Pressemitteilung: Neues Verfassungsschutzgesetz schafft Transparenz und Vertrauen

Zur Verabschiedung des Gesetzes zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen erklärt Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW:

„Mit dem novellierten Gesetz schafft Nordrhein-Westfalen mehr Transparenz, Kontrolle und Effizienz bei der Arbeit des Verfassungsschutzes. Der Verfassungsschutz konzentriert den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel fortan auf gewaltorientierte Gruppen. Damit fokussiert sich der Verfassungsschutz zukünftig auf die vom Rechtsextremismus und Islamismus ausgehenden Gefahren für unsere Demokratie.

Erstmalig sind die Voraussetzungen und die Kriterien für den Einsatz von V-Leuten nun gesetzlich geregelt. V-Leute dürfen vom Verfassungsschutz nicht abhängig sein und werden abgeschaltet, wenn sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen haben oder begehen. Das nimmt die V-Leute jedoch zu keinem Zeitpunkt von der Strafverfolgung aus. Die gesetzliche Regelung schafft insgesamt mehr Verbindlichkeit für die Behörde, aber auch mehr Transparenz, da die Regelungen öffentlich einsehbar sind. Eine weitere Neuerung ist, dass der Landtag künftig zu Beginn jeder Wahlperiode die Anzahl der Mitglieder des parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt und aus seiner Mitte wählt. Dies ermöglicht es dem Landtag, aus allen im Landtag vertretenen Fraktionen Vertreterinnen und Vertreter in das Kontrollgremium zu senden.

Der Verfassungsschutz leidet durch das Versagen der Sicherheitsbehörden bei den NSU-Morden unter einem erheblichen Vertrauensverlust in der Bevölkerung. Die Gesetzesänderung ist ein wichtiger Beitrag, um durch einen Mentalitätswechsel hin zu mehr Öffentlichkeit und Transparenz sowie besseren Kontrollmöglichkeiten durch die Abgeordneten Vertrauen zurückzugewinnen.“

Meine Rede zum Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen

(Drucksache 16/2148)

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass wir uns sehr einig sind und nach wie vor dieselbe Fassungslosigkeit teilen über die menschenverachtenden Morde der rechtsextremen rechtsterroristischen Gruppe NSU. Wir teilen wohl auch die Fassungslosigkeit darüber, dass die Sicherheitsbehörden an diesem Punkt so eklatant versagt haben, dass die Morde nicht aufgeklärt wurden.

Klar ist auch, dass Aufklärung und Aufarbeitung der NSU-Morde noch lange nicht abgeschlossen sind, sondern weiterhin in Untersuchungsausschüssen im Bundestag, aber auch in entsprechenden Landtagen und durch den NSU-Prozess, über den uns jeden Tag die Medien informieren, betrieben werden. Es ist völlig klar, dass wir die Aufklärung auch auf politischer Seite weiter betreiben müssen.

Deshalb kann für mich das Verfassungsschutzgesetz nur ein erster Schritt sein, aber es ist ein wichtiger Schritt. Denn das Verfassungsschutzgesetz regt die Diskussion bundesweit an. Wir müssen die Diskussion über die Sicherheitsarchitektur weiterführen und aus Nordrhein-Westfalen heraus deutlich machen und ein wichtiges Ziel markieren. Mit der VSG-Novelle sprechen wir wichtige Punkte an, die auch bundesweit Maßstab sein können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dazu zählen insbesondere die Regelungen für den V-Leute-Einsatz. Herr Biesenbach, ich musste gerade so lachen, als Sie sagten, Herr Jäger könnte gleich mal vorstellen, was bisher angewandt werde und was jetzt wirklich neu sei. – Nein, das kann er halt nicht, weil das der Geheimnispflicht unterliegt. Genau das ist das Problem: Wenn wir über den Verfassungsschutz sprechen, reden wir über viele Sachen, die wir hier gar nicht öffentlich machen können, die in Geheimakten liegen, weil sie der Geheimnispflicht unterliegen. Ich finde, das beschreibt unser Problem sehr gut und weshalb wir mehr Transparenz und mehr Öffentlichkeit brauchen und die Regelung für den V-Leute-Einsatz klar gesetzlich festschreiben wollen, um öffentlich mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren zu können:

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])

Was sollen V-Leute dürfen? Wann müssen V-Leute abgeschaltet werden?

