Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu Shisha-Bars

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Aktuellen Stunde ist genau das eingetreten, was ich befürchtet hatte. Anlass für die Aktuelle Stunde war der tragische Fall in Bochum, wo es um eine Kohlenmonoxidvergiftung ging, und deswegen hatte ich eigentlich gedacht, dass wir eine gesundheitspolitische Diskussion darüber führen, wie man solche Vorfälle in Zukunft verhindern kann. Stattdessen gehen die Innenpolitiker in die Bütt und vermischen zwei völlig unterschiedliche Themenfelder und Sachverhalte miteinander,

(Minister Karl-Josef Laumann: So ist es!)

auf die man auch unterschiedliche Antworten finden muss. Ich denke, das trägt nicht unbedingt zu einer Versachlichung der Debatte bei.

Um das deutlich zu sagen und aufzuschlüsseln: In erster Linie reden wir über die gesundheitlichen Risiken in Shisha-Bars, Stichwort „Kohlenmonoxid“. Natürlich muss man dagegen ordnungsrechtlich vorgehen, und insofern ist es auch klar, Herr Reul, dass wir hier noch mal über das Nichtraucherschutzgesetz diskutieren.

(Minister Karl-Josef Laumann: Das hat damit überhaupt nichts zu tun!)

Darauf bezogen sich auch unsere Zwischenrufe. Wir haben Ihnen nicht vorgeworfen, dass Sie nicht tätig seien. Wir wollten durch unsere Zwischenrufe lediglich deutlich machen, dass wir es schwierig finden, dass Sie uns vorhalten, wir dürften nicht über den Nichtraucherschutz diskutieren, obwohl genau dies der Anlass für diese Aktuelle Stunde war. Das möchte ich hier noch mal bekräftigen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wenn wir über die gesundheitlichen Risiken sprechen, müssen wir natürlich über generelle Regelungen für alle Shishabars diskutieren.

Das andere Thema, das hier angesprochen wurde, ist die Frage, inwieweit Shisha-Bars für kriminelle Zwecke, also zur Verabredung bzw. Planung von Straftaten, genutzt werden. Natürlich müssen die Ermittlungsbehörden dagegen vorgehen – allerdings anhand von konkreten Vorfällen, die sich auf die jeweilige Shisha-Bar, ihren Betreiber und die Personen, die sich darin aufhalten, beziehen. Deshalb kann man doch nicht pauschal, Herr Golland, gegen alle Shisha-Bars vorgehen.

Sie haben auch gesagt, dass Sie alle Shisha-Bars dichtmachen wollen. Auf welcher Rechtsgrundlage wollen Sie das eigentlich machen?

(Gregor Golland [CDU]: Das habe ich gar nicht gesagt, Frau Schäffer! Sie müssen zuhören!)

Die FDP hat zu Recht mit dem Kopf geschüttelt, als Sie das gesagt haben. Wie wollen Sie das rechtsstaatlich durchsetzen?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben uns, Rot-Grün, auch vorgeworfen, in unserer Regierungszeit sei nichts passiert. Das stimmt so nicht. Daher finde ich es auch populistisch, so etwas zu behaupten. Natürlich hat es auch unter Rot-Grün Kontrollen und Razzien gegeben. Die Debatten dazu haben wir hier doch geführt. Es gibt beim LKA – das finde ich auch gut – ein Forschungsprojekt, das 2017 gestartet ist. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse. Denn ich glaube, dass wir tatsächlich mehr wissen müssen über bestimmte Kriminalitätsfelder. Hier reden wir vor allen Dingen über Kriminelle mit einem libanesischen Hintergrund, und deshalb ist es wichtig, mehr darüber zu wissen, um gezielt dagegen vorgehen zu können.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Herr Reul, ich stimme Ihnen sogar zu – das vermuten Sie wahrscheinlich gar nicht –, dass das alleinige Mittel nicht darin bestehen kann, die Shisha-Bars zu schließen. Natürlich werden sich Orte verlagern.

Natürlich werden Kriminelle andere Rückzugsorte finden, um dort ihre Straftaten zu organisieren oder zu planen.

Deshalb ist für mich die Frage nicht an dem Ort festzumachen, sondern die Frage ist doch eher: Wie können wir Drogenhandel, Handel mit Waffen, wie können wir Geldwäsche eindämmen?

(Beifall von den GRÜNEN)

Das sind die Fragen, die wir angehen müssen, um gegen organisierte Kriminalität vorzugehen.

Wir hatten eine Anhörung im Innenausschuss zum Thema „Geldwäsche“, zum Thema „FIU“ – die Innenpolitiker erinnern sich daran –, in der das Urteil der Sachverständigen total vernichtend war in Bezug auf die Politik der Bundesregierung in Verantwortung der CDU, wo viel zu wenig getan wird, um Geldwäsche zu bekämpfen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es wäre für mich ein Schritt zu sagen: Wir müssen da rangehen. Wir müssen an Geldwäsche rangehen. Dann würden wir nämlich die organisierte Kriminalität empfindlich stören und bekämpfen.

