Meine Rede zum Terroranschlag in Berlin und dem Fall Amri

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Unseren Entschließungsantrag zum Thema finden Sie/findest Du hier.

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt müsste doch eigentlich die Zeit der Aufklärung und der Aufarbeitung sein. Diese Aufklärung wird zu Recht von der Öffentlichkeit erwartet. Es ist doch eigentlich insbesondere die Aufgabe des Parlaments, diese Aufklärung ehrlich voranzutreiben. Aber von diesem Aufklärungsinteresse ist bei Ihnen wenig zu erkennen.

Herr Stamp, Ihre Vorwürfe machen mich da echt fassungslos. Ich frage mich: Was haben Sie eigentlich für ein Rechtsstaatsverständnis, wenn Sie sagen, die Behörden hätten ihn einfach mal in Abschiebungshaft nehmen müssen? Die Behörden können doch nicht willkürlich Haft anordnen, wenn sie berechtigterweise insbesondere mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgehen müssen, dass sie von keinem Haftrichter genehmigt wird geschweige denn vor einem Gericht Bestand hat. Da finde ich Ihre Aussagen wirklich ungeheuerlich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wer wirklich Aufklärung will, der muss dann auch diese Fragen stellen: Warum hat eigentlich der Generalbundesanwalt das Verfahren an die Generalstaatsanwaltschaft Berlin abgegeben? Lag es an fehlender personeller Ausstattung bei Generalstaatsanwaltschaft und BKA? Warum haben die Verfassungsschutzämter von Berlin und vom Bund Amri nicht beobachtet zu dem Zeitpunkt, als es die Polizei nicht mehr durfte und der Verfassungsschutz, der aber eine Vorfeldbeobachtung machen darf, es offensichtlich in Berlin und im Bund nicht getan hat? Stimmt es – das geht aus der Chronologie des Bundesinnenministeriums ja hervor –, dass der ehemalige CDU-Innenminister Henkel die Polizei offenbar so schlecht ausgestattet hat, dass Amri von den Behörden nicht observiert werden konnte?

Ich finde, das sind doch Fragen. Da wäre es schön, wenn ein Herr Laschet nicht nur hier im Landtag Aufklärung fordern würde, sondern wenn Ihre Kollegen im Bund und in Berlin genau diese Fragen stellen würden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das wäre dann echte Aufklärung seitens der CDU. Das findet aber nicht statt.

Ihnen, Herr Laschet, aber auch Herrn Dr. Stamp geht es jetzt doch eigentlich nur darum, den Innenminister hier in Nordrhein-Westfalen für verantwortlich zu erklären, bevor überhaupt irgendwelche Fehler geklärt sind. Sie widersprechen sich doch auch selbst. Wenn Sie sagen, man hätte die Gesetze einfach nur anwenden müssen, dann frage ich mich, warum Sie jetzt die Gesetze ändern wollen. Das ist doch ein Widerspruch.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Der Widerspruch macht deutlich, dass es Ihnen nur um eine einzige Sache geht: Sie wollen endlich einmal wieder Ihre „innenpolitische Weihnachtswunschliste“ der Gesetzesverschärfung hier auf den Tisch legen, egal, ob die Forderung, die Sie erheben, etwas mit dem Thema Terrorismusbekämpfung zu tun hat oder nicht. Ob Videobeobachtung, Schleierfahndung, sichere Herkunftsländer und Unterbindungsgewahrsam – das alles sind doch Forderungen, die mit diesem Thema überhaupt gar nichts zu tun haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Laschet hat sie gerade aufgelistet.

Videobeobachtung: Wie, bitte schön, soll eine Videokamera auf einem öffentlichen Platz einen Anschlag verhindern? Das ist reine Symbolpolitik, was Sie hier betreiben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zum Thema Schleierfahndung: Ein völlig ineffektives Mittel, das hohe Personalkapazitäten bei der Polizei bindet, aber völlig unverhältnismäßig ist im Vergleich zu dem Erfolg, der zu erwarten wäre. In Ihrem Antrag schreiben Sie, Schleierfahndung würde einen hohen Fahndungsdruck auf die islamistische Szene ausüben. Das ist völliger Blödsinn.