V-Leute sollen in Zukunft nicht mehr abhängig sein vom Verfassungsschutz – weder finanziell noch von V-Mann-Führern. Sie dürfen keine Führungspositionen bekleiden, wie es vor einigen Jahren der Fall war, als es um das erste NPD-Verbotsverfahren ging. Sie dürfen auch keine Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen. Wenn sie das tun, werden sie abgeschaltet oder dürfen gar nicht erst angeworben werden, wenn es in der Vergangenheit passiert ist.

Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Schäffer, Entschuldigung. Ich hätte gerne die Lücke gesucht, die Sie mir aber nicht gelassen haben. Deswegen muss ich auch Sie in einem Satz unterbrechen. Auch bei Ihnen gibt es von Herrn Kollegen Biesenbach den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Verena Schäffer (GRÜNE): Bitte.

Peter Biesenbach (CDU): Frau Kollegin Schäffer, können Sie mir bitte einmal sagen, was an der Fassung dieses Gesetzes im Vergleich zum bisherigen Gesetz geheim gewesen sein soll? Das hätte ich ja gerne gehört. Da bin ich erstaunt, dass Dinge im Geheimen liegen oder beraten werden sollen.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich weiß nicht, Herr Biesenbach, ob Sie Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium sind. Wenn man das alte Gesetz und den Gesetzentwurf nebeneinanderlegt, sieht man, dass die Regelungen für den V-Leute-Einsatz bisher nicht gesetzlich festgeschrieben waren.

Sie haben sie auch vorher nicht bekommen. Wenn Sie Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium sind oder waren, dürfen Sie auch nicht öffentlich darüber reden. Sie dürfen momentan nicht sagen, welche Regelungen wir für den Einsatz von V-Leuten haben. Das dürfen Sie nicht, weil es der Geheimhaltungspflicht unterliegt.

Dadurch, dass wir es in das Gesetz hineinschreiben, kann ich mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren und sagen: Das sind für uns die Haltepunkte. Das sind die Haltelinien. Diese Kriterien legen wir an, wenn wir über V-Leute reden, zum Beispiel dass sie nicht finanziell abhängig sein dürfen. Ob das vorher der Fall war – ja oder nein –, das darf ich hier schlichtweg nicht sagen. Das ist aus meiner Sicht eine wichtige Änderung auch im Vergleich zu dem, was vorher im Gesetz stand, Herr Biesenbach.

(Beifall von den GRÜNEN)

Neben den dann im Gesetz festgeschriebenen Regelungen und Kriterien für den V-Leute-Einsatz wollen wir ermöglichen, dass das Parlamentarische Kontrollgremium nicht, wie bisher, nur geheim tagen darf. Wir wollen ermöglichen, dass es auch öffentliche Sitzungen geben darf.

Ich gebe Ihnen sehr recht, Herr Dr. Orth, Herr Biesenbach: Natürlich darf das Parlamentarische Kontrollgremium nicht den Innenausschuss ersetzen. Wir wollen nicht die politischen Debatten, die wir im Innenausschuss führen und auch führen müssen, in der öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums führen. Darum geht es auch nicht. Es geht jedoch durchaus darum, wenn wir zum Beispiel im Parlamentarischen Kontrollgremium Sachverhalte aufklären können, diese auch an die Öffentlichkeit zu bringen. Das ist momentan nicht der Fall. Selbst wenn wir die Vereinbarung im Parlamentarischen Kontrollgremium haben zu sagen, wir haben hier einen Sachverhalt, den wir gemeinsam aufgeklärt haben, er wäre frei für die Öffentlichkeit, gibt es momentan nicht die Möglichkeit, es öffentlich zu machen.