(Marc Lürbke [FDP]: In der Bundesregierung trägt auch die SPD Verantwortung.)

– Natürlich ist auch die SPD in der Verantwortung; das ist keine Frage. Natürlich ist es die Bundesregierung, Herr Lürbke, die da tätig werden muss.

Ich finde aber auch – das will ich hier auch noch einmal in der Debatte betonen, auch hier bin ich vom Innenminister gar nicht so weit entfernt –, dass wir auch darüber reden müssen, welche Versäumnisse es in der Asylpolitik, in der Integrationspolitik gegeben hat.

Das haben Sie bei „hart aber fair“ gesagt. Ich habe mir die Sendung gestern noch einmal angeschaut. Natürlich sind auch das Fragen, die wir besprechen müssen. Perspektivlosigkeit und Armut dürfen niemals Kriminalität und Straftaten relativieren oder sie verharmlosen. Aber man muss doch auch darüber sprechen, welche Gründe es für Kriminalität gibt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn wir in Essen und in anderen Stadtteilen Menschen, Kinder haben, die in vierter Generation hier in Duldung leben, dann kann das doch auch aus einem sozialpolitischen Aspekt heraus nicht wahr sein.

Dann, finde ich, muss man darüber sprechen: Wie kann man die Perspektivlosigkeit von diesen jungen Menschen verändern und etwas für diese jungen Menschen tun?

Dann reden wir nicht nur über Aussteigerprogramme – darüber können wir gerne diskutieren, finde ich gut –, sondern dann müssen wir auch darüber reden: Wie gehen wir diese Perspektivlosigkeit an?

Die Stadt Essen führt schon seit einigen Jahren ein Modellprojekt durch, bei dem sie das Ziel hat, den Aufenthaltstitel junger libanesischer Menschen zu verbessern.

Wenn wir heute in dieser Debatte das Ergebnis erzielen, dass wir einen Konsens darüber haben, dass wir mehr solcher Modellprojekte brauchen, wäre das schon einmal ein wichtiger Schritt. Ich würde mich freuen, wenn wir so einen Konsens hier auch herstellen könnten.

Zum Antrag der AfD „Linksextremismus in NRW strukturell erfassen und effektiv bekämpfen“

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede eine gute Nachricht: Der Innenminister hat letzte Woche den Verfassungsschutzbericht vorgestellt und dabei auch noch einmal die Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität links genannt. Es gab im letzten Jahr im Vergleich zum Vorjahr weniger Straftaten. Die Zahl der Straftaten der politisch motivierten Kriminalität links ist um 12,8 % gesunken, die Zahl der Gewaltdelikte um rund 30 %.

(Zuruf von der AfD)

Das ist erst einmal eine gute Nachricht.

Aber ich will hier auch noch einmal deutlich sagen – das wird von uns Grünen ja immer erwartet; diese Erwartung erfülle ich an dieser Stelle auch gerne –, dass Gewalt niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein kann und sein darf. Das haben wir Grüne in diesem Haus immer klargemacht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Mein Kollege Bialas hat gerade dargestellt – das schreibt auch die Landesregierung sehr deutlich in ihrer Antwort auf die Große Anfrage –, dass die Strafverfolgungsbehörden selbstverständlich alle Straftaten konsequent verfolgen, unabhängig von deren politischer Motivation.

Ich möchte anschließend an Herrn Bialas und Herrn Lürbke – beide haben es in ihren Reden schon gesagt – noch einmal auf das eingehen, was die AfD in ihrer Anfrage formuliert hat. Sie bezeichnet die Ablehnung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz und die Befürwortung von Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt als „politisch linke Ideologeme“. Ich finde, das ist echt der Hammer.

Ehrlich gesagt, erwarte ich von allen Demokratinnen und Demokraten – gerade auch von uns Abgeordneten –, dass sie sich gegen Rechtsextremismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen Intoleranz stellen. Ich finde, das ist eine Selbstverständlichkeit. Das muss eine Selbstverständlichkeit sein. Es sagt aber viel über das Weltbild der AfD aus, dass Sie das anders sehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die AfD ordnet uns Grüne – übrigens nicht nur uns, sondern zum Beispiel auch die Jusos – dem parteipolitischen Linksextremismus zu. Was soll man dazu sagen? Das ist schon interessant.

(Zurufe von der AfD)

Wirklich fassungslos gemacht hat mich beim Lesen dieser Großen Anfrage, dass Sie von der AfD Träger von Maßnahmen in den Themenfeldern Interkulturalität, Antirassismus, Diversity, Gender-Mainstreaming, Gleichstellung und sogar Eine-Welt-Politik sowie alle Akteure, die in diesen Themenfeldern arbeiten, mit Linksextremismus in Verbindung bringen. Das macht mich wirklich fassungslos. Denn Sie unterstellen damit genau diesen Akteuren, dass sie antidemokratisch seien. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.

