Antrag der SPD-Fraktion zu Geldautomatensprengungen

“Banken, Sparkassen und andere Geldautomatenbetreiber stärker in die Pflicht nehmen”

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu Geldautomatensprengungen

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der damalige Innenminister Ralf Jäger sagte im Innenausschuss Ende Oktober 2016, wie ich finde, sehr zutreffend – dem werden Sie gleich auch zustimmen, Herr Lürbke –: „Geldautomatensprengungen sind die moderne Form des Banküberfalls geworden.“ Das ist also ähnlich zu dem, was Sie gerade von sich gegeben haben.

Ende 2016 war es schon ein Jahr her, dass im Oktober 2015 im LKA Nordrhein-Westfalen eine Ermittlungsgruppe gegründet worden war, um sich gezielt der Bekämpfung der Geldautomatensprengungen zu widmen.

Werfen wir doch noch mal einen Blick auf die Zahlen: Im Jahr 2016 waren es 136 Fälle in Nordrhein-Westfalen. Die Zahlen sanken dann 2017 auf 92 Fälle. Seit 2018 steigen die Fälle wieder, und 2020 ist mit 176 Fällen der traurige Rekordhalter. Neben NRW sind auch Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Hessen betroffen, Hessen im Jahr 2019 sogar mit der höchsten Häufigkeitszahl.

(Beifall von Hartmut Ganzke [SPD])

Doch das ändert am Befund nichts. Wir erwarten auch hier vom Innenminister mehr Engagement; da kann ich mich der SPD nur anschließen. Ich finde es total wichtig, dass es nämlich nicht nur um den Diebstahl hoher Summen und um extreme Sachbeschädigung geht, sondern es ist sehr besorgniserregend, dass die Täter vermehrt Sprengstoff einsetzen, um verstärkte Sicherungen zu brechen.

Damit steigt auch die Gefahr für Passantinnen und Passanten, durch herumfliegende Splitter verletzt zu werden, für Anwohnerinnen und Anwohner, zum Beispiel durch Einsturzgefahr des Gebäudes, aber auch für die Einsatzkräfte von Feuerwehr, von Polizei durch herumliegende Trümmerteile oder nicht explodierten Sprengstoff.

Diese Gefahren sind ein gewichtiger Grund, warum wir uns mit diesem Thema stärker auseinandersetzen müssen. Schon 2016 war klar: Wenn die körperliche Unversehrtheit und das Leben von Menschen gefährdet sind, muss dringend gehandelt werden. Das haben wir auch damals schon gemacht.

Leider ist Herr Golland nicht da. Vielleicht ist es auch kein Zufall; man weiß es nicht. Es tut mir sehr leid, Herr Lürbke, aber ich muss in dieselbe Kerbe schlagen; das müssen Sie sich leider noch mal anhören.

Seit 2015, also seit mehr als fünf Jahren, diskutieren wir im Innenausschuss immer wieder über dieses Thema, bis 2017 sehr stark von der Opposition vorangetrieben, von den Abgeordneten Golland und Lürbke. Nun, im Jahr 2021, schauen wir auf 2020, drei Jahre nach dem Regierungswechsel. Wir müssen sagen: Es gab mit 176 Geldautomatensprengungen die meisten Fälle seit ihrer Erfassung durch die Polizei.

Herr Lürbke, ich sage ja gar nicht, dass die Polizei und die Landesregierung nichts tun würden – das ist gar nicht der Punkt –, aber wir erwarten mehr.

(Beifall von Monika Düker [GRÜNE)

Wir erwarten mehr Engagement. Das hätten Sie damals genauso getan, nur wahrscheinlich in einer wesentlich anderen Tonlage, wesentlich weniger sachlich, als wir gerade versuchen, dieses Thema zu diskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN und von Hartmut Ganzke [SPD])

Noch mal einen Schritt zurück: Es ist bekannt, dass die Täter überwiegend aus den Niederlanden kommen; im Jahr 2016 stammten ca. 75 % der Tatverdächtigen aus den Niederlanden. Sie begehen ihre Taten sehr gut organisiert und schnell. Sie fliehen mit gestohlenen und ebenso schnellen Autos zurück über die Grenze.

Deshalb halte auch ich die Erhöhung des Fahndungsdrucks und die Zusammenarbeit der nordrhein-westfälischen mit den niederländischen Behörden für wichtig; das steht jetzt auch im Antrag. Ich kann das nur unterstützen.

Ich erwarte vom Ministerpräsidenten, dieses Thema in den Verfahren, wenn er sich mit den Niederlanden trifft – es gibt immer wieder Gespräche zwischen beiden Regierungen, und das ist auch gut so –, anzusprechen.

Wichtig finde ich aber die Erkenntnis, dass die Täter aus den Niederlanden offenbar nach Nordrhein-Westfalen und in andere Bundesländer ausweichen, weil es in den Niederlanden schwieriger geworden ist, Geldautomaten zu sprengen, als bei uns. Die Banken in den Niederlanden haben ihre Automaten schneller und effektiver gegen Sprengungen gesichert, sodass sich der Aufwand dort schlichtweg nicht mehr lohnt.

Deshalb müssen wir uns neben dem Fahndungsdruck und der Zusammenarbeit auch darüber unterhalten, wie wir gemeinsam mit den Banken, mit Sparkassen und mit anderen Geldautomatenbetreibern dafür sorgen können, dass die Geldautomaten abgesichert werden, sodass es auch hier gar nicht mehr zum Versuch der Sprengung kommt.

Herr Kollege Ganzke hat es gerade schon angesprochen: Die Lösung kann nicht sein, dass Geldautomaten abgebaut werden. Es ist insbesondere für ältere Menschen fatal, wenn sie ihr Bargeld nicht mehr vor Ort abheben können. Auch ich gehöre, obwohl ich ganz bestimmt nicht der älteren Generation angehöre, zu einer Personengruppe, die lieber mit Bargeld als mit Karte zahlt. Auch ich sehe das Problem, dass Geldautomaten nicht abgebaut werden können;

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

gerade im ländlichen Raum sind wir uns da sehr einig. Deshalb müssen wir uns auch darüber unterhalten, wie wir Banken, Sparkassen und andere Geldautomatenbetreiber stärker in die Pflicht nehmen können.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Möglicherweise ist die gesetzliche Schutzpflicht auf Bundesebene ein Weg. – Damit bin ich auch fertig mit der Rede. Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Hartmut Ganzke [SPD])

“Krisensituationen machen Menschen besonders anfällig für Verschwörungsmythen”

Zu Verschwörungsmythen

Rede zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zu Verschwörungsmythen

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben in der aktuellen Coronapandemie, dass Verschwörungsmythen eine deutliche Verbreitung finden. Ich stimme Frau Freimuth zu: Verschwörungsmythen sind keine neue Erscheinung. Die Kollegin Müller-Witt hat eben schon die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zitiert. Dort wurde für die Jahre 2018 und 2019 erhoben, dass 46 % der Befragten angaben, es gebe geheime Organisationen, die Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen würden.