Schon heute ist es so, dass wir Sachverhalte im Parlamentarischen Kontrollgremium diskutieren, die durchaus öffentlich diskutiert werden können, von denen man sagen kann: Sie sind nicht so geheim oder sie gefährden nicht die Sicherheit oder einzelne Personen, wenn wir sie öffentlich machen. Es gibt schon heute Sachverhalte, die wir öffentlich diskutieren können. Meiner Ansicht nach sollten wir das auch tun. Momentan weiß die Öffentlichkeit nicht, wann wir tagen, wo wir tagen, worüber wir beraten. Das wissen selbst die Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament nicht. Das wissen nur die acht Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums und ihre Vertreter.

Meiner Auffassung nach kann das nicht sein. Ich glaube, wir müssen aus NSU lernen, dass wir mehr Öffentlichkeit brauchen. Wir müssen einen Mentalitätswechsel einleiten – einen Mentalitätswechsel sicherlich bei der Behörde an sich. Wir brauchen jedoch auch bei manchen Abgeordneten diesen Mentalitätswechsel zu sagen: Wir gehen mit den Informationen, die wir erhalten, ein Stück weit öffentlicher um, wenn sie nicht die Sicherheit gefährden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist, dass wir zukünftig die Konzentration nachrichtendienstlicher Mittel auf gewaltorientierte Bestrebungen haben wollen.

Die Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes von Herrn Jäger in der vergangenen Woche hat noch einmal sehr deutlich gemacht, wo momentan die Schwerpunkte von Verfassungsfeinden in Nordrhein-Westfalen liegen. Das sind vor allem Islamisten, Salafisten, aber auch Rechtsextreme.

Meiner Überzeugung nach ist es sehr richtig zu sagen: Wir wollen, dass die Mittel des Verfassungsschutzes genau in diesem Bereich effizienter eingesetzt werden. Das heißt nicht, dass wir in den anderen Bereichen weggucken. Wir setzen aber eine ganz klare Priorität darauf, wo wirklich gewaltbereite Orientierungen zu finden sind.

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich eines deutlich sagen, weil es die abschließende Beratung ist: Der Verfassungsschutz kann Bildungsinstitutionen und Zivilgesellschaft nicht ersetzen. Was Bildungsinstitutionen angeht, steht es ausdrücklich in der Begründung des Gesetzentwurfs. Ich zitiere:

„Die Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes soll nicht zu einem allgemeinen Bildungsauftrag hin entwickelt werden.“

Das finde ich sehr richtig. Das ist auch nicht die Aufgabe des Verfassungsschutzes, sondern seine Aufgabe ist es, zu informieren und aufzuklären, aber nicht Bildung zu betreiben. Der Verfassungsschutz kann ebenfalls nicht die Aufgaben der Zivilgesellschaft übernehmen.

Die Auseinandersetzung über menschenfeindliche, menschenverachtende Motive und Einstellungen müssen wir in der Gesellschaft austragen. Wir sind diejenigen, die Demokratie mit Leben füllen müssen. Das ist nicht die Aufgabe des Verfassungsschutzes, sondern das ist die Aufgabe einer demokratischen Zivilgesellschaft.

(Beifall von den GRÜNEN)

Veranstaltung: „Rechte Gewalt – aus der Sicht der Betroffenen: Konsequenzen für Politik und Gesellschaft“

Die Grüne Landtagsfraktion wird in den nächsten zwei Jahren die Veranstaltungsreihe „Grüne Strategien gegen Rechtsextremismus“ durchführen. Die erste Veranstaltung findet am 24. Mai 2013 im Landtag NRW zu den Auswirkungen rechter Gewalt auf die Betroffenen statt.

Wir blicken nach 20 Jahren auf die rassistischen Anschläge von Solingen, Mölln,  Rockstock und Hoyerswerda zurück und bekommen gleichzeitig im Zusammenhang mit dem Prozess zur Aufklärung der Verbrechen des NSU sehr deutlich vor Augen geführt, welche Folgen rechtsextreme und rassistische Gewalt nach sich zieht und mit welchen Problemen und Herausforderungen die Betroffenen konfrontiert sind. Deshalb werden wir uns in der ersten Veranstaltung in dieser Reihe genau mit diesem Thema beschäftigen.

Wir laden Sie und euch herzlich ein zur Veranstaltung:

 

Rechte Gewalt – aus der Sicht der Betroffenen

Konsequenzen für Politik und Gesellschaft.