(Helmut Seifen [AfD]: Das machen Sie mit uns genauso!)

Alle diese Akteure, die in den Projekten zu den von mir eben genannten Themenfeldern arbeiten, setzen sich dafür ein, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt wird. Es sind Projekte für Vielfalt und für Demokratie, die sich für Teilhabe einsetzen, Menschenrechte vermitteln und Demokratieerfahrung möglich machen, gerade für Kinder und Jugendliche. Das sind unheimlich wichtige Projekte zur Demokratieförderung.

Dass Sie sie in Ihrer Anfrage pauschal diffamieren und auch kriminalisieren, macht mich fassungslos. Denn ich bin der Meinung, dass wir gerade in diesen Zeiten, in denen wir das Erstarken von antidemokratischen Tendenzen und von rechtspopulistischen Kräften erleben, und zwar nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit, solche Kräfte brauchen. Wir brauchen mehr und nicht weniger von diesen Projekten.

Jetzt spreche ich der Landesregierung auch noch einmal meinen Dank aus. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Schäffer, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche: Der Abgeordnete Beckamp möchte ich Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Verena Schäffer (GRÜNE): Bitte.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Bitte.

Roger Beckamp (AfD): Vielen Dank. – Frau Schäffer, Sie sprachen gerade von der Teilhabe, die ein wesentliches Anliegen vieler dieser Vereine sein soll. Sehen Sie es denn als zulässige Teilhabe an, wenn sich Mitglieder der AfD bei Wirten und Gastronomen einfinden möchten, um Veranstaltungen abzuhalten? Und halten Sie es gleichzeitig für problematisch, wenn diese Wirte von sogenannten Antifaschisten usw. beschimpft, denunziert, angegriffen und mit Gewalt bedroht werden, aber bisher ein Aufschrei der sich selbst als demokratisch bezeichnen- den Parteien ausgeblieben ist? Wir können kaum noch Lokale aufsuchen; denn die Wirte haben Angst, weil sie bedroht, beschimpft und mit Gewalt angegangen werden.

(Zuruf von der AfD: Auch die SPD-Kollegen!)

– Ja, eigentlich richtet sich diese Frage an die Kollegen von der SPD und den Grünen. – Finden Sie das problematisch? Tun Sie etwas dagegen?

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich verweise gerne noch einmal auf die Antwort auf die Große Anfrage, in der die Landesregierung darstellt, dass Zahlen dazu nicht vorliegen. Ich habe auch gesagt, dass wir Grüne selbstverständlich gegen gewalttätige Auseinandersetzungen sind. Das ist ja eine Selbstverständlichkeit. Dass es aber demokratische Proteste gibt, ist auch eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie, die die Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit ermöglicht.

(Zurufe von der AfD)

Insofern ist es selbstverständlich legitim, auch gegen AfD-Veranstaltungen zu protestieren. (Beifall von den GRÜNEN)

Aber ich will mich hier noch einmal bei der Landesregierung bedanken; denn ich finde, dass sie in der Beantwortung der Großen Anfrage sehr deutlich gemacht hat, welchen Wert diese Projekte haben. Es ist nicht oft der Fall, dass ich die Landesregierung lobe. Aber ich finde, dass sie diese Große Anfrage gut beantwortet hat.

Ich will mich auch bei den Mitarbeitern dieser Projekte, die diese Arbeit tagtäglich leisten, bedanken.

Noch kurz etwas zu dem Thema „Bündnisse gegen rechts“ – das habe ich ganz vergessen, obwohl ich es mir vorher aufgeschrieben hatte –: Sie stellen Bündnisse gegen Rechtsextremismus und gegen Rassismus in die linksextremistische Ecke. Wer ist denn in diesen Bündnissen gegen Rechtsextremismus aktiv?

(Zurufe von der AfD)

Das sind Organisationen wie der DGB, die SPD, die Kirchen und die jüdischen Gemeinden. Dass Sie denen unterstellen, sie seien linksextrem, finde ich – Entschuldigung – wirklich bemerkenswert.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der AfD)

– Das haben Sie in Ihrer Rede gerade gesagt. – Das macht mich fassungslos. Ich sage Ihnen eines: Ich bin froh, in solchen Bündnissen und mit solchen Bündnissen zu arbeiten; denn dort sitzen die Demokratinnen und Demokraten, die unsere Verfassung verteidigen.

(Zurufe von der AfD)

Jetzt freue ich mich auf die Kurzintervention. (Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schäffer. – Es hat noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Seifen zu einer Zwischenfrage gegeben.

Verena Schäffer (GRÜNE): Nein, ich bin fertig, und gleich gibt es ja die Kurzintervention.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Kollegin Schäffer ist mit ihrer Rede fertig. – Es gibt eine angemeldete Kurzintervention, die ich jetzt aufrufe. Bitte schön.