Lange Zeit – das hat auch Herr Golland gesagt – wurden Personen, die an Verschwörungsmythen glauben, als Spinner abgetan. Aber wir wissen, dass Verschwörungsmythen gefährlich sind. Sie zerstören das Vertrauen in staatliche Institutionen. Sie sind nicht immer – da gebe ich Ihnen sogar recht, Herr Golland –, aber sie sind häufig mit rechten Einstellungen verbunden.

(Kopfnicken von Gregor Golland [CDU])

Verschwörungserzählungen und rechtsextreme Ideologien sind gegenseitig anschlussfähig. Antisemitische, antifeministische und andere menschenverachtende Erzählungen finden sich häufig wieder in Verschwörungserzählungen.

Deshalb überrascht es nicht, dass die rechtsterroristischen Taten in Halle, in Hanau, aber auch in Christchurch oder in Utøya auch getrieben waren durch den Glauben an solche Verschwörungsmythen.

Deshalb, Herr Golland, bin ich doch sehr fassungslos über die politische Einordnung, die Sie hier eben vorgenommen haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir wissen, dass Krisensituationen Menschen besonders anfällig machen für Verschwörungsmythen, denn diese Verschwörungserzählungen sind ja ein Versuch, wieder Kontrolle über eine Situation zu erlangen.

Katharina Nocun, die Autorin des Buches „Fake Facts“, sagt – Zitat –:

„Der Glaube an eine Verschwörung kann ein Hilfskonstrukt sein, um Ordnung in das Chaos zu bringen.“

Der Glaube an Geheimwissen dient der Selbstaufwertung.

Das sind alles Faktoren, weshalb Verschwörungsmythen gerade in einer Krise Hochkonjunktur erleben.

Ich glaube, wir sind uns hier einig, dass wir uns auch Monate und Jahre nach der Pandemie, wenn diese hoffentlich irgendwann zu Ende ist, immer noch mit diesem Phänomen der Verschwörungsmythen auseinandersetzen müssen.

Wer sich ganz konkret und alltäglich immer wieder mit Verschwörungsmythen konfrontiert sieht, das sind Angehörige oder Freunde und Freundinnen von Personen, die an diese Verschwörungsmythen glauben. Das sind genau diese Angehörigen und Bekannten, die aktuell versuchen, sich Hilfe zu holen, die Beratung brauchen, wie sie mit der eigenen Mutter oder mit dem Freund umgehen sollen, wenn sich diese nur noch Videos und Nachrichten von Verschwörungstheoretikern anschauen oder versuchen, andere Menschen zu „bekehren“, indem sie zum Beispiel sagen, dass man keine Maske tragen soll und dass sich ältere Angehörige nicht impfen lassen sollen.

Wir haben mit der Sektenberatung NRW gesprochen, die selbst sagt, dass sie momentan ein Vierfaches an Anfragen von Hilfesuchenden bekommt, die Unterstützung brauchen, wie sie ganz konkret mit solchen alltäglichen Situationen zu Hause, in der eigenen Familie oder in ihrem Bekanntenkreis umgehen sollen. Die Sektenberatung sagt aber auch, dass zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme der Glaube an Verschwörungsmythen häufig schon sehr weit vorangeschritten ist.

Deshalb fordern wir mit diesem Antrag, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Fachstellen ein Konzept erarbeitet, damit dieses persönliche Umfeld im Umgang mit dem Thema „Verschwörungsmythen“ gestärkt wird, und zwar auch – davon bin ich fest überzeugt –, weil das vermutlich diejenigen sind, die aufgrund ihrer persönlichen Beziehung am ehesten noch etwas bewegen können.

Dass CDU und FDP sich jetzt diesem Antrag nicht anschließen können, finde ich persönlich sehr bedauerlich. Mich hat es aber auch nicht sehr gewundert. Es ist trotzdem schade. Denn das, was Sie sagen, es würde schon ganz viele Beratungsangebote geben, stimmt so einfach nicht. Es gibt die Beratungsangebote in dieser Form einfach nicht.

Das ist ausdrücklich keine Kritik an der Landesregierung oder an der Landeszentrale für politische Bildung, die auch schon ganz viel tut. Aber ich meine, dass wir hier einen Baustein haben, der bislang noch fehlt in der Beratungslandschaft in Nordrhein-Westfalen. Denn, ja, es gibt die Sektenberatung, es gibt auch die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Nach der Logik von Herrn Golland sind die übrigens gar nicht zuständig. Natürlich gibt es diese Beratungsstellen. Aber ein explizites Angebot zur Beratung des Umfeldes von Menschen, die Verschwörungsmythen anhängen und sich immer weiter von demokratischen Haltungen entfernen, gibt es derzeit nicht.

Hier setzt unser Antrag an. Ich finde es schade, dass Sie ihn ablehnen wollen.

Ich habe aber trotzdem eine Bitte an Sie. Bei Herrn Golland ist die Bitte, glaube ich, vergebens.

(Gregor Golland [CDU]: Frau Schäffer!)

Aber, Herr Kaiser und liebe Landesregierung, ich würde Sie bitten, weil ich glaube, dass Sie dieses Thema im Blick haben – das finde ich richtig, und es wird auch nach der Pandemie wichtig bleiben –: Bitte nehmen Sie den Gedanken trotzdem mit. Führen Sie doch einfach die Gespräche mit den Beratungsstellen, und horchen Sie da mal nach, ob es nicht eine Lücke im Beratungssystem gibt. Setzen Sie das doch einfach um.

Ich sage Ihnen auch zu, dass wir nicht auf der Urheberschaft für diese Idee beharren werden. Machen Sie es einfach. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Landeswahlgesetzes – zweite Lesung

Zur Änderung des Landeswahlgesetzes

Rede zum Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Landeswahlgesetzes – zweite Lesung

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahl der Abgeordneten ist ein absolut wichtiger Grundpfeiler unserer Demokratie. Deshalb ist das Landeswahlgesetz auch eines der herausragenden Gesetze, die wir hier im Parlament diskutieren und über die wir beschließen. Deshalb ist es zu Recht eine Tradition – es sollte zumindest eine Tradition sein –, dass das Landeswahlgesetz möglichst interfraktionell beraten und auch gemeinsam hier beschlossen wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Änderungen an den Zuschnitten der Landtagswahlkreise wurden in der Vergangenheit oftmals im breiten Konsens oder mit einer breiten Mehrheit der demokratischen Fraktionen vorgenommen. Ich glaube auch, dass es für die Akzeptanz vor Ort besonders wichtig ist, wie Wahlkreise zugeschnitten werden.