(Beifall von den GRÜNEN)

Statt ineffektive und breit angelegte Kontrollen zu machen, brauchen wir doch eine zielgerichtete Fokussierung auf die Gefährder, auf die Personen, die gefährlich sind, und keine Kontrolle der gesamten Bevölkerung. Das wäre wirksam. Das ist eine wirksame Forderung, die wir aufstellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zur Abfrage von Kontodaten und Bankdaten und zum Thema Fußfesseln: Es stimmt einfach nicht, Herr Laschet, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, dass diese Regelungen in anderen Landespolizeigesetzen schon längst stehen würden. Weder die Abfrage von Konto- und Bankdaten steht in den Landespolizeigesetzen – das ist bisher die Kompetenz der Verfassungsschutzämter und natürlich im Bereich des Strafrechts, aber nicht im Bereich des Gefahrenabwehrrechts – noch die Fußfessel steht in den Landespolizeigesetzen. Das sind doch die alternativen Fakten eines Herrn Laschet, aber nicht das, was wir wirklich auf dem Tisch liegen haben, nicht die Realität.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin Schäffer, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Verena Schäffer (GRÜNE): Das ist sehr schade, weil ich gerne noch etwas zu den Konsequenzen gesagt hätte. Wir listen sie in unserem Entschließungsantrag auf. Da die Landesregierung sehr lange gesprochen hat, müsste es eigentlich noch Redezeit geben.

(Unruhe)

Vizepräsident Oliver Keymis: Ja, aber wir stoppen hier. Wir haben jetzt schon eine Überziehung von ca. 20 Sekunden. Ich würde bitten, dass Sie zum Schluss kommen, ja.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das kann nicht stimmen!)

Verena Schäffer (GRÜNE): Das kann dann vielleicht an anderer Stelle geklärt werden. – Ich komme zu meinem letzten Satz.

Wir haben uns hingesetzt und überlegt: Was sind die Konsequenzen aus dem Fall Amri, die wirklich Erfolg haben? Die stehen in unserem Entschließungsantrag: Wir müssen Gefährder in den Blick nehmen. Wir brauchen eine einheitliche Definition des Gefährderbegriffes. Wir müssen über das Thema Fußfessel reden. Wir müssen über das Thema Abschiebungshaft reden. Das legen wir vor. In wenigen Wochen wird es ein Handlungskonzept gegen Salafismus von der Landesregierung geben. Das sind unsere Antworten, die wirklich wirksam sind, die effektiv sind. Ich würde mich freuen, wenn diese Debatte in diese Richtung gehen würde. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Entschließungsantrag „Für eine moderne, bürgernahe und gut ausgestattete Polizei in NRW“

Unseren Entschließungsantrag „Für eine moderne, bürgernahe und gut ausgestattete Polizei in NRW“ finden Sie/findet ihr hier. Der Antrag wurde in der Plenarsitzung des Landtags NRW am 1. Dezember 2016 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und eines Teils der Fraktion der PIRATEN bei Enthaltung eines Teils der Fraktion der PIRATEN angenommen. Hier wird unter anderem die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auf den Weg gebracht.

Pressemitteilung: Verena Schäffer: Waffen gehören nicht in die Hände von Menschen, die unseren Rechtsstaat ablehnen

Zur Beschlagnahmung der Waffen eines Ehepaars aus Witten, das mutmaßlich der Reichsbürgerbewegung angehört, erklärt Verena Schäffer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW:

„Die sog. Reichsbürgerbewegung vertritt u.a. rassistische, antisemitische und geschichtsrevisionistische Inhalte. Die Ideologie ist im Kern rechtsextremistisch. Die Anhängerinnen und Anhänger der Reichsbürgerbewegung haben eine hohe Affinität zu Waffen. Es ist besorgniserregend, dass in jüngster Vergangenheit immer wieder Waffen bei Zugehörigen der Reichsbürgerbewegung gefunden wurden.

Deshalb ist es richtig, dass Polizei und Justiz hier gehandelt haben. Denn Waffen gehören nicht in die Hände von Menschen, die unseren Rechtsstaat ablehnen. Welche Gefahr von Personen ausgehen kann, die der Reichsbürgerbewegung angehören, zeigte der Angriff auf Polizeibeamte in Bayern, der in einem Fall tödlich endete. Daher ist es richtig, dass das Innenministerium NRW zurzeit überprüfen lässt, welche Personen aus der Reichsbürgerbewegung im Besitz von Waffen sind und ob die Voraussetzungen dafür noch gegeben sind.“?

Kontakt Wahlkreisbüro:

Jan Dickerboom: (2302) 59855 oder jan.dickerboom@landtag.nrw.de

Meine Rede zum Landeshaushalt – Einzelplan 03 Ministerium für Inneres und Kommunales

Einzelplan 03

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lürbke, Sie werfen uns vor, Politik im Hinblick auf die Wahl zu machen. – Was war denn die Rede von Ihnen oder die von Herrn Kruse? – Wahlkampf pur! Sie zeichnen Zerrbilder über Einbruchskriminalität, über Salafismus. Sie werfen uns Untätigkeit im Hambacher Forst vor.