Markus Wagner (AfD): Haben Sie recht schönen Dank, Frau Präsidentin. – Was George Orwell alles schon wusste, habe ich heute hier kennengelernt. Frau Schäffer – eigentlich könnte ich Herrn Lürbke gleich mit ansprechen; aber Sie haben es ja noch einmal aufgenommen –, möglicherweise wissen Sie nicht, was Ideologeme sind. In dieser Anfrage steht, dass es linke Ideologeme gibt, die wie eine Monstranz vor sich hergetragen werden. Es geht immer um Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt.

Wenn eine AfD-Person in Bochum niedergeschlagen wird, gilt es natürlich auch, die Toleranz durchzusetzen, Weltoffenheit zu zeigen und die Vielfalt zu verteidigen. Verstehen Sie, was wir damit meinen? Sie sind ja gerade nicht tolerant. Sie sind ja gerade nicht für Vielfalt.

Wenn Sie für Vielfalt wären, würden Sie auch die Meinung der AfD tolerieren. Dann gäbe es auch nicht das Protokoll des Ortsverbandes Niederrhein, der schreibt, dass der Unterbezirk befiehlt, alle Wirte anzurufen, bei denen die AfD tagen will. Dieses Protokoll liegt mir vor. Ich kann es Ihnen zeigen, Herr Bialas. – Frau Schäffer, ist das Toleranz?

(Beifall von der AfD – Zuruf von der SPD: Wir sind hier in einem Plenarsaal und nicht in einem Tribunal! Ich glaube, Sie verwechseln da etwas! – Gegenrufe von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Jetzt hat … (Unruhe)

– Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt hat Frau Abgeordnete Schäffer … (Anhaltende Unruhe)

– Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise darauf hin, dass jetzt Frau Abgeordnete Schäffer das Wort hat, um auf die Kurzintervention zu entgegnen. – Frau Kollegin, das können Sie jetzt tun. Bitte.

Verena Schäffer (GRÜNE): Ich denke, auf ein solches Niveau muss ich mich jetzt nicht herabbegeben. – Ich möchte noch einmal auf die Definition von Demokratieförderung und von Demokratie verweisen, die die Landesregierung verwandt hat und die auch für die Landeszentrale maßgeblich ist. Dort wird sehr gut beschrieben, was Weltoffenheit und Toleranz bedeuten.

Die Programme der Landesregierung – zum Beispiel den Kinder- und Jugendförderplan, aber auch die vielen anderen Maßnahmen – darauf auszurichten, finde ich richtig und gut, weil ich in einer vielfältigen Gesellschaft leben möchte.

(Zuruf von der AfD – Gegenruf von Josefine Paul [GRÜNE]: Aber nicht, wenn sie menschenfeindlich sind!)

Das ist genau der Unterschied zwischen uns. Sie verstehen Vielfalt anders. Das haben wir auch gestern in der Debatte gemerkt. Sie bemüßigen sich hier immer wieder rassistischer Unterstellungen, Herabwürdigungen und, und, und. Das ist aber nicht unser Bild von Vielfalt.

(Zuruf von der AfD: Wo ist denn das Papier von gestern?)

– Um das hier noch einmal zu sagen: Gestern gab es die Debatte zum Thema „Enquetekommission“. Ich habe Ihnen den Antrag mit den Markierungen der Stellen, an denen überall rassistische Äußerungen stehen, gezeigt.

(Zurufe von der AfD)

Sie hätten das Papier haben können. Sie hätten sagen können …

(Markus Wagner [AfD]: Dann geben Sie es mir! Wir waren doch bei Ihnen!)

– Herr Wagner, Sie hätten das auch in Ihrer Kurzintervention sagen können. Ich hätte es Ihnen gegeben. Ich bin zurück zu meinem Platz gegangen. Aber niemand von Ihnen ist gekommen und wollte das Papier haben.

(Zurufe von der AfD)

Meinen Sie, dass ich solche Schmutzpapiere von Ihnen wirklich archiviere? Das glauben Sie doch nicht ernsthaft! Ich habe danach Ihr Dokument zerrissen und es in den Mülleimer geworfen, in den es auch gehört, und dann war es weg.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der AfD)

Pressemitteilung: NSU-Urteil ist wichtiges Signal

Zum Urteil im Münchener NSU-Prozess erklärt Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin und Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus

„Die lebenslange Haftstrafe für Beate Zschäpe unter Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld ist ein deutliches Signal an die rechtsextreme Szene in Deutschland, dass unser Rechtsstaat konsequent handelt.

Dennoch müssen wir festhalten, dass es auch sieben Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU, mehreren parlamentarischen Untersuchungsausschüssen im Bundestag und in den Landtagen und fünf Jahren Gerichtsprozess bis heute keine vollständige Aufklärung gibt. In dem Münchener Prozess wurde lediglich über die Schuld von fünf Personen entschieden. Es gibt allerdings stichhaltige Hinweise auf ein weitaus größeres Netzwerk von Unterstützerinnen und Unterstützern, die dem NSU bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Verbrechen geholfen haben. Möglich ist auch, dass es noch weitere Verbrechen des NSU gab, die bisher nicht ermittelt wurden. Auch das Versagen der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden ist bisher nur unzureichend aufgeklärt. Durch die vorurteilsbehafteten Ermittlungen wurden die Opfer und ihre Angehörigen zu Tätern gemacht und damit eines zweites Mal viktimisiert.