Auch ich muss hier noch einmal eine Verfahrenskritik üben. In diesem Verfahren ist wirklich so ziemlich alles schiefgelaufen, finde ich. Der Entwurf der Landesregierung kam viel zu spät, um in einem geordneten Prozess über Änderungsbedarfe an den Wahlkreiszuschnitten zu diskutieren und Einigungen zu finden, und auch viel zu spät, um über die Frage zu diskutieren: Wie gehen wir mit den Aufstellungsversammlungen in einer Pandemiesituation um?

Die sehr gute Anhörung, die wir im Hautpausschuss hatten, fand in einer Sondersitzung statt. Eigentlich sollte sie erst am kommenden Donnerstag stattfinden – bis dann aufgefallen ist, dass das alles viel zu spät ist, dass wir die Sondersitzung brauchen und dass wir in dieser Plenarsitzung beschließen müssen.

(Sven Wolf [SPD]: Ein Dankeschön an die Opposition war nicht zu hören!)

Auch hier sieht man, dass das Innenministerium den Fahrplan offenbar nicht richtig auf dem Schirm hatte. Warum das so passiert ist, ist mir, ehrlich gesagt, völlig unverständlich.

Frau Freimuth, Sie haben gerade erklärt, Sie hätten sich nicht mit dem Änderungsantrag der Grünen auseinandersetzen können. Ja, okay. Aber dann muss ich ehrlich sagen: Es gehört auch nicht gerade zum guten Stil, wenn man eine Stunde vor Beginn einer Anhörung einen Änderungsantrag seitens der Regierungsfraktionen vorlegt und wir als Opposition überhaupt keine Zeit hatten, uns diese Dinge einmal ordentlich anzuschauen.

Insofern finde ich diese Kritik, ehrlich gesagt, verfehlt. Wir hätten insgesamt hier viel mehr Zeit gebraucht. Es ist schade, dass wir sie bei diesem wichtigen Gesetz nicht hatten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte gerne noch einmal inhaltlich auf einige Punkte in diesem Gesetzentwurf hinweisen. Ich finde es nachvollziehbar und auch richtig, über das Thema „Aufstellungsversammlung in der Situation einer Pandemie“ zu diskutieren. Wir wissen zwar, dass uns die Pandemie in den nächsten Wochen und Monaten begleiten wird. Wir wissen aber nicht, welche Auswirkungen diese Pandemie in Bezug auf physische Versammlungen haben wird, inwiefern wir sie durchführen können oder wie erschwert sie nur durchführen können.

Die Regelungen, die jetzt hier im Gesetzentwurf stehen, sind aus dem Bundesgesetz übernommen. Sie sind aus meiner Sicht allerdings unbestimmt in den Begrifflichkeiten. Das beginnt mit der Begrifflichkeit der Naturkatastrophe. Da haben wir, Herr Reul, immer wieder den Streit: Wie definieren Sie rechtlich und juristisch eigentlich die aktuelle Katastrophe, die aktuelle Pandemie?

Ich finde die Regelungen aber auch nicht sonderlich durchdacht. Sie wollen ja, dass die Landesregierung die Regelungen in einer Verordnung trifft. Wir haben den Versuch unternommen, mit einem Änderungsantrag einen Vorschlag vorzulegen, wie man es gesetzlich regeln könnte. Denn diese Regelungen gehören ins Gesetz, finde ich. Ich weiß, dass es vielleicht nicht perfekt ist, Frau Freimuth. Aber es ist der Versuch, eine gesetzliche Regelung zu schaffen. Schade, dass Sie das nicht versucht haben! Denn so, wie es jetzt vorgesehen ist, ist es aus meiner Sicht einfach ungenügend.

(Beifall von Josefine Paul [GRÜNE] – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Der zweite inhaltliche Punkt, den ich hier benennen will, sind die Wahlkreise. Der Kern des Gesetzes ist natürlich der Zuschnitt der Landtagswahlkreise. Deren Zuschnitt steht immer unter besonderer Beobachtung – schon allein deshalb, weil der Vorwurf leicht und schnell im Raum steht, dass Regierungsfraktionen ihre Wahlkreise so zusammenschneiden, dass sie selbst die besten Chancen haben, in den Wahlkreisen direkt gewählt zu werden.

Um solchen Vorwürfen vorzubeugen, wäre es doch wichtig gewesen, die Gespräche zu führen.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

– Das ist gar nicht der Vorwurf, den ich hier erhoben habe. Ich habe gesagt: Solche Vorwürfe stehen schnell im Raum.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Deshalb wäre es wichtig gewesen – Herr Witzel, ich kann Sie leider nicht verstehen; das ist vielleicht auch besser so –, darüber zu sprechen.

Aber in einem Punkt – das betrifft Münster – scheint mir dieser Vorwurf zumindest nicht ganz abwegig zu sein, wenn man sich anschaut, wie hier in Münster die Wahlkreise zugeschnitten wurden. Deshalb stellen wir auch zu Münster – und auch zu Wuppertal und zu Hennef – noch einmal eigene Änderungsanträge.

Ich will aber auch noch einmal einen Ausblick machen. Wenn wir hier gleich über das Landeswahlgesetz abstimmen – wir werden uns als Grüne übrigens enthalten –, dann wird das nicht die letzte Debatte über das Landeswahlgesetz gewesen sein. Denn wir werden uns weiter damit beschäftigen müssen.

Aufgrund der aktuellen Wahlprognosen und auf Grundlage des Kommunalwahlergebnisses im letzten Jahr ist relativ klar, dass der nächste Landtag anwachsen wird. Wir haben es ausrechnen lassen; wir haben es auch noch einmal extern ausrechnen lassen. Der nächste Landtag wird nach den aktuellen Prognosen wahrscheinlich auf 225 bis 315 Abgeordnete anwachsen.

Das heißt: Wir werden über das Thema „Wahlrechtsreform“ hier noch einmal sprechen müssen. Wir werden darüber sprechen müssen, ob wir nicht zum Beispiel zu einer maßvollen Reduzierung von Landtagswahlkreisen oder zu einer Veränderung des Verhältnisses zwischen Direktwahlkreisen und Listenplätzen kommen müssen.

Deshalb als Ausblick: Nach dem Landeswahlgesetz ist vor dem Landeswahlgesetz.

Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen zu diesem Thema. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsplan 2021 – Einzelplan Innen

Zum Haushaltsplan 2021 – Einzelplan Innen

Rede zum Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsplan 2021 – Einzelplan Innen

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Einzelplan 03 enthält unbestritten auch einige gute Punkte, die ich durchaus loben möchte, Herr Reul.

Ich komme mal zu den Stellen. Die Erhöhung der Neueinstellungen um 100 Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter im Vergleich zum Vorjahr finde ich richtig. Ich finde es richtig angesichts der hohen Anzahl von Pensionierungen, die uns bevorstehen, angesichts des Mehrbedarfs aufgrund von neuen Themen und neuen Aufgaben, die die Polizei bewältigen muss, und angesichts einer zunehmenden Spezialisierung von Polizeibeamtinnen und -beamten in einzelnen Themenbereichen.