Herr Lürbke, waren Sie eigentlich schon mal im Hambacher Forst? Haben Sie schon mal mit den Kollegen von der Aachener Polizei gesprochen? Wir haben dort Anfang des Jahres eine Ermittlungskommission eingerichtet. Die Zuständigkeit liegt mittlerweile beim PP Aachen. Uns Untätigkeit vorzuwerfen und Zerrbilder über die innere Sicherheit zu zeichnen, finde ich unverantwortlich und unhaltbar.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Uns vorzuwerfen, wir wären verantwortlich für bundesweite, zum Teil auch internationale Entwicklungen wie den gewaltbereiten Salafismus, das finde ich absolut unredlich. Das ist faktenfrei. Ich finde es unmöglich, dass Sie solche Zerrbilder zeichnen. Es wäre besser gewesen, Sie hätten zum Haushalt geredet und keine Wahlkampfrede gehalten.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will mich im Weiteren an den Einzelplan 03 halten, in den ich direkt mit der Polizei einsteigen will. Da wird deutlich: Wir investieren in die Sicherheit des Landes Nordrhein-Westfalen, und zwar erhöhen wir wieder die Einstellungsermächtigung für die Kommissaranwärterinnen und -anwärter auf ein Rekordhoch von 2.000 Stellen.

(Zuruf von Andreas Bialas [SPD])

Wir haben die Stellen kontinuierlich erhöht. Ihre Zahl lag im Jahr 2010 in einem schwarz-gelben Haushalt noch bei 1.100. Wir sind mittlerweile bei 2.000. Wir haben die Einstellungszahlen von Anfang an kontinuierlich erhöht und nicht erst zum Ende der Legislaturperiode.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Angesichts der angespannten Sicherheitslage legen wir noch mal eine Schippe drauf. Das kann man so offen sagen: Angesichts des internationalen Terrorismus haben wir eine veränderte Sicherheitslage, auf die wir reagieren.

Durch neue Herausforderungen haben wir eine Arbeitsverdichtung bei der Polizei. Auch der Demografiefaktor spielt bei der Polizei wegen der vielen anstehenden Pensionierungen eine Rolle. Deshalb ist es richtig, dass wir die Polizei stärken. In der Ergänzungsvorlage legen wir mit der Verstärkung im Bereich „Cybercrime“ noch mal was drauf. Das sind genau die richtigen Antworten auf die Herausforderung, vor der die Polizei momentan steht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch im Bereich des Verfassungsschutzes legen wir beim Personal noch einmal drauf. Gerade wir Grüne haben immer gesagt: Wir wollen die Sicherheitsbehörden personell so ausstatten, dass sie ihre Arbeit gut machen können. Wir wollen sie personell gut ausstatten, anstatt den Sicherheitsbehörden immer wieder neue Befugnisse zu geben. – Das tun wir hier. Ich finde, dass dies angesichts der massiven Zunahme rassistischer und rechtsextremer Gewalt in unserem Land, angesichts des Zulaufs zur verfassungsfeindlichen salafistischen Szene und angesichts der besorgniserregenden sprunghaften Zunahme linker Gewalt und linker Straftaten im letzten Jahr die richtige Antwort ist, die wir hier geben.

Die FDP behauptet ja immer wieder, dass „Wegweiser“ unterfinanziert sei. Die CDU hingegen würde das Beratungsprojekt „Wegweiser“ am liebsten direkt abschaffen.

(Zuruf von Theo Kruse [CDU])

Ich will noch einmal sagen, dass wir in Nordrhein-Westfalen „Wegweiser“ gut ausstatten. Zum Glück ist durch die Veröffentlichung des Innenministeriums erstmals öffentlich geworden, wie viel wir eigentlich in „Wegweiser“ stecken. Wenn man sich die Zahlen für den Verfassungsschutz einmal anschaut – für die Angelegenheiten des Verfassungsschutzes sind 4,12 Millionen Euro veranschlagt und für „Wegweiser“ 4,57 Millionen Euro, also für „Wegweiser“ sogar mehr als für den Verfassungsschutz –, dann kann man nicht davon sprechen, dass „Wegweiser“ unterfinanziert wäre. Im Gegenteil: Wir werden „Wegweiser“ weiter ausbauen und das Personal in den Beratungsstellen aufstocken. Das ist auch gut so.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber es sorgen ja nicht nur Polizei und Verfassungsschutz in unserem Land für Sicherheit, sondern es sind auch die über 120.000 Angehörigen der Berufsfeuerwehren und der freiwilligen Feuerwehren in unserem Land. Für diese Arbeit gebühren ihnen unsere Anerkennung und unser Respekt.