Die Aufarbeitung der rechtsterroristischen Taten im nordrhein-westfälischen NSU-Untersuchungsausschuss mündete in klaren Handlungsempfehlungen, die solche Fehler in Zukunft verhindern können und für eine bessere Prävention von Rechtsextremismus und Rassismus sorgen. Der heutige Tag sollte der schwarz-gelben Landesregierung eine Mahnung sein, diese Handlungsempfehlungen nun endlich umzusetzen.“

Pressemitteilung: Verfassungsschutzbericht gibt keine Entwarnung

Zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für 2017 erklärt Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN Fraktion im Landtag NRW:

„Die heute vorgelegten Zahlen belegen, dass unsere Gesellschaft nach wie vor von demokratiefeindlichen Bestrebungen bedroht ist.

Der Rückgang der rechtsextremen Straftaten im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr darf kein Grund sein, sich zurückzulehnen. Seit dem zweiten Halbjahr 2014 – mit den Pegida-Demonstrationen in NRW und der sich immer stärker rassistisch positionierenden AfD – gab es einen sprunghaften Anstieg politisch rechts motivierter Straftaten, die ihren Höhepunkt 2016 fanden. Die Zahlen für das Jahr 2017 bewegen sich weiterhin über dem Niveau von 2014. Rechte Äußerungen in der Öffentlichkeit führen auch zu rechtsextremen Straftaten, denn rechte Straftäter nehmen sie als Legitimation für Gewalt. Die rechtsextreme Szene in NRW ist auch mit Rechtsextremen bundes- und europaweit vernetzt, wie die Kampfsportveranstaltung im Kreis Olpe oder die Demonstration in Dortmund Mitte April gezeigt haben. Auch die Akteure der Neuen Rechten, wie etwa die Identitäre Bewegung, stellen eine zunehmende Gefahr für unsere Demokratie dar. Angesichts der zunehmenden Radikalisierung der AfD in den letzten Wochen und Monaten halte ich die Beobachtung zumindest von Teilen der AfD für geboten.

Im Neosalafismus gibt es weiterhin eine leicht wachsende Szene und eine anhaltende Anschlagsgefahr. Zudem wird erwartet, dass viele Frauen und Kinder aus den ehemaligen IS-Gebieten nach NRW zurückkehren, die hier von einem Netzwerk stark ideologisierter Frauen empfangen werden. Wir stehen also auch vor der Herausforderung, vor allem junge Frauen und Kinder vor weiterer Radikalisierung zu schützen und sie für die demokratische Gesellschaft zurückzugewinnen. Hierfür hat die Landesregierung bisher keinerlei Konzepte vorzuweisen. Die Beobachtung von Kindern und Jugendlichen durch den Verfassungsschutz ist die falsche Antwort auf die Problemlage. Die Landesregierung muss stattdessen gemeinsam mit der Jugendhilfe, den Schulen und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft das von rot-grün angestoßene Handlungskonzept weiterentwickeln.

Grundsätzlich ist der verzeichnete Rückgang der politisch links motivierten Straftaten eine erfreuliche Nachricht. Für uns GRÜNE ist klar, dass Gewalt niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein darf.

Über den Verfassungsschutzbericht ist eine ausführliche öffentliche Debatte notwendig. Daher sollte er in einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums diskutiert werden. Die Möglichkeit, öffentlich zu tagen, hat das Gremium seit der Verfassungsschutzreform 2013 – auch als Reaktion auf das NSU-Behördenversagen. In dieser Legislaturperiode hat es bisher keine einzige öffentlichen Sitzung gegeben.“

Kommunalinfo: Aktivitäten gegen Rechtsextremismus

In der letzten Plenarwoche haben wir gemeinsam mit CDU, FDP und SPD einen Antrag zur Einrichtung eines/einer Antisemitismusbeauftragten in den Landtag eingebracht. Außerdem haben wir GRÜNE mit dem Antrag „Förderung der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus fortsetzen“ die Landesregierung dazu aufgefordert, das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie das Förderprogramm „NRWeltoffen“ fortzusetzen. Über diese beiden Initiativen möchte ich Sie/Euch gern informieren.


Antrag: Nordrhein-Westfalen braucht eine/einen Antisemitismusbeauftragten

In den vergangenen Monaten wurde häufig von antisemitischen Beleidigungen u.a. an Schulen aber auch über tätliche Angriffe gegenüber Jüdinnen und Juden berichtet. Im Jahr 2017 wurden in Nordrhein-Westfalen 324 antisemitische Straftaten von der Polizei verzeichnet. Das ist eine Steigerung um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es ist allerdings von einer höheren Dunkelziffer auszugehen, da aus unterschiedlichen Gründe nicht jede Straftat zur Anzeige gebracht wird. Diese besorgniserregende Entwicklung können und wollen wir nicht hinnehmen.