Klar ist aber auch, dass die Aus- und Fortbildung der Polizei nicht unter einer Erhöhung der Neueinstellungen leiden darf. Wir haben heute eine sehr gut ausgebildete Polizei, auf die wir stolz sein können, und das muss auch so bleiben. Die Ausbildung muss so gut bleiben.

Der Schwerpunkt im Bereich der Bekämpfung von Kindesmissbrauch ist absolut richtig und notwendig. Die schrecklichen Taten von Lügde, Münster und Bergisch Gladbach geben uns einen Einblick in die Dimension der unvorstellbaren Gewalt, die Kindern angetan wird. Diese Fälle haben eine wichtige öffentliche Diskussion ausgelöst, die dringend notwendig war.

Wir alle wissen aber auch, dass diese Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind. Natürlich kann man angesichts dieser Dimension von sexueller Gewalt gegen Kinder eine Debatte über Strafrechtsverschärfungen führen. Sie wird gerade auch geführt, und wir Grünen beteiligen uns daran konstruktiv. Klar ist aber auch, dass Strafrechtsverschärfungen allein nicht reichen. Man könnte jetzt viel zum Thema „Prävention“ sagen. Aber wir befinden uns hier beim Einzelplan 03.

(Marc Lürbke [FDP]: Genau!)

Deshalb spare ich mir das Thema auf, will es aber natürlich trotzdem benennen.

Natürlich brauchen wir die Beschäftigten bei der Polizei, um diese riesigen Datenmengen auszuwerten, aber auch, um Tätern auf die Spur zu kommen, sie zu überführen und Kinder aus diesen Situationen zu befreien. Herr Reul, bei diesem Thema haben Sie uns an Ihrer Seite.

Ich finde es im Übrigen auch wichtig und richtig, dass die Bekämpfung von Kindesmissbrauch zum kriminalpolizeilichen Schwerpunkt der nordrhein-westfälischen Polizei erklärt wurde. Ich bin der Meinung, dass es dabei bleiben muss, auch wenn es in Zukunft vielleicht zu Regierungswechseln kommt. Ich finde, wir stehen in der Verantwortung, die Polizei zu stärken und das Thema entsprechend anzugehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Thema „Terrorismus“: Mit Blick auf die heute veröffentlichten Zahlen einer internationalen Studie zur Entwicklung des Terrorismus muss man sagen, dass die Schwerpunktsetzung in der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus und des Rechtsextremismus mittels zusätzlicher Stellen für den Staatsschutz und den Verfassungsschutz sehr richtig ist. Die schrecklichen rechtsterroristischen und islamistischen Anschläge der vergangenen Jahre haben uns sehr deutlich vor Augen geführt, wie groß diese Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft ist.

Wir beobachten gerade im Bereich des Rechtsextremismus, dass sich immer wieder neue gewaltbereite bzw. gewaltaffine Gruppierungen bilden. Diese Entwicklung ist besorgniserregend. Deshalb ist der Schwerpunkt richtig. Ich will nicht unerwähnt lassen, dass uns natürlich auch die Fälle von rechten Chats und rechten Verdachtsfällen bei der Polizei sehr besorgen. Ich denke, diese Debatte wird uns in den nächsten Wochen und Monaten weiter begleiten. Klar ist, dass Rassismus und Rechtsextremismus bei der Polizei nichts zu suchen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass der Haushalt nicht nur ein Werk aus vielen Zahlen ist. Wie pflegt meine Kollegin Monika Düker immer zu sagen? – Der Haushalt ist Politik in Zahlen.

(Beifall von Monika Düker [GRÜNE]: Genau!)

Deshalb reden wir hier nicht nur über einzelne Kapitel und einzelne Titelgruppen in Ihrem Haushaltsplanentwurf, sondern wir müssen auch darüber sprechen, was Sie mit diesem Haushalt verbinden, was Sie vorhaben, was Sie anschaffen wollen und was Sie anstellen wollen. Da sind wir Grüne mit vielen Punkten nicht einverstanden.

Ich nenne mal die Ausweitung der Mittel für die Videobeobachtung von 640.000 auf 2 Millionen Euro.

Ich bin nicht grundsätzlich gegen Videobeobachtung, ganz im Gegenteil. Ich glaube, dass Videobeobachtung ein hilfreiches Mittel sein kann, zum Beispiel in der Düsseldorfer Altstadt. Aber diesen massiven Ausbau von Videobeobachtung, der damit ja verbunden ist und auf der Rechtsgrundlage des geänderten Polizeigesetzes erfolgt, finde ich nicht richtig. Denn mit dieser Änderung ist auch klar, dass Videobeobachtung so eingesetzt werden kann, dass es auch zu Verdrängungseffekten kommen kann. Dann ist das aus meiner Sicht alles andere als eine nachhaltige Kriminalitätsbekämpfungsstrategie. Diese Verdrängungseffekte muss man immer mitdenken.

Deshalb will ich auch noch einmal daran erinnern, dass wir als Grüne hier einen Vorschlag zum Thema „sozialraumorientierte Polizeiarbeit“ vorgelegt haben. Es gab dazu Diskussionen in der Anhörung, und es wurde auch kritisiert, dass damit zu viele Stellen gebunden würden.

Unabhängig von der Frage, wann man wie die Stellen verändern kann, meinen wir Grüne, dass das Thema „Bezirksdienst und sozialraumorientierte Polizeiarbeit“ unheimlich wichtig ist. Das stärkt tatsächlich das Sicherheitsgefühl der Menschen und bekämpft Kriminalität effektiv vor Ort.

Ich finde es sehr schade, dass die Landesregierung keinen Beitrag zum Thema „Kriminalprävention vor Ort in den Vierteln“ leistet. Da hätte ich mir mehr gewünscht.

(Beifall von den GRÜNEN und Regina Kopp-Herr [SPD])

Das nächste Thema, das ich kritisch sehe, ist das Thema „Quellen-TKÜ“. Das Stichwort ist ja gerade auch schon gefallen. Im nächsten Jahr sollen 500.000 Euro für die Anwendung bereitgestellt werden. Auch dieses Instrument wird auf der Rechtsgrundlage des im Dezember 2018 geänderten Polizeigesetzes eingesetzt. Bei der damaligen Anhörung und während der ganzen Diskussion wurde erhebliche Kritik an der Datensicherheit geäußert. Denn das Problem bei der Quellen-TKÜ ist ja, dass der Staat Sicherheitslücken offenlässt, damit der Staat selbst die Quellen-TKÜ nutzen kann.

