deutlich geworden ist, Herr Sieveke, dass Sie fast ausschließlich von Köln gesprochen haben. Das heißt, wir reden über ein Phänomen, das sehr regional begrenzt vorkommt. Deshalb ist die Frage, wieviel Sinn es macht, vom Innenministerium gesteuert eine landesweite Präventionskampagne durchzuführen, doch erheblich, wenn wir bezüglich dieses Phänomens eigentlich nur über wenige Städte in Nordrhein-Westfalen sprechen.

Außerdem läuft momentan eine Kampagnenwoche der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Diese Kampagnenwoche – wer es noch nicht erfahren hat – heißt: „Augen auf und Tasche zu! – Langfinger sind immer unterwegs“. Ich habe gestern noch mit einer Polizeipräsidentin gesprochen und auch über dieses Thema geredet. Schauen Sie sich das vielleicht noch einmal an. Da läuft einiges.

Bei Ihrem dritten Forderungspunkt geht es um verstärkte Zivilstreifen. Auch dazu muss man sagen: Das ist eigentlich reine Sache der Kreispolizeibehörden. Ich finde es nicht sehr sinnvoll, wenn das Innenministerium die einzelnen Streifen in die jeweiligen Orte losschickt, sondern es muss natürlich vor Ort entschieden werden, wo es Sinn macht. Dass das PP Köln bereits am Thema dran ist und auch fortlaufend evaluiert, geht auch aus der Antwort auf die Anfrage von Theo Kruse hervor.

Insofern gibt es von uns keine Zustimmung für den Antrag. Wir werden natürlich der Überweisung zustimmen. Ich würde Sie bitten, bei diesem Antrag vielleicht ausnahmsweise auf die Durchführung einer Anhörung im Ausschuss zu verzichten. Ich glaube, es gibt viele andere Themen im Bereich der Polizeiarbeit und der Kriminalitätsbekämpfung, die wichtiger sind als das Thema „Antanzen“. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)