Daher haben die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN einen gemeinsamen Antrag zur Einrichtung einer/eines Antisemitismusbeauftragten, die/der Präventionsmaßnahmen gegen Antisemitismus koordinieren und Ansprechpartner*in für die Betroffenen von Antisemitismus sein soll, in den Landtag eingebracht. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, was ein wichtiges Signal an die Jüdinnen und Juden sowie die jüdischen Gemeinden ist, weil es zeigt, dass der Landtag geschlossen an ihrer Seite steht.

Obwohl wir GRÜNE weitergehende Forderungen haben, unter anderem zur Stärkung der Präventionsarbeit, der Beratungsarbeit gegen Antisemitismus sowie zu einer Dunkelfeldstudie zu antisemitischen Straftaten, freuen wir uns, dass dieser gemeinsame Antrag gelungen ist. Denn es ist ein erster wichtiger Schritt im Kampf gegen Antisemitismus, dem weitere Maßnahmen gegen Antisemitismus und Diskriminierung folgen müssen.

Der Antrag kann hier abgerufen werden.

Meine Rede können Sie hier nachlesen.

Antrag: Förderung der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus fortsetzen

In unserer rot-grünen Regierungszeit haben wir neben dem integrierten Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus auch das kommunale Förderprogramm „NRWeltoffen“ aufgelegt.

Das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde in einem zweijährigen Prozess unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft entwickelt und im Juni 2016 dem Landtag vorgestellt. Es hinterlegt die Arbeit des Landes gegen Rechtsextremismus und Rassismus mit einer nachhaltigen Strategie und stimmt die Maßnahmen der einzelnen Ressorts untereinander ab. Dabei legt das Konzept aus unserer Sicht wichtige Schwerpunkte in der Unterstützung der Beratungsarbeit sowie der Stärkung der Zivilgesellschaft und der Perspektive der Betroffenen von rechtsextremer und rassistischer Gewalt. Da das Konzept bis Mitte 2019 angesetzt war, haben wir die Landesregierung aufgefordert, das Konzept fortzuführen und weiterzuentwickeln. In der Plenardebatte sagte die Landesregierung die Fortführung des Konzepts über 2019 hinaus zu.

Durch das Förderprogramm „NRWeltoffen“ werden derzeit 25 Kreise und kreisfreie Städte in NRW für die Erstellung und Umsetzung von ortsspezifischen Handlungskonzepten gegen Rechtsextremismus und Rassismus gefördert. Das Programm läuft allerdings Ende 2018 aus. Unsere Berichtsanfrage im Kulturausschuss (Vorlage 17/587) vom März dieses Jahres ergab, dass die Landesregierung erst nach der Evaluation, die im September vorliegen soll, entscheiden möchte, ob und wie sie das Förderprogramm fortsetzen möchte. Wir haben die Landesregierung daher mit unserem Antrag aufgefordert, Klarheit zu schaffen. In der Debatte zu unserem Antrag verwiesen sowohl die Fraktionen von CDU und FDP als auch die Landesregierung wieder auf die ausstehende Evaluation. Immerhin zeigte sich der Abgeordnete der FDP-Fraktion etwas offener und sprach davon, dass das Programm weitergehen solle. Wir hoffen, dass sich diese Position innerhalb der schwarz-gelben Koalition durchsetzt und werden uns selbstverständlich weiter dafür einsetzen, dass die gute Arbeit in den Kommunen fortgesetzt und auf weitere Kommunen in NRW ausgeweitet werden kann. Gerade angesichts der deutlichen Diskursverschiebung nach Rechts können wir uns keine Rückschritte in der Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus leisten.

Der Antrag kann hier abgerufen werden.

Meine Rede können Sie hier nachlesen.

Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (Hasret.Karacuban@landtag.nrw.de, 0211 – 884 4321), und ich gerne zur Verfügung.

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Thema Salafismus

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, gerade bei diesem wichtigen Thema den konstruktiven Austausch mit Ihnen zu suchen. Das habe ich anhand des Antrags der Grünen ja auch getan. Ehrlich gesagt, machen mich Ihr Antrag und diese Debatte aber einfach fassungslos und sprachlos.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wie sagte meine Mitarbeiterin so schön in der Vorbesprechung, als sie den Antrag gelesen hatte? Das ist der Diskussionsstand von 2012!

Wir sind aber im Jahr 2018 angekommen. Wir sind sechs Jahre weiter. Es gibt ganz viele Debatten und Fachbeiträge darüber. Das, was Sie in dem Antrag produziert haben, ist alles nichts Neues. Das wissen wir seit Jahren. Wir sind doch in der Diskussion eigentlich schon viel weiter. Deshalb macht mich das sprachlos.