Im Jahr 2017 wird das Projekt „Feuerwehrensache“ in die letzte Phase, in das letzte Jahr gehen. Wir haben dann insgesamt 5 Millionen Euro für „Feuerwehrensache“ ausgegeben. Ich finde, dass es nach wie vor ein gutes Projekt ist. Ich war bei vielen Veranstaltungen und habe leider die Kollegen von CDU und FDP bei jeder Veranstaltung, bei der ich war, vermisst. Ich glaube, Sie waren auf keiner dieser Veranstaltungen.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Ganz genau! – Marc Lürbke [FDP]: Auf den Veranstaltungen, auf denen ich war, waren Sie auch nicht!)

Das finde ich schade; denn ich bin der Meinung, dass wir die Freiwilligen in den Feuerwehren mehr unterstützen müssen. Deshalb haben wir auch noch einmal einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt, weil wir die Freiwilligen bei den Feuerwehren brauchen. Das erkennen wir auch an.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen aber auch das Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe. Die Finanzierung der Unterbringung und der Versorgung der Flüchtlinge ist ja auch in diesem Jahr wieder ein großer Bereich im Einzelplan 03. Für uns ist klar, dass wir für die Flüchtlinge mehr brauchen als nur ein Dach über dem Kopf. Daher unterstützen wir die Geflüchteten in den Landeseinrichtungen und vor Ort durch Beratungsangebote. Wir stärken insbesondere schutzbedürftige und traumatisierte Flüchtlinge durch ein Netz aus psychosozialen Behandlungszentren. Hierfür nehmen wir durch einen Änderungsantrag der Fraktion noch einmal 5 Millionen Euro zusätzlich in die Hand. Wir erhöhen den Gesamtetat in diesem Bereich auf über 42 Millionen Euro. Auch das ist eine gute Sache und ein richtiges und wichtiges Anliegen.

(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE] und Monika Düker [GRÜNE])

Auch den Bereich des E-Governments bringen wir in Nordrhein-Westfalen voran. Wir schaffen Bürgernähe, Transparenz und mehr Beteiligung. Wir haben für die Umsetzung des E-Government-Gesetzes Geld und Stellen eingeplant. Im Einzelplan des Innenministeriums sind es knapp 25 Millionen Euro zusätzlich an Sachmitteln. Durch die Ergänzungsvorlage werden 51 neue Stellen geschaffen. Wir werden auch die Kommunen durch einen Änderungsantrag zur dritten Lesung weiter unterstützen. Damit werden wir unser Versprechen einlösen und konkrete Unterstützungsleistungen für die Kommunen auf den Weg bringen.

Ich finde, dass alle von mir vorgetragenen Punkte gut und wichtig sind. Wir als grüne Fraktion unterstützen natürlich den Einzelplan 03 im Haushalt 2017 und werden ihm zustimmen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Meine Rede zum Einsatz von Elektroimpulswaffen („Tasern“) bei der Polizei

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Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts dieses Antrages fragt man sich einmal mehr: Was ist bloß aus der ehemaligen Bürgerrechtspartei FDP geworden? – Dass die CDU die Taser fordert, ist, ehrlich gesagt, keine Überraschung. Herr Golland, ich würde mir auch mal wünschen, dass Sie uns nicht ideologische Scheuklappen vorwerfen, sondern dass auch Sie faktenbasiert und differenziert mit uns diskutieren. Ich finde, das kann man auch von Ihnen erwarten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

In der Problembeschreibung sind wir ja gar nicht so weit auseinander, dass nämlich Polizeibeamtinnen und -beamte immer wieder in schwierige, in gefährliche Situationen geraten und dass es Fälle von gezielter Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte gibt, die natürlich nicht hinnehmbar sind. Ich glaube, in dieser Problembeschreibung sind wir uns einig.

Es ist unsere Pflicht als Landesparlament und auch die Pflicht der Landesregierung, unsere Polizei gut auszustatten. Genau das tut diese Landesregierung. Wir legen einen hohen Wert auf eine gute Qualifikation, auf Fortbildungen und natürlich auf die Ausstattung der Polizei. Den Polizistinnen und Polizisten im Streifendienst stehen deshalb zum Beispiel der Einsatzmehrzweckstock und auch die Dienstwaffe als entsprechende Mittel zur Verfügung.