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Aber nicht nur Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte können diese Lücken nutzen, sondern auch Dritte mit weniger guten Absichten. Das macht noch einmal deutlich, welche Gefahr davon ausgehen kann, wenn Sicherheitslücken offenbleiben. Diese Zweifel sind mitnichten ausgeräumt. Deshalb halten wir Grüne an unserer Kritik zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung fest.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dass bei einem schwarz-gelben Haushaltsplan Vorsicht geboten ist, hat mir auch noch einmal die Diskussion zu der sogenannten Palantir-Software in der letzten Sitzung des Innenausschusses am Donnerstag gezeigt. Diese Software wurde bereits 2019 angeschafft. Mir war bei der Debatte 2019 – ich habe gerade noch einmal in den Erläuterungsband zum Haushaltsplan 2019 geguckt; da steht es auch nicht drin – nicht klar, dass diese Software mit diesem Haushalt angeschafft werden würde.

Man muss zu der Software noch kurz ausführen, dass die hoch umstritten ist. Die Landesdatenschutzbeauftragte wurde erst vor wenigen Monaten darüber informiert. Ich halte das für einen unmöglichen Vorgang angesichts der großen Kritik an dieser Software.

Auch nur auf unsere Nachfrage hin wurde im Ausschuss mitgeteilt, dass Sie Ausgaben für die Lizenz in Höhe von 4 Millionen Euro für das nächste Haushaltsjahr planen. Wir haben das schriftlich nachgefragt, es wurde uns nicht beantwortet. Erst, als wir mündlich noch einmal nachgehakt haben, wurde es dann im Ausschuss gesagt: 4 Millionen Euro. – Das ist nicht wenig Geld. Auch das finde ich schlichtweg falsch.

Dann will ich noch etwas zum Thema „Krisenstab“ sagen. Da kann man jetzt auch wieder sagen: Naja, das sind Peanuts in so einem Haushalt. – Ja, das ist wahrscheinlich auch so. Einen Krisenstab vorzuhalten, ist absolut richtig und notwendig. Im Grundsatz bin ich auch gar nicht dagegen. Aber ich verstehe nicht, wie man einen Krisenstab vorhalten kann – auch mit Haushaltsmitteln finanziert – und ihn dann in dieser pandemischen Lage nicht aktiviert. Das finde ich einfach völlig unsinnig.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das kritisieren ja auch nicht nur wir Grüne, sondern auch die Kommunen, die ganz klar sagen, dass die einheitliche Kommunikation seitens der Landesregierung fehlt und Erlasse nicht dort ankommen, wo sie ankommen sollen. Das führt auf der kommunalen Ebene zu Chaos. Das verantwortet auch diese Landesregierung.

Auch die Aktiven bei den Feuerwehren und beim Katastrophenschutz und in den örtlichen Krisenstäben, die ja wirklich alle flächendeckend im Land aktiviert sind, fordern das ein und kritisieren das.

Insofern: Auch die Ausführungen dazu im Ausschuss waren wenig schlüssig. Ich hatte zwischendurch ein bisschen das Gefühl, dass die Geschäftsordnung der Landesregierung zu den Krisenstäben im eigenen Haus irgendwie nicht bekannt ist. Das ärgert mich massiv, und wir werden diese Kritik auch weiter vortragen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich könnte jetzt noch ganz viel sagen, auch noch einmal zum Bereich Feuerwehr und Katastrophenschutz im Ehrenamt. Denn man muss wissen: Wir reden hier über eine staatliche Aufgabe, die quasi ausschließlich von Ehrenamtlichen gemacht wird. Das ist absolut anerkennenswert. Ich könnte dazu lange ausholen, aber dafür reichen die letzten 16 Sekunden nicht aus.

Deshalb möchte ich gerne einfach die Gelegenheit nutzen, um mich bei allen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, bei den Mitarbeiterinnen insgesamt in den Sicherheitsbehörden, bei den Feuerwehrleuten und bei den Angehörigen des Katastrophenschutzes dafür zu bedanken, dass sie jeden Tag für unsere Sicherheit hier in Nordrhein-Westfalen sorgen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

– Vielen Dank.

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu Islamistischen Gefährdern

Zu Islamistischen Gefährdern

Rede zur aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu Islamistischen Gefährdern

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die jüngsten islamistischen Terroranschläge in Westeuropa erschüttern unsere demokratische Gesellschaft.

Nach dem Anschlag in Straßburg im Dezember 2018 sind wir in Westeuropa von islamistischen Anschlägen eine relativ lange Zeit weitestgehend – zumindest von größeren Anschlägen – verschont geblieben. Ich denke, das war eine sehr trügerische Ruhe, in der die Gefahr durch den Islamismus etwas aus dem Fokus der breiten Öffentlichkeit geraten ist, bis sich dann im Oktober 2020 der Messerangriff auf zwei Männer in Dresden, die furchtbaren Anschläge in Frankreich und dann auch der Anschlag am 2. November in Wien ereignet haben.

Mir persönlich machen diese gewalttätigen Anschläge wirklich große Sorgen, weil immer die Gefahr von Nachahmungstaten gegeben ist. Die jüngsten Anschläge haben uns noch einmal sehr schmerzhaft und deutlich vor Augen geführt, wie menschenverachtend die Ideologie des Islamismus ist, die unter anderem homophobe und antisemitische Elemente enthält.

Als Demokratinnen und Demokraten müssen wir alles dafür tun, diese menschenverachtende, gewaltverherrlichende Ideologie mit Mitteln des Rechtstaats, mit Repression und Prävention, zu bekämpfen.

Das sind wir im Übrigen auch den Opfern der Anschläge und ihren Angehörigen schuldig.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Auch wenn die Anschläge und Ereignisse in den letzten anderthalb Jahren in Westeuropa deutlich abgenommen haben, war uns, glaube ich, allen bewusst und musste uns bewusst sein, dass die Gefahr durch den Islamismus nicht gebannt ist.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Worte des Islamismusexperten Peter Neumann, den viele von uns kennen, der uns schon vor einigen Jahren ins Stammbuch geschrieben hat, dass die Ideologie des verfassungsfeindlichen gewaltbereiten Salafismus mit der militärischen Niederschlagung des „Islamischen Staates“ nicht weggehen wird. Das ist ja auch klar.

Er hat uns schon vor drei, vier Jahren sehr deutlich davor gewarnt, dass uns dieser verfassungsfeindliche Salafismus noch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in Westeuropa sehr stark beschäftigen wird. Deshalb ist klar, dass wir bei der Bekämpfung dieser Ideologie einen wirklich langen Atem brauchen. Es wird nicht mit wenigen repressiven Maßnahmen getan sein, und es kann keine einfachen Antworten geben, die wir uns vielleicht alle wünschen.