Diskussionsveranstaltung der GRÜNEN im Landtag NRW u.a. mit Claudia Roth MdB

Freitag, den 24. Mai 2013, von 13:00 bis 18:00 Uhr

im Landtag NRW in Düsseldorf.

 

Den Veranstaltungsflyer und weitere Infos gibt es hier.

Da es eine begrenzte TeilnehmerInnenzahl gibt, bitte bis zum 20.05.2013 bei Hasret Karacuban per Mail hasret.karacuban@landtag.nrw.de oder telefonisch unter 0211/884 4321 anmelden.

Pressemitteilung mit SPD: Mehr Transparenz und Kontrolle durch die Verfassungsschutzgesetznovelle in NRW

Zur gemeinsamen Anhörung von Haupt- und Innenausschuss zum „Gesetzentwurf zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen“ erklären der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Hans-Willi Körfges, und die innenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Verena Schäffer:

„Die Anhörung hat gezeigt, dass der Gesetzentwurf ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und Kontrolle ist. Insbesondere die klaren rechtlichen Grundlagen beim Einsatz von V-Leuten, der bisher nur in einer geheimen Dienstanweisung geregelt war, fand Zustimmung bei den Sachverständigen.

Das Land schafft mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht nur ein moderneres und transparenteres Verfassungsschutzgesetz, sondern trägt auch dazu bei, verloren gegangenes Vertrauen der Bevölkerung durch das Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall der menschenverachtenden NSU-Morde zurück zu gewinnen. Damit ist Nordrhein-Westfalen wegweisend in der Bundesrepublik.“

 

Meine Rede zum Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen

Drucksache 16/2148

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass die Sicherheitsbehörden im Falle der menschenverachtenden Mord- und Anschlagsserie des NSU eklatant versagt haben. Gerade die Angehörigen der Ermordeten haben ihr Vertrauen in unseren Rechtsstaat verloren, auch weil sie lange Zeit von den Behörden selbst verdächtigt wurden.

Der Verfassungsschutz steht in der Diskussion, die wir über die Neuausrichtung der Sicherheitsbehörden führen, im Fokus, wobei ich auch noch einmal betonen will, dass wir die Debatte nicht nur auf den Verfassungsschutz begrenzen dürfen.

Die katastrophalen Fehler haben unbestreitbar zu einem massiven Vertrauensverlust in der Bevölkerung geführt, befeuert unter anderem noch durch das Schreddern von Akten, das Zurückhalten von Informationen gegenüber den Untersuchungsausschüssen. Deshalb ist es aber unsere Aufgabe, als Politikerinnen und Politiker, als Abgeordnete die Arbeit der Sicherheitsbehörden wirklich zu hinterfragen und zu diskutieren, was sich ändern muss.

Mein Fazit bei dieser Debatte ist, dass wir mehr Kontrolle brauchen, dass wir aber auch mehr Transparenz brauchen, um dieses verloren gegangene Vertrauen wiederzuerlangen.

Die Debatte eben zum Thema Salafismus hat eines gezeigt: Wir brauchen ein Frühwarnsystem, um die gefährlichen, gewaltorientierten Bestrebungen und Personen, die sich klar gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, bereits im Vorfeld zu beobachten und damit auch Straftaten verhindern zu können. Diese Gefahr – das wird Sie nicht wundern – sehe ich derzeit vor allen Dingen im rechtsextremistischen und im islamistischen Bereich. Da geht es mir nicht darum zu sagen, wir machen das linke Auge zu, sondern wir müssen dorthin blicken, wo tatsächlich eine Gefahr für unsere freiheitliche Gesellschaft droht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb ist dieser Gesetzentwurf an dieser Stelle auch richtig. Er sagt nämlich, dass die Kapazitäten des Verfassungsschutzes und der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln zukünftig genau auf die Bereiche konzentriert werden müssen, in denen eine Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft durch gewaltorientierte Gruppierungen droht.