Was ich aber nicht will, das ist eine martialische Aufrüstung von Polizei. Die NRW-Polizei steht, wie ich finde, zu Recht für eine deeskalierende Einsatztaktik und für ihre Bürgernähe. Ich will an genau diesem Leitbild festhalten, und ich will keine Polizei nach amerikanischem Vorbild.

Ich möchte aber auch – dazu ist hier noch gar nichts gesagt worden – das Thema „gesundheitliche Risiken“ zumindest einmal ansprechen. Denn die gesundheitlichen Folgen von Tasern sind nach wie vor sehr umstritten, auch in der Wissenschaft. Es gibt immer wieder Berichterstattungen darüber, dass es beim Einsatz von Tasern auch zu Todesfällen kommt. Das heißt, so risikofrei, wie das hier dargestellt wird, sind Taser dann eben doch nicht.

Sicher kann man auch eine Menge Studien finden, die zu dem Schluss kommen: So gefährlich sind sie eigentlich gar nicht. – Dann würde ich aber auch mal darum bitten, darauf zu achten, wer diese Studien eigentlich macht und von wem sie finanziert werden.

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD] – Torsten Sommer [PIRATEN]: Taser?)

Wenn man sich mal die Berichterstattung dazu anschaut, in welchem Maße die Firma Taser Lobbyismus betreibt und Forschungsvorhaben finanziert, dann muss man das in der Debatte ebenfalls berücksichtigen. Ich bin selber in den letzten Monaten gleich zweimal von der Firma Taser angeschrieben worden, die natürlich auch gegenüber uns Landtagsabgeordneten Lobbyismus betreibt.

Ich finde das, ehrlich gesagt, ganz schön krass, nicht in dem Fall von Tasern, sondern in dem Fall von Body-Cams, also von Schulterkameras, die ja auch von der Firma Taser hergestellt werden. Die Firma Taser geht ganz schön krass vor, was das Thema „Lobbyismus“ angeht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das muss man in dieser ganzen Diskussion mit betrachten.

Zu den Themenbereichen „gesundheitliche Risiken“ und „Herzerkrankungen“ muss man noch sagen, dass auch die Firma Taser mittlerweile empfiehlt, nicht auf den Brustkorb zu zielen, sondern auf den Rücken, auf den Bauch oder auf die Oberschenkel, was ja ganz offensichtlich nahelegt, dass auch die Firma Taser Bedenken dabei hat, was mögliche Herzerkrankungen angeht.

Natürlich werden Experimente allein schon aus ethischen Gründen nur an gesunden Personen vorgenommen, und nicht an Personen, die unter Drogen- und Medikamenteneinfluss stehen, nicht an Schwangeren, nicht an Personen mit Herzerkrankungen. Natürlich gibt es diese Versuche nicht. Das ist ja auch gut so. Aber ich frage mich ernsthaft, wie ein Polizeibeamter im Einsatz ad hoc erkennen soll, ob er eine Schwangere oder eine Person mit einer Herzerkrankung vor sich hat. Da muss man einfach unter dem Strich sagen – das will ich hier für uns festhalten -, dass Taser keine risikofreien Waffen sind.

Ja, man kann zu Recht sagen: Auch Schusswaffen, Dienstwaffen sind nicht risikofrei. – Das ist ja völlig klar. Meine Sorge ist jedoch, dass, wenn wir Taser einführen, dann bei den vermeintlich ungefährlichen Tasern auch ein Stück weit die Hemmschwelle zum Einsatz sinkt. Das ist meine Befürchtung.

Unsere Einsatzkräfte bei der Polizei im Wach- und Wechseldienst sind außerdem auch im Umgang mit der Schusswaffe geschult. Das SEK ist selbstverständlich auch im Umgang mit den Tasern geschult. Aber der Wach- und Wechseldienst ist doch nicht geschult im Umgang mit Tasern. Man müsste erst umfangreiche Aus- und Fortbildungen durchführen. Außerdem müssten die Taser, die relativ teuer sind, angeschafft werden. Ich halte das für zu aufwendig, für zu teuer und für nicht gerechtfertigt.

Das sind die verschiedenen Gründe. Wir können gerne im Innenausschuss darüber diskutieren. Aber ich halte für mich und als Grüne fest, dass wir in Nordrhein-Westfalen eine Polizei haben wollen, die für Deeskalation steht und nicht für eine martialische Aufrüstung. Wir wollen Bürgernähe, und das soll auch in Zukunft so bleiben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)