Damit komme ich zum Thema „Abschiebungen“. Wir Grüne haben immer gesagt: Wenn die rechtsstaatlichen Voraussetzungen für Abschiebungen von Gefährdern ohne deutsche Staatsangehörigkeit vorliegen, dann müssen diese Abschiebungen vollzogen werden. – Allerdings fehlen trotz jahrelanger Diskussionen – ich erinnere mich auch an Diskussionen, die wir vor Jahren hier im Parlament geführt haben – immer noch die entsprechenden Rücknahmeabkommen der Bundesrepublik Deutschland mit zahlreichen Herkunftsländern.

Ich will noch auf einen Aspekt hinweisen: Man darf es sich in dieser Frage auch nicht zu einfach machen. Denn klar ist, dass mit der Abschiebung von Gefährdern die Gefahr, die von diesen Personen ausgeht, nicht per se gebannt ist. Gefährder können auch aus dem Ausland heraus eine erhebliche Gefahr darstellen, wenn sie über ihre Netzwerke, über ihre Kontakte Anschläge hier koordinieren. Ich finde, man muss dies zumindest mitdiskutieren. Ansonsten wäre die Debatte völlig unterkomplex.

(Beifall von den GRÜNEN)

Klar ist auch: Die Hälfte der islamistischen Gefährder sind Deutsche. Auch viele Salafisten, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, sind in Deutschland aufgewachsen und haben sich hier radikalisiert. Wir sprechen also von einem Problem der hiesigen Gesellschaft. Deshalb wird die Forderung nach Abschiebung allein das Problem nicht lösen.

Wir brauchen eine Mischung aus Repression und Prävention, wir brauchen aber auch eine Verstärkung der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Das beginnt schon damit, dass wir auf europäischer Ebene noch nicht einmal ein abgestimmtes Konzept, eine abgestimmte Definition dafür haben, was eigentlich ein Gefährder ist. Das haben wir nicht. Wir Grünen fordern zudem schon seit Langem ein Kriminalamt auf europäischer Ebene. Wir müssen die Baustellen auf europäischer Ebene angehen.

Aber auch in Nordrhein-Westfalen ist noch einiges zu tun. Ich stimme ausdrücklich der Aussage der Aktuellen Stunde, die von CDU und FDP beantragt wurde, zu. Ja, wir brauchen auch Präventionsmaßnahmen. Ich bin froh, dass wir darüber inzwischen einen politischen Konsens haben. Denn das klang vor einigen Jahren hier im Parlament noch ganz anders.

Die rot-grüne Regierung hat damals mit den ersten Präventionsmaßnahmen begonnen. Wir haben die „Wegweiser“-Stellen geschaffen und sie ausgebaut. Wir waren damals übrigens bundesweit führend. Wir waren die Ersten, die wirklich in Prävention investiert haben, die Beratungsstellen aufgebaut haben. Es gab viele Bundesländer, die sich das aus Nordrhein-Westfalen abgeschaut haben.

Ich bin froh, dass diese Landesregierung – auch das kann man hier einmal sagen – den Aspekt der Präventionsarbeit und die „Wegweiser“-Stellen weiter ausbaut und das fortführt, was wir damals unter Rot-Grün angelegt haben.

Wir Grüne haben nach dem Regierungswechsel relativ früh – das war im Jahr 2017 – einen Antrag zum Thema „Prävention“ gestellt, der sehr breit aufgestellt war. Dieser ist leider hier abgelehnt worden, obwohl die Expertinnen und Experten in der Anhörung im Innenausschuss – Sie werden sich vielleicht daran erinnern – den Antrag unterstützt haben. Ich will ein paar Forderungen aufführen, weil ich hoffe, dass die Debatte darüber erneut in Gang kommt.

Das Erste ist die Einrichtung eines Forschungsinstituts, das Grundlagenforschung betreibt, das Evaluation betreibt, das auch den Transfer zwischen Forschung und Praxis abdeckt – übrigens ein Konzept, das damals von Professor El-Mafaalani, der hier kein Unbekannter ist, sehr stark unterstützt wurde. Das ist leider von Ihnen abgelehnt worden.

Der zweite Punkt betrifft den Einsatz von Streetworkern. Wir haben gesagt, wir brauchen Personen, die vor Ort sind, die die lebensweltlichen Zugänge zu den Jugendlichen haben, die diese Jugendlichen ansprechen können und die verhindern, dass Jugendliche von einer salafistischen Szene angeworben werden. Auch das ist leider abgelehnt worden, obwohl viele Expertinnen und Experten diesen Vorschlag von uns unterstützt haben.

Ein dritter Aspekt: Wir müssen noch stärker auf die Rolle von Mädchen und Frauen in dieser Szene achten. Denn eines ist auffällig: Wenn man in das Lagebild Salafismus hineinschaut, stellt man fest, dass der Anteil der Frauen in der islamistischen Szene von 12 % vor einigen Jahren auf inzwischen 18 % gestiegen ist.

Ich weiß, Herr Sieveke, dass die jüngsten Anschläge wieder von männlichen Attentätern ausgeführt wurden; das ist so. Aber das darf nicht den Blick darauf verstellen, dass Frauen in der Szene definitiv eine wichtige Rolle spielen – als Übermittlerinnen der Ideologie, aber auch als Netzwerkerinnen. Diese Frauen haben eine starke Rolle. Das müssen wir stärker in den Blick nehmen, auch wenn wir über Prävention, über Zielgruppen sprechen.

Ich will noch einmal deutlich sagen: Wir Grüne haben diese Vorschläge gemacht. Sie sind leider abgelehnt worden. So ist manchmal das Geschäft hier im Parlament. Aber ich bitte Sie darum, sich gemeinsam mit uns an einen Tisch zu setzen und zu überlegen, welche Maßnahmen wir weiterführen bzw. ausbauen und welche wir neu initiieren können. Diese Offenheit würde ich mir in diesem Parlament von den Regierungsfaktionen wünschen.

Denn das Ziel teilen wir im Kern. Das Ziel ist, die menschenverachtende Ideologie des Islamismus und die daraus resultierende Gewalt zu bekämpfen. Das ist das gemeinsame Ziel. Also lassen Sie uns daran gemeinsam arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Zu extremistischen Tendenzen der Sicherheitsbehörden in NRW

Extremistische Tendenzen der Seicherheitsbehörden in NRW

Meine Rede zu extremistischen Tendenzen der Sicherheitsbehörden in NRW

 

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass in die Diskussion über wissenschaftliche Studien zu Einstellungen in der Polizei endlich ein bisschen Bewegung kommt, auch wenn der Minister jetzt nur Teilaspekte untersuchen will.