Das einzige Thema, das in dem Antrag vielleicht neu aufgeführt wird, ist die Kindeswohlgefährdung. Darüber muss man diskutieren. Dazu komme ich später auch noch. Der Punkt ist aber, dass Sie keine einzige konkrete Antwort auf diese Frage liefern.

(Beifall von den GRÜNEN – Beifall von Marc Herter [SPD] und Sarah Philipp [SPD])

Sie bringen hier eine Problembeschreibung ohne Antworten ein. Ich muss ehrlich sagen, dass ich das für eine Regierungskoalition sehr schwach finde.

Sie hätten es so einfach haben können. Wir haben doch einen Antrag hier eingebracht. Nach einer sehr guten Anhörung – Herr Lübke hat im Plenum im März dieses Jahres ebenfalls bestätigt, dass die Anhörung sehr gut war – bin ich auf Sie zugekommen und habe gesagt: Lassen Sie uns gemeinsam einen Entschließungsantrag stellen. Ich bin bereit, viele Teile unseres Antrags herauszustreichen; Hauptsache, wir bekommen bei diesem wichtigen Thema der Präventionsarbeit gegen Salafismus einen Konsens hin. – Nein, das wollten Sie nicht.

Stattdessen schreiben Sie weniger als drei Monate später einen dermaßen dünnen Antrag. Ich finde es beschämend, dass Sie hier nicht mehr vorlegen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Herr Panske, ich würde Sie gerne zitieren. In der Debatte im März 2018, als Sie unseren Antrag abgelehnt haben, haben Sie hier im Plenum gesagt:

„Ein intelligentes, abgestimmtes Zusammenspiel von Aufklärung, von Ermittlung von Strafverfolgung, von Prävention und verlässlicher und nachhaltiger Ausstiegshilfe orientiert an praktischer Arbeit: Genau das ist der Ansatz der CDU, und das sind die Ziele der NRW-Koalition.“

Da würde ich Ihnen sogar zustimmen. Nur: Warum schreiben Sie das nicht auch in Ihren Antrag hinein?

(Beifall von den GRÜNEN und Sarah Philipp [SPD])

Sie schreiben fett über Ihren Antrag: „Prävention und Repression … Gesamtstrategie“. Das, was Sie hier vorlegen, ist aber keine Gesamtstrategie.

Im Übrigen steht in dem Antrag auch nichts zum Thema „Repression“. Das Einzige, was darin zur Repression steht, sind die Gefährderansprachen seitens der Polizei. Die gibt es doch schon längst. Es ist Aufgabe der Polizei, Gefährderansprachen durchzuführen.

Wenn Sie dies als Gesamtstrategie bezeichnen, ist das – Entschuldigung – wirklich ein schlechter Witz.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich schwanke im Hinblick auf diesen Antrag zwischen Resignation und Fassungslosigkeit. Das tue ich auch deshalb – und deshalb rege ich mich so auf –, weil mir dieses Thema immens wichtig ist; denn wir haben eine Bedrohungslage durch den Salafismus und wissen alle, dass wir mehr Präventionsarbeit brauchen. Aber dann muss man eben auch etwas dafür tun und darf nicht solche Anträge schreiben.

Ich gehe gerne auf die einzelnen Inhalte ein, um meine Meinung zu verdeutlichen.

Zum Thema „Frauen“: Ja, es stimmt, Herr Lürbke; das ist ein wichtiges Thema. Sie sprechen es in dem Antrag sogar an. Sie reduzieren aber hier die Rolle der Frauen komplett auf die Mutterrolle und stellen sie als diejenigen dar, die für die Erziehung zuständig sind. Das stimmt auch. Aber es stimmt eben nur zum Teil.

Wir wissen, dass der Anteil der Frauen an den Gefährdern zwar nur bei 4 % liegt. Das ist total wenig. Aber an den relevanten Personen, also denjenigen, die zum Umfeld der Gefährder gehören, haben sie einen Anteil von 25 %. Jede vierte in Bezug auf die Salafisten relevante Person ist in Nordrhein-Westfalen eine Frau.

Angesichts dessen muss man sich doch Gedanken darüber machen, wie man diese Frauen ansprechen und aus der Szene herausholen kann. Es handelt sich immerhin um diejenigen, die rekrutieren und netzwerken. Also muss man doch gezielt Maßnahmen auf Frauen und Mädchen zuschneiden.

Davon ist in Ihrem Antrag überhaupt nicht die Rede. So weit denken Sie überhaupt nicht. Das finde ich fatal.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Nun zum Thema „ Kindeswohlgefährdung“: Ich finde es begrüßenswert, dass wir hier nicht darüber diskutieren, ob wir die Altersgrenze im Verfassungsschutzgesetz, ab der der Verfassungsschutz Personen beobachten darf, auf null absenken sollte. Immerhin führen wir die Diskussion darüber parallel zu dieser Debatte bereits. Ich finde es schon einmal gut, dass das in diesem Antrag nicht vorkommt und wir jetzt über die Frage der Kindeswohlgefährdung sprechen.