Derzeit ist es so, dass das Parlamentarische Kontrollgremium nicht öffentlich tagt. Das heißt im Klartext, dass Herr Körfges, Herr Kruse, Herr Orth und ich und die weiteren Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums Ihnen nicht sagen dürfen, wann wir tagen, wie lange wir tagen, wo wir uns treffen, welche inhaltlichen Schwerpunkte wir setzen und so weiter und so fort. Diese Geheimniskrämerei trägt aus meiner Sicht nicht wirklich zur Vertrauensbildung bei, sondern verschärft im Gegenteil das Misstrauen gegenüber dem Verfassungsschutz.

Natürlich werden wir auch in Zukunft die Öffentlichkeit dann ausschließen müssen, wenn Geheimhaltungsgründe das erfordern. Dennoch glaube ich, dass wir mit den Mitteln dieses neuen Gesetzes, wonach wir die Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums öffentlich durchführen können, einen wichtigen Schritt gehen, und zwar einen Schritt hin zu mehr Transparenz, um Vertrauen wiederzugewinnen, aber auch zu mehr Kontrolle, denn Öffentlichkeit schafft auch Kontrolle.

Herr Biesenbach, Sie haben gerade gesagt, dieses Gesetz sei schön sortiert, es schaffe Klarheit. Das ist gut. Ich finde aber, diese Klarheit an sich hat auch einen Wert. Denn diese Klarheit bedeutet Transparenz. Natürlich haben wir hier keine Generalklausel eingebaut, denn gerade beim Verfassungsschutz bewegen wir uns in einem Bereich, der weit ins Vorfeld rückt. Wir bewegen uns in einem Bereich, in dem es noch keine Straftaten gibt. Es ist ein sehr sensibler Bereich für einen demokratischen Rechtsstaat.

Dass wir hier keine Generalklausel haben, sondern sehr genau überlegen, welche Befugnisse wir dem Verfassungsschutz geben wollen, welche nachrichtendienstlichen Mittel wir ihm zur Verfügung stellen wollen, das halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Es ist auch selbstverständlich, dass diese klar definiert sein und immer wieder diskutiert werden müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Gerade im Bereich des Einsatzes von V-Leuten werden wir gesetzliches Neuland betreten und damit aus meiner Sicht eine Vorreiterrolle insgesamt auch für andere Bundesländer einnehmen. Gerade der Einsatz von V-Leuten ist eine sehr sensible Maßnahme. Der demokratische Rechtsstaat bewegt sich immer auf einem sehr schmalen Grat, wenn er sich der Maßnahme des Einsatzes von V-Leuten bedient. Denn der Staat arbeitet mit Verfassungsfeinden zusammen und bezahlt sie für Informationen, die zum Schutze unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung beitragen sollen. Aber es sind Verfassungsfeinde, von denen wir die Informationen bekommen.

Nichtsdestotrotz halte ich diese Informationen für zu relevant, als dass wir auf sie verzichten können. Aber umso wichtiger ist es, dass wir hier eindeutige Kontrollmechanismen und klare Kriterien zur Verhältnismäßigkeit beim Einsatz von V-Leuten schaffen.

Die gesetzlichen Regelungen haben neben der Klarheit und der Verbindlichkeit auch noch einen weiteren Vorteil. Bisher sind Regelungen in Geheim­­akten festgehalten worden. Das heißt, dass die Öffentlichkeit, aber dass auch die Abgeordneten, also Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Prinzip nicht wirklich darüber diskutieren können, welchen Freiraum wir dem Verfassungsschutz beim Einsatz von V-Leuten genehmigen wollen.

Das jetzt öffentlich zu machen und eine öffentliche Auseinandersetzung darüber zu führen, was wir eigentlich wollen und welche Kriterien wir anlegen wollen, wenn wir uns der V-Leute bedienen, halte ich für einen sehr wichtigen Schritt in Richtung Transparenz und um verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen zu können.

Ich sage noch einmal: Geheimniskrämerei trägt nicht zum Vertrauen bei, sondern schafft eher Legendenbildung. Das kann aus meiner Sicht nicht in unserem Interesse sein, sondern wir müssen hierbei für Transparenz sorgen, damit das Vertrauen in die Arbeit des Verfassungsschutzes – denn es gibt diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen – wieder gestärkt wird.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Frau Schäffer. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Kollege Schatz.