Ich möchte gerne noch einmal an die Debatte in der letzten Plenarrunde erinnern. Da sagte der Innenminister – Zitat –:

„Ich denke nur nicht, dass es eine große weltumfassende Studie bringt – am besten noch von einem Professor, der vorher schon weiß, was nachher herauskommt, und bei der es wahrscheinlich nur darum geht, sie zu finanzieren.“

Herr Minister, ich finde, das war nicht nur wissenschaftsfeindlich, sondern Sie haben sich da ganz offenbar in etwas verrannt, aus dem Sie jetzt gesichtswahrend wieder herauskommen müssen. Wir kennen das ja.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Minister, wir helfen Ihnen da sehr gerne. Die Fraktionen von CDU und FDP müssen einfach unserem Antrag zustimmen. Dann gibt es einen sehr klaren Handlungsauftrag vom Parlament. Dann sind Sie raus. Dann können Sie sagen: Das Parlament hat mich beauftragt. – Und dann können wir diese Studie machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Bitte stimmen Sie deshalb dem Antrag zu. Helfen Sie damit auch dem Minister.

Wenn es Aussagen gibt, denen in Studien von Befragten zugestimmt wird, wenn Aussagen wie – Zitat – „Die Weißen sind führend in der Welt“ eine Zustimmung von über 10 % bekommen, wenn die Aussage – Zitat – „Juden haben in Deutschland zu viel Einfluss“ über 8 % Zustimmung erhält oder wenn die Aussage „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden“ über 17 % Zustimmung in Studien erfährt, dann muss man festhalten, dass wir ein Problem mit rassistischen, mit antisemitischen, mit islamfeindlichen Einstellungen in der Gesellschaft haben.

Man könnte das noch mit weiteren Aussagen fortführen. Ich will darauf hinweisen, dass diese Ergebnisse aus der letzten Einstellungsstudie von Andreas Zick, Beate Küpper und vielen anderen mit dem Titel „Verlorene Mitte – feindselige Zustände …“ stammt.

Das ist übrigens genau die Studie, die von vielen jetzt zum Thema „Einstellungen in der gesamten Gesellschaft“ gefordert wird. Diese Studien gibt es seit vielen Jahren. Wir wissen, dass wir ein Problem in der Mitte der Gesellschaft haben.

Dass rassistische und andere Ungleichwertigkeitsvorstellungen nicht mit dem Einloggen mit dem Chip von behördlichen Zeiterfassungssystemen morgens an der Behördentür abgelegt werden, sondern in den öffentlichen Dienst und auch in die Sicherheitsbehörden mitgenommen werden, muss jedem klar sein.

Das Problem ist allerdings: Gerade der öffentliche Dienst ist an unsere Verfassung gebunden. Der Staat darf niemanden diskriminieren. Er muss aktiv für einen Diskriminierungsschutz sorgen.

Gerade bei den Sicherheitsbehörden – bei der Polizei, beim Verfassungsschutz – können rassistische und rechtsextreme Einstellungen zu fatalen Fehleinschätzungen führen. Wenn Einstellungen Einfluss auf Ermittlungen nehmen und Opfer kriminalisiert werden, wie wir es am Fall des NSU erlebt haben, wenn rassistisch oder antisemitisch motivierte Straftaten nicht als solche erkannt werden, wenn rassistische Positionen möglicherweise zu einer Blindheit führen, die eine Verharmlosung der rechtsextremen Szenen zur Folge hat, schwächt das das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden. Das führt dann auch dazu, dass sich bestimmte Gruppen nicht mehr an die Polizei wenden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das darf nicht sein, weil alle Menschen darauf vertrauen können müssen, dass sie unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und anderen Merkmalen von unserer Polizei geschützt werden. Deshalb sind diese Einstellungen in der Polizei und im Verfassungsschutz unter keinen Umständen zu dulden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie sind auch nicht zu dulden – das möchte ich noch einmal explizit benennen –, weil es um den Diskriminierungsschutz innerhalb der Behörde geht, weil es darum geht, dass Beschäftigte innerhalb der Behörde, die selbst einer Minderheit angehören, nicht diskriminiert werden dürfen.

Unsere Polizei wirbt um Vielfalt. Sie wirbt damit, dass sie die Vielfalt dieser Gesellschaft abbildet. Das muss so bleiben, weil wir diese Vielfalt der Gesellschaft auch in den Behörden brauchen und dafür werben müssen.

Ja, Herr Minister, selbstverständlich wird und kann eine Studie zu Einstellungsmustern in der Polizei keine Zauberlösung sein. Das sagt auch niemand. Aber eine Studie kann wichtige Erkenntnisse liefern, auf denen wir Gegenmaßnahmen aufbauen können und nachsteuern können, um Gegenmaßnahmen zu verbessern.

Meines Erachtens zeigen die bekannt gewordenen Fälle beim Verfassungsschutz auch, dass wir die ganze Diskussion nicht allein auf die Polizei verengen dürfen. Das passiert mir hier gerade viel zu sehr. Wir fokussieren hier immer auf die Polizei. Wir müssen auch über Einstellungen und über Mechanismen im Verfassungsschutz als Sicherheitsbehörde sprechen; denn es darf nicht sein, dass es ein Klima gibt, in dem menschenverachtenden Aussagen nicht widersprochen wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb haben wir unseren Antrag auch durch einen Neudruck verändert. Wir haben ihn noch einmal verändert und gesagt: Eine Studie darf sich nicht nur auf die Polizei beziehen, sondern wir brauchen eine Studie für beide Behörden; wir müssen die Sicherheitsbehörden insgesamt in den Blick nehmen.

Herr Minister, als grüne Fraktion haben wir in unserer Fraktionssitzung vorgestern einen Vorschlag für weitergehende Forderungen verabschiedet. Es sind zehn Punkte geworden. Es hätten auch mehr oder weniger werden können. Aber wir haben zehn Punkte. Wir erheben gar nicht den Anspruch, dass das irgendwie der Weisheit letzter Schluss ist. Sicherlich gibt es auch noch andere Forderungen. Wir sind sehr gerne bereit, über unsere Punkte auch kritisch und kontrovers zu diskutieren.

Ich möchte hier nur einige Punkte nennen.

Thema „Beirat/Sonderbeauftragter“: Wir unterstützen Sie darin, dass Sie einen Sonderbeauftragten für rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei eingerichtet haben. Das finden wir richtig; da unterstützen wir Sie. Aber wir wollen, dass diesem Sonderbeauftragten ein Beirat mit Personen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die auch einen Blick von außen in die Arbeit des Sonderbeauftragten einbringen können, an die Seite gestellt wird.

Wir wollen, dass es auch innerbehördliche Maßnahmen wie zum Beispiel das Thema „Rotation“ gibt. Ich glaube, dass wir über das Grundprinzip „Rotation“ sprechen müssen. So etwas existiert bislang nicht. Meines Erachtens ist das aber wichtig, und zwar in beiden Behörden, in der Polizei und im Verfassungsschutz, damit sich so etwas wie ein falsch verstandener Korpsgeist nicht entwickeln kann.

Wir brauchen verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen. Wir brauchen die Verankerung von Supervision auch als Maßnahme der Verantwortung und Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beschäftigten.