Wir als Grüne sehen auch, dass dahin gehend Handlungsbedarf besteht. Man muss aber wissen, dass es in Deutschland sehr schwierig ist, Kinder aus Familien herauszuholen, wenn nicht Gewalt oder Missbrauch im Spiel ist, sondern es – ich sage das wirklich in Anführungsstrichen – „nur“ um die Ideologie geht. Es hat in Deutschland historische Gründe, warum das schwierig ist.

Ich bin offen dafür, diese Diskussion zu führen. Der Punkt ist aber, dass Sie Sie lediglich eine Problembeschreibung vornehmen, ohne eine konkrete Antwort darauf zu geben. Sie sagen nur, dass wir die Jugendamtsmitarbeiter schulen müssen.

Das ist sicherlich richtig, aber was heißt das denn in Bezug auf die Kindeswohlgefährdung?

Man muss noch einen Schritt weitergehen. Es geht nicht nur um den Salafismus. Eine Frage ist zum Beispiel auch: Wie geht man mit Kindern aus rechtsextremistischen Familien um? – Auch diese Debatte führen wir seit Jahren, im Prinzip seit Jahrzehnten.

Wir führen also gern eine Diskussion darüber. Wir Grüne sind durchaus offen dafür. Man muss wissen, dass das in Deutschland schwierig ist – zu Recht. Lassen Sie uns also eine Diskussion darüber führen; aber dann lassen Sie uns auch zu konkreten Ergebnissen kommen.

Der dritte Punkt ist das Thema „Jugend und Schule“. Das sprechen Sie in Ihrem Antrag auch an; das finde ich richtig. Das ist ein wichtiges Thema, aber auch hier fehlen die konkreten Vorschläge. Das Einzige, was Sie anführen, ist die Einführung einer Taskforce an Schulen. Das ist nichts Neues. Das steht in dem Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe, die vor drei oder vier Jahren von Rot-Grün gegründet wurde. Das ist also nichts Neues.

Wir haben einen eigenen Antrag vorgelegt. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben vier ganz konkrete Vorschläge gemacht. Wir haben erstens gesagt, wir brauchen die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarbeit und in der Jugendsozialarbeit.

Wir haben zweitens gesagt, das Thema Neosalafismus muss in der Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer und andere pädagogische Fachkräfte verankert sein. Da ist beispielsweise die Schulministerin in der Pflicht.

Drittens. Wir haben gesagt, wir brauchen eine flächendeckende Sozialarbeit an den Schulen und die Qualifizierung der Fachkräfte.

Und viertens haben wir gesagt, wir brauchen Streetworker. Wir brauchen für die Jugendlichen, die in Gegenden wohnen, wo sie besonders gefährdet sind, von Salafisten angesprochen zu werden, Streetworker, die konkret auf sie zugehen.

Diese vier Punkte sind in der Anhörung von den Expertinnen und Experten bestätigt und begrüßt worden. Davon findet sich nichts in Ihrem Antrag. Auch hier sind wir in der Debatte wesentlich weiter.

(Marc Lürbke [FDP]: Das steht doch drin!)

Nein, es steht nicht drin. Es steht etwas über das Thema Taskforce drin. Ja, es stimmt, Sie haben auch etwas zu dem Thema „Wir müssen jetzt mehr Angebote machen“ geschrieben. Das ist aber etwas anderes als eine verpflichtende Verankerung in dem Fortbildungsprogramm für Lehrerinnen und Lehrer. Das ist doch ein Unterschied, Herr Lürbke.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

– Ja, Ihnen ist immer alles zu kleinteilig. „Kleinteilig“ kann man es nennen, wenn man zwar zu Problemen konkrete Vorschläge hat, aber stattdessen irgendeine Soße auskippt – etwas, in dem nichts Konkretes steht, aber alles Mögliche angesprochen wird, ohne eine Lösung zu suchen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will es zum Schluss noch einmal sagen – ich glaube, das ist jetzt auch deutlich geworden –: Mir ist das Thema wichtig. Deshalb besteht mein Angebot und das meiner Fraktion weiterhin: Lassen Sie uns gemeinsam an dem Thema Salafismus arbeiten. Wir haben viel Streit, was Repression und polizeiliche Befugnisse angeht. Es ist auch richtig, diesen Streit auszutragen und die politische Diskussion darüber zu führen. Aber lassen Sie uns im Sinne der Sache doch wenigstens bei dem Punkt Präventionsarbeit versuchen, zusammenzukommen; denn es ist wichtig für die Sicherheit der Menschen in diesem Land, dass wir gemeinsam an diesen Themen arbeiten.

Noch einmal das Angebot – auch von mir –: Setzen wir uns zusammen und lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir weitergehen und gemeinsam zu einer Gesamtstrategie kommen können, die auch wir wollen. Ich glaube, damit wäre vieles gewonnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)