Das sind nur wenige Beispiele, weil die Redezeit einfach nicht ausreicht. Aber ich erwarte von dieser Regierungskoalition, dass sie sich unsere Vorschläge anschaut, dass sie sie prüft und dass sie sie einbezieht.

Herr Reul, Sie haben in der letzten Debatte an die Gemeinsamkeit appelliert. Wir sind sehr gerne bereit, mitarbeiten. Das haben wir Ihnen schon gesagt. Aber ich erwarte dann auch, dass unsere Vorschläge mindestens genauso ernsthaft überprüft werden und Sie sie mit in die Überlegungen einbeziehen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, ein bisschen Streit ist doch eigentlich ganz gut. Die Debatte ist doch ein Wesenskern der Demokratie; insofern sehe ich darin überhaupt kein Problem.

Herr Sieveke, es gibt zwei Grundprobleme, weshalb wir in diesen Diskussionen so häufig aneinander vorbeireden:

Das erste Grundproblem ist, dass Sie uns Grünen immer dann, wenn wir im Innenausschuss Themen angemeldet haben, bei denen wir Probleme innerhalb der Polizei gesehen haben – und zwar im besten Sinne einer konstruktiven Fehlerkultur, die Sie jetzt übrigens anmahnen – sofort Generalverdacht unterstellt haben.

Das war absolut schädlich für die Diskussion, die wir hier schon viel eher hätten konstruktiv führen müssen. Ich mache Ihnen zum Vorwurf, dass Sie solche Debatten in den letzten Jahren verhindert haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das zweite Grundproblem ist, dass Sie häufig gar nicht verstehen, worüber wir reden. Sie verstehen nicht den Unterschied zwischen Rechtsextremismus als Sammelbegriff für verschiedene Einstellungsmuster und Rassismus als eine Einstellung wie Antisemitismus, Antiziganismus, Islamfeindlichkeit.

Diese Unterscheidung ist wichtig, um festzustellen, dass wir ein strukturelles Problem in unserer Gesellschaft haben, dass es rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische usw. Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft gibt. Das heißt Rassismus. Natürlich macht das nicht vor der Behördentür halt; darüber müssen wir reden.

Ferner müssen wir darüber reden, was es mit den Betroffenen macht. Die Betroffenenperspektive fehlt in Ihrem Entschließungsantrag komplett; die taucht überhaupt nicht auf, aber darum geht es doch.

Es geht doch nicht nur darum, abstrakt den Staat vor Rassismus zu schützen, sondern darum, die Betroffenenperspektive einzubeziehen und aufzuzeigen, was es eigentlich mit Menschen macht, die Opfer von rassistischer Gewalt oder von rassistischer Diskriminierung werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dass Sie diese Perspektive in Ihre Überlegungen nie einbeziehen, macht mich immer wieder fassungslos; das muss ich wirklich sagen. – Ich versuche, auf die einzelnen Themen einzugehen:

Das Thema „Brennpunkte“ wurde angesprochen. Herr Lürbke, natürlich ist Polizeiarbeit belastend; dem widerspricht in der Diskussion auch niemand. Das ist aber doch noch lange kein Grund dafür, rassistisch zu werden. Ich finde, Sie müssen aufpassen, welche Schuldzuweisungen Sie machen und welche Erklärungsmuster Sie verwenden. Dieses Erklärungsmuster finde ich brandgefährlich.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Dahm [SPD]: Das ist genau der Punkt!)

Zum Thema „Lagebild und Studie“. Beides möchte ich ein bisschen voneinander trennen; zunächst zum Lagebild.

Herr Lürbke, machen Sie Ihr Lagebild. Ein Lagebild zeigt aber doch in erster Linie Symptome auf; das ist eine Problembeschreibung.

Eine Studie hingegen untersucht Ursachen. Eine Studie ist die Grundlage zum Handeln. Ich verstehe nicht, warum CDU und FDP immer ein Problem damit haben, evidenzbasiert Politik zu betreiben.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Wir brauchen doch Grundlagen. Es ist leider so, Herr Ministerpräsident: Hören Sie Ihrem eigenen Minister Reul einmal zu. Ich habe vorhin einige Zitate gebracht. Das kann man noch einmal nachlesen. Ich verstehe einfach nicht, wie man sich so dermaßen gegen unabhängige Wissenschaft wehren kann.

Zum Thema „Extremismusbeauftragte“. Herr Lürbke, ich finde es total gut, dass Sie sagen, wir brauchen Extremismusbeauftragte vielleicht auch in anderen Behörden, sodass sich jemand an einen Beauftragten in einer anderen Behörde wenden kann, um eine gewisse Unabhängigkeit sicherzustellen.

Ich finde es schön, dass Sie die Notwendigkeit von unabhängigen Stellen anerkennen, frage mich dann aber: Warum haben Sie unseren Gesetzentwurf zum Polizeibeauftragten, der unabhängig gewesen wäre, abgelehnt? Da hätten Sie eine unabhängige Stelle einrichten können. Das wollten Sie aber leider nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann noch einmal zu der Frage, worüber wir eigentlich reden: Reden wir über ein strukturelles Problem? Reden wir über Einzelfälle?

Ich habe gestern in der Haushaltsdebatte gezuckt, als Herr Löttgen sagte, wir müssten endlich eine Sprachregelung finden. Dazu muss ich Ihnen ganz klar sagen: Nein, wir müssen keine Sprachregelung finden, sondern wir müssen Probleme benennen. Darum geht es.

Es geht nicht um Kommunikation, sondern darum, dass wir seit Langem nicht mehr von Einzelfällen in der Polizei reden. Ja, der allergrößte Teil der Polizei ist natürlich demokratisch orientiert und steht auf dem Boden unserer Verfassung.

Ich habe eine sehr hohe Wertschätzung gegenüber unserer Polizei, die mit einem Topstudium wahrscheinlich die am besten ausgebildete Polizei ist, die wir derzeit haben. Wir haben supergute Leute, denen ich sehr vertraue. Nichtsdestotrotz muss man doch klar benennen, dass wir hier ein Problem haben, um es angehen zu können.

Wir werden – das haben Sie sich sicherlich schon gedacht – den Entschließungsantrag der CDU ablehnen. Es sind ein paar wichtige Punkte drin, über die ich auch froh bin, wie Supervision und Fortbildung. Dass Sie das aufgreifen, will ich ausdrücklich loben.

Es fehlen auch Sachen Dinge wie die Betroffenenperspektive, die Wissenschaft fehlt und der Verfassungsschutz als eine Sicherheitsbehörde sogar komplett.

Es tut mir leid: Eigentlich wollte ich mich in dieser Diskussion nicht so aufregen. Leider passiert es immer wieder.

Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir auch weiter eine konstruktive Diskussion führen würden. Die Probleme sind zu groß, um sich nur zu streiten, aber Ihrem Antrag können wir leider nicht folgen.

(Beifall von den GRÜNEN und Andreas Bialas [SPD])